TE OGH 2003/9/10 7Ob172/03z

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Veröffentlicht am 10.09.2003
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Christoph M*****, vertreten durch Dr. Martin Weiser, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S***** GmbH (zwischenzeitig gelöscht), zuletzt *****, vertreten durch Dr. Robert Csokay, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 46.078,48 sA (Revisionsinteresse EUR 29.069,13 sA), aus Anlass des Antrages und der außerordentlichen Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 17. Jänner 2003, GZ 4 R 273/02z-175, mit dem das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 29. Juli 2002, GZ 12 Cg 103/94f-168, teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Klage, soweit darüber noch nicht rechtskräftig entschieden wurde (Stattgebung von EUR 2.474,78 samt 5 % Zinsen vom 25. 2. 1992 bis 27. 3. 1992, 9 % Zinsen vom 28. 3. 1992 bis 29. 11. 1998 und 6,5 % Zinsen seit 30. 11. 1998 und Abweisung von EUR 14.534,57 samt 9 % Zinsen seit 25. 2. 1992 und aus EUR 2.474,78 weitere 4 % Zinsen vom 25. 2. 1992 bis 27. 3. 1992 und 2,5 % Zinsen seit 30. 11. 1998), und die außerordentliche Revision werden zurückgewiesen und das diesbezügliche Verfahren als nichtig aufgehoben.

Die Verfahrenskosten werden gegenseitig aufgehoben. Der Kläger wird mit seinem Antrag auf Aufhebung "der Vollstreckbarkeit" auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Begründung:

Mit der am 30. März 1992 eingebrachten Klage begehrt der Kläger die Begleichung des Entgelts für von ihm erbrachter anwaltlicher Leistungen. Noch während des erstinstanzlichen Verfahrens wurde mit Generalversammlungsbeschluss vom 16. März 1994 die Gesellschaft aufgelöst und befand sich in Liquidation. Die Gesellschaft wurde in Folge beendeter Liquidation am 3. 10. 2000 gelöscht. Nunmehr beantragt der Kläger die Nichtigerklärung des Verfahrens unter Hinweis darauf, dass ihm die Löschung erst am 1. 7. 2003 bekannt geworden und am 7. 7. 2003 verifiziert worden sei. Der Kläger mache von seinem Wahlrecht Gebrauch und erkläre, dass er das Verfahren nicht fortsetzen wolle.

Rechtliche Beurteilung

Seit der Entscheidung des verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofs vom 22. 10. 1998, 8 ObA 2344/96f (JBl 1999, 126 = GesRZ 1999, 34) wird vom Obersten Gerichtshof die Auffassung vertreten, dass eine vollbeendete Kapitalgesellschaft grundsätzlich nicht mehr parteifähig ist, es aber mit dem Grundrecht auf ein faires Verfahren nach Art 6 MRK unvereinbar ist, wenn die Beklagte durch rechtliche Änderungen in ihrer Sphäre, auf die der Kläger keinen Einfluss hat und die er auch nicht durchschauen kann, eine Entscheidung über den vom Kläger rite geltend gemachten, mit erheblichem Aufwand an Geld, Zeit und Mühe vor Gericht verfolgten zivilrechtlichen Anspruch vereiteln könnte. Wird eine Kapitalgesellschaft während eines gegen sie anhängigen Passivprozesses gelöscht, so ist das Verfahren auf Begehren des Klägers fortzusetzen. Strebt der Kläger hingegen die Fortsetzung des Verfahrens gegen die gelöschte Gesellschaft nicht an, so ist die Klage zurückzuweisen, dass bisherige Verfahren für nichtig zu erklären und die Kosten nach § 51 Abs 2 ZPO gegenseitig aufzuheben (8 Ob 197/02g, 9 Ob 378/97x, 1 Ob 70/99k, 7 Ob 126/98z ua; RIS-Justiz RS0110979).Seit der Entscheidung des verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofs vom 22. 10. 1998, 8 ObA 2344/96f (JBl 1999, 126 = GesRZ 1999, 34) wird vom Obersten Gerichtshof die Auffassung vertreten, dass eine vollbeendete Kapitalgesellschaft grundsätzlich nicht mehr parteifähig ist, es aber mit dem Grundrecht auf ein faires Verfahren nach Artikel 6, MRK unvereinbar ist, wenn die Beklagte durch rechtliche Änderungen in ihrer Sphäre, auf die der Kläger keinen Einfluss hat und die er auch nicht durchschauen kann, eine Entscheidung über den vom Kläger rite geltend gemachten, mit erheblichem Aufwand an Geld, Zeit und Mühe vor Gericht verfolgten zivilrechtlichen Anspruch vereiteln könnte. Wird eine Kapitalgesellschaft während eines gegen sie anhängigen Passivprozesses gelöscht, so ist das Verfahren auf Begehren des Klägers fortzusetzen. Strebt der Kläger hingegen die Fortsetzung des Verfahrens gegen die gelöschte Gesellschaft nicht an, so ist die Klage zurückzuweisen, dass bisherige Verfahren für nichtig zu erklären und die Kosten nach Paragraph 51, Absatz 2, ZPO gegenseitig aufzuheben (8 Ob 197/02g, 9 Ob 378/97x, 1 Ob 70/99k, 7 Ob 126/98z ua; RIS-Justiz RS0110979).

Der Wegfall der Parteifähigkeit ist ein in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmender Nichtigkeitsgrund (7 Ob 126/98z mwN). Da der Kläger das Verfahren gegen die nach Vollbeendigung gelöschte beklagte Gesellschaft nicht fortsetzen will, war spruchgemäß vorzugehen. Soweit über Teile des Anspruches bereits formell rechtskräftige Entscheidungen vorliegen, haben diese Bestand, da ein Nichtigkeitsgrund ohne (zulässiges) Rechtsmittel nicht wahrgenommen werden kann (vgl RIS-Justiz RS0007095).Der Wegfall der Parteifähigkeit ist ein in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmender Nichtigkeitsgrund (7 Ob 126/98z mwN). Da der Kläger das Verfahren gegen die nach Vollbeendigung gelöschte beklagte Gesellschaft nicht fortsetzen will, war spruchgemäß vorzugehen. Soweit über Teile des Anspruches bereits formell rechtskräftige Entscheidungen vorliegen, haben diese Bestand, da ein Nichtigkeitsgrund ohne (zulässiges) Rechtsmittel nicht wahrgenommen werden kann vergleiche RIS-Justiz RS0007095).

Anmerkung

E70776 7Ob172.03z

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0070OB00172.03Z.0910.000

Dokumentnummer

JJT_20030910_OGH0002_0070OB00172_03Z0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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