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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §33 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. Kurt L. Breit und Dr. Thomas Mayr, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Dominikanerbastei 22, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Mai 2005, Zl. 288360/1-III/7/ZDF/05, betreffend Rechtswirksamkeit einer Zivildiensterklärung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde gemäß § 5a Abs. 4 in Verbindung mit § 5a Abs. 3 Z. 4 Zivildienstgesetz 1986 (ZDG) fest, dass das Recht des Beschwerdeführers zur Abgabe der Zivildiensterklärung vom 21. April 2005 zu diesem Zeitpunkt gemäß § 5a Abs. 1 Z. 3 in Verbindung mit § 76a Abs. 1 ZDG infolge Ruhens dieses Rechtes ausgeschlossen gewesen sei; die Zivildiensterklärung des Beschwerdeführers habe daher die Zivildienstpflicht nicht eintreten lassen. Zur Begründung führte die belangte Behörde, nach Darstellung der Rechtslage auf Grund der §§ 5a und 76a ZDG im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe die Zivildiensterklärung am 21. April 2005 abgegeben. Er sei seit 10. Feber 1989 tauglich und habe keinen Grundwehrdienst geleistet. Nach Inkrafttreten des § 76a Abs. 1 ZDG mit 1. Jänner 1997 sei die in dieser Bestimmung genannte sechswöchige Frist jedenfalls mit 12. Feber 1997 abgelaufen. Demnach sei das Recht zur Abgabe der Zivildiensterklärung am Tag ihrer Einbringung ausgeschlossen gewesen und es habe daher gemäß § 5a Abs. 4 ZDG spruchgemäß entschieden werden müssen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 27. September 2005, B 740/05-8, deren Behandlung abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
In seiner Beschwerdeergänzung an den Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die hier maßgebenden Bestimmungen des Zivildienstgesetzes 1986 - ZDG, in der mit 1. Jänner 1997 in Kraft getretenen Fassung der Novelle BGBl. Nr. 788/1996, lauten (auszugsweise) wie folgt:
"§ 5a. (1) Das Recht, eine Zivildiensterklärung abzugeben, ist ausgeschlossen, ...
3. während es gemäß § 2 Abs. 2, § 6 Abs. 6 oder § 76a ruht. ...
(3) Eine Zivildiensterklärung ist mangelhaft, wenn
1. feststeht, dass der Wehrpflichtige für den Wehrdienst nicht tauglich ist (§ 2 Abs. 1), oder
2. die Zivildiensterklärung unvollständig ist (§ 2 Abs. 1 und 3), oder
3. die Zivildiensterklärung unter Vorbehalten oder Bedingungen abgegeben wird (§ 2 Abs. 3), oder
4. ein Ausschlussgrund nach Abs. 1 vorliegt.
(4) Weist eine Zivildiensterklärung Mängel auf, ist mit Bescheid festzustellen (§ 5 Abs. 4), dass die Zivildienstpflicht nicht eingetreten ist. Für unvollständige Zivildiensterklärungen (Abs. 3 Z. 2) gilt dies nur, wenn der Wehrpflichtige sie nicht innerhalb einer von der Behörde bestimmten Frist vervollständigt hat. ...
§ 76a. (1) (Verfassungsbestimmung) Für Wehrpflichtige, deren Tauglichkeit vor dem 1. Jänner 1994 festgestellt worden ist und seither fortbesteht und die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes noch keinen Grundwehrdienst geleistet haben, ruht das Recht, eine Zivildiensterklärung abzugeben. Nach Ablauf von fünf Jahren ab Abschluss des Stellungsverfahrens kann in diesen Fällen während eines Zeitraumes von sechs Wochen wieder eine Zivildiensterklärung abgegeben werden.
(2) Die in Abs. 1 genannten Wehrpflichtigen sind vom Bundesminister für Landesverteidigung über die neuerliche Möglichkeit der Abgabe einer Zivildiensterklärung rechtzeitig in Kenntnis zu setzen."
Der Beschwerdeführer hat seine mit "21/04/04" datierte Zivildiensterklärung gemeinsam mit einem Schreiben seines Rechtsvertreters vom 21. April 2005 am 25. April 2005 beim Militärkommando Wien eingereicht. Das begleitende anwaltliche Schreiben lautet wie folgt:
"... Vorerst darf ich Ihnen mitteilen, dass ich Herrn M. ..., rechtsfreundlich vertrete. In der Anlage übermittle ich Ihnen das Original der von meinem Mandanten ausgefüllten und unterfertigten Zivildiensterklärung gemäß § 2 Abs. 1 Zivildienstgesetz. Die Abgabe der Zivildiensterklärung durch meinen Mandanten ist jedenfalls fristgerecht, da ihm bis heute kein Einberufungsbefehl zugestellt wurde. Mein Mandant hat bis 1.1.1997 noch keinen Grundwehrdienst geleistet und wurde auch vor dem 1.1.1994 für tauglich befunden, er wurde aber entgegen der Bestimmung des § 76a Abs. 1 letzter Satz ZDG nicht von der Möglichkeit verständigt, wonach er während eines Zeitraumes von sechs Wochen nach Ablauf von fünf Jahren ab Abschluss des Stellungsverfahrens die Möglichkeit gehabt hätte, eine Zivildiensterklärung abzugeben. Auf Grund dieses Versäumnisses ist die nunmehr abgegebene Zivildiensterklärung jedenfalls fristgerecht. ..."
Da unbestritten die Tauglichkeit des Beschwerdeführers vor dem 1. Jänner 1994 (nämlich am 10. Feber 1989) festgestellt worden ist und auch zum Zeitpunkt der Abgabe seiner Zivildiensterklärung fortbestanden hat und er zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle zum ZDG BGBl. Nr. 788/1996 (dem 1. Jänner 1997) noch keinen Grundwehrdienst geleistet hatte, war die in § 76a Abs. 1 ZDG genannte sechswöchige Frist, worauf schon die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend hingewiesen hat, mit Ablauf von sechs Wochen, beginnend ab dem 1. Jänner 1997, beendet. Unbestritten hat der Beschwerdeführer innerhalb dieser Frist keine Zivildiensterklärung abgegeben, sondern die hier in Rede stehende Zivildiensterklärung erst nach Ablauf dieser Frist eingebracht.
Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die in der Verfassungsbestimmung des § 76a Abs. 2 ZDG zwingend vorgeschriebene Verständigung sei unterlassen worden, sodass der Lauf der sechswöchigen Frist des § 76a Abs. 1 ZDG nicht begonnen habe, ist ihm zu entgegnen, dass für diese Ansicht weder der Wortlaut der Bestimmung noch die Gesetzesmaterialien irgendeinen Anhaltspunkt bieten (vgl. schon das hg. Erkenntnis vom 24. März 1999, Zl. 98/11/0063). Zutreffend ist somit die belangte Behörde davon ausgegangen, dass die gegenständliche Zivildiensterklärung Zivildienstpflicht nicht habe eintreten lassen.
Der Beschwerdeführer bringt ferner vor, die belangte Behörde hätte auf Grund des Vorbringens, dass die gebotene Verständigung unterlassen worden sei, erkennen müssen, dass die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorliegen. Das zu prüfen habe sie verabsäumt, weshalb das Verfahren mangelhaft geblieben sei.
Auch dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Welche Bedeutung das Unterbleiben der gebotenen rechtzeitigen Verständigung des Beschwerdeführers gemäß § 76a Abs. 2 ZDG für die Entscheidung über einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung dieser Frist wegen Unkenntnis der Rechtslage hätte, braucht hier nicht geprüft zu werden, weil der angefochtene Bescheid nicht über einen Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers abgesprochen hat (vgl. erneut das bereits erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. März 1999, Zl. 98/11/0063). Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass dem - oben im Wortlaut zitierten - anwaltlichen Schreiben vom 21. April 2005 keinerlei Anhaltspunkt zu entnehmen ist, dass mit diesem Schreiben ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Abgabe der Zivildiensterklärung - wenngleich diese Frist, wie der Verwaltungsgerichtshof schon ausgesprochen hat, verfahrensrechtlicher Natur ist, und daher ihre Versäumung einer Wiedereinsetzung zugänglich gewesen wäre, vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1998, Zl. 98/11/0089 mit weiterem Hinweis - gestellt wird. Die belangte Behörde war auch nicht verpflichtet, im Rahmen ihrer Manuduktionspflicht den anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer anzuleiten, wie er sein Vorbringen zu gestalten habe, um den von ihm angestrebten Erfolg zu erreichen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. November 2004, Zl. 2001/10/0182, mit weiterem Hinweis).
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 15. Mai 2007
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2005110194.X00Im RIS seit
18.06.2007