TE OGH 2003/11/10 7Ob260/03s

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Veröffentlicht am 10.11.2003
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Stefanie und Daniela P*****, über den Revisionsrekurs des Magistrats der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie-Rechtsfürsorge, Bezirk 10, 1100 Wien, Van der Nüll-Gasse 20, als Vertreter der Minderjährigen in Unterhaltsangelegenheiten, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 11. August 2003, GZ 43 R 549/03h-56, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Favoriten vom 25. Juni 2003, GZ 14 P 207/01a-50, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Karl Heinz P***** wurde als Vater der minderjährigen Zwillinge Stefanie und Daniela, die im Haushalt der Mutter Jacqueline R***** betreut werden, mit Beschluss des Pflegschaftsgerichtes vom 2. 1. 2002 verpflichtet, ab 1. 12. 2000 für jedes der beiden Kinder monatlich EUR 304,-- an Unterhalt zu zahlen.

Am 24. 4. 2002 wurde über das Vermögen des Vaters (der ein Gastlokal betrieb) der Konkurs eröffnet. Am 8. 5. 2003 bot der Vater seinen Gläubigern einen Zwangsausgleich mit einer Quote von 20 % an (5 % Barquote zahlbar binnen 14 Tagen nach rechtskräftiger Bestätigung des Zwangsausgleichs, je 7,5 % bis 15. 9. 2003 bzw 15. 9. 2004). Der Zwangsausgleich wurde am 17. 9. 2002 angenommen und am 25. 11. 2002 bestätigt, worauf das Konkursverfahren rechtskräftig aufgehoben wurde. Im Jahr 1999 hatte der Vater, der auch noch für seinen am 15. 12. 1991 geborenen Sohn Michael P***** sorgepflichtig ist, ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von EUR 1.229,31 erzielt. Während des Konkursverfahrens war er weiterhin im Rahmen seines fortgeführten Unternehmens selbständig tätig und hatte (vom Masseverwalter) keinerlei Zahlungen für die Bestreitung seines Lebensunterhaltes erhalten, sondern war von seiner Lebensgefährtin und Freunden unterstützt worden.

Unter Hinweis auf die Konkurseröffnung und seine Einkommenslosigkeit (weil sein gesamtes Einkommen zur Realisierung des - bei einer Schuldenlast von mehr als EUR 1,3 Mio von ihm unbedingt anzustrebenden - Zwangsausgleiches verwendet würde) beantragte der Vater, seine Unterhaltsverpflichtung ab Konkurseröffnung auf EUR 40,-- je Kind zu verringern.

Das Erstgericht setzte daraufhin den vom Vater zu leistenden monatlichen Unterhaltsbetrag ab 24. 2. 2002 auf EUR 160,-- pro Kind herab; das Herabsetzungsmehrbegehren wies es ab. Dem Vater bleibe es unbenommen, weiter als Selbständiger tätig zu sein. Ihm könne dabei aber weiterhin ein Einkommen in Höhe des im Jahr 1999 erzielten zugemutet werden. Bei Berücksichtigung eines solchen fiktiven Einkommens errechne sich die Unterhaltsverpflichtung unter Bedachtnahme auf die den Sorgepflichtigen entsprechende Prozentkomponente von 13 % je Kind in der nunmehr festgesetzten Höhe.

Das Rekursgericht gab dem vom Unterhaltssachwalter namens der Kinder gegen die erstinstanzliche Entscheidung erhobenen Rekurs (nur) insoweit Folge, als es die - über den Antrag des Vaters zeitlich hinausgehende - Unterhaltsherabsetzung für den Zeitraum 24. 2. 2002 bis 30. 4. 2002 abwies; im Übrigen, also hinsichtlich der Herabsetzung der Unterhaltspflicht des Vaters von monatlich EUR 304,-- auf EUR 160,-- je Kind ab 1. 5. 2002 wurde der Beschluss des Erstgerichtes bestätigt. Dieses habe seiner Entscheidung ohnehin das vom Vater vor der Konkurseröffnung bezogene Einkommen zugrundegelegt. Darüberhinaus sei aber auch zu beachten, dass in oberstgerichtlichen Entscheidungen von der ursprünglichen Rechtsprechung, die Unterhaltsbemessungsgrundlage bleibe durch die Konkurseröffnung unberührt, in der letzten Zeit abgegangen worden sei. Es werde nach dieser Judikaturlinie die Ansicht vertreten, dass im Allgemeinen schon durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Unterhaltspflichtigen begründete Bedenken dahin bestünden, dass ein titelmäßig festgestellte Leistungspflicht von der materiellen Rechtslage abweiche, weil der Gemeinschuldner nach der Konkurseröffnung für sich und jene Personen, die ihm gegenüber einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch haben, nur mehr Anspruch auf Überlassung der für eine bescheidene Lebensführung erforderlichen Mittel habe. Darüber hinaus sei aufzugreifen, dass im vorliegenden Fall dem Vater während seines Konkurses der allgemeine Arbeitsmarkt nicht offen gestanden sei, weil seine Arbeitskraft im eigenen Unternehmen gebunden gewesen sei, weshalb er nicht - wie sonst im Regelfall - für diesen Zeitraum auf "das mittlere Einkommen von Arbeitern" verwiesen werden könne. Unter Bedachtnahme auf diese Erwägungen könne die vom Erstgericht herangezogene Unterhaltsbemessungsgrundlage (das zuletzt im Jahr 1999 erzielte Durchschnittsnettoeinkommen) nunmehr keine Erhöhung erfahren. Ausgehend von dem vom Erstgericht herangezogenen Durchschnittsnettoeinkommen sei die ab 1. 5. 2002 herabgesetzte Unterhaltszahlungsverpflichtung des Vaters unter Bedachtnahme auf dessen sämtliche gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen angemessen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine einheitliche höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage des Einflusses der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Unterhaltspflichtigen sowie auch der Folgen des Zwangsausgleiches auf die heranzuziehende Unterhaltsbemessungsgrundlage fehle.

Gegen die Entscheidung der zweiten Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der durch den Unterhaltssachwalter vertretenen Kinder, die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend machen und beantragen, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, den Unterhaltsherabsetzungsantrag des Vaters zur Gänze abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichtes, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 16 Abs 3 AußStrG), ist der Revisionsrekurs unzulässig. Auch in Unterhaltssachen ist nämlich die Anrufung des Obersten Gerichtshofes vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage abhängig (EFSlg 73.538; 1 Ob 2349/96i; 7 Ob 205/03b uva; Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung Rz 3 mwN). Eine erhebliche Rechtsfrage ist im vorliegenden Fall aber nicht zu beantworten:Entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichtes, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (Paragraph 16, Absatz 3, AußStrG), ist der Revisionsrekurs unzulässig. Auch in Unterhaltssachen ist nämlich die Anrufung des Obersten Gerichtshofes vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage abhängig (EFSlg 73.538; 1 Ob 2349/96i; 7 Ob 205/03b uva; Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung Rz 3 mwN). Eine erhebliche Rechtsfrage ist im vorliegenden Fall aber nicht zu beantworten:

Das Rekursgericht hat selbst zutreffend darauf hingewiesen, dass die ursprüngliche Rechtsprechung, die Unterhaltsbemessungsgrundlage bleibe durch eine Konkurseröffnung unberührt, in der letzten Zeit geändert wurde. Im Allgemeinen entstehen schon durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Unterhaltspflichtigen begründete Bedenken einer relevanten Änderung der Rechtslage, da doch der Gemeinschuldner nach Konkurseröffnung für sich und jene Personen, die ihm gegenüber einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch haben, nur mehr Anspruch auf Überlassung der für eine bescheidene Lebensführung erforderlichen Mittel hat (ÖA 2000, 142; ZIK 2002, 57; 1 Ob 38/02y; 1 Ob 242/02y; 2 Ob 160/02x; 2 Ob 90/03d; vgl RIS-Justiz RS0115702). Soweit die Arbeitskraft eines Unternehmers, über dessen Vermögen der Konkurs eröffnet wurde, nicht mehr notwendigerweise im Unternehmen gebunden ist, steht einem solchen Gemeinschuldner allerdings - wie jedem anderen - der allgemeine Arbeitsmarkt offen (RIS-Justiz RS0115704). Ist dies aber nicht der Fall, weil seine Arbeitskraft - wie dies das Rekursgericht hier hinsichtlich des Vaters angenommen hat - im (eigenen) Unternehmen gebunden ist, kann er dann nicht - wie sonst im Regelfall - auf "das mittlere Einkommen von Arbeitern" (ZIK 2002, 57) verwiesen werden (1 Ob 142/02y).Das Rekursgericht hat selbst zutreffend darauf hingewiesen, dass die ursprüngliche Rechtsprechung, die Unterhaltsbemessungsgrundlage bleibe durch eine Konkurseröffnung unberührt, in der letzten Zeit geändert wurde. Im Allgemeinen entstehen schon durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Unterhaltspflichtigen begründete Bedenken einer relevanten Änderung der Rechtslage, da doch der Gemeinschuldner nach Konkurseröffnung für sich und jene Personen, die ihm gegenüber einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch haben, nur mehr Anspruch auf Überlassung der für eine bescheidene Lebensführung erforderlichen Mittel hat (ÖA 2000, 142; ZIK 2002, 57; 1 Ob 38/02y; 1 Ob 242/02y; 2 Ob 160/02x; 2 Ob 90/03d; vergleiche RIS-Justiz RS0115702). Soweit die Arbeitskraft eines Unternehmers, über dessen Vermögen der Konkurs eröffnet wurde, nicht mehr notwendigerweise im Unternehmen gebunden ist, steht einem solchen Gemeinschuldner allerdings - wie jedem anderen - der allgemeine Arbeitsmarkt offen (RIS-Justiz RS0115704). Ist dies aber nicht der Fall, weil seine Arbeitskraft - wie dies das Rekursgericht hier hinsichtlich des Vaters angenommen hat - im (eigenen) Unternehmen gebunden ist, kann er dann nicht - wie sonst im Regelfall - auf "das mittlere Einkommen von Arbeitern" (ZIK 2002, 57) verwiesen werden (1 Ob 142/02y).

Selbst wenn man diese ohnehin schon vom Rekursgericht richtig dargestellte, modifizierte, neuere Judikaturlinie noch nicht als gesichert ansehen wollte, stellt sich im vorliegenden Fall keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 14 Abs 1 AußStrG. Die angefochtene Unterhaltsherabsetzung auf EUR 160,-- je Kind steht nämlich im Hinblick darauf, dass ja das vom Vater vor Konkurseröffnung erzielte Nettoeinkommen im Wege der Anspannung als Unterhaltsbemessungsgrundlage herangezogen wurde, ohnehin auch mit der "ursprünglichen Judikatur" (vgl noch 1 Ob 139/02z; 7 Ob 69/02a und 3 Ob 201/02h, wonach die Unterhaltsbemessungsgrundlage durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Geldunterhaltsschuldners jedenfalls dann keine Änderung erfahre, wenn der Unterhaltspflichtige weiterhin über Einkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit verfüge und daher selbst für die Zeit nach Konkurseröffnung im Allgemeinen von einer unveränderten Bemessungsgrundlage auszugehen sei) im Einklang. Damit muss auch der Einwand der Revisionsrekurswerber, der Unterhaltsschuldner habe seine geringere Leistungsfähigkeit konkret zu behaupten und zu beweisen; der bloße Hinweis auf die Konkurseröffnung und die ganz allgemein behauptete Verringerung der Leistungsfähigkeit durch die Konkurseröffnung bewirke nicht, dass die materielle Unrichtigkeit des bestehenden Titels als erwiesen anzusehen sei, ins Leere gehen. Dass der Vater, der die Entscheidung des Rekursgerichtes selbst nicht angefochten hat, nun nach Beendigung des Konkursverfahrens ein höheres Einkommen erzielte oder erzielen könnte, als zuvor, haben die Revisionsrekurswerber nicht einmal behauptet.Selbst wenn man diese ohnehin schon vom Rekursgericht richtig dargestellte, modifizierte, neuere Judikaturlinie noch nicht als gesichert ansehen wollte, stellt sich im vorliegenden Fall keine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG. Die angefochtene Unterhaltsherabsetzung auf EUR 160,-- je Kind steht nämlich im Hinblick darauf, dass ja das vom Vater vor Konkurseröffnung erzielte Nettoeinkommen im Wege der Anspannung als Unterhaltsbemessungsgrundlage herangezogen wurde, ohnehin auch mit der "ursprünglichen Judikatur" vergleiche noch 1 Ob 139/02z; 7 Ob 69/02a und 3 Ob 201/02h, wonach die Unterhaltsbemessungsgrundlage durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Geldunterhaltsschuldners jedenfalls dann keine Änderung erfahre, wenn der Unterhaltspflichtige weiterhin über Einkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit verfüge und daher selbst für die Zeit nach Konkurseröffnung im Allgemeinen von einer unveränderten Bemessungsgrundlage auszugehen sei) im Einklang. Damit muss auch der Einwand der Revisionsrekurswerber, der Unterhaltsschuldner habe seine geringere Leistungsfähigkeit konkret zu behaupten und zu beweisen; der bloße Hinweis auf die Konkurseröffnung und die ganz allgemein behauptete Verringerung der Leistungsfähigkeit durch die Konkurseröffnung bewirke nicht, dass die materielle Unrichtigkeit des bestehenden Titels als erwiesen anzusehen sei, ins Leere gehen. Dass der Vater, der die Entscheidung des Rekursgerichtes selbst nicht angefochten hat, nun nach Beendigung des Konkursverfahrens ein höheres Einkommen erzielte oder erzielen könnte, als zuvor, haben die Revisionsrekurswerber nicht einmal behauptet.

Da auch sonst von ihnen eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 14 AußStrG weder aufgezeigt, noch - was genügen würde (7 Ob 205/03b mwN ua) - auch nur aufgeworfen wird, war das Rechtsmittel mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen. Dabei konnten sich die Rechtsausführungen des Obersten Gerichtshofes gemäß § 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO auf die Darstellung der Zurückweisungsgründe beschränken.Da auch sonst von ihnen eine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 14, AußStrG weder aufgezeigt, noch - was genügen würde (7 Ob 205/03b mwN ua) - auch nur aufgeworfen wird, war das Rechtsmittel mangels Vorliegens der Voraussetzungen des Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG zurückzuweisen. Dabei konnten sich die Rechtsausführungen des Obersten Gerichtshofes gemäß Paragraph 16, Absatz 4, AußStrG in Verbindung mit Paragraph 510, Absatz 3, letzter Satz ZPO auf die Darstellung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Textnummer

E71382

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0070OB00260.03S.1110.000

Im RIS seit

10.12.2003

Zuletzt aktualisiert am

13.11.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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