TE Vwgh Erkenntnis 2007/5/15 2007/18/0194

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.05.2007
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §59 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des C I in G, geboren 1986, vertreten durch Dr. Lennhart Binder, LL.M., Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 20. Februar 2007, Zl. SD 1656/06, betreffend Erlassung eines unbefristeten Rückkehrverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 20. Februar 2007 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 62 Abs. 1 und Abs. 2 iVm § 60 Abs. 2 Z. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein unbefristetes Rückkehrverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer, dessen Identität und Nationalität auf Grund fehlender Dokumente nicht nachgewiesen sei, sei am 26. Februar 2004 illegal nach Österreich gelangt und habe am selben Tag einen Asylantrag gestellt. Das Asylverfahren sei derzeit beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig, der Beschwerdeführer sei jedoch nicht im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung.

Am 26. Mai 2004 sei der Beschwerdeführer wegen § 27 Abs. 1 erster und zweiter Fall sowie Abs. 2 erster Fall Suchtmittelgesetz (SMG) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten, davon sechs Monate unter bedingter Strafnachsicht, rechtskräftig verurteilt worden. Dieser Verurteilung liege zu Grunde, dass der Beschwerdeführer von Ende Februar bis Anfang April 2004 wiederholt Suchtgift erworben und besessen habe, insgesamt 14 Heroin- und sechs Kokainkugeln. Zudem habe er in wiederholten Angriffen Suchtgift an namentlich bekannte Suchtgiftabnehmer in der Absicht verkauft, sich dadurch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Auf Grund dieser Verurteilung sei gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 27. Mai 2004 ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen worden. Der diesbezügliche Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen.

Weder die teilbedingte Haftstrafe noch das Aufenthaltsverbot hätten den Beschwerdeführer davon abhalten können, neuerlich qualifiziert und einschlägig straffällig zu werden. Am 6. Oktober 2006 sei er wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt sowie wegen § 27 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 erster Fall SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr rechtskräftig verurteilt worden. Der Beschwerdeführer habe von Anfang Juli 2006 bis 17. August 2006 in zahlreichen Angriffen einem namentlich genannten Suchtgiftabnehmer etwa 30 Kugeln Suchtgift und ein bis zwei unbekannten Personen eine nicht mehr feststellbare Menge Kokain und Heroin verkauft. Am 17. August 2006 habe er namentlich bekannten Suchtgiftabnehmern zwei Kugeln Kokain verkauft. Am 27. Oktober 2004 habe er 2,9 Gramm Cannabiskraut besessen. Weiters habe er bis zum 17. August 2006 Heroin und Kokain zum Eigenbedarf besessen. Dazu komme, dass der Beschwerdeführer anlässlich seiner Anhaltung am 27. Oktober 2004 drei Sicherheitswachebeamte mit Gewalt an seiner Festnahme zu hindern versucht habe, indem er diesen Faustschlägen gegen den Oberkörper versetzt und sich gewaltsam losgerissen habe.

Auf Grund der Verurteilungen sei der Tatbestand des § 62 Abs. 2 iVm § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt. Da das gesamte Fehlverhalten des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit in höchstem Maß gefährde, sei auch die in § 62 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt.

Der Beschwerdeführer habe keine familiären Bindungen im Bundesgebiet. Auf Grund des dreijährigen inländischen Aufenthalts sei das Rückkehrverbot mit einem Eingriff in das Privatleben verbunden. Dieser Eingriff sei jedoch zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, Schutz der Gesundheit, Unterbindung von Straftaten gegen die Staatsgewalt) dringend geboten und daher im Grund des § 66 Abs. 1 FPG gerechtfertigt. Das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers verdeutliche augenfällig, dass er nicht in der Lage oder nicht gewillt sei, die österreichischen Rechtsvorschriften einzuhalten. Eine positive Verhaltensprognose könne schon angesichts des Rückfalls nicht erstellt werden. Bei der Interessenabwägung gemäß § 66 Abs. 2 FPG sei zu berücksichtigen, dass der aus der bisherigen Aufenthaltsdauer ableitbaren Integration kein entscheidendes Gewicht zukomme, da sie in der für sie wesentlichen sozialen Komponente durch das strafbare Verhalten erheblich beeinträchtigt werde. Die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet hätten gegenüber den hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interessen in den Hintergrund zu treten.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid Zweifel an seiner Identität geäußert habe. Dem angefochtenen Bescheid fehle es somit an einem Normadressaten. Hätte der Beschwerdeführer eine falsche Identität verwendet, würde sich der angefochtene Bescheid nicht gegen die richtige Person richten.

Weiters macht der Beschwerdeführer geltend, dass als Berufungsbehörde eine gerichtsähnliche Instanz einzuschreiten gehabt hätte. Es sei nicht einsichtig und stelle eine unsachliche Diskriminierung dar, dass der Beschwerdeführer anders als andere Berufungswerber keinen Anspruch auf eine Entscheidung durch eine gerichtsähnliche Instanz habe.

2. Der Umstand, dass die Behörde in der Begründung ihres Bescheides darauf hinweist, dass die Identität des Beschwerdeführers auf Grund fehlender Dokumente nicht nachgewiesen sei, ändert nichts daran, dass Adressat dieses Bescheides der im Spruch eindeutig mit Namen und Geburtsdatum bezeichnete Beschwerdeführer ist.

Unter diesem Namen hat der Beschwerdeführer den Bescheid zugestellt erhalten und die gegenständliche Beschwerde eingebracht. Er bringt nicht konkret vor, dass er in Wahrheit einen anderen Namen trage und sich der Bescheid somit nicht gegen ihn richte.

Dem der Sache nach die Gleichheitswidrigkeit und damit Verfassungswidrigkeit von § 9 FPG, wonach Berufungsbehörde im Fall von EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen der unabhängige Verwaltungssenat, in allen anderen Fällen die Sicherheitsdirektion ist, geltend machenden Beschwerdevorbringen, ist zu entgegnen, dass es sich bei dieser Bestimmung um eine Verfassungsbestimmung handelt.

3. Die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 62 Abs. 2 iVm § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt, die in § 62 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt und das Aufenthaltsverbot im Grund des § 66 Abs. 1 und Abs. 2 leg. cit. zulässig sei, begegnet aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Bescheides keinen Bedenken.

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 15. Mai 2007

Schlagworte

Bescheidcharakter Bescheidbegriff Inhaltliche Erfordernisse Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Inhalt des Spruches Anführung des Bescheidadressaten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007180194.X00

Im RIS seit

20.06.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten