TE OGH 2003/9/16 10ObS211/03g

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Veröffentlicht am 16.09.2003
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Friedrich Heim (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Peter Schönhofer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Maximilian B*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Werner Steinwender, Dr. Christian Mahringer und Mag. Guido Leitgeb, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Witwerpension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. März 2003, GZ 12 Rs 22/03x-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 18. November 2002, GZ 20 Cgs 146/02x-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Bescheid vom 11. 3. 2002 (Bescheiddatum laut Pensionsakt) hat die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter dem Kläger ab 1. 3. 2002 eine Witwerpension nach der Verstorbenen Elisabeth B***** in Höhe von monatlich 11,62 EUR zuerkannt. Die Berechnung der Höhe der Pension auf der Grundlage des § 264 ASVG idF des SRÄG 2000 ist nicht strittig.Mit Bescheid vom 11. 3. 2002 (Bescheiddatum laut Pensionsakt) hat die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter dem Kläger ab 1. 3. 2002 eine Witwerpension nach der Verstorbenen Elisabeth B***** in Höhe von monatlich 11,62 EUR zuerkannt. Die Berechnung der Höhe der Pension auf der Grundlage des Paragraph 264, ASVG in der Fassung des SRÄG 2000 ist nicht strittig.

Das Erstgericht wiederholte den Zuspruch einer Witwerpension in Höhe von monatlich 11,62 EUR ab 1. 3. 2002 und wies im Übrigen das auf Zuerkennung einer höheren Witwerpension gerichtete Klagebegehren ab. Es legte seiner Entscheidung zugrunde, dass die verstorbene Ehegattin des Klägers zuletzt eine Alterspension von 461,59 EUR monatlich bezog und die Berechnungsgrundlage des Verstorbenen am Stichtag 2.284,90 EUR betrug.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers, in der ausschließlich Bedenken gegen die Verfassungsgemäßheit des zur Berechnung der Pensionshöhe herangezogenen § 264 ASVG (idF SRÄG 2000) dargelegt wurden, nicht Folge. In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, vor dem Hintergrund des Zwecks der Hinterbliebenenpensionen, die ausbleibenden Unterhaltsleistungen des verstorbenen Versicherten zu ersetzen, könne keine Unsachlichkeit in der durch das SRÄG 2000 eingeführten Neuregelung der Berechnung der Höhe der Witwer- und Witwenpension erblickt werden. Damit werde weder eine schutzwürdige Vertrauensposition auf den Fortbestand der alten Rechtslage verletzt noch habe der Gesetzgeber mit dem zweifellos nicht unerheblichen Eingriff in das Pensionsrecht den Gleichheitssatz missachtet. Es werde zwar nicht verkannt, dass es durch die vom Kläger kritisierte gesetzgeberische Maßnahme auch zu Härtefällen kommen könne, wenn das eigene Einkommen der Witwe (des Witwers) den "Schutzbetrag" (§ 264 Abs 6 ASVG) gerade übersteige. Diese partielle Betroffenheit müsse aber bei einer Güterabwägung gegenüber dem vom Gesetzgeber verfolgten Ziel in den Hintergrund treten und lasse weder einen gleichheitswidrigen noch einen dem Sachlichkeitsgebot widersprechenden Regelungsansatz erkennen. Insgesamt seien die vom Kläger geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht stichhältig und könnten das angeregte Normenkontrollverfahren nicht rechtfertigen. Die ordentliche Revision sei zulässig, da eine Rechtsprechung zur verfassungsrechtlichen Problematik der Berechnung der Witwen(Witwer)pension nach der seit dem SRÄG 2000 geltenden Rechtslage fehle.Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers, in der ausschließlich Bedenken gegen die Verfassungsgemäßheit des zur Berechnung der Pensionshöhe herangezogenen Paragraph 264, ASVG in der Fassung SRÄG 2000) dargelegt wurden, nicht Folge. In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, vor dem Hintergrund des Zwecks der Hinterbliebenenpensionen, die ausbleibenden Unterhaltsleistungen des verstorbenen Versicherten zu ersetzen, könne keine Unsachlichkeit in der durch das SRÄG 2000 eingeführten Neuregelung der Berechnung der Höhe der Witwer- und Witwenpension erblickt werden. Damit werde weder eine schutzwürdige Vertrauensposition auf den Fortbestand der alten Rechtslage verletzt noch habe der Gesetzgeber mit dem zweifellos nicht unerheblichen Eingriff in das Pensionsrecht den Gleichheitssatz missachtet. Es werde zwar nicht verkannt, dass es durch die vom Kläger kritisierte gesetzgeberische Maßnahme auch zu Härtefällen kommen könne, wenn das eigene Einkommen der Witwe (des Witwers) den "Schutzbetrag" (Paragraph 264, Absatz 6, ASVG) gerade übersteige. Diese partielle Betroffenheit müsse aber bei einer Güterabwägung gegenüber dem vom Gesetzgeber verfolgten Ziel in den Hintergrund treten und lasse weder einen gleichheitswidrigen noch einen dem Sachlichkeitsgebot widersprechenden Regelungsansatz erkennen. Insgesamt seien die vom Kläger geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht stichhältig und könnten das angeregte Normenkontrollverfahren nicht rechtfertigen. Die ordentliche Revision sei zulässig, da eine Rechtsprechung zur verfassungsrechtlichen Problematik der Berechnung der Witwen(Witwer)pension nach der seit dem SRÄG 2000 geltenden Rechtslage fehle.

Dagegen richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klagsstattgebenden Sinn. Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem - das Revisionsgericht nicht bindenden (§ 508a ZPO) - Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichtes nicht zulässig, weil eine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage nicht vorliegt.Die Revision ist entgegen dem - das Revisionsgericht nicht bindenden (Paragraph 508 a, ZPO) - Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichtes nicht zulässig, weil eine iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO erhebliche Rechtsfrage nicht vorliegt.

Der Kläger zieht auch in seinen Revisionsausführungen nicht in Zweifel, dass die Berechnung seines Anspruchs auf Witwerpension gemäß § 264 ASVG in der hier maßgebenden Fassung des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2000 nur einen Betrag von 11,62 EUR ergibt; er wiederholt lediglich seine verfassungsrechtlichen Bedenken.Der Kläger zieht auch in seinen Revisionsausführungen nicht in Zweifel, dass die Berechnung seines Anspruchs auf Witwerpension gemäß Paragraph 264, ASVG in der hier maßgebenden Fassung des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2000 nur einen Betrag von 11,62 EUR ergibt; er wiederholt lediglich seine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Darauf ist jedoch inhaltlich nicht weiter einzugehen:

Aufgrund eines Drittelantrags von Nationalratsabgeordneten hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. 6. 2003, G 300/02 ua § 264 Abs 2 bis 5 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) BGBl 1955/189, idF BGBl 1995/132, BGBl 1996/411, BGBl I 1997/61, BGBl I 1998/138, BGBl I 2000/92 und BGBl I 2001/67 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die Aufhebung dieser Bestimmungen mit Ablauf des 30. Juni 2004 in Kraft tritt und frühere Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten.Aufgrund eines Drittelantrags von Nationalratsabgeordneten hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. 6. 2003, G 300/02 ua Paragraph 264, Absatz 2 bis 5 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) BGBl 1955/189, in der Fassung BGBl 1995/132, BGBl 1996/411, BGBl römisch eins 1997/61, BGBl römisch eins 1998/138, BGBl römisch eins 2000/92 und BGBl römisch eins 2001/67 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die Aufhebung dieser Bestimmungen mit Ablauf des 30. Juni 2004 in Kraft tritt und frühere Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten.

Hat der Verfassungsgerichtshof ein Gesetz als verfassungswidrig aufgehoben und gemäß Art 140 Abs 5 B-VG eine Frist für das Außerkrafttreten gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist - sei es vor oder nach der Kundmachung der Aufhebung (Art 140 Abs 5 B-VG; Mayer B-VG² Art 140 V. 3.) - verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalls anzuwenden (Art 140 Abs 7 B-VG). Die vorliegende Rechtssache ist kein "Anlassfall", weil sie nicht tatsächlich "Anlass" für die Einleitung des Normprüfverfahrens war (VfSlg 8.234 ua) und auch nicht bei Beginn der mündlichen Verhandlung, die im Normprüfverfahren stattfand, beim Verfassungsgerichtshof anhängig war (VfSlg 10.616, 14.304 ua). Daraus folgt, dass § 264 Abs 2 bis 4 ASVG in der für den vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung in diesem, dem ein Sachverhalt zugrunde liegt, der sich vor dem Außerkrafttreten der präjudiziellen Bestimmungen ereignete, weiterhin anzuwenden ist. Soweit ein vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenes Gesetz weiterhin anzuwenden ist, ist eine neuerliche Überprüfung dieses Gesetzes durch den Verfassungsgerichtshof ausgeschlossen. Der Verfassungsgerichtshof nimmt an, dass Rechtsvorschriften, die von ihm - allenfalls auch unter Fristsetzung - aufgehoben wurden, für die Vergangenheit unangreifbar geworden sind; ein Feststellungsantrag gemäß Art 140 Abs 4 B-VG ist diesfalls unzulässig (VfSlg 8277, 12.564; VfGH 13. 6. 1995, V 41/95). Der Oberste Gerichtshof kann daher die Frage der Verfassungsmäßigkeit der präjudiziellen Bestimmungen an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr herantragen. Deshalb hängt die Entscheidung nicht mehr von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) ab.Hat der Verfassungsgerichtshof ein Gesetz als verfassungswidrig aufgehoben und gemäß Artikel 140, Absatz 5, B-VG eine Frist für das Außerkrafttreten gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist - sei es vor oder nach der Kundmachung der Aufhebung (Artikel 140, Absatz 5, B-VG; Mayer B-VG² Artikel 140, römisch fünf. 3.) - verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalls anzuwenden (Artikel 140, Absatz 7, B-VG). Die vorliegende Rechtssache ist kein "Anlassfall", weil sie nicht tatsächlich "Anlass" für die Einleitung des Normprüfverfahrens war (VfSlg 8.234 ua) und auch nicht bei Beginn der mündlichen Verhandlung, die im Normprüfverfahren stattfand, beim Verfassungsgerichtshof anhängig war (VfSlg 10.616, 14.304 ua). Daraus folgt, dass Paragraph 264, Absatz 2 bis 4 ASVG in der für den vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung in diesem, dem ein Sachverhalt zugrunde liegt, der sich vor dem Außerkrafttreten der präjudiziellen Bestimmungen ereignete, weiterhin anzuwenden ist. Soweit ein vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenes Gesetz weiterhin anzuwenden ist, ist eine neuerliche Überprüfung dieses Gesetzes durch den Verfassungsgerichtshof ausgeschlossen. Der Verfassungsgerichtshof nimmt an, dass Rechtsvorschriften, die von ihm - allenfalls auch unter Fristsetzung - aufgehoben wurden, für die Vergangenheit unangreifbar geworden sind; ein Feststellungsantrag gemäß Artikel 140, Absatz 4, B-VG ist diesfalls unzulässig (VfSlg 8277, 12.564; VfGH 13. 6. 1995, römisch fünf 41/95). Der Oberste Gerichtshof kann daher die Frage der Verfassungsmäßigkeit der präjudiziellen Bestimmungen an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr herantragen. Deshalb hängt die Entscheidung nicht mehr von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage (Paragraph 502, Absatz eins, ZPO) ab.

Anmerkung

E70799 10ObS211.03g

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:010OBS00211.03G.0916.000

Dokumentnummer

JJT_20030916_OGH0002_010OBS00211_03G0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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