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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FBG 1991 §3 Z4;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2006/03/0139 E 26. April 2007Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des U S in I, vertreten durch Dr. Bernhard Haid, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Universitätsstraße 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 4. August 2006, Zl. uvs-2005/13/1384-4, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe es
"als nach außen Vertretungsbefugter der Firma U Internationaux S.A.; E, Belgien, und somit als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher im Sinne des § 9 VStG zu verantworten, dass durch das angeführte Güterbeförderungsunternehmen am 25.01.2004 (Kontrolle um 16.00 Uhr auf der A4, Ostautobahn, Rifa Ungarn) eine gewerbsmäßige Güterbeförderung von Zaandijk (NL) nach Breitenbrunn (A) mit dem von F M gelenkten Sattelkraftfahrzeug bestehend aus dem Sattelzugfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen L (B) samt Sattelauflieger mit dem amtlichen Kennzeichen O (NL) durchgeführt worden ist, wobei seitens des Güterbeförderungsunternehmens nicht dafür gesorgt worden ist, dass der bei dieser Fahrt mitgeführte Frachtbrief nicht vorschriftsgemäß ausgefüllt war, weil der Name und die Anschrift des Frachtführers nicht vollständig angegeben war und die höchstzulässige Nutzlast sowie die Unterschrift und der Stempel des Frachtführers fehlten.
Es wird eine Übertretung nach § 17 Abs. 3 Ziff. 10, 11 GütbefG, BGBl. Nr. 593/1995 i.d.g.F. zur Last gelegt. Die Verhängung der Strafe von Euro 900,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) erfolgt nach § 23 Abs. 1 Ziff. 7 i. V.m. Abs. 4 erster Satz GütbefG."
Nach Wiedergabe des Verfahrensganges sowie der Berufung des Beschwerdeführers führte die belangte Behörde aus, dass ein namentlich genannter Lenker am 25. Jänner 2004 um 16.00 Uhr das im Spruch beschriebene Sattelkraftfahrzeug auf der Ostautobahn A 4, Richtungsfahrbahn Ungarn, im Gemeindegebiet von Fischamend gelenkt habe. Der Fahrer habe sich auf einer gewerblichen Transportfahrt von Zaandijk (NL) nach Breitenbrunn (A) befunden. Das Sattelzugfahrzeug sei auf die U Internationaux S.A. (mit Sitz in Belgien) zugelassen gewesen. Der Beschwerdeführer sei das zur Vertretung nach außen berufene Organ dieser Gesellschaft. Der Fahrer habe einen schriftlichen Mietvertrag, abgeschlossen zwischen der zuvor genannten belgischen Gesellschaft als Vermieterin und der U GmbH & Co KG mit dem Sitz in P als Mieterin mitgeführt, der zwar mit Firmenstempeln versehen, allerdings nicht unterfertigt gewesen sei. Dieser Mietvertrag habe sich auf das Fahrzeug mit dem Kennzeichen L der Marke Volvo bezogen. Nach diesem Mietvertrag habe das Fahrzeug am 12. Jänner 2004 von der U Internationaux S.A. an die U GmbH & Co KG unbeschränkt vermietet werden sollen. Der Fahrer habe weiters einen Frachtbrief mitgeführt, welcher nicht gemäß den Vorschriften des § 17 Abs 3 GütbefG ausgefüllt gewesen sei. Im Frachtbrief CMR Nr 0391642 sei unter der Rubrik Nr 16 als Frachtführer die H & S Transport in B, Nederland, eingetragen gewesen, "wobei der Transport aber von der Firma U durchgeführt wurde". Das behördliche Kennzeichen des Sattelzugfahrzeuges und des Sattelanhängers seien im Frachtbrief nicht eingetragen gewesen (Rubrik 6). Ebenso nicht eingetragen seien der Name und der Standort des nachfolgenden Frachtführers (Rubrik 17), nämlich der U GmbH & Co KG gewesen. Der Frachtauftrag sei von der U GmbH als Güterbeförderungsunternehmen durchgeführt worden. Die U GmbH sei Kommanditist der U GmbH & Co KG. Handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma U GmbH sei der Beschwerdeführer.
In der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 17 Abs 3 GütbefG 1995 in der Fassung BGBl I Nr 17/1998 hat der Frachtbrief u.a. folgende Angaben zu enthalten:
"10.
den Namen und die Anschrift des Frachtführers;
11.
das behördliche Kennzeichen des Kraftfahrzeuges und der mitgeführten Anhänger;"
§ 17 Abs 4 GübefG lautet:
"(4) Hinsichtlich der im Abs. 3 angeführten Eintragungen in den Frachtbrief sind verantwortlich
1.
der Auftraggeber für die Z 1 bis 5,
2.
der Absender für die Z 6 bis 9 und 18,
3.
der Frachtführer für die Z 10 bis 17,
4.
der Empfänger für die Z 19 und 20,
5.
der Frachtführer, der Auftraggeber, der Absender oder der Empfänger für die Z 21, sofern ein Interesse an der Eintragung derartiger Vereinbarungen und Erklärungen besteht."
§ 23 GütbefG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl I Nr 32/2002 lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 23. (1) Abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7 267 Euro zu ahnden ist, wer
1. die Anzahl der Kraftfahrzeuge ohne Genehmigung gemäß § 3 Abs. 2 vermehrt;
2.
als Unternehmer § 6 Abs. 1 oder 2 zuwiderhandelt;
3.
als Unternehmer Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hierfür erforderliche Bewilligung durchführt oder Gebote oder Verbote von zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht einhält;
4.
als Unternehmer oder Lenker § 11 zuwiderhandelt;
5.
die gemäß § 12 festgelegten Tarife nicht einhält;
6.
§ 9 Abs. 3 zuwiderhandelt;
7.
andere als die in Z 1 bis 6 genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht einhält;
8. Gebote und Verbote auf Grund von Abkommen mit Staatengemeinschaften über den Güterverkehr mit Kraftfahrzeugen nicht befolgt;
9. unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist;
10. einen von einer nicht gemäß § 9 Abs. 9 ermächtigten Stelle programmierten Umweltdatenträger benützt.
(2) Wer als Lenker § 6 Abs. 1, 3 oder 4 oder § 9 Abs. 2 zuwiderhandelt oder unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro zu bestrafen.
(3) Strafbar nach Abs. 1 Z 3 oder Z 6 ist ein Unternehmer auch dann, wenn er die in §§ 7 bis 9 genannten Verpflichtungen im Ausland verletzt. Örtlich zuständig ist diesfalls jene Behörde, in deren Sprengel der Lenker im Zuge einer Straßenkontrolle betreten wird, sonst jene Behörde, in deren Sprengel der Grenzübertritt in das Bundesgebiet erfolgte.
(4) Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 5 und 7 hat die Geldstrafe mindestens 363 Euro zu betragen. Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 Z 3, 6 und Z 8 bis 10 sowie bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 hat die Geldstrafe mindestens 1 453 Euro zu betragen.
..."
Gemäß § 2 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. Eine Übertretung ist im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist.
2. Der Beschwerdeführer rügt zutreffend, dass Spruch und Begründung des angefochtenen Bescheides in einem wesentlichen Punkt im Widerspruch stehen, da er nach dem Spruch als nach außen Vertretungsbefugter der U Internationaux SA zur Verantwortung gezogen wurde, während in der Begründung ausgeführt wird, dass der Transport von der U GmbH als Güterbeförderungsunternehmen durchgeführt worden sei (womit die belangte Behörde offenbar zum Ausdruck bringen wollte, dass es sich bei diesem Unternehmen um den - für die hier gegenständlichen Eintragungen im Frachtbrief gemäß § 17 Abs 3 Z 10 und 11 GütbefG verantwortlichen - Frachtführer handle). Schon dieser Widerspruch zwischen Spruch und Begründung belastet den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (vgl zB das hg Erkenntnis vom 27. Februar 2004, Zl 2003/02/0264).
3. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass dem Beschwerdeführer nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides vorgeworfen wurde, als nach außen Vertretungsbefugter einer juristischen Person mit dem Sitz in Belgien nicht dafür gesorgt zu haben, dass ein vorschriftsgemäß ausgefüllter Frachtbrief mitgeführt werde. Bei dieser dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nach § 17 Abs 3 Z 10 und 11 GütbefG handelt es sich um ein Unterlassungsdelikt; der Eintritt eines Erfolgs gehört nicht zum Tatbestand.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. September 2000, Zlen 2000/03/0071, 0072, ausgeführt hat, ist bei Unterlassungsdelikten der Tatort dort anzunehmen, wo der Täter hätte handeln sollen; dieser Ort fällt dann, wenn solche Unterlassungen im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Unternehmens erfolgten, im Zweifel mit dem Sitz des Unternehmens zusammen; (nur) dann, wenn die tatsächliche Leitung eines Unternehmens an einem anderen Ort als an dem im Firmenbuch eingetragenen Sitz des Unternehmens ausgeübt wird, hat dies zur Folge, dass dieser Ort als jener Ort anzusehen ist, an dem der Täter hätte handeln sollen (vgl das hg Erkenntnis vom 19. Dezember 2002, Zl 2001/09/0080).
Der Sitz des Unternehmens, als dessen Vertretungsbefugter der Beschwerdeführer nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides herangezogen wurde, liegt in Belgien. Zumal auch die Sonderbestimmung des § 23 Abs 3 GütbefG für die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen keine von § 2 VStG abweichende Regelung enthält, würde die Strafbarkeit der dem Beschwerdeführer - als Vertretungsbefugtem des Unternehmens mit Sitz in Belgien - vorgeworfenen Übertretungen nach § 2 VStG daher nur dann gegeben sein, wenn die tatsächliche Leitung des Unternehmens nicht an dessen Sitz in Belgien, sondern im Inland ausgeübt würde und er deshalb auch im Inland hätte handeln müssen. Für eine derartige Annahme hat die belangte Behörde jedoch keine hinreichenden Feststellungen getroffen.
4. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.
Wien, am 26. April 2007
Schlagworte
Andere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten Diverses Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006030138.X00Im RIS seit
30.05.2007