Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Richter des Oberlandesgerichtes DDr.Huberger als Vorsitzenden, Dr.Sonntag und die Richterin des Oberlandesgerichtes Dr.Blaszczyk sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Franz Kandlhofer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Johann Arnold (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Rechtssache der klagenden Partei F***** Sch*****, zuletzt ***** Wien, *****, vertreten durch den Sachwalter Dr.T***** H*****-Z*****, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Wien, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Pflegegeld, infolge Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 5.3.2003, 3 Cgs 175/02z-9, gemäß §§ 2 ASGG, 492 Abs. 2 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Richter des Oberlandesgerichtes DDr.Huberger als Vorsitzenden, Dr.Sonntag und die Richterin des Oberlandesgerichtes Dr.Blaszczyk sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Franz Kandlhofer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Johann Arnold (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Rechtssache der klagenden Partei F***** Sch*****, zuletzt ***** Wien, *****, vertreten durch den Sachwalter Dr.T***** H*****-Z*****, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Wien, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Pflegegeld, infolge Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 5.3.2003, 3 Cgs 175/02z-9, gemäß Paragraphen 2, ASGG, 492 Absatz 2, ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, dass es lautet:
"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei das ab 1.10.2001 einbehaltene Pflegegeld in Höhe von EUR 122,60 monatlich binnen 14 Tagen nachzuzahlen und weiterhin zu gewährten. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 897,64 (darin EUR 148,23 USt.) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 485,86 (darin EUR 80,98 USt.) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Mit Bescheid vom 27.6.2001 wurde dem Kläger ab 1.12.2000 Pflegegeld in Höhe der Stufe 1 gewährt (Stück 7 ff Pensionsakt). Mit dem bei der beklagten Partei am 28.9.2001 eingelangten Antrag, begehrte der Kläger die Erhöhung des Pflegegeldes (Gutachtensmappe des Pensionsaktes).
Mit Bescheid vom 25.9.2002 wurde dem Kläger ab 1.10.2001 Pflegegeld in Höhe der Stufe 2 gewährt (Stück 48 ff Pensionsakt). Mit dem - nunmehr klagsgegenständlichen - weiteren Bescheid vom 25.9.2002 sprach die beklagte Partei aus, dass ab 1.10.2001 das Pflegegeld in Höhe von EUR 122,60 monatlich ruhe (Stück 52 ff Pensionsakt).
Mit den Beschlüssen vom 2.5. und 9.5.2001 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien zu 7 P 262/00y wurde Mag.Dr.T***** H*****-Z***** zum einstweiligen Sachwalter des Klägers für das Sachwalterschaftsbestellungsverfahren und für dringende Angelegenheiten gemäß § 238 Abs. 1 und 2 AußerStrG bestellt (ON 23 und ON 24 im Sachwalterakt).Mit den Beschlüssen vom 2.5. und 9.5.2001 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien zu 7 P 262/00y wurde Mag.Dr.T***** H*****-Z***** zum einstweiligen Sachwalter des Klägers für das Sachwalterschaftsbestellungsverfahren und für dringende Angelegenheiten gemäß Paragraph 238, Absatz eins und 2 AußerStrG bestellt (ON 23 und ON 24 im Sachwalterakt).
Der Umfang der "dringenden Angelegenheiten" wurde mit "alle Wohnungsangelegenheiten, in diesem Zusammenhang auch die Vertretung vor Gerichten, Ämtern und Behörden" umschrieben (ON 24 im Sachwalterbestellungsakt).
Mit Beschluss vom 25.3.2002 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien wurde Mag.Dr.T***** H*****-Z***** zum (endgültigen) Sachwalter gemäß § 273 ABGB mit dem Aufgabenkreis gemäß § 273 Abs. 3 Z 2 ABGB für die Vertretung vor Ämtern, Behörden, Gerichten und gegenüber privaten Vertragspartnern sowie zur Sicherstellung eine fortlaufenden psychiatrischen Behandlung bestellt (ON 37 im Sachwalterakt 7 P 262/00g des BG Innere Stadt Wien).Mit Beschluss vom 25.3.2002 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien wurde Mag.Dr.T***** H*****-Z***** zum (endgültigen) Sachwalter gemäß Paragraph 273, ABGB mit dem Aufgabenkreis gemäß Paragraph 273, Absatz 3, Ziffer 2, ABGB für die Vertretung vor Ämtern, Behörden, Gerichten und gegenüber privaten Vertragspartnern sowie zur Sicherstellung eine fortlaufenden psychiatrischen Behandlung bestellt (ON 37 im Sachwalterakt 7 P 262/00g des BG Innere Stadt Wien).
Mit Schreiben vom 12.9.2002 wies die beklagte Partei den Sachwalter des Klägers darauf hin, dass der Kläger verwahrlost sei und ersuchte um den Nachweis der zweckentsprechenden Verwendung des Pflegegeldes durch Übermittlung eines Vertrages über die Betreuung des Klägers durch einen professionellen Hilfsverein (Stück 39, 40 Pensionsakt). Mit Schreiben vom 23.9.2002 (bei der Beklagten eingelangt am 30.9.2002) beantwortete der Sachwalter des Klägers das Schreiben der beklagten Partei dahin, dass er nach der Räumung der Wohnung des Klägers bemüht sei, dessen Aufenthalt in Erfahrung zu bringen. In der Folge werde er versuchen, eine entsprechende Betreuung des Klägers zu organisieren (Stück 55 Pensionsakt).
Mit Schriftsatz vom 24.9.2002 beantragte der Sachwalter beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien die Ausdehnung der Sachwalterschaft auf finanzielle Angelegenheiten, nämlich die Verwaltung der Einkünfte des Klägers (ON 45 Sachwalterakt).
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 12.11.2002 wurde die vorzitierte Sachwalterschaft auf die Besorgung der finanziellen Angelegenheiten des Klägers erweitert (ON 53 Sachwalterakt).
Bis zum Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz konnte der Sachwalter keinen Kontakt zum Kläger herstellen. Mit der gegen den Bescheid vom 25.9.2002 über den Ausspruch des Ruhens des Pflegegeldes im Ausmaß von EUR 122,60 monatlich gerichteten pflegschaftsgerichtlich genehmigten (ON 48) Klage begehrt der Kläger, vertreten durch den bestellten Sachwalter ihm "Pflegegeld im gesetzlichen Umfang zu gewähren" und bringt im wesentlichen vor, der Ruhenstatbestand nach § 20 BPGG liege nicht vor. Die beklagte Partei habe den bekämpften Bescheid ohne Überprüfung erlassen, ob die Annahme von Sachleistungen überhaupt verweigert werde. Bislang sei gar nicht versucht worden, dem Kläger Sachleistungen zukommen zu lassen. Das Pflegegeld ruhe jedoch erst dann, wenn der durch das Pflegegeld angestrebte Zweck nicht erreicht werde und auch Sachleistungen nicht erbracht werden könnten. Dem Sachwalter des Klägers sei erstmals mit Schreiben der Beklagten vom 12.9.2002 mitgeteilt worden, dass eine Verwahrlosung des Klägers vorliege. Anlässlich dieses Schreibens habe der Sachwalter sofort die Ausdehnung der Sachwalterschaft auf die Besorgung der finanziellen Angelegenheiten des Klägers beantragt. Die beklagte Partei habe allerdings die weiteren Maßnahmen nicht abgewartet, sondern sofort den angefochtenen Bescheid erlassen. Es habe nach wie vor kein Kontakt zum Kläger hergestellt werden können. Sobald der Kläger aufgefunden werde, würden die zwischenzeitlich vom Sachwalter eingenommenen Gelder für seine Unterbringung und Pflege verwendet werden.Bis zum Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz konnte der Sachwalter keinen Kontakt zum Kläger herstellen. Mit der gegen den Bescheid vom 25.9.2002 über den Ausspruch des Ruhens des Pflegegeldes im Ausmaß von EUR 122,60 monatlich gerichteten pflegschaftsgerichtlich genehmigten (ON 48) Klage begehrt der Kläger, vertreten durch den bestellten Sachwalter ihm "Pflegegeld im gesetzlichen Umfang zu gewähren" und bringt im wesentlichen vor, der Ruhenstatbestand nach Paragraph 20, BPGG liege nicht vor. Die beklagte Partei habe den bekämpften Bescheid ohne Überprüfung erlassen, ob die Annahme von Sachleistungen überhaupt verweigert werde. Bislang sei gar nicht versucht worden, dem Kläger Sachleistungen zukommen zu lassen. Das Pflegegeld ruhe jedoch erst dann, wenn der durch das Pflegegeld angestrebte Zweck nicht erreicht werde und auch Sachleistungen nicht erbracht werden könnten. Dem Sachwalter des Klägers sei erstmals mit Schreiben der Beklagten vom 12.9.2002 mitgeteilt worden, dass eine Verwahrlosung des Klägers vorliege. Anlässlich dieses Schreibens habe der Sachwalter sofort die Ausdehnung der Sachwalterschaft auf die Besorgung der finanziellen Angelegenheiten des Klägers beantragt. Die beklagte Partei habe allerdings die weiteren Maßnahmen nicht abgewartet, sondern sofort den angefochtenen Bescheid erlassen. Es habe nach wie vor kein Kontakt zum Kläger hergestellt werden können. Sobald der Kläger aufgefunden werde, würden die zwischenzeitlich vom Sachwalter eingenommenen Gelder für seine Unterbringung und Pflege verwendet werden.
Die beklagte Partei beantragte die Klageabweisung und wendete ein, das Pflegegeld sei im Ausmaß von EUR 122,60 monatlich zu Recht - bis zur Sicherung der Erbringung der notwendigen Leistungen - ruhend gestellt worden.
Anlässlich der anstaltsärztlichen Untersuchung am 16.8.2002 sei festgestellt worden, dass der Kläger sich - trotz Gewährung von Pflegegeld in Höhe der Stufe 1 - in einem verwahrlosten Zustand befinde und sich in einer desolaten Wohnung aufhalte. Mit Schreiben vom 12.9.2002 sei der Sachwalter des Klägers davon verständigt worden, dass die zweckentsprechende Verwendung des Pflegegeldes nicht gewährleistet sei und dem durch Abschluss eines Betreuungsvertrages entgegengewirkt werden könne. Mangels Reaktion des Sachwalters sei der Ausspruch über das teilweise Ruhen des Pflegegeldes erfolgt. Es sei nicht Sinn und Zweck des Pflegegeldes, "zukünftige Aufwendungen .... zu sichern".
Mit dem angefochtenen Urteil sprach das Erstgericht aus, dass das Klagebegehren auf Zahlung von Pflegegeld in gesetzlicher Höhe von derzeit EUR 268,-- monatlich über den 1.10.2000 hinaus abgewiesen werde und das ab 1.10.2001 gebührende Pflegegeld im Ausmaß von EUR 122,60 monatlich ruhe.
Dabei ging das Erstgericht im wesentlichen von dem eingangs dargelegten Sachverhalt aus, der durch Beischaffung und Auswertung des den Kläger betreffenden Sachwalteraktes 7 P 262/00g des BG Innere Stadt Wien durch das Berufungsgericht teilweise präziser dargestellt und verdichtet werden konnte.
Die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Werde der durch das Pflegegeld angestrebte Zweck nicht erreicht, seien gemäß § 20 Abs. 1 BPGG anstelle des gesamten oder eines Teiles des Pflegegeldes Sachleistungen mit Wirkung ab Zustellung des Bescheides zu gewähren, wenn und insoweit die Möglichkeit bestehe, den Pflegebedarf durch Sachleistungen abzudecken. Sei der Ersatz nicht möglich, weil die Annahme dieser Sachleistungen ohne triftigen Grund verweigert werde, ruhe der entsprechende Anspruch auf Pflegegeld für die Dauer der Weigerung.Werde der durch das Pflegegeld angestrebte Zweck nicht erreicht, seien gemäß Paragraph 20, Absatz eins, BPGG anstelle des gesamten oder eines Teiles des Pflegegeldes Sachleistungen mit Wirkung ab Zustellung des Bescheides zu gewähren, wenn und insoweit die Möglichkeit bestehe, den Pflegebedarf durch Sachleistungen abzudecken. Sei der Ersatz nicht möglich, weil die Annahme dieser Sachleistungen ohne triftigen Grund verweigert werde, ruhe der entsprechende Anspruch auf Pflegegeld für die Dauer der Weigerung.
Das Verhalten des Klägers, sich einer Betreuung zu entziehen, stelle eine Weigerung im Sinn des § 20 Abs. 1 BPGG dar. Werde die Annahme von Sachleistungen aber verweigert, ruhe ein entsprechender Teil des Pflegegeldes für die Dauer der Weigerung. Das Pflegegeld solle den laufenden Mehraufwand in pauschalierter Form abdecken. Es sei aber nicht geeignet, "allenfalls künftig entstehenden Mehraufwand oder Pflegeleistungen abzudecken".Das Verhalten des Klägers, sich einer Betreuung zu entziehen, stelle eine Weigerung im Sinn des Paragraph 20, Absatz eins, BPGG dar. Werde die Annahme von Sachleistungen aber verweigert, ruhe ein entsprechender Teil des Pflegegeldes für die Dauer der Weigerung. Das Pflegegeld solle den laufenden Mehraufwand in pauschalierter Form abdecken. Es sei aber nicht geeignet, "allenfalls künftig entstehenden Mehraufwand oder Pflegeleistungen abzudecken".
Rechtliche Beurteilung
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers erkennbar aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung einschließlich der sekundären Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt (ON 10).
Die beklagte Partei hat sich am Berufungsverfahren nicht beteiligt. Die Berufung ist berechtigt.
Unter Punkt 1a) releviert der Berufungswerber vorerst das Fehlen von Feststellungen des Erstgerichtes dahin, dass die den Kläger betreffende Sachwalterschaft sich zum Zeitpunkt der Erlassung des verfahrensgegenständlichen Bescheides nicht nur auf die Vertretung im Sachwalterschaftsverfahren, sondern auch auf die Vertretung vor Ämtern, Behörden, Gerichten und gegenüber privaten Vertragspartnern sowie auf die Sicherstellung einer fortlaufenden psychiatrischen Behandlung erstreckt habe.
Diese Feststellung sei relevant, weil sich daraus ergebe, dass die Vertretung des Klägers gegenüber der beklagten Partei ausschließlich dem Sachwalter oblegen sei. Es habe daher über die Annahme von Sachleistungen oder deren Verweigerung auch ausschließlich der Sachwalter und nicht der Kläger selbst zu entscheiden. Die angezogene sekundäre Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor. Zum einen ist die gewünschte zusätzliche Feststellung aus den bei der weiteren Behandlung der Rechtsrüge aufzuzeigenden Gründen rechtlich unerheblich. Zum anderen hat das Berufungsgericht den den Kläger betreffenden Sachwalterschaftsakt beigeschafft und daraus - ausschließlich zum besseren Verständnis - den ohnehin unstrittigen Sachverhalt diesbezüglich präziser zur Darstellung gebracht. Unter Punkt 1.b) moniert die Berufung das Fehlen von Feststellungen des Erstgerichtes dahin, dass die beklagte Partei die Erbringung von Sachleistungen nicht angeboten, keine diesbezügliche Überprüfung durchgeführt und auch keinen entsprechenden Bescheid erlassen habe. Die genannten Feststellungen seien wesentlich, weil der Anspruch auf Pflegegeld nur dann ruhe, wenn die Annahme von Sachleistungen ohne triftigen Grund verweigert werde. Ob eine Weigerung vorliege, sei nicht überprüft worden. Ohne eine solche Überprüfung sei der von der Beklagte erlassene Ruhensbescheid aber nicht rechtmäßig. Auch insoweit ist eine sekundäre Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht gegeben. Sämtliche von der Berufung angesprochenen Umstände sind unstrittig. Es steht daher ohnehin fest, dass die beklagte Partei keinen Bescheid über die Gewährung von Sachleistungen anstelle eines Teiles des Pflegegeldes erlassen, die Erbringung von Sachleistungen nicht angeboten und auch kein Ermittlungsverfahren darüber abgeführt hat, ob die Annahme von Sachleistungen verweigert werde.
Unter Punkt 2.) wiederholt die Berufung unter anderem ihr Vorbringen, dass die beklagte Partei gar nicht versucht habe, Sachleistungen zu erbringen und es im übrigen im Hinblick auf den Umfang der bestehenden Sachwalterschaft auch gar nicht auf eine allfällige Verweigerung der Annahme von Sachleistungen durch den Kläger ankomme. Im übrigen tritt die Berufung der Auffassung des Erstgerichtes entgegen, dass eine Ansparung von Pflegegeld nicht vorgesehen sei. Der § 20 Abs. 1 BPGG eröffnet die Möglichkeit, das gebührende Pflegegeld zur Gänze oder zum Teil durch Sachleistungen zu ersetzen, wenn durch die Erbringung der Geldleistung der durch das Pflegegeld angestrebte Zweck der Sicherung der für die pflegebedürftige Person notwendigen Betreuung und Hilfe (§ 1 BPGG) nicht erreicht wird. Der Ersatz des Pflegegeldes durch Sachleistungen muss bescheidmäßig erfolgen (Pfeil, Die Neuregelung der Pflegevorsorge in Österreich, Seite 247 mwN; Kuderna, ASGG², Anm. 7a zu § 87; Fink, ASGG, Anm. 1 zu § 87 mwN). Ein solcher Bescheid kann durch Klage beim Arbeits- und Sozialgericht bekämpft werden (aaO). Das Klagebegehren ist auf die Gewährung des Pflegegeldes in Form einer Geldleistung zu richten (Kuderna aaO, Fink aaO). Der § 87 Abs. 4 letzter Satz ASGG sieht für dieses Verfahren eine besondere Beweislastverteilung vor. Danach hat - in Durchbrechung des gemäß § 87 Abs. 1 ASGG geltenden Amtswegigkeitsgrundsatzes - der beklagte Entscheidungsträger zu beweisen, dass die Voraussetzungen für den Ersatz der Geldleistung durch Sachleistungen verwirklicht sind. Gelingt diese Beweisführung nicht, ist dem auf Geldleistung gerichteten Klagebegehren stattzugeben (Fink aaO, Kuderna aaO).Unter Punkt 2.) wiederholt die Berufung unter anderem ihr Vorbringen, dass die beklagte Partei gar nicht versucht habe, Sachleistungen zu erbringen und es im übrigen im Hinblick auf den Umfang der bestehenden Sachwalterschaft auch gar nicht auf eine allfällige Verweigerung der Annahme von Sachleistungen durch den Kläger ankomme. Im übrigen tritt die Berufung der Auffassung des Erstgerichtes entgegen, dass eine Ansparung von Pflegegeld nicht vorgesehen sei. Der Paragraph 20, Absatz eins, BPGG eröffnet die Möglichkeit, das gebührende Pflegegeld zur Gänze oder zum Teil durch Sachleistungen zu ersetzen, wenn durch die Erbringung der Geldleistung der durch das Pflegegeld angestrebte Zweck der Sicherung der für die pflegebedürftige Person notwendigen Betreuung und Hilfe (Paragraph eins, BPGG) nicht erreicht wird. Der Ersatz des Pflegegeldes durch Sachleistungen muss bescheidmäßig erfolgen (Pfeil, Die Neuregelung der Pflegevorsorge in Österreich, Seite 247 mwN; Kuderna, ASGG², Anmerkung 7a zu Paragraph 87 ;, Fink, ASGG, Anmerkung 1 zu Paragraph 87, mwN). Ein solcher Bescheid kann durch Klage beim Arbeits- und Sozialgericht bekämpft werden (aaO). Das Klagebegehren ist auf die Gewährung des Pflegegeldes in Form einer Geldleistung zu richten (Kuderna aaO, Fink aaO). Der Paragraph 87, Absatz 4, letzter Satz ASGG sieht für dieses Verfahren eine besondere Beweislastverteilung vor. Danach hat - in Durchbrechung des gemäß Paragraph 87, Absatz eins, ASGG geltenden Amtswegigkeitsgrundsatzes - der beklagte Entscheidungsträger zu beweisen, dass die Voraussetzungen für den Ersatz der Geldleistung durch Sachleistungen verwirklicht sind. Gelingt diese Beweisführung nicht, ist dem auf Geldleistung gerichteten Klagebegehren stattzugeben (Fink aaO, Kuderna aaO).
Gemäß § 20 Abs. 1 erster Satz zweiter Halbsatz BPGG treten die Wirkungen der bescheidmäßigen Umwandlung in Sachleistungen erst mit der Zustellung des Bescheides über den Ersatz des Pflegegeldes durch Sachleistungen ein (Pfeil aaO).Gemäß Paragraph 20, Absatz eins, erster Satz zweiter Halbsatz BPGG treten die Wirkungen der bescheidmäßigen Umwandlung in Sachleistungen erst mit der Zustellung des Bescheides über den Ersatz des Pflegegeldes durch Sachleistungen ein (Pfeil aaO).
Die mit der Zustellung des Bescheides über die gänzliche oder teilweise Umstellung auf Sachleistungen eintretenden Wirkungen bestehen primär darin, dass gemäß § 20 Abs. 5 BPGG der Entscheidungsträger das Pflegegeld zur Bedeckung der Sachleistungen zu verwenden hat, indem er es so weit an den - zuvor auf allgemeinem rechtsgeschäftlichem Weg verpflichteten (Pfeil aaO, Seite 250 mwN) - Erbringer der Sachleistungen auszuzahlen hat, als dieser Leistungen bereitstellt. Darüber hinaus normiert der - durch BGBl. I 1998/111 - eingefügte § 20 Abs. 1 letzter Satz BPGG, dass der Anspruch auf Pflegegeld ruhe, wenn der Ersatz durch Sachleistungen nicht möglich sei, weil deren Annahme ohne triftigen Grund verweigert wird. Das Ruhen gilt nur für die Dauer der Weigerung. Auch dabei handelt es sich um eine - wenn auch nur indirekte - Wirkung der bescheidmäßigen Umwandlung in Sachleistungen. Auch diese indirekte Wirkung kann nach dem in § 20 Abs. 1 erster Satz zweiter Halbsatz BPGG enthaltenen Gesetzesbefehl erst nach der Zustellung des Bescheides über den Ersatz des Pflegegeldes durch Sachleistungen eintreten. Das Ruhen gemäß § 20 Abs. 1 letzter Satz ASGG ist - mangels gegenteiliger gesetzlicher Anordnung - gemäß §§ 24 BPGG, 367 Abs. 2 ASVG bescheidmäßig auszusprechen (vgl. etwa SSV-NF 13/52 und Pfeil aaO, Seite 246 zu dem mit BGBl. 2001/69 aufgehobenen § 29 BPGG). Dass und warum ein solcher Ruhensbescheid erst im Anschluss an die Zustellung des Bescheides über den Ersatz des Pflegegeldes durch Sachleistungen erlassen werden darf, wurde bereits dargestellt. Dass eine frühere Erlassung aber auch gar nicht zielführend sein kann, ergibt sich schon logisch daraus, dass von einer Verweigerung der Annahme von Sachleistungen durch den Pflegebedürftigen nur dann die Rede sein kann, wenn deren Erbringung zuvor überhaupt zielführend versucht worden ist. Dies setzt aber wiederum voraus, dass die bescheidmäßige Umwandlung in Sachleistungen bereits erfolgt und ein solcher Bescheid an den bestellten Sachwalter zugestellt worden ist. Hinzu kommt, dass es sich bei dem in § 20 Abs. 1 letzter Satz BPGG vorgesehenen Ruhen - wie aus der Beschränkung des Ruhens auf die Dauer der Weigerung folgt - um eine Art "Beugestrafe" handelt, mit deren Hilfe Schlimmeres - nämlich die Verwahrlosung oder Unterversorgung des Pflegebedürftigen - verhindert werden soll (vgl. Pfeil aaO, Seite 245 zum aufgehobenen § 29 BPGG). Die Anwendung einer solchen "Beugestrafe" kommt nur dann in Betracht, wenn und solange der Pflegebedürftige die Annahme von zu Recht erbrachten Sachleistungen verweigert. Diesfalls erhält er für die Dauer seiner rechtswidrigen Weigerung nämlich sanktionsweise weder Geld- noch Sachleistungen. Umgekehrt normiert § 20 Abs. 2 ASGG, dass das einbehaltene Pflegegeld ohne Anspruch auf Rückersatz für die gewährten Sachleistungen nachzuzahlen ist, wenn Sachleistungen gemäß § 20 Abs. 1 BPGG zu Unrecht erbracht wurden. Stellt sich also in dem gegen den Bescheid über den Ersatz des Pflegegeldes durch Sachleistungen angestrengten sozialgerichtlichen Verfahren heraus, dass die Voraussetzungen für die vorgenommene Umwandlung gar nicht vorgelegen haben, kommt der Pflegebedürftige letztlich in den Genuss eines "Doppelbezuges" (vgl. Pfeil aaO, Seite 247).Die mit der Zustellung des Bescheides über die gänzliche oder teilweise Umstellung auf Sachleistungen eintretenden Wirkungen bestehen primär darin, dass gemäß Paragraph 20, Absatz 5, BPGG der Entscheidungsträger das Pflegegeld zur Bedeckung der Sachleistungen zu verwenden hat, indem er es so weit an den - zuvor auf allgemeinem rechtsgeschäftlichem Weg verpflichteten (Pfeil aaO, Seite 250 mwN) - Erbringer der Sachleistungen auszuzahlen hat, als dieser Leistungen bereitstellt. Darüber hinaus normiert der - durch BGBl. römisch eins 1998/111 - eingefügte Paragraph 20, Absatz eins, letzter Satz BPGG, dass der Anspruch auf Pflegegeld ruhe, wenn der Ersatz durch Sachleistungen nicht möglich sei, weil deren Annahme ohne triftigen Grund verweigert wird. Das Ruhen gilt nur für die Dauer der Weigerung. Auch dabei handelt es sich um eine - wenn auch nur indirekte - Wirkung der bescheidmäßigen Umwandlung in Sachleistungen. Auch diese indirekte Wirkung kann nach dem in Paragraph 20, Absatz eins, erster Satz zweiter Halbsatz BPGG enthaltenen Gesetzesbefehl erst nach der Zustellung des Bescheides über den Ersatz des Pflegegeldes durch Sachleistungen eintreten. Das Ruhen gemäß Paragraph 20, Absatz eins, letzter Satz ASGG ist - mangels gegenteiliger gesetzlicher Anordnung - gemäß Paragraphen 24, BPGG, 367 Absatz 2, ASVG bescheidmäßig auszusprechen vergleiche etwa SSV-NF 13/52 und Pfeil aaO, Seite 246 zu dem mit BGBl. 2001/69 aufgehobenen Paragraph 29, BPGG). Dass und warum ein solcher Ruhensbescheid erst im Anschluss an die Zustellung des Bescheides über den Ersatz des Pflegegeldes durch Sachleistungen erlassen werden darf, wurde bereits dargestellt. Dass eine frühere Erlassung aber auch gar nicht zielführend sein kann, ergibt sich schon logisch daraus, dass von einer Verweigerung der Annahme von Sachleistungen durch den Pflegebedürftigen nur dann die Rede sein kann, wenn deren Erbringung zuvor überhaupt zielführend versucht worden ist. Dies setzt aber wiederum voraus, dass die bescheidmäßige Umwandlung in Sachleistungen bereits erfolgt und ein solcher Bescheid an den bestellten Sachwalter zugestellt worden ist. Hinzu kommt, dass es sich bei dem in Paragraph 20, Absatz eins, letzter Satz BPGG vorgesehenen Ruhen - wie aus der Beschränkung des Ruhens auf die Dauer der Weigerung folgt - um eine Art "Beugestrafe" handelt, mit deren Hilfe Schlimmeres - nämlich die Verwahrlosung oder Unterversorgung des Pflegebedürftigen - verhindert werden soll vergleiche Pfeil aaO, Seite 245 zum aufgehobenen Paragraph 29, BPGG). Die Anwendung einer solchen "Beugestrafe" kommt nur dann in Betracht, wenn und solange der Pflegebedürftige die Annahme von zu Recht erbrachten Sachleistungen verweigert. Diesfalls erhält er für die Dauer seiner rechtswidrigen Weigerung nämlich sanktionsweise weder Geld- noch Sachleistungen. Umgekehrt normiert Paragraph 20, Absatz 2, ASGG, dass das einbehaltene Pflegegeld ohne Anspruch auf Rückersatz für die gewährten Sachleistungen nachzuzahlen ist, wenn Sachleistungen gemäß Paragraph 20, Absatz eins, BPGG zu Unrecht erbracht wurden. Stellt sich also in dem gegen den Bescheid über den Ersatz des Pflegegeldes durch Sachleistungen angestrengten sozialgerichtlichen Verfahren heraus, dass die Voraussetzungen für die vorgenommene Umwandlung gar nicht vorgelegen haben, kommt der Pflegebedürftige letztlich in den Genuss eines "Doppelbezuges" vergleiche Pfeil aaO, Seite 247).
Aus dem Gesagten ist abzuleiten, dass die Erlassung eines Bescheides über ein Ruhen gemäß § 20 Abs. 1 letzter Satz BPGG immer die vorhergehende Erlassung eines Bescheides über die Umwandlung des Pflegegeldes in Sachleistungen voraussetzt. Diese Voraussetzung ist gegenständlich nicht erfüllt werden. Für die Erlassung des dem Verfahren zugrundeliegenden Ruhensbescheides bestand daher von vornherein kein Raum. Dementsprechend ist der vorliegendenfalls bekämpfte Bescheid zu Unrecht ergangen.Aus dem Gesagten ist abzuleiten, dass die Erlassung eines Bescheides über ein Ruhen gemäß Paragraph 20, Absatz eins, letzter Satz BPGG immer die vorhergehende Erlassung eines Bescheides über die Umwandlung des Pflegegeldes in Sachleistungen voraussetzt. Diese Voraussetzung ist gegenständlich nicht erfüllt werden. Für die Erlassung des dem Verfahren zugrundeliegenden Ruhensbescheides bestand daher von vornherein kein Raum. Dementsprechend ist der vorliegendenfalls bekämpfte Bescheid zu Unrecht ergangen.
Der Berufung war somit Folge zu geben und - in Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung - dem erkennbar auf Nachzahlung des einbehaltenen Pflegegeldes gerichteten Klagebegehren stattzugeben und der Klarheit halber auszusprechen, dass die Weitergewährung zu erfolgen sohin kein Ruhen zu erfolgen habe.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz gründet auf § 77 Abs. 2 ASGG.Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz gründet auf Paragraph 77, Absatz 2, ASGG.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet auf §§ 2 ASGG, 41, 50 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet auf Paragraphen 2, ASGG, 41, 50 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen. Es liegt zwar - soweit für das Berufungsgericht überblickbar - keine höchstgerichtliche Judikatur zu § 20 BPGG vor. Allerdings ist die Revision trotz Fehlens einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung dennoch nicht zuzulassen, wenn die relevante Rechtsfrage im Gesetz so eindeutig gelöst ist, dass nur eine Möglichkeit der Auslegung ernstlich in Betracht kommt. Dies gilt vor allem dann, wenn diese Lösung - wie hier - in der Lehre unstrittig ist (Kodek in Rechberger², Rz 3 zu § 502). Oberlandesgericht WienDie Revision war nicht zuzulassen. Es liegt zwar - soweit für das Berufungsgericht überblickbar - keine höchstgerichtliche Judikatur zu Paragraph 20, BPGG vor. Allerdings ist die Revision trotz Fehlens einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung dennoch nicht zuzulassen, wenn die relevante Rechtsfrage im Gesetz so eindeutig gelöst ist, dass nur eine Möglichkeit der Auslegung ernstlich in Betracht kommt. Dies gilt vor allem dann, wenn diese Lösung - wie hier - in der Lehre unstrittig ist (Kodek in Rechberger², Rz 3 zu Paragraph 502,). Oberlandesgericht Wien
1016 Wien, Schmerlingplatz 11
Anmerkung
EW00475 7Rs108.03h-1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OLG0009:2003:0070RS00108.03H.0912.000Dokumentnummer
JJT_20030912_OLG0009_0070RS00108_03H0000_000