Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Adalbert B*****, vertreten durch Dr. Alfons Adam und Mag. Gernot Steier, Rechtsanwälte in Neulengbach, wider die beklagte Partei Dr. Klaus S*****, Rechtsanwalt, ***** wegen EUR 394.152,84 sA infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 18. Juni 2003, GZ 6 R 106/03f-19, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wels vom 25. März 2003, GZ 6 Cg 244/02t-11, als Teilurteil bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der Kläger beauftragte eine Rechtsanwältin mit der gerichtlichen Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aus einem Verkehrsunfall. Die Klage wurde rechtskräftig abgewiesen. In der Folge beauftragte er den Beklagten mit der Vertretung in dem gegen den dem Vorverfahren beigezogenen gerichtlichen Sachverständigen angestrengten Prozess und der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen, weil der Kläger bei fachgerechter Gutachtenserstattung obsiegt hätte. Im Jahr 1999 brachte der Kläger weiters eine Schadenersatzklage gegen seine Prozessbevollmächtigte im ersten Verfahren mit der Begründung ein, sie habe ihn mangelhaft vertreten. Die Rechtsanwältin erhob dagegen unter anderem die Einrede der Verjährung, weil sie dem Beklagten als neuem Rechtsvertreter des Klägers bereits im Februar 1994 die gesamten Prozessunterlagen des Vorverfahrens übergeben habe, dem somit ab diesem Zeitpunkt der gesamte Sachverhalt bekannt gewesen sei. Das Verfahren zwischen dem Kläger und seiner ehemaligen Rechtsanwältin ist noch anhängig; dort ist insbesondere zu prüfen, ob dem Beklagten auch die Aufgabe übertragen worden war, allfällige Schadenersatzansprüche gegen die Rechtsanwältin zu prüfen und im Namen des Klägers geltend zu machen.
Mit seinem Leistungsbegehren - das hilfsweise erhobene Feststellungsbegehren ist Gegenstand des weiteren Verfahrens - macht der Kläger einen Schadenersatzanspruch geltend. Er habe den Beklagten zwar erst im Februar 1997 mit einer "allfälligen Geltendmachung" von Schadenersatzansprüchen gegen seien frühere Rechtsanwältin befasst, es sei jedoch nicht auszuschließen, dass dem von dieser erhobenen Verjährungseinwand folgend der Beginn der Verjährungsfrist mit Februar 1994 angenommen werde. In diesem Fall wäre dem Beklagten als Kunstfehler zum Vorwurf zu machen, dass er die Schadenersatzansprüche des Klägers gegen dessen frühere Rechtsanwältin nicht bereits früher geltend gemacht hat.
Rechtliche Beurteilung
Zutreffend haben die Vorinstanzen das Leistungsbegehren mit der Begründung für unberechtigt erkannt, dass ein Schaden aufgrund des dem Beklagten vorgeworfenen advokatorischen Kunstfehlers bisher nicht eingetreten ist, weil erst mit Abschluss des Verfahrens gegen seine frühere Rechtsanwältin feststeht, ob Ansprüche gegen diese wegen eingetretener Verjährung nicht mehr durchsetzbar sind. Richtig hat vor allem das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass der Kläger offenbar zu Unrecht nicht zwischen dem Schaden aus dem Verkehrsunfall, jenem wegen (angeblich) fehlerhafter Prozessvertretung im ersten Schadenersatzprozess und jenem, der durch das Verjährenlassen einer Schadenersatzforderung gegen seine frühere Rechtsanwältin (möglicherweise) entstanden ist, unterscheidet. Besteht ein Schadenersatzanspruch des Klägers gegen seine frühere Rechtsanwältin wegen eines Kunstfehlers im Rahmen der Prozessvertretung, so kann der dem Beklagten zuzurechnende Schaden nur darin bestehen, dass er durch einen Beratungs- bzw Vertretungsfehler die rechtzeitige Geltendmachung dieses Schadenersatzanspruchs innerhalb der Verjährungsfrist unterlassen hat. Der Schaden des Klägers bestünde dann im Verlust dieses (durchsetzbaren) Forderungsrechts. Hingegen sind dem Beklagten weder der durch den Verkehrsunfall selbst noch der durch eine allenfalls fehlerhafte Prozessvertretung durch die frühere Rechtsanwältin (unmittelbar) entstandene Nachteil zuzurechnen. Insoweit kann auch nicht von einer Solidarhaftung gesprochen werden. Vielmehr setzte eine Haftung der früheren Rechtsanwältin gerade das Erlöschen der Verbindlichkeit bzw der Haftung der Ersatzpflichtigen aus dem Verkehrsunfall voraus; Gleiches würde für eine Verbindlichkeit des Beklagten gelten, die erst dadurch entstehen kann, dass der Ersatzanspruch des Klägers gegen seine frühere Rechtsanwältin nicht mehr durchsetzbar ist.
Gerade das steht aber im derzeitigen Verfahrensstadium noch nicht fest. Sollte der Kläger im Verfahren gegen seine frühere Rechtsanwältin obsiegen, ist ein vom Beklagten verschuldeter Schaden zweifellos zu verneinen. Zutreffend hat daher der Beklagte eingewendet, der Eintritt eines Schadens stehe solange nicht fest, als noch eine (realistische) Chance für den Kläger besteht, Schadenersatzansprüche gegen seine frühere Rechtsanwältin durchzusetzen. Die bloße Möglichkeit eines - durch das Verhalten des Beklagten adäquat kausal herbeigeführten - Schadenseintritts kann lediglich ein Feststellungsinteresse des Klägers begründen, mangels nachgewiesenen Schadens jedoch ein Zahlungsbegehren nicht rechtfertigen. Insbesondere behauptet der Kläger nicht, er werde im Verfahren gegen seine frühere Rechtsanwältin mit Sicherheit unterliegen, weil sein Anspruch verjährt sei; vielmehr vertritt er selbst die Auffassung, eine Verjährung sei nicht eingetreten, und hält es bloß für nicht ausgeschlossen, dass dem Verjährungseinwand Rechnung getragen werden könnte.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Anmerkung
E71073 1Ob214.03gEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:0010OB00214.03G.1014.000Dokumentnummer
JJT_20031014_OGH0002_0010OB00214_03G0000_000