Index
L92057 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Tirol;Norm
SHG Tir 1973 §1 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des Ing. Mag. HH in I, vertreten durch Dr. Karl Heiss, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kaiserjägerstraße 4/I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 28. Juli 2005, Zl. Va-456-7437/1/97, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 28. Juli 2005 wurde dem Beschwerdeführer für Dezember 2004 Sozialhilfe in Form einer Unterstützung für Lebensunterhalt in Höhe von EUR 25,98 gewährt; der Antrag auf Ersatz der vom Beschwerdeführer geleisteten Unterhaltszahlungen wurde abgewiesen. Dem Antrag des Beschwerdeführers, die Auszahlungsmodalitäten der Sozialhilfe zu ändern, wurde insoweit Folge gegeben, als ausgesprochen wurde, dass die monatliche Unterstützung für Miete in Hinkunft direkt an den Beschwerdeführer zu überweisen sei. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, eine Gegenüberstellung der Einnahmen des Beschwerdeführers in Höhe von insgesamt EUR 774,-- (Arbeitslosengeld (EUR 624,--), Mietzinsbeihilfe (EUR 150,--)) mit dem sozialhilferechtlichen Bedarf in Höhe von EUR 799,98 (Richtsatz für Alleinstehende (EUR 404,90), Heizkosten (EUR 46,80) und Miete (EUR 348,28)) führe zu einem Differenzbetrag von EUR 25,98. In diesem Ausmaß sei dem Beschwerdeführer daher Sozialhilfe zuzusprechen. Was die Frage der Anrechenbarkeit der Unterhaltszahlungen anlange, habe der Beschwerdeführer die seine Unterhaltsleistungen festsetzenden Beschlüsse der Bezirksgerichte Innsbruck und Schwaz unbekämpft gelassen bzw. habe er seit dem Jahre 2002 keinen Herabsetzungsantrag mehr gestellt. Er habe somit nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, auf Herabsetzung oder Aufhebung seiner Unterhaltspflicht zu dringen. Überdies sei er im maßgeblichen Zeitraum (Dezember 2004) von keinen Gehaltsexekutionen betroffen gewesen. Mit der Anweisung der monatlichen Unterstützung für Miete durch das Amt für Soziales direkt an den Vermieter sei der Aufwand des Beschwerdeführers für Miete gedeckt; die Auszahlungsmodalität sei gesetzeskonform. Es gebe derzeit aber keine Gründe, die gegen eine Überweisung der monatlichen Unterstützung direkt an den Beschwerdeführer sprächen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 des im Beschwerdefall anzuwendenden Tiroler Sozialhilfegesetzes (TSHG) ist Sozialhilfe staatliche Hilfe zur Führung eines menschenwürdigen Lebens.
Sozialhilfe ist gemäß § 1 Abs. 2 TSHG nach den Bestimmungen dieses Gesetzes Personen zu gewähren, die sich in einer Notlage befinden.
In einer Notlage im Sinne des Gesetzes befindet sich gemäß § 1 Abs. 3 TSHG,
a) wer den Lebensunterhalt für sich nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält,
b) wer außergewöhnliche Schwierigkeiten in seinen persönlichen, familiären oder sozialen Verhältnissen (besondere Lebenslagen) nicht selbst oder mit Hilfe anderer Personen oder Einrichtungen bewältigen kann.
Sozialhilfe ist gemäß § 2 Abs. 1 TSHG auf Antrag oder von
Amts wegen zu gewähren.
Gemäß § 3 TSHG umfasst die Sozialhilfe
a)
die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes,
b)
die Hilfe in besonderen Lebenslagen,
c)
die Übernahme der Kosten einer einfachen Bestattung.
Der Lebensunterhalt umfasst gemäß § 4 Abs. 1 TSHG den Aufwand für die gewöhnlichen Bedürfnisse, wie Unterkunft, Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung, sowie den Aufwand für die persönlichen Bedürfnisse. Zu den persönlichen Bedürfnissen gehört auch die Pflege der Beziehung zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben in angemessenem Ausmaß.
Über die Gewährung der Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes ist gemäß § 4 Abs. 2 TSHG im Verwaltungsweg zu entscheiden.
Die Sozialhilfe kann gemäß § 7 Abs. 1 TSHG in Form von Geldleistungen, Sachleistungen oder persönlicher Hilfe gewährt werden.
Das Ausmaß der Sozialhilfe ist gemäß § 7 Abs. 2 TSHG im Einzelfall unter Berücksichtigung eines zumutbaren Einsatzes der eigenen Kräfte und Mittel zu bestimmen.
Gemäß § 7 Abs. 6 TSHG hat die Landesregierung durch Verordnung nähere Vorschriften über die Form und das Ausmaß der Sozialhilfe zu erlassen. Hiebei sind unter Berücksichtigung der Lebenshaltungskosten in Tirol für die Bemessung des Lebensunterhaltes Richtsätze festzulegen.
Gemäß § 1 der Sozialhilfeverordnung (TSHV) umfasst die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes Maßnahmen zur Deckung des Aufwandes für
a) Ernährung, Körper- und Gesundheitspflege, Instandhaltung der Bekleidung, Beleuchtung, Kleinhausrat, Reinigung, Bildung und Erholung in einem für den Hilfe Suchenden angemessenen Ausmaß, Benutzung von Verkehrsmitteln und sonstige kleinere Bedürfnisse des täglichen Lebens,
b)
Unterkunft,
c)
Bekleidung und Beheizung.
Soweit die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Form von Geldleistungen gegeben wird, sind gemäß § 4 Abs. 1 TSHV unter Anrechnung der nach § 7 TSHG einzusetzenden eigenen Kräfte und Mittel zu gewähren:
a) zur Deckung des Aufwandes iSd § 1 lit. a monatliche Leistungen bis zu folgenden Höchstbeträgen (Richtsätze):
1. für Alleinstehende: EUR 404,90 ...
b) zur Deckung des Aufwandes für Unterkunft, Beheizung und Bekleidung eine Beihilfe in der Höhe der tatsächlichen Kosten unter Berücksichtigung der Grundsätze der Zweckmäßigkeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit.
Der Beschwerdeführer rügt die unterbliebe Anrechnung der Unterhaltszahlungen bei Beurteilung seines Bedarfes und bringt vor, eine Exekution der gegen ihn bestehenden vollstreckbaren Titel könnte ihn in eine Notlage bringen. Derzeit würden lediglich wegen seines niedrigen Einkommens keine Gehaltspfändungen vorgenommen; sein Einkommen liege nämlich unterhalb der Exekutionsgrenze. Es sei ihm auch weder möglich noch zumutbar, gegenüber dem Gericht auf Herabsetzung oder Aufhebung der Unterhaltspflicht zu dringen. Auch sei das Vorgehen der Behörde umso weniger nachvollziehbar, als es im Widerspruch zu einem Erlass der Tiroler Landesregierung aus dem Jahr 2001 stehe. Betreffend die Anordnung, die monatliche Unterstützung für Miete sei dem Beschwerdeführer in Hinkunft direkt zu überweisen, übersehe die belangte Behörde, dass Geldschulden Schickschulden seien, weshalb die direkt dem Vermieter überwiesene Unterstützung nicht rechtmäßig gewesen sei und daher auch keine schuldbefreiende Wirkung entfaltet habe. Auszahlungsmodalitäten seien nicht vom Regelungsgehalt des § 7 Abs. 1 TSHG erfasst. Im Übrigen seien zukünftige Unterstützungen bzw. deren Überweisung direkt an den Beschwerdeführer nicht Gegenstand der von ihm erhobenen Berufung gewesen.
Betreffend die Rüge, es hätten die Unterhaltszahlungen des Beschwerdeführers als Ausgaben berücksichtigt werden müssen, ist er zunächst gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom 16. Oktober 2006, Zl. 2003/10/0256, zu verweisen. Aus den dort dargelegten Gründen wurden die Unterhaltsverpflichtungen des Beschwerdeführers von der belangten Behörde auch im vorliegenden Fall zu Recht unberücksichtigt gelassen.
An dieser Beurteilung könnte auch der vom Beschwerdeführer behauptete Verstoß gegen einen Erlass der Tiroler Landesregierung aus dem Jahre 2001 nichts ändern. Erlässe sind nämlich Weisungen an nachgeordnete Verwaltungsorgane. Sie zählen daher nicht zu den Rechtsvorschriften, die der Verwaltungsgerichtshof anzuwenden hat. Würde der angefochtene Bescheid gegen einen Erlass verstoßen, läge darin somit keine "Rechtswidrigkeit" im Sinne des Art. 130 Abs. 1 lit. a B-VG.
Bei seinem Vorbringen betreffend die Auszahlung der gewährten Unterstützung für Miete übersieht der Beschwerdeführer, dass er, soweit er sich in einer Notlage im Sinne des TSHG befindet und ihm Sozialhilfe in Form von Geldleistungen gewährt wird, zwar Anspruch darauf hat, dass sein Aufwand für Unterkunft durch eine Beihilfe gedeckt wird, nicht aber auch darauf, dass ihm diese Beihilfe persönlich ausbezahlt wird; weder das TSHG, noch die TSHV schreibt der Behörde eine bestimmte Vorgangsweise vor, die bei Gewährung von Sozialhilfe durch Geldleistungen eingehalten werden müsste. Wurde daher - was die Beschwerde gar nicht bestreitet - durch die Überweisung der Beihilfe von der Sozialhilfebehörde direkt an den Vermieter der (von der Sozialhilfe zu übernehmende) Aufwand des Beschwerdeführers für Unterkunft gedeckt, so werden durch diese Form der Hilfegewährung Rechte des Beschwerdeführers, die ihm durch das TSHG bzw. die TSHV gewährleistet sind, nicht verletzt. Dies ist auch dem Beschwerdevorbringen entgegenzuhalten, die zukünftige Vorgangsweise der Behörde betreffend die Modalitäten der Beihilfenauszahlung sei nicht Gegenstand seiner Berufung gewesen.
Der Beschwerdeführer bringt noch vor, die belangte Behörde habe es zwar offensichtlich gänzlich unterlassen, ein Ermittlungsverfahren durchzuführen. Sollte sie jedoch ergänzende Ermittlungen durchgeführt haben, so habe sie deren Ergebnis dem Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis gebracht und sie habe ihm auch nicht Gelegenheit geboten, hiezu Stellung zu nehmen. Hätte die belangte Behörde die gebotenen Ermittlungen vorgenommen, wäre sie zum Ergebnis gelangt, dass das Einkommen des Beschwerdeführers die pfändungsfreien Grenzen nicht übersteige und daher Gehaltsexekutionen nicht durchführbar seien.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keinen im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG relevanten Verfahrensmangel auf. Dies schon deshalb, weil er nicht auch dargelegt hat, zu welchem im Ergebnis anders lautenden Bescheid die belangte Behörde bei Vornahme der vom Beschwerdeführer vermissten Verfahrenshandlungen gelangt wäre.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 14. Mai 2007
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006100031.X00Im RIS seit
20.06.2007Zuletzt aktualisiert am
31.03.2011