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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
GewO 1994 §13 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Papst, über die Beschwerde des J A L in F, vertreten durch Dr. Karl Claus & Mag. Dieter Berthold Rechtsanwaltspartnerschaft KEG in 2130 Mistelbach, Hauptplatz 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom 28. September 2006, Zl. WST1-B-250/001-2006, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich wurde dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung "Immobilientreuhänder, eingeschränkt auf den Tätigkeitsbereich des Immobilienmaklers" in einem näher bezeichneten Standort gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 iVm § 13 Abs. 1 GewO 1994 entzogen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 22. Dezember 2000 wegen des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten betrügerischen Krida gemäß § 156 Abs. 1 und 2, § 15 StGB, teilweise als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB, und des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betrugs gemäß §§ 146, 147 Abs. 3 und § 15 StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, davon 16 Monate bedingt, verurteilt worden. Diese Verurteilung sei noch nicht getilgt. Dem Urteil sei zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer als leitender Angestellter näher bezeichneter juristischer Personen vom 13. März 1998 bis 2. Dezember 1999 teilweise alleine, teilweise gemeinsam mit näher genannten Mittätern Bestandteile des Vermögens dieser juristischen Personen verheimlicht und beiseite geschafft bzw. sonst wirklich oder zum Schein verringert habe und dadurch die Befriedigung der Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder geschmälert habe, wobei es teilweise beim Versuch geblieben sei (es folgt eine Aufzählung von 14 Fakten, darunter die Verbringung von Fahrzeugen, Maschinen, Werkzeugen und Geräten im Gesamtwert von S 525.000,-- und die Veräußerung des Hälfteanteiles eines näher bezeichneten Grundstücks im wahren Wert von S 37.186,-- um nur S 32.800,-- sowie eines Warenlagers im wahren Wert von S 3,989.000,-- um nur S 900.000,-- ). Weiters habe der Beschwerdeführer ab dem 2. Oktober 1998 mit auf unrechtmäßige Bereicherung einer näher bezeichneten juristischen Person gerichteten Vorsatz Schuldner des Unternehmens B. durch die Vorspiegelung, sie könnten mit schuldbefreiender Wirkung an diese juristische Person zahlen, wobei er Rechnungen dieser juristischen Person über in Wahrheit vom Unternehmen B. erbrachte Leistungen an die Schuldner versandte, zu Handlungen verleitet bzw. zu verleiten versucht, die die Schuldner oder das Unternehmen B. um insgesamt S 287.280,99 tatsächlich am Vermögen geschädigt hätten und um weitere S 486.135,41 schädigen hätten sollen.
In rechtlichen Hinsicht erachtete die belangte Behörde den Entziehungstatbestand nach § 87 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. für gegeben und führte weiter aus, sie sei an das rechtskräftige Strafurteil in Bezug auf die Tatsache der Handlungen gebunden. Die Verurteilung sei außerdem nicht getilgt. Demnach treffe auf den Beschwerdeführer ein Ausschlussgrund nach § 13 Abs. 1 GewO 1994 zu. Hinsichtlich der weiteren Tatbestandsmerkmale des § 87 Abs. 1 Z.1 GewO 1994 sei festzustellen, dass die vom Beschwerdeführer gesetzten Tathandlungen sich gegen fremdes Vermögen richteten, § 156 StGB spezifisch wirtschaftsrelevante Tatbestände enthalte, die ausschließlich dem Schutz der Interessen der Gläubiger dienen sollen, und die Ausübung des in Rede stehenden Gewerbes auf Grund des doch intensiven Kontaktes mit Menschen die Gelegenheit zur Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten gegen fremdes Vermögen biete. Was die Würdigung der Persönlichkeit betreffe, werde die Befürchtung der Wiederholung dieser Straftaten auch auf Grund der den Straftaten zu Grunde liegenden Vorgangsweise, der kontinuierlichen zeitlichen Abfolge über einen langen Deliktzeitraum und der beträchtlichen Höhe der Schadensbeträge verbunden mit der Vielzahl von Tatangriffen gestützt. Bei der Beurteilung des aus der Straftat ersichtlichen Persönlichkeitsbildes sei auch auf das Ausmaß Bedacht zu nehmen, in dem die verhängte Strafe die im § 13 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 genannte Grenze übersteige. Dies sei im gegenständlichen Fall ganz beträchtlich (24 Monate Freiheitsstrafe statt der in § 13 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. normierten Grenze von 3 Monaten). Bei den Strafdelikten müsse es sich nicht um solche handeln, die im Zusammenhang mit einer unternehmerischen Tätigkeit oder der Ausübung des zu entziehenden Gewerbes stünden. Es komme auch nicht darauf an, dass die Begehung ähnlicher oder gleicher Straftaten nur "kaum" zu befürchten sei, sondern dass sie eben gar nicht bestehe. Durch die seit der Verurteilung verstrichene Zeit könne auf keine Änderung des Persönlichkeitsbildes geschlossen werden. Eine Überprüfung der Zuverlässigkeit des Beschwerdeführers für die Ausübung des Gewerbes sei nicht erforderlich, weil diese bei der vorliegenden Entscheidung nach § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 nicht relevant sei. Die für bzw. gegen die Beibehaltung der Gewerbeberechtigung sprechenden Gründe seien nicht abzuwägen. Für die Entziehung der Gewerbeberechtigung sei außerdem gleichgültig, ob Geschäftspartner oder Kunden zu Schaden gekommen seien. § 26 GewO 1994 sei im Entziehungsverfahren nach § 87 leg. cit. nicht anzuwenden. In jeder unternehmerischen Tätigkeit liege die Möglichkeit eines finanziellen Scheiterns, weshalb der Einwand des Beschwerdeführers, es bestehe auf Grund des überschaubaren Betriebes keine Gefahr einer weiteren strafbaren Handlung, ins Leere gehe. Obwohl das Gewerbe des Beschwerdeführers auf die Vermittlung von Immobilien eingeschränkt sei, könne nicht ausgeschlossen werden, dass es zu gleichen oder ähnlichen strafbaren Handlungen kommen könnte. Schon aus einer einmaligen Straftat könne geschlossen werden, dass der Beschwerdeführer in Zukunft Straftaten gleicher oder ähnlicher Art begehen werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete einen Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichtentziehung der Gewerbeberechtigung verletzt und bringt dazu im Wesentlichen vor, seine Tätigkeit als Immobilienmakler habe nichts mit seiner Tätigkeit als leitender Angestellter zu tun, infolge der er verurteilt worden sei. Er sei nur bemüht gewesen, eine Unternehmensgruppe zu retten, wobei die strafbaren Handlungen nicht auf Grund seiner Idee durchgeführt worden seien. Er habe sich auch nicht persönlich bereichert. Die belangte Behörde habe nicht geprüft, ob seine Tätigkeit als Immobilientreuhänder in einem Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als leitender Angestellter stehe, und habe außerdem eine Zuverlässigkeitsprüfung unterlassen. Durch seine Gewerbetätigkeit seien niemals Klienten oder Gläubiger geschädigt worden. Trotz des rechtskräftigen Urteils bestünden Zweifel an seiner strafrechtlichen Verantwortung. Bei einem Verfahren nach § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 komme es darauf an, ob die gewerberechtliche Tätigkeit durch eine Verurteilung berührt werde, was wegen seiner bisherigen einwandfreien gewerblichen Tätigkeit nicht angenommen werden könne. Die Befürchtung, er könne diese Straftaten in Ausübung seines Gewerbes wiederholen, sei eine unbegründete Annahme der Behörde. Die belangte Behörde habe eine Abwägung des "Für und Wider" der Entziehung der Gewerbeberechtigung nicht durchgeführt. Überdies stehe der Beschwerdeführer "im letzten Abschnitt" seiner gewerblichen Tätigkeit und verliere durch die Entziehung der Gewerbeberechtigung seine einzige Einkommensquelle.
Gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 ist von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wer von einem Gericht (Z. 1 lit. a) wegen betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Begünstigung eines Gläubigers oder grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§§ 156 bis 159 StGB) oder (Z. 1 lit. b) wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden ist, wenn die Verurteilung nicht getilgt ist (Z. 2).
Nach § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn auf den Gewerbeinhaber die Ausschlussgründe gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht das Vorliegen des in der rechtskräftigen Verurteilung des Landesgerichts Korneuburg vom 22. Oktober 2000 vorliegenden Ausschlussgrundes gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994. In der Beschwerde wird das Vorliegen des weiteren Tatbestandselements des § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994, nämlich die in der Eigenart der strafbaren Handlung und der Persönlichkeit des Verurteilten begründete Befürchtung der Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes, bekämpft.
Eine Rechtswidrigkeit, welche zur Aufhebung des Bescheides führen würde vermag der Beschwerdeführer jedoch nicht aufzuzeigen.
Was zunächst die Eigenart der strafbaren Handlung betrifft, so ist es auf dem Boden des Beschwerdevorbringens nicht als unschlüssig zu erkennen, wenn die belangte Behörde sich diesbezüglich darauf stützte, die Ausübung des genannten Gewerbes biete Gelegenheit zur Begehung derartiger oder ähnlicher Delikte. Der belangten Behörde ist gleichfalls keine Rechtswidrigkeit anzulasten, wenn sie annahm, dass im Hinblick auf die Persönlichkeit des Beschwerdeführers die Befürchtung bestehe, er werde die gleiche oder eine ähnliche Straftat bei Ausübung des Gewerbes begehen. Gerade die Vielzahl von Tatangriffen in einem nicht unbeträchtlichen Zeitraum, die Höhe der Schadensbeträge und das in den Straftaten zum Ausdruck kommende Persönlichkeitsbild gibt Anlass zur Befürchtung, der Beschwerdeführer werde bei entsprechender Gelegenheit wiederum ein ähnliches deliktisches Verhalten setzen. Auch das in diesem Zusammenhang vorgebrachte Argument des Beschwerdeführers, er habe das Unternehmen lediglich retten wollen, spricht nicht gegen die Annahme der belangten Behörde.
Wie die belangte Behörde zutreffend dargelegt hat, ist für die Beurteilung des Vorliegens eines Ausschlussgrundes von der Ausübung eines Gewerbes nach § 13 Abs. 1 Z. 1 GewO ohne rechtliche Relevanz, ob eine Straftat im Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbes erfolgte. Gleichfalls kommt es nicht darauf an, ob durch die in Rede stehenden Straftaten Geschäftspartner oder Kunden im Rahmen des Gewerbes zu Schaden gekommen sind, müssen doch die zum Tatbild dieser Gesetzesstelle gehörenden Verurteilungen nicht Delikte betreffen, die bei Ausübung oder im Zusammenhang mit der Ausübung des Gewerbes begangen wurden. Auch ein Eigeninteresse oder durch die strafbaren Handlungen erlangte Vorteile sind für die Entziehung der Gewerbeberechtigung nicht erforderlich. Eine Zuverlässigkeitsprüfung hat im Rahmen eines Verfahrens nach § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 nicht zu erfolgen (vgl. dazu die in Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO2 (2003), 739 ff, Rz 5 ff zu § 87, zitierte hg. Rechtsprechung).
Soweit der Beschwerdeführer vorbringt. aus dem Strafurteil ergäben sich "Zweifel für seine strafrechtliche Verantwortung", ist ihm zu entgegnen, dass die Behörde an rechtskräftige Bestrafungen insofern gebunden ist, als damit die Tatsache der Handlungen oder Unterlassungen, derentwegen die Bestrafung erfolgte, fest steht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2001, Zl. 2001/04/0092).
Das erstmals in der Beschwerde erstattete Vorbringen, der Beschwerdeführer stehe wohl "im letzten Abschnitt seiner gewerblichen Tätigkeit", die nunmehr überdies seine letzte Einkommensquelle darstelle, ist im Hinblick auf das aus § 41 Abs. 1 VwGG ableitbare "Neuerungsverbot" für das verwaltungsgerichtliche Verfahren unbeachtlich. Im Übrigen wäre eine Bedachtnahme auf derartige Umstände im Gesetz nicht vorgesehen.
Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 26. April 2007
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006040223.X00Im RIS seit
30.05.2007Zuletzt aktualisiert am
22.03.2010