TE OGH 2003/10/24 12Nc47/03h

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Veröffentlicht am 24.10.2003
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Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Taucher als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Pisan-Schuster und Dr. Strauss in der Sachwalterschaftssache der Dipl. Ing. G***** W*****, geboren *****1920, derzeit N***** Landespensionisten- und Pflegeheim S***** V*****, 2331 V*****, vertreten durch den einstweiligen Sachwalter G***** W*****, *****, aufgrund der Vorlage des Aktes ***** des Bezirksgerichtes Meidling zur Entscheidung gemäß § 111 Abs 2 JN in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Taucher als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Pisan-Schuster und Dr. Strauss in der Sachwalterschaftssache der Dipl. Ing. G***** W*****, geboren *****1920, derzeit N***** Landespensionisten- und Pflegeheim S***** V*****, 2331 V*****, vertreten durch den einstweiligen Sachwalter G***** W*****, *****, aufgrund der Vorlage des Aktes ***** des Bezirksgerichtes Meidling zur Entscheidung gemäß Paragraph 111, Absatz 2, JN in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die mit Beschluss des Bezirksgerichtes Meidling vom 21. Mai 2003, (ehemals) *****, ausgesprochene Übertragung der Zuständigkeit zur Besorgung dieser Sachwalterschaftssache an das Bezirksgericht Mödling wird nicht genehmigt.

Die Sachwalterschaftssache ist weiterhin vom Bezirksgericht Meidling zu führen.

Text

Begründung:

Nach einer Anregung ihres Sohnes G***** W*****, *****, wurde für Dipl. Ing. G***** W*****, geboren *****1920, vormals wohnhaft in 1120 Wien, *****, beim Bezirksgericht Meidling am 4.2.2003 ein Sachwalterschaftsverfahren eingeleitet.

Am 17.2.2003 führte die zuständige Richterin des Bezirksgerichtes Meidling mit der Betroffenen an deren Wohnadresse ein Erstgespräch (Erstanhörung; ON 6).

Am 21. Mai 2003 gab G***** W***** telefonisch bekannt, dass sich die Betroffene nunmehr im Pensionistenheim S***** V***** aufhalte und dort bleiben werde (AS 25).

Mit Beschluss vom selben Tag bestellte die Sachwalterschaftsrichterin des Bezirksgerichtes Meidling daraufhin G***** W***** zum einstweiligen Sachwalter zur Vertretung der Betroffenen in diesem Verfahren (§ 238 Abs 1 AußStrG) und betraute ihn mit der Besorgung von dringenden Angelegenheiten der Betroffenen - Einkommens- und Vermögensverwaltung, Vertretung vor Ämtern und Behörden - (§ 238 Abs 2 AußStrG; *****).Mit Beschluss vom selben Tag bestellte die Sachwalterschaftsrichterin des Bezirksgerichtes Meidling daraufhin G***** W***** zum einstweiligen Sachwalter zur Vertretung der Betroffenen in diesem Verfahren (Paragraph 238, Absatz eins, AußStrG) und betraute ihn mit der Besorgung von dringenden Angelegenheiten der Betroffenen - Einkommens- und Vermögensverwaltung, Vertretung vor Ämtern und Behörden - (Paragraph 238, Absatz 2, AußStrG; *****).

Gleichzeitig übertrug die Sachwalterschaftsrichterin des Bezirksgerichtes Meidling die Zuständigkeit zur Besorgung dieser Sachwalterschaftssache an das Bezirksgericht Mödling (*****).

Rechtliche Beurteilung

Zur Begründung führte die Richterin des Bezirksgerichtes Meidling aus, sie habe sich einen persönlichen Eindruck von der Betroffenen verschafft. Demnach lägen begründete Anhaltspunkte dafür vor, dass die Betroffene derzeit krankheitsbedingt besonderen Schutzes bedürfe. Ob oder inwieweit ein endgültiger Sachwalter zu bestellen sein werde, werde im weiteren Verlauf des Verfahrens zu ermitteln sei. Die Auswahl der Person des einstweiligen Sachwalters gründete die Richterin auf § 281 Abs 1 ABGB. Sie wies darauf hin, dass Personen, für die ein einstweiliger Sachwalter für dringende Angelegenheiten bestellt worden sei, nur mündlich vor Gericht oder mündlich notariell letztwillig verfügen könnten.Zur Begründung führte die Richterin des Bezirksgerichtes Meidling aus, sie habe sich einen persönlichen Eindruck von der Betroffenen verschafft. Demnach lägen begründete Anhaltspunkte dafür vor, dass die Betroffene derzeit krankheitsbedingt besonderen Schutzes bedürfe. Ob oder inwieweit ein endgültiger Sachwalter zu bestellen sein werde, werde im weiteren Verlauf des Verfahrens zu ermitteln sei. Die Auswahl der Person des einstweiligen Sachwalters gründete die Richterin auf Paragraph 281, Absatz eins, ABGB. Sie wies darauf hin, dass Personen, für die ein einstweiliger Sachwalter für dringende Angelegenheiten bestellt worden sei, nur mündlich vor Gericht oder mündlich notariell letztwillig verfügen könnten.

Da sich die Betroffene nunmehr ständig im Sprengel des Bezirksgerichtes Mödling aufhalte, sei es zweckmäßig, wenn dieses Gericht die Sachwalterschaftssache weiterführe (§ 111 JN). Das Bezirksgericht Mödling lehnte die Übernahme der Sachwalterschaftssache (derzeit) mit der Begründung ab, das Bezirksgericht Meidling habe bereits die erste Anhörung der betroffenen Partei durchgeführt. Im Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters habe das Gericht die für seine Entscheidung erforderlichen Feststellungen auf der Grundlage einer mündlichen, möglichst in einer Tagsatzung durchzuführenden Verhandlung zu treffen. Auch im Verfahren in Außerstreitsachen gelte der Grundsatz der persönlichen Unmittelbarkeit einer Entscheidung. Dies bedeute, dass eine Sachentscheidung von jenem Richter zu fällen sei, der das Verfahren durchgeführt und die Beweise aufgenommen habe. Dem Grundsatz der Unmittelbarkeit folgend erscheine es daher zweckmäßig, dass das Gericht, das die erste Anhörung durchgeführt habe, unter Verwendung der Verfahrensergebnisse auch den Sachwalter bestelle *****.Da sich die Betroffene nunmehr ständig im Sprengel des Bezirksgerichtes Mödling aufhalte, sei es zweckmäßig, wenn dieses Gericht die Sachwalterschaftssache weiterführe (Paragraph 111, JN). Das Bezirksgericht Mödling lehnte die Übernahme der Sachwalterschaftssache (derzeit) mit der Begründung ab, das Bezirksgericht Meidling habe bereits die erste Anhörung der betroffenen Partei durchgeführt. Im Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters habe das Gericht die für seine Entscheidung erforderlichen Feststellungen auf der Grundlage einer mündlichen, möglichst in einer Tagsatzung durchzuführenden Verhandlung zu treffen. Auch im Verfahren in Außerstreitsachen gelte der Grundsatz der persönlichen Unmittelbarkeit einer Entscheidung. Dies bedeute, dass eine Sachentscheidung von jenem Richter zu fällen sei, der das Verfahren durchgeführt und die Beweise aufgenommen habe. Dem Grundsatz der Unmittelbarkeit folgend erscheine es daher zweckmäßig, dass das Gericht, das die erste Anhörung durchgeführt habe, unter Verwendung der Verfahrensergebnisse auch den Sachwalter bestelle *****.

Das Bezirksgericht Meidling legt den Akt nunmehr dem Oberlandesgericht Wien zur Entscheidung über die Wirksamkeit der Übertragung der Zuständigkeit gemäß § 111 Abs 2 JN mit dem Bemerken vor, die Betroffene habe nunmehr ihren ständigen Aufenthalt im Sprengel des Bezirksgerichtes Mödling, sodass aus diesem Grund die wirksamere Handhabung des pflegschaftsgerichtlichen Schutzes durch das Bezirksgericht Mödling gegeben sei, weil die zu treffende Entscheidung sich an der aktuellen Befindlichkeit der Betroffenen orientieren könnte. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit trete durch diese Wertung des Gesetzgebers erkennbar in den Hintergrund; ihm könne aber durch persönlichen Kontakt zur Betroffenen durch das Bezirksgericht Mödling durchaus entsprochen werden *****. Der § 111 Abs 1 JN bietet die Möglichkeit einer (gänzlichen oder teilweisen) direkten Übertragung der Zuständigkeit (auch) in Sachwalterschaftssachen an ein anders Bezirksgericht ohne Einschaltung eines Obergerichtes. Voraussetzung für diese Durchbrechung des Grundsatzes der perpetuatio fori - wonach jedes Gericht in Rechtssachen, die rechtmäßig bei ihm anhängig gemacht wurden, bis zu deren Beendigung zuständig bleibt, wenn sich auch de Umstände, die bei Einleitung des Verfahrens für die Bestimmung der Zuständigkeit maßgebend waren, während des Verfahrens geändert hätten (§ 29 JN) - ist nach dem Gesetz, dass die Übertragung im Interesse des Betroffenen gelegen ist. Die Zuständigkeitsübertragung soll die wirksame Handhabung des pflegschaftsbehördlichen Schutzes sichern und verbessern. Verlegt der Pflegebefohlene daher seinen Lebensmittelpunkt in einen anderen Gerichtssprengel, so kann das Gericht die Zuständigkeit an jenes Gericht übertragen, in dessen Sprengel der neue Lebensmittelpunkt liegt (Mayr in Rechberger, ZPO² Rz 1 und 2 zu § 111 JN mwN).Das Bezirksgericht Meidling legt den Akt nunmehr dem Oberlandesgericht Wien zur Entscheidung über die Wirksamkeit der Übertragung der Zuständigkeit gemäß Paragraph 111, Absatz 2, JN mit dem Bemerken vor, die Betroffene habe nunmehr ihren ständigen Aufenthalt im Sprengel des Bezirksgerichtes Mödling, sodass aus diesem Grund die wirksamere Handhabung des pflegschaftsgerichtlichen Schutzes durch das Bezirksgericht Mödling gegeben sei, weil die zu treffende Entscheidung sich an der aktuellen Befindlichkeit der Betroffenen orientieren könnte. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit trete durch diese Wertung des Gesetzgebers erkennbar in den Hintergrund; ihm könne aber durch persönlichen Kontakt zur Betroffenen durch das Bezirksgericht Mödling durchaus entsprochen werden *****. Der Paragraph 111, Absatz eins, JN bietet die Möglichkeit einer (gänzlichen oder teilweisen) direkten Übertragung der Zuständigkeit (auch) in Sachwalterschaftssachen an ein anders Bezirksgericht ohne Einschaltung eines Obergerichtes. Voraussetzung für diese Durchbrechung des Grundsatzes der perpetuatio fori - wonach jedes Gericht in Rechtssachen, die rechtmäßig bei ihm anhängig gemacht wurden, bis zu deren Beendigung zuständig bleibt, wenn sich auch de Umstände, die bei Einleitung des Verfahrens für die Bestimmung der Zuständigkeit maßgebend waren, während des Verfahrens geändert hätten (Paragraph 29, JN) - ist nach dem Gesetz, dass die Übertragung im Interesse des Betroffenen gelegen ist. Die Zuständigkeitsübertragung soll die wirksame Handhabung des pflegschaftsbehördlichen Schutzes sichern und verbessern. Verlegt der Pflegebefohlene daher seinen Lebensmittelpunkt in einen anderen Gerichtssprengel, so kann das Gericht die Zuständigkeit an jenes Gericht übertragen, in dessen Sprengel der neue Lebensmittelpunkt liegt (Mayr in Rechberger, ZPO² Rz 1 und 2 zu Paragraph 111, JN mwN).

Zwar hat im vorgelegten Fall offenbar die Pflegebefohlene ihren Lebensmittelpunkt nach Einleitung des Sachwalterschaftsverfahrens beim Bezirksgericht Meid- ling auf Dauer in den Sprengel des Bezirksgerichtes Mödling verlegt, doch darf hier die zentrale Bedeutung der Erstanhörung (des Erstgesprächs) im Sachwalterschaftsverfahren nicht übersehen werden. Im Erstgespräch hat sich die zuständige Sachwalterschafts- richterin des Bezirksgerichtes Meidling einen persönlichen Eindruck von der Betroffenen verschafft und ihr aufgrund dieses persönlichen Eindruckes sowohl einen Verfahrenssachwalter als auch einen einstweiligen Sachwalter gemäß § 238 Abs 1 und 2 AußStrG in der Person ihres Sohnes bestellt. Zwar ist vor der Bestellung eines (endgültigen) Sachwalters eine mündliche Verhandlung gemäß § 239 AußStrG durchzuführen, zu der die Betroffene und ihr Vertreter zu laden sind. Von der Ladung der Betroffenen ist allerdings abzusehen, wenn ihr persönliches Erscheinen unmöglich ist oder ihrem Wohl abträglich wäre (§ 240 AußStrG). Da dies hier offensichtlich der Fall sein wird, wird es auch für die Frage der Bestellung eines (endgültigen) Sachwalters neben dem Gutachten eines oder erforderlichenfalls mehrerer Sachverständiger (§ 241 AußStrG) wesentlich auf den persönlichen Eindruck des entscheidenden Richters/der entscheidenden Richterin vom Erstgespräch ankommen. Das Oberlandesgericht Wien schließt sich daher der in der Entscheidung des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 4.3.1999, AZ 2 R 81/99 geäußerten Rechtsansicht an, wonach in Sachwalterschaftssachen zweckmäßigerweise grundsätzlich das Gericht, das die Erstanhörung durchführte vor Übertragung des Aktes auch über die endgültige Bestellung eines Sachwalters entscheiden soll (RGZ 0000017). Die Übertragung der Zuständigkeit an das Bezirksgericht Mödling nach Durchführung der Erstanhörung durch die zuständige Richterin des Bezirksgerichtes Meidling, aber vor der Entscheidung über die Bestellung eines (endgültigen) Sachwalters war daher nicht zu genehmigen.Zwar hat im vorgelegten Fall offenbar die Pflegebefohlene ihren Lebensmittelpunkt nach Einleitung des Sachwalterschaftsverfahrens beim Bezirksgericht Meid- ling auf Dauer in den Sprengel des Bezirksgerichtes Mödling verlegt, doch darf hier die zentrale Bedeutung der Erstanhörung (des Erstgesprächs) im Sachwalterschaftsverfahren nicht übersehen werden. Im Erstgespräch hat sich die zuständige Sachwalterschafts- richterin des Bezirksgerichtes Meidling einen persönlichen Eindruck von der Betroffenen verschafft und ihr aufgrund dieses persönlichen Eindruckes sowohl einen Verfahrenssachwalter als auch einen einstweiligen Sachwalter gemäß Paragraph 238, Absatz eins und 2 AußStrG in der Person ihres Sohnes bestellt. Zwar ist vor der Bestellung eines (endgültigen) Sachwalters eine mündliche Verhandlung gemäß Paragraph 239, AußStrG durchzuführen, zu der die Betroffene und ihr Vertreter zu laden sind. Von der Ladung der Betroffenen ist allerdings abzusehen, wenn ihr persönliches Erscheinen unmöglich ist oder ihrem Wohl abträglich wäre (Paragraph 240, AußStrG). Da dies hier offensichtlich der Fall sein wird, wird es auch für die Frage der Bestellung eines (endgültigen) Sachwalters neben dem Gutachten eines oder erforderlichenfalls mehrerer Sachverständiger (Paragraph 241, AußStrG) wesentlich auf den persönlichen Eindruck des entscheidenden Richters/der entscheidenden Richterin vom Erstgespräch ankommen. Das Oberlandesgericht Wien schließt sich daher der in der Entscheidung des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 4.3.1999, AZ 2 R 81/99 geäußerten Rechtsansicht an, wonach in Sachwalterschaftssachen zweckmäßigerweise grundsätzlich das Gericht, das die Erstanhörung durchführte vor Übertragung des Aktes auch über die endgültige Bestellung eines Sachwalters entscheiden soll (RGZ 0000017). Die Übertragung der Zuständigkeit an das Bezirksgericht Mödling nach Durchführung der Erstanhörung durch die zuständige Richterin des Bezirksgerichtes Meidling, aber vor der Entscheidung über die Bestellung eines (endgültigen) Sachwalters war daher nicht zu genehmigen.

Oberlandesgericht Wien

1016 Wien, Schmerlingplatz 11

Anmerkung

EW00459 12Nc47.03h

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0009:2003:0120NC00047.03H.1024.000

Dokumentnummer

JJT_20031024_OLG0009_0120NC00047_03H0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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