Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gabriele H*****, vertreten durch Sattlegger, Dorninger, Steiner & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei C ***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Johannes Riedl, Dr. Gerold Ludwig und Mag. Jörg Tockner, Rechtsanwälte in Stadt Haag, wegen 11.203,68 EUR sA infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 15. Juli 2003, GZ 3 R 95/03s-19, womit das Urteil des Landesgerichts Linz vom 21. März 2003, GZ 30 Cg 24/02m-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 686,88 EUR (darin 114,48 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu zahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin führt einen Gastronomiebetrieb, wobei sie zum Teil durch einkaufsberechtigte Mitarbeiter Waren von der beklagten Partei bezieht. Am 13. 1. 2000 erteilte die Klägerin der beklagten Partei für die auf diese Einkäufe entfallenden Rechnungsbeträge eine Einzugsermächtigung. Für in der Zeit vom 10. 7. bis 20. 9. 2001 von der beklagten Partei erstellte, in der Buchhaltung der Klägerin aber nicht abgegebene Rechnungen ließ die beklagte Partei vom Konto der Klägerin 11.203,68 EUR abbuchen. Die beklagte Partei kam dem Ersuchen der Klägerin, diese Rechnungen zur Verfügung zu stellen, im Oktober 2001 nach, konnte aber darüber hinaus keine Bestätigungen über die Übernahme der in den Rechnungen angeführten Waren - sei es in Form eines unterfertigten Lieferscheins oder einer paraphierten Rechnung - übermitteln.
Die Klägerin begehrte die Rückzahlung des aus den Rechnungen vom 10. 7. bis 20. 9. 2001 resultierenden, von der beklagten Partei eingezogenen Betrags von 11.203,68 EUR. Die Abbuchung dieser Rechnungsbeträge sei zu Unrecht erfolgt, weil die Klägerin die in den Fakturen aufscheinenden Waren nicht gekauft habe.
Die beklagte Partei wendete ein, die Fakturierung der Waren sei zu Recht erfolgt, weil für die Klägerin handelnde und mit einer Einkaufsberechtigung ausgestattete Personen die Waren tatsächlich gekauft hätten.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es könne nicht festgestellt werden, ob die Klägerin bzw deren einkaufsberechtigte Mitarbeiter in der Zeit von Juli bis September 2001 die den oben zitierten Rechnungen zugrunde liegenden Waren eingekauft hätten oder nicht. Die beklagte Partei habe den ihr obliegenden Beweis, dass diesen Rechnungen tatsächliche Wareneinkäufe durch die Klägerin zugrunde gelegen seien, nicht erbringen können; die Einziehung der Rechnungsbeträge sei daher zu Unrecht erfolgt, und die beklagte Partei müsse diese ungerechtfertigt abgebuchten Beträge an die Klägerin zurückzahlen.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne einer Klagsabweisung ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Beim Lastschriftverfahren werde dem Gläubiger vom Schuldner die Befugnis eingeräumt, fällige Forderungen vom Konto des Schuldners abbuchen zu lassen. Die wirksame Einlösung der Lastschrift durch die Zahlstelle führe dazu, dass die Geldschuld im Valutaverhältnis getilgt werde. Fehle es an einer wirksamen Forderung, dann finde ein Bereicherungsausgleich zwischen dem Bezogenen und dem Lastschrifteinreicher statt. Der Bereicherungskläger habe alle Voraussetzungen für seine Bereicherungsklage zu beweisen. Dies gelte auch für einen Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB. Demnach sei der Klägerin der Beweis oblegen, dass die Einlösung der Lastschrift zum Zwecke der Erfüllung einer Schuld erfolgt sei, die in Wirklichkeit gar nicht bestanden habe. Diesen Nachweis habe die Klägerin nicht erbringen können.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Zu klären ist lediglich die Frage, wen die Beweislast dafür trifft, dass eine im Lastschriftverfahren erfolgte Zahlung zwecks Erfüllung einer Schuld erfolgt sei, die in Wirklichkeit gar nicht bestanden habe. Diese Frage wurde vom Berufungsgericht rechtlich einwandfrei gelöst:
Die Frage, ob der geltend gemachte Anspruch nach § 1041 ABGB oder in Analogie zu § 1431 ABGB zu qualifizieren ist, bedarf daher keiner näheren Erörterung: Die Klägerin macht jedenfalls einen Bereicherungsanspruch geltend, denn auch ein Verwendungsanspruch gemäß § 1041 ABGB ist als ein solcher Anspruch, durch den eine ungerechtfertigte Vermögensverschiebung, der keine bewusste Zuwendung des Verkürzten an den Bereicherten, sondern eine Verwendung zu fremdem Nutzen zugrunde liegt, rückgängig gemacht oder ausgeglichen werden soll, zu werten. Auch der Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB ist auf die Vermeidung einer ungerechtfertigten Bereicherung aus fremden Sachen gerichtet; jede dem Zuweisungsgehalt des Rechts des Eigentümers widersprechende Nutzungszuweisung ist eine Verwendung zum Nutzen eines anderen, die nicht etwa auf einer Handlung des Verkürzten beruhen muss, sondern auch ohne sein Zutun erfolgen kann. Die Behauptungs- und Beweislast für die Voraussetzungen eines Verwendungsanspruchs liegt ebenso wie beim Kondiktionsanspruch beim Kläger (1 Ob 220/99f; bbl 1999, 244; 3 Ob 161/98t; vgl auch BGH-Report 2003, 1121). Dies entspricht ständiger Rechtsprechung, nach der der Bereicherungskläger alle Voraussetzungen seiner Bereicherungsklage und damit auch die von ihm behauptete Rechtsgrundlosigkeit einer Leistung beweisen muss (6 Ob 116/03g; 3 Ob 161/98t; VersRdSch 1996, 107). Dass die Klägerin den Nachweis erbringen müsste, sie habe die - ihrer Meinung nach gegebene - Nichtschuld irrtümlich getilgt, wäre freilich nicht nötig, zumal nach der hier gegebenen Sachlage die wissentliche persönliche Zahlung einer Nichtschuld nicht in Frage kommt, wurde doch die Schuld im Wege der Abbuchung vom Konto einer Zahlstelle beglichen (vgl SZ 41/163; Rummel in Rummel ABGB3 Rz 5 zu § 1431).Die Frage, ob der geltend gemachte Anspruch nach § 1041 ABGB oder in Analogie zu § 1431 ABGB zu qualifizieren ist, bedarf daher keiner näheren Erörterung: Die Klägerin macht jedenfalls einen Bereicherungsanspruch geltend, denn auch ein Verwendungsanspruch gemäß § 1041 ABGB ist als ein solcher Anspruch, durch den eine ungerechtfertigte Vermögensverschiebung, der keine bewusste Zuwendung des Verkürzten an den Bereicherten, sondern eine Verwendung zu fremdem Nutzen zugrunde liegt, rückgängig gemacht oder ausgeglichen werden soll, zu werten. Auch der Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB ist auf die Vermeidung einer ungerechtfertigten Bereicherung aus fremden Sachen gerichtet; jede dem Zuweisungsgehalt des Rechts des Eigentümers widersprechende Nutzungszuweisung ist eine Verwendung zum Nutzen eines anderen, die nicht etwa auf einer Handlung des Verkürzten beruhen muss, sondern auch ohne sein Zutun erfolgen kann. Die Behauptungs- und Beweislast für die Voraussetzungen eines Verwendungsanspruchs liegt ebenso wie beim Kondiktionsanspruch beim Kläger (1 Ob 220/99f; bbl 1999, 244; 3 Ob 161/98t; vergleiche auch BGH-Report 2003, 1121). Dies entspricht ständiger Rechtsprechung, nach der der Bereicherungskläger alle Voraussetzungen seiner Bereicherungsklage und damit auch die von ihm behauptete Rechtsgrundlosigkeit einer Leistung beweisen muss (6 Ob 116/03g; 3 Ob 161/98t; VersRdSch 1996, 107). Dass die Klägerin den Nachweis erbringen müsste, sie habe die - ihrer Meinung nach gegebene - Nichtschuld irrtümlich getilgt, wäre freilich nicht nötig, zumal nach der hier gegebenen Sachlage die wissentliche persönliche Zahlung einer Nichtschuld nicht in Frage kommt, wurde doch die Schuld im Wege der Abbuchung vom Konto einer Zahlstelle beglichen vergleiche SZ 41/163; Rummel in Rummel ABGB3 Rz 5 zu § 1431).
Vergleichbar ist eine im Lastschriftverfahren erfolgte Zahlung durchaus auch mit dem Fall, in dem die Zahlung aufgrund einer abstrakten Garantie erfolgt, dem aus der Garantie Begünstigten in Wahrheit aber kein Anspruch auf die durch die Garantie gesicherte Leistung zusteht. Auch hier stehen dem Auftraggeber - in analoger Anwendung des § 1431 ABGB - Bereicherungsansprüche gegen den Empfänger der Leistung zu (SZ 73/10; SZ 69/178 jeweils mwN). Auch in einem solchen Fall hat der einen Bereicherungsanspruch behauptende und daher die Rückzahlung fordernde Kläger zu beweisen, dass die Leistung zum Zweck der Erfüllung einer Schuld erfolgte, die in Wirklichkeit nicht bestand. Für den zwischen dem Bezogenen und dem Lastschrifteinreicher stattfindenden Bereicherungsausgleich (vgl Canaris in Staub, Großkommentar zum HGB4 Rz 648, 486; Koziol in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht I Rz 6/85, 6/109) greifen dieselben Beweislastregeln ein wie bei der Geltendmachung aller übrigen Bereicherungsansprüche. Jede Partei muss die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Normen behaupten und beweisen; eine Verschiebung der Beweislast aus dem Grund der "Nähe zum Beweis" könnte nur ausnahmsweise bei der Klärung von Tatfragen, die tief in die Sphäre der anderen Partei hineinführen, eintreten (2 Ob 156/99a; 6 Ob 197/98h; 4 Ob 1638/95; vgl Fasching, LB2 Rz 883). Letzteres trifft hier aber nicht zu, zumal der beklagten Partei auch nur die Möglichkeit geboten war, die von ihr ausgestellten Rechnungen vorzulegen, was sie schließlich auch getan hat. Zur Frage, ob die Auslieferung an die Klägerin bzw einen ihrer Mitarbeiter tatsächlich erfolgte, steht keine der Parteien dem Beweis "näher". Der hier zu beurteilende Sachverhalt kann auch nicht mit einer "Zahlung unter erwiesenermaßen rechtswidrigem Zwang" bzw unter Anwendung von List (dazu Rummel aaO Rz 4 und 6 zu § 1431) gleichgehalten werden, sodass der Auffassung der Revisionswerberin, dem Leistungsempfänger sei der Beweis für die Existenz der Forderung aufzuerlegen, nicht beigetreten werden kann; dass die beklagte Partei beim Einzug arglistig vorging, steht ebensowenig fest, wie Zwang in Betracht kommt.Vergleichbar ist eine im Lastschriftverfahren erfolgte Zahlung durchaus auch mit dem Fall, in dem die Zahlung aufgrund einer abstrakten Garantie erfolgt, dem aus der Garantie Begünstigten in Wahrheit aber kein Anspruch auf die durch die Garantie gesicherte Leistung zusteht. Auch hier stehen dem Auftraggeber - in analoger Anwendung des § 1431 ABGB - Bereicherungsansprüche gegen den Empfänger der Leistung zu (SZ 73/10; SZ 69/178 jeweils mwN). Auch in einem solchen Fall hat der einen Bereicherungsanspruch behauptende und daher die Rückzahlung fordernde Kläger zu beweisen, dass die Leistung zum Zweck der Erfüllung einer Schuld erfolgte, die in Wirklichkeit nicht bestand. Für den zwischen dem Bezogenen und dem Lastschrifteinreicher stattfindenden Bereicherungsausgleich vergleiche Canaris in Staub, Großkommentar zum HGB4 Rz 648, 486; Koziol in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht römisch eins Rz 6/85, 6/109) greifen dieselben Beweislastregeln ein wie bei der Geltendmachung aller übrigen Bereicherungsansprüche. Jede Partei muss die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Normen behaupten und beweisen; eine Verschiebung der Beweislast aus dem Grund der "Nähe zum Beweis" könnte nur ausnahmsweise bei der Klärung von Tatfragen, die tief in die Sphäre der anderen Partei hineinführen, eintreten (2 Ob 156/99a; 6 Ob 197/98h; 4 Ob 1638/95; vergleiche Fasching, LB2 Rz 883). Letzteres trifft hier aber nicht zu, zumal der beklagten Partei auch nur die Möglichkeit geboten war, die von ihr ausgestellten Rechnungen vorzulegen, was sie schließlich auch getan hat. Zur Frage, ob die Auslieferung an die Klägerin bzw einen ihrer Mitarbeiter tatsächlich erfolgte, steht keine der Parteien dem Beweis "näher". Der hier zu beurteilende Sachverhalt kann auch nicht mit einer "Zahlung unter erwiesenermaßen rechtswidrigem Zwang" bzw unter Anwendung von List (dazu Rummel aaO Rz 4 und 6 zu § 1431) gleichgehalten werden, sodass der Auffassung der Revisionswerberin, dem Leistungsempfänger sei der Beweis für die Existenz der Forderung aufzuerlegen, nicht beigetreten werden kann; dass die beklagte Partei beim Einzug arglistig vorging, steht ebensowenig fest, wie Zwang in Betracht kommt.
Gewiss ist ein Gläubiger, dem die Möglichkeit eröffnet wird, im Wege des Lastschriftverfahrens Geldbeträge einzuziehen, nur befugt, für fällige und zu Recht bestehende Ansprüche Abbuchungen vorzunehmen, und es kann mit dieser Ermächtigung wohl auch Missbrauch betrieben werden (siehe dazu Koziol aaO Rz 6/96). Das ändert aber nichts daran, dass derjenige, der sich auf eine ungerechtfertigte Bereicherung des Zahlungsempfängers beruft, nachzuweisen hat, dass die Vermögensverschiebung zu Unrecht oder gar missbräuchlich stattfand.
Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.
Der Ausspruch über den Ersatz der Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Textnummer
E71074European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:0010OB00215.03D.1014.000Im RIS seit
13.11.2003Zuletzt aktualisiert am
09.02.2011