TE Vwgh Erkenntnis 2007/4/26 2004/03/0217

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Veröffentlicht am 26.04.2007
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

AVG §13 Abs1;
AVG §13 Abs3;
AVG §56;
KflG 1999 §20 Z4;
KflG 1999 §20;
KflG 1999 §25;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des G U in G, vertreten durch Dr. Peter S. Borowan, Dr. Erich Roppatsch und Dr. Silvia Anderwald, Rechtsanwälte in 9800 Spittal an der Drau, Tiroler Straße 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats für Kärnten vom 18. Oktober 2004, Zl KUVS-K2- 1449/7/2004, betreffend Widerruf der Berechtigung zum Betrieb einer Kraftfahrlinie, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem Beschwerdeführer war mit Bescheid des Landeshauptmannes für Kärnten vom 23. April 2001 "gemäß §§ 7, 15, 16, 18 und 38 des Kraftfahrliniengesetzes - KflG, BGBl I Nr 203/1999", die Konzession zum Betrieb der Kraftfahrlinie Berg im Drautal - Greifenburg - Emberger Alm mit Rufbussen auf einem näher bezeichneten Streckennetz samt Teilstrecken bis zum 30. April 2011 erteilt worden. In diesem Bescheid wurden gemäß § 16 Abs 1 und 2 KflG näher bezeichnete Auflagen vorgeschrieben. Der Bescheid enthält weiters den Hinweis, dass allfällige von den Regelbeförderungspreisen abweichende Beförderungspreise (besondere Beförderungspreise) der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen seien (§ 31 Abs 6 KflG).

Mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 22. Juni 2004 wurde diese dem Beschwerdeführer erteilte Berechtigung zum Betrieb der Kraftfahrlinie "gemäß § 25 bzw § 20 Z 1 und 4" KflG widerrufen.

Gemäß § 20 KflG sei der Konzessionsinhaber verpflichtet, die Kraftfahrlinie während der gesamten Berechtigungsdauer den gesetzlichen Vorschriften, den Vorschreibungen der Berechtigung und dem Fahrplan entsprechend ununterbrochen zu betreiben (Z 1), und die Besonderen Beförderungspreise sowie die Besonderen Beförderungsbedingungen einschließlich allfälliger vom Berechtigungsinhaber gewährten Begünstigungen nach Z 3 zeitgerecht der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen (Z 4).

Zwischen dem Beschwerdeführer und zwei anderen Personenbeförderungsunternehmen aus der Region, denen die gleichartige Rufbuskonzession erteilt worden sei, habe es seit Beginn des Betriebs der Kraftfahrlinien stets Zwistigkeiten betreffend Tarifgestaltung, Abfahrtszeiten, Kundenwerbung etc gegeben, die auch durch eine Reihe von Auflagen im Konzessionsbescheid nicht zu verhindern gewesen seien. Speziell hinsichtlich der Tarife sei "zu bemerken, dass bei keinem der drei Unternehmen die jeweils geltenden Regelbeförderungspreise, sondern beträchtlich höhere zur Anwendung gebracht worden sind". Insbesondere der Beschwerdeführer habe "entgegen ursprünglich getroffener mündlicher Abmachungen einen Tarif zur Genehmigung vorgelegt, der beträchtlich unter jenem seiner beiden Mitbewerber gelegen" sei. Mit Bescheid vom 11. April 2003 sei der Antrag auf Genehmigung dieses Kraftfahrlinientarifes rechtskräftig abgewiesen worden. Seither habe der Beschwerdeführer keinen neuen Tarif zur Genehmigung vorgelegt und weigere sich, einen mit den beiden Mitbewerbern "akkordierten" Kraftfahrlinientarif (nur ein solcher sei genehmigungsfähig) vorzulegen. Der Beschwerdeführer betreibe die Rufbuslinie daher ohne genehmigten Kraftfahrlinientarif und verstoße damit gegen § 20 Z 4 KflG.

Eine "Bereinigung dieser Probleme" durch ein gemeinsames Gespräch sei nicht möglich gewesen, vielmehr habe wegen der wiederholten Streitigkeiten zwischen den drei Mitbewerbern der Bürgermeister der Marktgemeinde Greifenberg gedroht, die Zufahrt zu den auf seinen Grundstücken befindlichen Anfangs- und Endhaltestellen der Rufbuslinien zu verweigern und letztlich in einem Schreiben vom 13. Jänner 2004 "von der Aufkündigung der Benützungsgenehmigung" Mitteilung gemacht. Dies bedeute, dass die Rufbuslinie nicht mehr von ihrer Anfangshaltestelle und nicht bis zur Endhaltestelle betrieben werden könne, sodass es dem Betreiber nicht mehr möglich sei, die Kraftfahrlinie der erteilten Konzession entsprechend zu betreiben (§ 20 Z 1 KflG).

Mit Schreiben vom 10. März 2004 sei dem Beschwerdeführer eine Frist bis zum 10. April 2004 eingeräumt worden, "um die zum Betrieb der Rufbuslinie erforderlichen korrekten Rahmenbedingungen zu schaffen", und ausdrücklich eine schriftliche Verwarnung ausgesprochen worden. Letztmalig mit Schreiben vom 26. April 2004 sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden, den ordnungsgemäßen Betrieb bis spätestens 10. Mai 2004 zu gewährleisten, also eine zweite schriftliche Verwarnung ausgesprochen worden. Da der Beschwerdeführer trotz dieser Verwarnungen den gesetzmäßigen Zustand nicht hergestellt habe, sei die Konzession zu widerrufen gewesen.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wandte der Beschwerdeführer im Wesentlichen ein, dass Voraussetzung für einen Widerruf nach § 25 KflG eine zweimalige schriftliche Verwarnung durch Bescheid sei. Die beiden "Verwarnungen" könnten nicht als Bescheid betrachtet werden, weshalb schon deshalb die Berechtigung nicht hätte widerrufen werden dürfen. Unrichtig sei aber auch, dass der Beschwerdeführer keinen neuen Tarif zur Genehmigung vorgelegt habe. Das Gegenteil ergebe sich aus seinen Schreiben vom 16. April 2004 und 7. Mai 2004, weshalb er seiner durch § 20 Z 4 KflG auferlegten Verpflichtung nachgekommen sei. Entgegen der Ansicht der Erstbehörde sei aber auch ein uneingeschränkter Betrieb der Kraftfahrlinie gewährleistet, weil die Zufahrt sowohl zur Anfangs- als auch zur Endhaltestelle gewährleistet sei, wie sich aus einem - gleichzeitig vorgelegten - Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde Berg im Drautal ergebe.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs 4 AVG ab; begründend führte sie im Wesentlichen Folgendes aus:

Nach rechtskräftiger Abweisung des Antrages auf Genehmigung des Kraftfahrlinientarifes durch Bescheid vom 11. April 2003 sei vom Beschwerdeführer kein neuer Tarif zur Genehmigung vorgelegt worden. Mit Schreiben vom 10. März 2004 sei vom Landeshauptmann für Kärnten schriftlich eine erste, mit Schreiben vom 26. April 2004 eine zweite Verwarnung ausgesprochen worden. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers könne dem Gesetz nicht entnommen werden, dass die Verwarnung bescheidmäßig erfolgen müsse. Auch wenn der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 16. April 2004 einen Tarif zur Genehmigung vorgelegt habe, sei doch von der Erstbehörde der Fahrpreis von EUR 4,-- bereits zuvor abgelehnt worden. Ein "etwaiges Zugeständnis, auch einen Fahrpreis von EUR 4,50 zu akzeptieren," stelle keinen genehmigungsfähigen Antrag dar. Ausgehend davon, dass eine Genehmigung für die Beförderungspreise nicht bestanden habe, sei der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten - die belangte Behörde nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand - erwogen hat:

Die maßgebenden Bestimmungen des Kraftfahrliniengesetzes, BGBl I Nr 203/1999 idF BGBl I Nr 62/2003 (KflG), lauten:

"Pflichten des Berechtigungsinhabers

§ 20. Die Berechtigung verpflichtet deren Inhaber:

1. die Kraftfahrlinie während der gesamten Berechtigungsdauer den gesetzlichen Vorschriften, den Vorschreibungen der Berechtigung und dem Fahrplan entsprechend ununterbrochen zu betreiben (Betriebspflicht);

...

4. die Besonderen Beförderungspreise und die Besonderen Beförderungsbedingungen einschließlich allfälliger vom Berechtigungsinhaber gewährten Begünstigungen nach Z 3 zeitgerecht der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen (Genehmigungspflicht für Besondere Beförderungspreise und - bedingungen);

...

Widerruf der Berechtigung

§ 25. Außer im Fall des § 8 (Wegfall der Zuverlässigkeit, der fachlichen Eignung oder der finanziellen Leistungsfähigkeit) kann die Aufsichtsbehörde die Berechtigung zum Betrieb einer Kraftfahrlinie auch dann widerrufen, wenn der Inhaber der Berechtigung den Bestimmungen des § 20 wiederholt trotz mindestens zweimaliger schriftlicher Verwarnung zuwiderhandelt. ..."

Der Beschwerdeführer rügt zunächst, die beiden Schreiben des Landeshauptmannes von Kärnten vom 10. März 2004 und vom 26. April 2004 seien nicht als Bescheid zu qualifizieren, weshalb schon deshalb ein Widerruf der Berechtigung nach § 25 KflG nicht in Betracht komme. Zwecks Überprüfbarkeit der Berechtigung einer Verwarnung im Instanzenzug müsse diese - nach Auffassung des Beschwerdeführers - in der Rechtsform eines Bescheides ergehen.

Diese Ausführungen sind nicht zielführend.

Gemäß § 25 KflG kann die Aufsichtsbehörde die Berechtigung zum Betrieb einer Kraftfahrlinie widerrufen, wenn der Inhaber der Berechtigung den Bestimmungen des § 20 leg cit wiederholt trotz mindestens zweimaliger schriftlicher Verwarnung zuwiderhandelt. Das Gesetz legt also die Schriftform hinsichtlich einer Verwarnung, die Basis für einen Widerruf der Konzession sein soll, fest, verlangt aber nicht, dass die "schriftliche Verwarnung" durch Bescheid erfolgen müsse. Dies ist - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - auch nicht aus dem von ihm zitierten hg Erkenntnis vom 16. Oktober 2003, Zl 2001/03/0327, mit dem eine in Bescheidform ausgesprochene Verwarnung nach dem KflG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden war, abzuleiten. Wird nämlich, wie in dem dem zitierten Erkenntnis zu Grunde liegenden Beschwerdefall, über eine schriftliche Verwarnung im Sinne des § 25 KflG ein Bescheid erlassen, hat dem ein mängelfreies Verwaltungsverfahren vorauszugehen. Daraus ist aber nicht der Schluss zu ziehen, dass eine schriftliche Verwarnung im Sinne des § 25 KflG der Bescheidform bedürfte, um wirksam zu sein (vgl auch die hg Erkenntnisse vom 27. Februar 2002, Zl 99/03/0334, und vom 13. November 2002, Zl 99/03/0329). Der Umstand allein, dass über die schriftliche Verwarnung kein Bescheid ergangen ist, bedeutet also noch keine Rechtswidrigkeit des nun angefochtenen Widerrufsbescheides.

Im Übrigen vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, er habe den Bestimmungen des § 20 KflG nicht zuwider gehandelt, weil er einen Genehmigungsantrag hinsichtlich des Tarifes gestellt habe und der Betrieb der Kraftfahrlinie den gesetzlichen Vorschriften gemäß möglich gewesen wäre.

Mit diesem Vorbringen zeigt er eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die belangte Behörde hat, anders als noch die Erstbehörde, den Widerruf nur mehr darauf gestützt, dass der Beschwerdeführer trotz zweimaliger schriftlicher Verwarnung keinen Tarif zur Genehmigung vorgelegt, also gegen § 20 Z 4 KflG verstoßen habe. Das Schreiben des Beschwerdeführers vom 16. April 2004 stelle keinen zulässigen Genehmigungsantrag dar, weil der darin beantragte Tarif von EUR 4,-- bereits zuvor abgelehnt worden sei und "ein etwaiges Zugeständnis, auch einen Fahrpreis von EUR 4,50 zu akzeptieren", "keinen genehmigungsfähigen Antrag" darstelle.

Damit hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt.

Im genannten Schreiben vom 16. April 2004 hatte der Beschwerdeführer beantragt, "den Fahrpreis von EUR 4,-- zu genehmigen". Daran anschließend findet sich die Formulierung:

"Sollte dem Gemeinwohl und den öffentlichen Verkehrsinteressen ein Fahrpreis von EUR 4,5 mehr entsprechen kann ich mir auch diesen vorstellen. ... Mit der Bitte die Fahrpreise zu genehmigen verbleibe ich ...".

Zu Recht moniert dazu der Beschwerdeführer, die belangte Behörde wäre gemäß § 13 Abs 3 AVG verpflichtet gewesen, ein Verbesserungsverfahren einzuleiten, falls sie der Auffassung gewesen sei, der Antrag sei mangelhaft, etwa zu unbestimmt gewesen. Bei verständiger Würdigung kann der Antrag in seinem Gesamtzusammenhang nämlich zumindest als Eventualantrag auf Genehmigung eines Tarifes von EUR 4,50 für den Fall, dass der - primär beantragte - Tarif von EUR 4,-- nicht genehmigt würde, verstanden werden. Über diesen Antrag wurde - der Aktenlage nach - bislang nicht entschieden.

Davon ausgehend besteht für die Auffassung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe "trotz zweimaliger schriftlicher Verwarnungen" gegen seine Verpflichtung nach § 20 Z 4 KflG, die Beförderungspreise der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen, verstoßen, keine Grundlage.

Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003.

Wien, am 26. April 2007

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide Besondere Rechtsgebiete Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Verbesserungsauftrag Bejahung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2004030217.X00

Im RIS seit

23.05.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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