TE Vfgh Erkenntnis 2002/10/10 B1826/99

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Veröffentlicht am 10.10.2002
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Index

L3 Finanzrecht
L3715 Anliegerbeitrag, Kanalabgabe

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Spruch

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung gesetzwidriger Verordnungen in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Steiermark ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.143,68 bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die beschwerdeführende Kammer ist Eigentümerin einer Liegenschaft im Gebiet der Stadtgemeinde Bruck a.d. Mur und wird als solche für Kanalbenützungs- und für Müllabfuhrgebühren herangezogen.

Mit Bescheiden vom 5. Jänner 1999 schrieb der Bürgermeister der Stadtgemeinde Bruck a.d. Mur der Beschwerdeführerin eine Kanalbenützungsgebühr von S 21.558,27 und eine Müllabfuhrgebühr von S 2.933,70 (jeweils einschließlich 10 % USt.) vor. Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Bruck a.d. Mur gab der gegen diese beiden Bescheide gerichteten Berufung mit Bescheid vom 24. Juni 1999 (ausgefertigt unter dem Datum des 25. Juni 1999) keine Folge, nachdem bereits der Bürgermeister eine abweisende Berufungsvorentscheidung erlassen hatte. Mit Bescheid vom 29. September 1999 wies die Steiermärkische Landesregierung eine Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Berufungsbescheid ab.

2.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unverletzlichkeit des Eigentums sowie die Verletzung in Rechten durch Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich des §15 Abs3 Z5 Finanzausgleichsgesetz 1997, Art65 BG BGBl. 201/1996, und durch Anwendung gesetzwidriger Verordnungen, nämlich der Kanalabgabenordnung der Stadtgemeinde Bruck a.d. Mur vom 4. Juni 1992 (in der Folge: KanalabgabenO) und der Müllabfuhrordnung der Stadtgemeinde Bruck a.d. Mur vom 11. Juni 1991 (in der Folge: MüllabfuhrO), jeweils in der Fassung der "Erhöhungsbeschlüsse" vom 10. Dezember 1998, behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

2.2. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens sowie Akten, die sich auf die KanalabgabenO und auf die MüllabfuhrO beziehen, vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie für die Abweisung der Beschwerde eintritt.

Die Stadtgemeinde Bruck a.d. Mur hat keine Äußerung erstattet.

II. 1. Aus Anlaß dieser Beschwerde beschloß der Verfassungsgerichtshof ua., gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Teilen der KanalabgabenO und von Teilen der MüllabfuhrO einzuleiten. Mit Erkenntnis vom 10. Oktober 2002, G229,230/02, V55,56/02, hob er diese Verordnungen zur Gänze als gesetzwidrig auf.

2. Die belangte Behörde hat gesetzwidrige Verordnungen angewandt. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nachteilig war.

Die Beschwerdeführerin wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10303/1984, 10515/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 327,- sowie der Ersatz der entrichteten Gebühr gemäß §17a VfGG von € 181,68 enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:B1826.1999

Dokumentnummer

JFT_09978990_99B01826_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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