Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Dietmar Strimitzer und Dr. Manfred Matzka (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dr. Christian F*****, vertreten durch Mag. Martin Paar, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Wiedner Hauptstraße 84-86, 1051 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Erwerbsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7. Oktober 2002, GZ 7 Rs 306/02z-37, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 28. Mai 2002, GZ 2 Cgs 11/01y-32, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die gemäß dem im vorliegenden Fall noch anzuwendenden § 46 Abs 3 Z 3 ASGG zulässige Revision ist rechtzeitig, aber nicht berechtigt.Die gemäß dem im vorliegenden Fall noch anzuwendenden Paragraph 46, Absatz 3, Ziffer 3, ASGG zulässige Revision ist rechtzeitig, aber nicht berechtigt.
Eine Ausfertigung des Berufungsurteiles wurde dem nicht anwaltlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 14. 11. 2002 zugestellt. Im Sinne eines innerhalb der Revisionsfrist gestellten Antrag bewilligte das Erstgericht dem Kläger die Verfahrenshilfe im vollen Umfang unter Beigebung eines Rechtsanwaltes zur Erhebung der Revision.
Dem mit Bescheid der Rechtsanwaltskammer bestellten Rechtsanwalt zur Verfahrenshilfe wurde der Bestellungsbeschluss samt anzufechtender Entscheidung am 13. 12. 2002 zugestellt.
Über Ersuchen des Verfahrenshelfers bestellte der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer mit Bescheid vom 27. 12. 2002 einen anderen Rechtsanwalt (zweiter Verfahrenshelfer) und schließlich über dessen Ersuchen mit Bescheid vom 13. 1. 2003 einen dritten Rechtsanwalt (dritter Verfahrenshelfer) zum Vertreter des Klägers im Rahmen der bewilligten Verfahrenshilfe gemäß § 45 Abs 1 RAO. Die Umbestellungen wurden dem Erstgericht mitgeteilt. Dieses übermittelte dem dritten Verfahrenshelfer eine am 18. 1. 2003 zugestellte "Aktenkopie". Am 12. 2. 2003 brachte der dritte Verfahrenshelfer namens des Klägers den Revisionsschriftsatz an das Erstgericht zur Postaufgabe.Über Ersuchen des Verfahrenshelfers bestellte der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer mit Bescheid vom 27. 12. 2002 einen anderen Rechtsanwalt (zweiter Verfahrenshelfer) und schließlich über dessen Ersuchen mit Bescheid vom 13. 1. 2003 einen dritten Rechtsanwalt (dritter Verfahrenshelfer) zum Vertreter des Klägers im Rahmen der bewilligten Verfahrenshilfe gemäß Paragraph 45, Absatz eins, RAO. Die Umbestellungen wurden dem Erstgericht mitgeteilt. Dieses übermittelte dem dritten Verfahrenshelfer eine am 18. 1. 2003 zugestellte "Aktenkopie". Am 12. 2. 2003 brachte der dritte Verfahrenshelfer namens des Klägers den Revisionsschriftsatz an das Erstgericht zur Postaufgabe.
§ 464 Abs 3 erster Satz ZPO, der kraft der Verweisung in § 513 ZPO auch im Revisionsverfahren anzuwenden ist, stellt klar, dass für den erstmals bestellten Verfahrenshelfer die Rechtsmittelfrist erst mit der Zustellung des Bestellungsbeschlusses und einer schriftlichen Urteilsausfertigung zu laufen beginnt. Zum Problem der Umbestellung des Verfahrenshelfers sagt die Bestimmung nichts. Erfolgt die Umbestellung eines Verfahrenshelfers innerhalb einer offenen Rechtsmittelfrist, so beginnt aber nach der jüngsten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (6 Ob 621/94 = EvBl 1995/138 = AnwBl 1995, 517 unter Hinweis auf inhaltlich divergierende, unveröffentlichte Vorentscheidungen; 1 Ob 332/99a) die Rechtsmittelfrist erst mit der Zustellung der anzufechtenden Entscheidung an den neuen Verfahrenshelfer zu laufen. Bereits erfolgte Zustellungen an den früheren Verfahrenshelfer oder die Partei selbst sind dabei unbeachtlich, geht doch aus § 464 Abs 3 ZPO die unverkennbare Absicht des Gesetzgebers hervor, dass dem Verfahrenshelfer insoweit die volle Rechtsmittelfrist zu Gebote stehen soll, dass sie nicht vor formeller Kenntnisnahmemöglichkeit der Entscheidung durch den Verfahrenshelfer selbst zu laufen beginnt. Der erkennende Senat teilt diese in den genannten Vorentscheidungen überzeugend begründete Rechtsauffassung.Paragraph 464, Absatz 3, erster Satz ZPO, der kraft der Verweisung in Paragraph 513, ZPO auch im Revisionsverfahren anzuwenden ist, stellt klar, dass für den erstmals bestellten Verfahrenshelfer die Rechtsmittelfrist erst mit der Zustellung des Bestellungsbeschlusses und einer schriftlichen Urteilsausfertigung zu laufen beginnt. Zum Problem der Umbestellung des Verfahrenshelfers sagt die Bestimmung nichts. Erfolgt die Umbestellung eines Verfahrenshelfers innerhalb einer offenen Rechtsmittelfrist, so beginnt aber nach der jüngsten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (6 Ob 621/94 = EvBl 1995/138 = AnwBl 1995, 517 unter Hinweis auf inhaltlich divergierende, unveröffentlichte Vorentscheidungen; 1 Ob 332/99a) die Rechtsmittelfrist erst mit der Zustellung der anzufechtenden Entscheidung an den neuen Verfahrenshelfer zu laufen. Bereits erfolgte Zustellungen an den früheren Verfahrenshelfer oder die Partei selbst sind dabei unbeachtlich, geht doch aus Paragraph 464, Absatz 3, ZPO die unverkennbare Absicht des Gesetzgebers hervor, dass dem Verfahrenshelfer insoweit die volle Rechtsmittelfrist zu Gebote stehen soll, dass sie nicht vor formeller Kenntnisnahmemöglichkeit der Entscheidung durch den Verfahrenshelfer selbst zu laufen beginnt. Der erkennende Senat teilt diese in den genannten Vorentscheidungen überzeugend begründete Rechtsauffassung.
Da im vorliegenden Fall die zweite Umbestellung während der durch die erste Umbestellung verlängerten Revisionsfrist erfolgte und dem dritten Verfahrenshelfer eine Ausfertigung des Berufungsurteiles frühestens mit der Übermittlung der "Aktenkopie" am 18. 1. 2003 zugestellt wurde, ist die Revision am 12. 2. 2003 innerhalb der 4-wöchigen Revisionsfrist erhoben worden und daher rechtzeitig.
Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Den vom Kläger neuerlich gerügten Mangel des Verfahrens erster Instanz (Nichteinholung eines weiteren Sachverständigengutachtens) hat bereits das Berufungsgericht verneint, so dass dieser in der Revision wiederholte Verfahrensmangel erster Instanz nach ständiger Rechtsprechung - auch im Verfahren nach dem ASGG - im Revisionsverfahren nicht mehr mit Erfolg gerügt werden kann (SSV-NF 7/74; 5/116; 11/15; RIS-Justiz RS0042963 [T45] und RS0043061). Davon abgesehen resultiert die Feststellung oder Nichtfeststellung bestimmter Tatsachen auf Grund der aufgenommenen Beweise aus der freien Beweiswürdigung der Vorinstanzen, die vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden kann (RIS-Justiz RS0043061 [T11]). Die Frage, ob ein weiterer Sachverständiger vernommen werden soll, ist eine Frage der vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Beweiswürdigung (SSV-NF 3/160; 6/28; 7/12 uva). Das Gericht ist nicht gezwungen, dann, wenn zwei Sachverständigengutachten einander widersprechen, einen dritten Sachverständigen zu bestellen, sondern kann sich einem der beiden Gutachten anschließen (10 ObS 316/02x mwN). Es ist eine Frage der nicht revisiblen Beweiswürdigung, welchem Gutachten die Tatsacheninstanzen folgen (10 ObS 311/98b mwN).
Erstmals in der Revision behauptet der Kläger, der Sachverständige Dr. Feldner-Busztin habe, während der erstgerichtliche Senat sich zur Beratung zurückgezogen habe, im Gespräch mit dem Kläger die Ausführungen in seinem Gutachten revidiert, wobei "dies seitens des Senates nach Rückkunft aus der Beratung trotz Aufforderung nicht mehr ins Kalkül gezogen wurde". Auf diesen im Protokoll der Verhandlungstagsatzung vom 28. 5. 2002 nicht festgehaltenen, behaupteten Vorgang ist nicht weiter einzugehen, weil eine angebliche Unrichtigkeit eines Protokolls im Revisionsverfahren nicht mehr aufgeworfen werden kann, da diese Frage zur irrevisiblen Tatfrage gehört (7 Ob 24/91; 9 Ob 44/03s).
Auf die Rechtsrüge ist nicht weiter einzugehen:
Eine im Berufungsverfahren unterbliebene oder nicht gehörig ausgeführte Rechtsrüge kann nach ständiger Rechtsprechung im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden (SSV-NF 1/28 uva). Dies gilt auch dann, wenn das Berufungsgericht die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts trotz des Fehlens einer gehörig ausgeführten Rechtsrüge überprüfte (SSV-NF 10/118 ua). Die unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache wird nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn der Rechtsmittelwerber vom festgestellten Sachverhalt ausgeht (vgl § 506 Abs 2 ZPO; SSV-NF 10/118 uva; Kodek in Rechberger, ZPO² § 471 Rz 5, § 503 Rz 5, § 506 Rz 2).Eine im Berufungsverfahren unterbliebene oder nicht gehörig ausgeführte Rechtsrüge kann nach ständiger Rechtsprechung im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden (SSV-NF 1/28 uva). Dies gilt auch dann, wenn das Berufungsgericht die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts trotz des Fehlens einer gehörig ausgeführten Rechtsrüge überprüfte (SSV-NF 10/118 ua). Die unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache wird nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn der Rechtsmittelwerber vom festgestellten Sachverhalt ausgeht vergleiche Paragraph 506, Absatz 2, ZPO; SSV-NF 10/118 uva; Kodek in Rechberger, ZPO² Paragraph 471, Rz 5, Paragraph 503, Rz 5, Paragraph 506, Rz 2).
In der Rechtsrüge der Berufung wurde dargelegt, dass a) - hätte das Erstgericht den Antrag des Klägers auf Erstellung eines neuerlichen orthopädischen bzw chirurgischen Gutachtens nicht abgelehnt - sehr wahrscheinlich klargestellt worden wäre, ob der Kläger dauernd im Gehen und Stehen arbeiten könne oder nur viertelzeitig, und b) das Erstgericht feststellen hätte müssen, ob sich die seit frühester Jugend "schlechten Füße" während des Berufslebens noch erheblich verschlechterten. Der Kläger habe ja gegenüber dem Sachverständigen angegeben, dass sich die Leiden auch an den Füßen sehr verschlechtert hätten. Damit hat der Kläger zu a) den in der Berufung ohnehin gerügten und vom Berufungsgericht verneinten Verfahrensmangel neuerlich geltend gemacht und zu b) das vom Erstgericht auf Basis der Sachverständigengutachten festgestellte medizinische Leistungskalkül bekämpft. Die Feststellung des medizinischen Leistungskalküls gehört aber dem Tatsachenbereich an (RIS-Justiz RS0043118). Die Rechtsrüge war daher in der Berufung nicht ordnungsgemäß ausgeführt, sodass dem Obersten Gerichtshof das Eingehen auf die Rechtsrüge der Revision verwehrt ist, auch wenn das Berufungsgericht die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts überprüfte (SSV-NF 10/118).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG.
Textnummer
E71160European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:010OBS00099.03M.1007.000Im RIS seit
06.11.2003Zuletzt aktualisiert am
10.01.2013