TE Vwgh Erkenntnis 2007/4/26 2003/03/0173

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Veröffentlicht am 26.04.2007
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

AVG §66 Abs4;
GütbefG 1995 §1 Abs1;
GütbefG 1995 §17 Abs3 idF 1998/I/017;
GütbefG 1995 §18 Abs1 idF 2001/I/106;
GütbefG 1995 §9 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §44a Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des GB in L, vertreten durch Dr. Bernhard Haid, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Universitätsstraße 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 21. Mai 2003, Zl. 1- 0493/02/E6, betreffend Übertretungen des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 30. Juli 2002 wurde der Beschwerdeführer wegen zweier Verwaltungsübertretungen nach dem Güterbeförderungsgesetz 1995 bestraft, weil er es als Unternehmer unterlassen habe, dafür Sorge zu tragen, dass bei der Fahrt am 16. April 2002 um 15.20 Uhr in Hörbranz, A 14, Höhe Km 0,200, Fahrtrichtung Bregenz mit einem den Kennzeichen nach näher bestimmten Sattelzug, der zur Ausübung des Güterverkehrs über die Grenze verwendet worden sei, während der gesamten Fahrt ein vorschriftsmäßig ausgefüllter Frachtbrief mitgeführt worden sei. Beim mitgeführten Frachtbrief habe die Eintragung der höchstzulässigen Nutzlast des Kraftfahrzeuges und des mitgeführten Anhängers sowie auch die Unterschrift des Frachtführers gefehlt. Ferner habe es der Beschwerdeführer als Unternehmer bei der angeführten Fahrt unterlassen, dafür zu sorgen, dass in dem angeführten Kraftfahrzeug, das zur Ausübung des Güterverkehrs verwendet worden sei, während der gesamten Fahrt ein fortlaufend nummerierter Frachtbrief mitgeführt worden sei.

Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Tatumschreibungen in den Punkten 1. und 2. zu lauten haben wie folgt:

"1. Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma R. B., ..... somit als das gemäß § 9 VStG verantwortliche, zur Vertretung nach außen berufene Organ zu verantworten, dass diese Firma als Güterbeförderungsunternehmen eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern im grenzüberschreitenden Verkehr am 16. April 2002 um 15.20 Uhr in Hörbranz, Rheintal Autobahn A 14, Höhe km 0,2, Fahrtrichtung Bregenz, mit dem Sattelzugfahrzeug (zulässiges Gesamtgewicht über 3,5 t) mit den Kennzeichen B...../Sattelanhängerkennzeichen B.......(Lenker: A. D.) durchführte (Absender: Fa. F., Empfänger: B. Spedition ....), ohne dass ein ordnungsgemäß ausgefüllter Frachtbrief mitgeführt wurde; im Frachtbrief fehlte die Eintragung der höchsten zulässigen Nutzlast des Kraftfahrzeuges und des mitgeführten Anhängers sowie die Unterschrift des Frachtführers.

2. Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma R. B. ......., somit als das gemäß § 9 VStG verantwortliche, zur Vertretung nach außen berufene Organ zu verantworten, dass diese Firma als Güterbeförderungsunternehmen eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern im grenzüberschreitenden Verkehr am 16. April 2002 um 15.20 Uhr in Hörbranz, Rheintal Autobahn A 14, Höhe km 0,2, Fahrtrichtung Bregenz, mit dem Sattelzugfahrzeug (zulässiges Gesamtgewicht über 3,5 t) mit den Kennzeichen

B....../Sattelanhängerkennzeichen B (Lenker: A. D.) durchführte

(Absender: Fa. F....../Empfänger: B. Spedition GmbH........), ohne

dass ein ordnungsgemäß ausgefüllter Frachtbrief mitgeführt wurde; der Vordruck des mitgeführten Frachtbriefes war nicht fortlaufend nummeriert."

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 7 iVm § 17 Abs. 1 und Abs. 3 Z. 12 und Z. 17 sowie nach § 23 Abs. 1 Z. 7 iVm § 18 Abs. 1 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 begangen; über ihn wurde eine Geldstrafe von je EUR 363,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je 24 Stunden) verhängt.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Regelungen des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593/1995(GütbefG) - § 17 in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998, § 18 und § 23 in der Fassung BGBl. I Nr. 106/2001 - lauten wie folgt:

"Geltungsbereich

§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs durch Beförderungsunternehmen und für den Werkverkehr mit solchen Kraftfahrzeugen; es gilt nicht für Fuhrwerksdienste, auf die die Gewerbeordnung 1994 gemäß ihrem § 2 Abs. 1 Z. 2 nicht anzuwenden ist.

(2) ....."

"§ 17. (1) Die Güterbeförderungsunternehmer haben bei Güterbeförderung ab 50 km Entfernung oder über die Grenze für jede Sendung, mindestens jedoch für das auf ein Kraftfahrzeug (einen Kraftwagenzug) verladene Gut, jeweils einen Frachtbrief mitzuführen. .....

(2) .....

(3) Der Frachtbrief hat folgende Angaben zu enthalten:

1. .....

12. die höchste zulässige Nutzlast des Kraftfahrzeuges und der mitgeführten Anhänger; .....

17. die Unterschrift des Frachtführers; .....

§ 18. (1) Die Vordrucke für die Frachtbriefe müssen für jedes Unternehmen fortlaufend nummeriert sein. ....."

"§ 23. (1) Abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7267 Euro zu ahnden ist, wer

1.

.....;

7.

andere als die in Z 1 bis 6 genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht einhält; ....."

Der Beschwerdeführer behauptet zunächst, dass innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 31 VStG keine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 VStG erfolgt sei und bringt vor, entsprechend dem Konkretisierungsgebot des § 44a VStG sei die Tat in sämtlichen Tatumständen genau zu beschreiben. Weder in der Aufforderung zur Rechtfertigung noch im Straferkenntnis der erstinstanzlichen Behörde sei ihm vorgehalten worden, eine "gewerbsmäßige Beförderung von Gütern" im grenzüberschreitenden Verkehr durchgeführt zu haben; dieses für die gegenständliche Verwaltungsübertretung wesentliche Tatbestandsmerkmal sei ihm vielmehr erstmals im angefochtenen Bescheid zur Kenntnis gebracht worden.

Für Übertretungen nach § 17 Abs. 3 und § 18 Abs. 1 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 ist u.a. das Tatbestandsmerkmal wesentlich, dass die Tat "bei einer gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen" erfolgt (vgl. den den Geltungsbereich des Güterbeförderungsgesetzes 1995 absteckenden § 1 Abs. 1 leg. cit.). Für die Strafbarkeit einer Übertretung der zitierten Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes 1995 ist es daher maßgeblich, dass auch dieses Tatbestandsmerkmal innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist nach § 31 Abs. 2 VStG vorgeworfen wird; weiters hat der Spruch des Verwaltungsstrafbescheides, mit dem eine solche Übertretung zur Last gelegt wird, dieses wesentliche Tatbestandsmerkmal nach § 44a Z. 1 VStG zu enthalten (vgl. etwa das zu § 9 Abs. 1 GütbefG ergangene hg. Erkenntnis vom 29. April 2002, Zl. 2000/03/0066).

Da im vorliegenden Fall innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist kein entsprechender Vorhalt erfolgte, und auch der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses dieses Tatbestandsmerkmal nicht enthält, erweist sich die mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Ergänzung des Bescheidabspruches als unzulässig. Bei dieser Änderung kann von einer zulässigen Berichtigung eines - von einer rechtzeitigen Verfolgungshandlung umfassten - Tatbestandsmerkmales nicht die Rede sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1998, Zl. 98/03/0211); vielmehr handelt es sich dabei um eine unzulässige Auswechslung wesentlicher Teile des Sachverhaltes nach Ablauf der Verjährungsfrist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2001, Zl. 99/03/0006). Schon aus diesem Grund hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet. Im Hinblick darauf erübrigt es sich, auf das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff (insbesondere auch auf § 52 Abs. 1) VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 26. April 2007

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild) Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verwaltungsstrafrecht Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6 Spruch der Berufungsbehörde Ergänzungen des Spruches der ersten Instanz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2003030173.X00

Im RIS seit

23.05.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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