TE OGH 2003/9/11 12Os73/03

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Veröffentlicht am 11.09.2003
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. September 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber und Dr. Habl als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bauer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Friedrich P***** wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG, AZ 5 U 176/02v des Bezirksgerichtes Mattersburg, über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten gegen den Vorführungsbefehl des Bezirksgerichtes Mattersburg vom 3. März 2003, GZ 5 U 176/02v-8, sowie gegen die Vorgangsweise der Sicherheitsbehörde beim Vollzug dieses Vorführungsbefehls nach Anhörung der Generalprokuratur zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 11. September 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber und Dr. Habl als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bauer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Friedrich P***** wegen des Vergehens nach Paragraph 27, Absatz eins, SMG, AZ 5 U 176/02v des Bezirksgerichtes Mattersburg, über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten gegen den Vorführungsbefehl des Bezirksgerichtes Mattersburg vom 3. März 2003, GZ 5 U 176/02v-8, sowie gegen die Vorgangsweise der Sicherheitsbehörde beim Vollzug dieses Vorführungsbefehls nach Anhörung der Generalprokuratur zu Recht erkannt:

Spruch

Friedrich P***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen den eingangs bezeichneten Vorführungsbefehl richtet, abgewiesen, soweit sie dessen Vollziehung bekämpft, zurückgewiesen.

Text

Gründe:

In der bezeichneten Strafsache gegen Friedrich P***** wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG wies der Beschuldigte in seiner durch mehrfache polemische und beleidigende Angriffe auf die einschreitenden Gendarmeriebeamten geprägten Eingabe vom 14. November 2002 (ON 4) darauf hin, dass er "nachweislichst" psychisch krank sei und an einem "paranoiden Syndrom" leide. Zur Überprüfung der Zurechnungsfähigkeit des damaligen Beschuldigten beauftragte der Richter des Bezirksgerichtes den Sachverständigen Dr. Pf***** mit der Erstattung eines psychiatrischen Gutachtens. In der Folge lud der Sachverständige den Beschwerdeführer für den 7. Februar 2003 zur Befundaufnahme.In der bezeichneten Strafsache gegen Friedrich P***** wegen des Vergehens nach Paragraph 27, Absatz eins, SMG wies der Beschuldigte in seiner durch mehrfache polemische und beleidigende Angriffe auf die einschreitenden Gendarmeriebeamten geprägten Eingabe vom 14. November 2002 (ON 4) darauf hin, dass er "nachweislichst" psychisch krank sei und an einem "paranoiden Syndrom" leide. Zur Überprüfung der Zurechnungsfähigkeit des damaligen Beschuldigten beauftragte der Richter des Bezirksgerichtes den Sachverständigen Dr. Pf***** mit der Erstattung eines psychiatrischen Gutachtens. In der Folge lud der Sachverständige den Beschwerdeführer für den 7. Februar 2003 zur Befundaufnahme.

Am 5. Februar 2003 erkundigte sich Friedrich P***** telefonisch in der Strafabteilung des Bezirksgerichtes Mattersburg nach dem Stand des Verfahrens. Die Mitteilung, dass zur Überprüfung seiner Zurechnungsfähigkeit das Gutachten eines psychiatrischen Sachverständigen eingeholt werde, nahm der damalige Beschuldigte zum Anlass, die Kanzleikraft unter anderem als Nazi-Schwein zu beschimpfen und zu erklären, er lasse sich "weder von irgendeinem Staatsanwalt noch von sonst wem etwas anschaffen" sowie er denke nicht daran, sich von Dr. Pf***** untersuchen zu lassen (ON 6). Am 7. Februar 2003 verständigte der Sachverständige das Bezirksgericht Mattersburg davon, dass der Beschuldigte nicht zur Untersuchung erschienen ist (ON 7), worauf der Bezirksrichter einen Vorführungsbefehl (ON 8) erließ, in dessen Vollziehung Friedrich P***** am 26. März 2003 um 7,30 Uhr festgenommen und in der Folge zum für 13,00 Uhr dieses Tages anberaumten Untersuchungstermin dem Sachverständigen vorgeführt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Grundrechtsbeschwerde des Friedrich P*****, der keine Berechtigung zukommt.

Richtig ist, dass im Falle der Notwendigkeit einer ärztlichen Untersuchung des Geistes- und Gemütszustandes eines Beschuldigten (§ 134 Abs 1 StPO) dessen Vorführung - ungeachtet des Umstandes, dass dieser gegen seinen Willen zu einer Mitwirkung an einer ärztlichen Befundung nicht verhalten werden darf - zum Sachverständigen grundsätzlich erst nach Zustellung einer vom Richter unterzeichneten, an den Vorzuladenden gerichteten schriftlichen Ladung zulässig ist, die den Beisatz enthalten muss, dass der Vorgeladene "im Fall seines unentschuldigten Ausbleibens persönlich werde vor Gericht geführt werden" (§§ 173 Abs 2, 174 StPO).Richtig ist, dass im Falle der Notwendigkeit einer ärztlichen Untersuchung des Geistes- und Gemütszustandes eines Beschuldigten (Paragraph 134, Absatz eins, StPO) dessen Vorführung - ungeachtet des Umstandes, dass dieser gegen seinen Willen zu einer Mitwirkung an einer ärztlichen Befundung nicht verhalten werden darf - zum Sachverständigen grundsätzlich erst nach Zustellung einer vom Richter unterzeichneten, an den Vorzuladenden gerichteten schriftlichen Ladung zulässig ist, die den Beisatz enthalten muss, dass der Vorgeladene "im Fall seines unentschuldigten Ausbleibens persönlich werde vor Gericht geführt werden" (Paragraphen 173, Absatz 2,, 174 StPO).

Fallbezogen kann jedoch in der Erlassung des in Rede stehenden Vorführungsbefehls ein grundrechtsrelevanter Verstoß gegen die zuletzt zitierten prozessualen Bestimmungen nicht erblickt werden. Zunächst ist festzuhalten, dass die Beschwerdebehauptung, wonach der damals Beschuldigte sein Fernbleiben "zum ersten Termin aufgrund eines psychotischen Schubes entschuldigt habe", aktenfremd ist; aber auch darüber hinaus ist die Beschwerde nicht zielführend:

Die Judikatur anerkennt auch formlose, außerhalb der Hauptverhandlung abgegebene Erklärungen (etwa zur Aussageentschlagung von Zeugen [12 Os 22/99; 14 Os 105/99 - fernmündlich außerhalb der Hauptverhandlung durch die Heimleitung übermittelt; 14 Os 75/01 uva]) als prozesswirksam. Ob sie ausreichend und unbedenklich sind, entscheidet jeweils das Gericht (14 Os 154/98).

Im Hinblick auf die bereits zitierte - unmissverständliche - Äußerung des Beschwerdeführers, die vom Gericht - unter den gegebenen Voraussetzungen unbedenklich - als Weigerung, (auch) jeder Ladung Folge zu leisten, interpretiert wurde, bestand keine gerichtliche Verpflichtung, diesem eine den Erfordernissen des § 174 StPO entsprechende - vorliegendenfalls nur verfahrensverzögernde, weil von vornherein als wirkungslos zu beurteilende - Vorladung zum Sachverständigen zuzustellen; dass der Beschwerdeführer von seiner bereits dokumentierten dem Gericht gegenüber mündlich geäußerten Einstellung im Falle der Zustellung einer derartigen Ladung abgegangen wäre, wird in der Grundrechtsbeschwerde nicht behauptet. Die darin zitierte Entscheidung SSt 50/72 ist auf den aktuellen Fall insofern nicht anwendbar, als diese lediglich die Vorführung eines Beschuldigten nach (bloßer) Nichtbefolgung der Einladung des Sachverständigen zur Befundaufnahme zum Gegenstand hatte. Soweit die Beschwerde Kritik daran übt, dass der Beschwerdeführer bereits um 7,30 Uhr des 26. März 2003 in Neunkirchen festgenommen wurde, obwohl die Untersuchung erst für 13,00 Uhr desselben Tages in Wien angesetzt war, bemängelt sie, abgesehen davon, dass die Effektuierung der Vorführung unter den gegebenen Umständen in zeitlicher Hinsicht nicht als unangemessen angesehen werden kann, die Durchführung des richterlichen Vorführungsbefehls durch Organe einer Verwaltungsbehörde, die im Grundrechtsverfahren nicht überprüfbar ist (14 Os 150/01).Im Hinblick auf die bereits zitierte - unmissverständliche - Äußerung des Beschwerdeführers, die vom Gericht - unter den gegebenen Voraussetzungen unbedenklich - als Weigerung, (auch) jeder Ladung Folge zu leisten, interpretiert wurde, bestand keine gerichtliche Verpflichtung, diesem eine den Erfordernissen des Paragraph 174, StPO entsprechende - vorliegendenfalls nur verfahrensverzögernde, weil von vornherein als wirkungslos zu beurteilende - Vorladung zum Sachverständigen zuzustellen; dass der Beschwerdeführer von seiner bereits dokumentierten dem Gericht gegenüber mündlich geäußerten Einstellung im Falle der Zustellung einer derartigen Ladung abgegangen wäre, wird in der Grundrechtsbeschwerde nicht behauptet. Die darin zitierte Entscheidung SSt 50/72 ist auf den aktuellen Fall insofern nicht anwendbar, als diese lediglich die Vorführung eines Beschuldigten nach (bloßer) Nichtbefolgung der Einladung des Sachverständigen zur Befundaufnahme zum Gegenstand hatte. Soweit die Beschwerde Kritik daran übt, dass der Beschwerdeführer bereits um 7,30 Uhr des 26. März 2003 in Neunkirchen festgenommen wurde, obwohl die Untersuchung erst für 13,00 Uhr desselben Tages in Wien angesetzt war, bemängelt sie, abgesehen davon, dass die Effektuierung der Vorführung unter den gegebenen Umständen in zeitlicher Hinsicht nicht als unangemessen angesehen werden kann, die Durchführung des richterlichen Vorführungsbefehls durch Organe einer Verwaltungsbehörde, die im Grundrechtsverfahren nicht überprüfbar ist (14 Os 150/01).

Somit war - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung

E7076212Os73.03

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inÖJZ-LSK 2003/197 = EvBl 2003/189 S 901 - EvBl 2003,901 = RZ 2003,258= RZ 2004/27 S 257 - RZ 2004,257 = SSt 2003/73XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0120OS00073.03.0911.000

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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