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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
FrG 1997 §13 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des Z S in W, geboren 1978, vertreten durch Dr. Herbert Eisserer, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Alser Straße 34/40, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 3. April 2006, Zl. 315.070/2- III/4/06, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Inneres (der belangten Behörde) vom 3. April 2006 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines serbischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 21 Abs. 1 und Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, abgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei am 21. September 2003 mit einem bis 5. Oktober 2003 gültigen Visum C eingereist und halte sich seither illegal im Bundesgebiet auf. Am 13. Juni 2005 habe der Beschwerdeführer geheiratet. Seine Gattin sei im Besitz einer Niederlassungsbewilligung für "jeglichen Aufenthaltszweck" gemäß § 13 Abs. 2 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75. Am 28. Juli 2005 habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft, § 20 Abs. 1 FrG" gestellt. Dieser Antrag sei ab dem Inkrafttreten des NAG mit 1. Jänner 2006 als Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" zu werten.
Der Beschwerdeführer sei bis Ende 2005 gemäß § 14 Abs. 2 erster Satz FrG verpflichtet gewesen, den Antrag vom Ausland aus zu stellen (und das Verfahren hierüber im Ausland abzuwarten). Ab dem Inkrafttreten des NAG ergebe sich diese Verpflichtung aus § 21 Abs. 1 leg. cit. Der Beschwerdeführer habe sich in seiner Berufung auf das Vorliegen humanitärer Gründe, aus denen die Inlandsantragstellung zulässig sei, berufen. Er habe vorgebracht, dass seine Gattin am 21. September 2005 ein Kind zur Welt gebracht hätte und auf seine Pflege und Unterstützung angewiesen wäre. Auch sein Kind benötigte seine Betreuung.
Art. 8 EMRK normiere nicht die generelle Verpflichtung eines Staates, die Wahl des Familienwohnsitzes durch die Familienmitglieder anzuerkennen und die Zusammenführung einer Familie auf seinem Gebiet zu erlauben. Diese Bestimmung gewähre kein Recht, den geeignetsten Ort für die Entwicklung des Familienlebens zu wählen. Das gemeinsame Kind des Beschwerdeführers mit seiner Gattin stelle keinen besonders berücksichtigungswürdigen humanitären Grund dar, um die Inlandsantragstellung zu gestatten. Die Inlandsantragstellung werde daher gemäß § 74 NAG nicht von Amts wegen zugelassen.
Bei der Abweisung eines Antrages wegen Inlandsantragstellung sei eine Abwägung der privaten und familiären Interessen des Fremden mit den gegenläufigen öffentlichen Interessen nicht vorzunehmen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht. Er bekämpft ausschließlich die Ansicht der belangten Behörde, dass keine humanitären Gründe, aus denen gemäß § 74 NAG die Inlandsantragstellung zugelassen werden könnte, vorlägen.
1.2. Gemäß § 74 NAG kann die Behörde von Amts wegen die Inlandsantragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels oder die Heilung von sonstigen Verfahrensmängeln zulassen, wenn die Voraussetzungen des § 72 leg. cit erfüllt werden. Die Voraussetzungen der letztgenannten Bestimmung sind dann erfüllt, wenn aus humanitären Gründen ein besonders berücksichtigungswürdiger Fall vorliegt.
Die Inlandsantragstellung gemäß § 74 NAG kommt nur in Betracht, wenn sie von Amts wegen zugelassen wird. Damit ist klargestellt, dass die Behörde allein von sich aus - ohne dass eine Alternative in Form einer darauf abzielenden Antragstellung vorgesehen wäre - das Vorliegen der maßgeblichen Tatbestandsmomente für die Annahme eines besonders berücksichtigungswürdigen Falles aus humanitären Gründen gemäß § 72 NAG zu prüfen hat. Diese Bestimmung räumt somit dem Fremden kein durchsetzbares - und vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend zu machendes - Recht auf Inlandsantragstellung ein. (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2006, Zl. 2006/18/0153.)
2. Die Abweisung des Antrages wegen Inlandsantragstellung begegnet aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Bescheides keinen Bedenken, zumal sich aus der Aktenlage keine Hinweise darauf ergeben, dass einer der Fälle des § 21 Abs. 2 NAG vorliege, in denen die Stellung eines Erstantrages vom Inland aus zulässig ist.
3. Da sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
4. Hinzugefügt sei Folgendes:
Die Gattin des Beschwerdeführers verfügt unstrittig über eine Niederlassungsbewilligung für "jeglichen Aufenthaltszweck" gemäß § 13 Abs. 2 FrG. Diese Bewilligung gilt gemäß § 81 Abs. 2 NAG iVm § 11 Abs. 1 A Z. 1 der NAG-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 451/2005, seit dem Inkrafttreten des NAG mit 1. Jänner 2006 als "Niederlassungsbewilligung - beschränkt". Sollte die Gattin des Beschwerdeführers die Integrationsvereinbarung bereits erfüllt haben und daher als Zusammenführende im Sinn von § 46 Abs. 4 Z. 3 lit. c NAG anzusehen sein, könnte der Beschwerdeführer gemeinsam mit einem (weiteren) Antrag auf Familienzusammenführung (§ 46 Abs. 4 leg. cit.) gemäß § 73 Abs. 4 leg. cit. zur Klärung der Vorfrage, ob humanitäre Gründe - etwa ein aus Art. 8 EMRK ableitbarer Anspruch auf Familienzusammenführung - vorliegen, einen gesonderten Feststellungsantrag einbringen. Ein solcher Antrag kann nicht wegen Inlandsantragstellung abgewiesen werden. Wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen, hat die Behörde für den Fall, dass ihrer Meinung nach humanitäre Gründe gegeben sind, die begehrte Niederlassungsbewilligung zu erteilen, andernfalls hat sie ihre Meinung, dass keine humanitären Gründe vorliegen, dadurch zum Ausdruck zu bringen, dass sie den zur Klärung dieser Vorfrage dienenden Feststellungsantrag abweist. Diese Entscheidung könnte der Antragsteller - auch vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts - bekämpfen und damit einen allfälligen Anspruch auf Familienzusammenführung im Sinn des Art. 8 EMRK geltend machen. Ergibt sich im Berufungsverfahren bzw. aus dem Erkenntnis des Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshofes, dass humanitäre Gründe im Sinn des § 72 NAG gegeben sind, so hat die Behörde die begehrte Niederlassungsbewilligung bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen hiefür zu erteilen. (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 5. September 2006, Zlen. 2006/18/0243, 0244, 0245 und 0246.)
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 15. Mai 2007
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Rechtsverletzung des Beschwerdeführers Beschwerdelegitimation bejahtIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006180149.X00Im RIS seit
20.06.2007Zuletzt aktualisiert am
19.10.2011