TE Vwgh Erkenntnis 2007/5/15 2007/18/0188

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Veröffentlicht am 15.05.2007
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §47 Abs3 Z2;
FrG 1997 §49 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde der Z Z in W, geboren 1965, vertreten durch Dr. Robert Wallentin, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Währinger Straße 6-8, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 15. März 2007, Zl. SD 1228/04, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 15. März 2007 hat die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (die belangte Behörde) die Beschwerdeführerin, einer serbische Staatsangehörige, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Die Beschwerdeführerin sei mit einem bis 18. August 2003 gültigen Visum C nach Österreich eingereist und sei in der Folge von einem österreichischen Staatsangehörigen adoptiert worden. Diese Adoption sei vom Gericht mit Beschluss vom 1. Dezember 2003 rechtskräftig bewilligt worden. Am 3. Jänner 2004 habe die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittstaatsangehöriger eines Österreichers" eingebracht. Erhebungen hätten den Verdacht ergeben, dass die Erlangung eines Aufenthaltstitels der ausschließliche oder zumindest vorwiegende Grund für die Adoption gewesen sei, weshalb der Antrag von der Behörde erster Instanz abgewiesen worden sei. Dieser Bescheid sei von der belangten Behörde mit der Begründung behoben worden, dass seit dem Inkrafttreten des Fremdenrechtspakets mit 1. Jänner 2006 den Fremdenpolizeibehörden und somit den Sicherheitsdirektionen als Berufungsbehörden bei der Erteilung von Aufenthaltstiteln keine Kompetenz zukomme. Mittlerweile sei der Antrag vom nunmehr zuständigen Landeshauptmann mit Bescheid vom 27. Oktober 2006 neuerlich abgewiesen worden.

Gemäß § 81 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, seien am 1. Jänner 2006 anhängige Verfahren auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen. Gemäß § 21 Abs. 1 NAG seien Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet im Ausland einzubringen. Die Entscheidung sei auch im Ausland abzuwarten.

Die Beschwerdeführerin, die zu keiner Zeit über einen Aufenthaltstitel verfügt habe, sei nach Ablauf ihres Visums C in Österreich verblieben und halte sich seither unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 FPG seien daher gegeben.

Die Beschwerdeführerin verfüge über familiäre Bindungen zu ihrem Adoptivvater. Die Ausweisung sei daher mit einem Eingriff in das Privat- und Familienleben verbunden. Dieser Eingriff sei jedoch zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Gründen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten und daher im Grund des § 66 Abs. 1 FPG zulässig. Die Beschwerdeführerin habe die für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften durch den zumindest seit 1. Jänner 2006 unrechtmäßigen Aufenthalt in gravierender Weise beeinträchtigt. Die dadurch bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen privaten und familiären Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise der Beschwerdeführerin aus dem Bundesgebiet.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass anhängige Niederlassungsbewilligungsanträge zwar nach dem NAG zu Ende zu führen seien, nicht jedoch nach den Grundsätzen dieses Gesetzes "von Anbeginn neu gewertet und geordnet werden" müssten. Die Beschwerdeführerin könne aus der alten Rechtslage "wohl erworbene Rechte" ableiten, die ihr nicht nachträglich entzogen werden könnten. Die Beschwerdeführerin sei nach dem Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, als begünstigte Drittstaatsangehörige anzusehen und genieße daher Niederlassungsfreiheit.

1.2. Dem ist zunächst entgegen zu halten, dass gemäß § 49 Abs. 1 iVm § 47 Abs. 3 Z. 2 FrG nur solche Verwandte von österreichischen Staatsangehörigen in absteigender Linie, die - wie die Beschwerdeführerin - das 21. Lebensjahr bereits vollendet haben, Niederlassungsfreiheit genossen, denen vom österreichischen Staatsangehörigen Unterhalt gewährt wurde. Diese Personen waren auch berechtigt, Erstanträge vom Inland aus zu stellen und das Verfahren hierüber im Inland abzuwarten.

Eine Unterhaltsgewährung im Sinn dieser Bestimmung liegt nur vor, wenn der österreichische Staatsangehörige für alle wesentlichen Unterhaltsbedürfnisse des Fremden aufkommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. März 2007, Zl. 2006/18/0010).

Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass sie sich seit 2003 in Österreich aufhalte und seitdem ständig einer Beschäftigung nachgehe. Sie habe daher sehr starke "wirtschaftliche Bindungen" zu Österreich; eine Ausweisung würde ihre "Wirtschaftsbasis" vernichten.

Dieses Beschwerdevorbringen kann nur so verstanden werden, dass die Beschwerdeführerin ihre finanziellen Bedürfnisse vorwiegend aus dem in Österreich erzielten Arbeitseinkommen deckt. Davon ausgehend kann keine Rede davon sein, dass alle wesentlichen Unterhaltsbedürfnisse der Beschwerdeführerin von ihrem Wahlvater getragen werden. Die Beschwerdeführerin war daher nach ihrem eigenen Vorbringen auch unter der Geltung des FrG nicht zur Antragstellung und zum Abwarten des Verfahrensausgangs in Österreich berechtigt. Im Übrigen kommt nach der eindeutigen Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 1 NAG, wonach Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen, die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anhängig sind, nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen sind, die von der Beschwerdeführerin gewünschte Anwendung des FrG über den 31. Dezember 2005 hinaus nicht in Betracht.

Die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass die Beschwerdeführerin gemäß § 21 Abs. 1 NAG den Ausgang des Niederlassungsbewilligungsverfahrens vom Ausland aus abzuwarten hat und sich somit jedenfalls seit 1. Jänner 2006 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, begegnet keinen Bedenken, zumal sich weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid Anhaltspunkte für das Vorliegen einer der Ausnahmefälle des § 21 Abs. 2 leg. cit. ergeben.

2. Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG hat die belangte Behörde die Dauer des inländischen Aufenthalts der Beschwerdeführerin und die Beziehung zum österreichischen Wahlvater berücksichtigt. Die Beschwerdeführerin bringt zwar vor, eine intensive Bindung zum Adoptivvater zu haben, macht dazu aber keine konkreten Umstände geltend, insbesondere behauptet sie keine Haushaltsgemeinschaft mit diesem. Weitere familiäre Bindungen macht die Beschwerdeführerin, die zugesteht, dass sich ihre "weitere Familie" nicht in Österreich aufhält, nicht geltend. Die aus der vorgebrachten Beschäftigung in Österreich ableitbaren privaten Bindungen werden in ihrem Gewicht dadurch relativiert, dass der Beschäftigung jedenfalls seit 1. Jänner 2006 kein rechtmäßiger Aufenthalt zu Grunde liegt.

Den insgesamt nicht sehr gewichtigen privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführerin am Verbleib im Bundesgebiet steht gegenüber, dass die Beschwerdeführerin durch ihren unrechtmäßigen Aufenthalt jedenfalls in der Dauer von mehr als einem Jahr das maßgebliche öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt, gravierend beeinträchtigt hat. Von daher kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten und daher im Grund des § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 15. Mai 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007180188.X00

Im RIS seit

20.06.2007

Zuletzt aktualisiert am

14.12.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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