TE OGH 2003/11/10 7Ra161/03b

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Veröffentlicht am 10.11.2003
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Das Oberlandesgericht Wien in Arbeits- und Sozialrechtssachen hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr.Hellwagner (Vorsitzender) und die Richter des Oberlandesgerichtes DDr.Huberger und Dr.Sonntag (Senat gemäß § 11a Abs. 2 ASGG) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei *****, Arbeiter, *****, vertreten durch Dr.Georg Grießer, Dr.Roland Gerlach, Dr.Sieglinde Gahleitner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei *****, *****, *****, vertreten durch Dr.Erich Kafka u.a., Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 2.280,95 brutto abzüglich EUR 363,36 netto s.A., infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 2.9.2003, 2 Cga 210/00s-6, in nichtöffentlicher Sitzung den BeschlussDas Oberlandesgericht Wien in Arbeits- und Sozialrechtssachen hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr.Hellwagner (Vorsitzender) und die Richter des Oberlandesgerichtes DDr.Huberger und Dr.Sonntag (Senat gemäß Paragraph 11 a, Absatz 2, ASGG) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei *****, Arbeiter, *****, vertreten durch Dr.Georg Grießer, Dr.Roland Gerlach, Dr.Sieglinde Gahleitner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei *****, *****, *****, vertreten durch Dr.Erich Kafka u.a., Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 2.280,95 brutto abzüglich EUR 363,36 netto s.A., infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 2.9.2003, 2 Cga 210/00s-6, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss wird ersatzlos behoben und dem Erstgericht die Behandlung des Antrages der beklagten Partei vom 11.8.2003 ON 5 unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung:

Mit der am 23.8.2000 eingebrachten Mahnklage begehrte der Kläger EUR 2.280,95 brutto abzüglich EUR 363,36 netto von der beklagten Partei. Der vom Erstgericht am 24.8.2000 antragsgemäß erlassene Zahlungsbefehl wurde der beklagten Partei durch Hinterlegung am 1.9.2000 an der Nachsendeadresse *****, ***** zugestellt. Gegen diesen Zahlungsbefehl wurde zunächst kein Einspruch erhoben. Am 3.7.2003 beantragte die beklagte Partei unter Hinweis auf einen Auslandsaufenthalt des Geschäftsführers der beklagten Partei im Zeitraum Juli bis September 2002 die Aufhebung der Rechtskraft- und Vollstreckbarkeitsbestätigung des Zahlungsbefehles gemäß § 7 Abs. 3 EO und erhob unter einem Einspruch gegen den Zahlungsbefehl. Mit rechtskräftigem Beschluss vom 7.7.2003 wies das Erstgericht diesen Antrag ab und den Einspruch als verspätet zurück und begründete diesen Beschluss damit, dass die Hinterlegung bereits im August 2000 stattgefunden habe, sodass einem Auslandsaufenthalt des Geschäftsführers im Jahr 2002 keine Bedeutung zukomme. Mit Schriftsatz vom 11.8.2003 ON 5 beantragte die beklagte Partei abermals die Aufhebung der Rechtskraft- und Vollstreckbarkeitsbestätigung des Zahlungsbefehles, die Aufhebung des nichtigen Verfahrens und korrekte Zustellung des Zahlungsbefehles an die Beklagtenvertreter und erhob Einspruch. Vorgebracht wurde, dass der Geschäftsführer der beklagten Partei sich im Zeitraum Juli bis September 2000 im Ausland aufgehalten habe.Mit der am 23.8.2000 eingebrachten Mahnklage begehrte der Kläger EUR 2.280,95 brutto abzüglich EUR 363,36 netto von der beklagten Partei. Der vom Erstgericht am 24.8.2000 antragsgemäß erlassene Zahlungsbefehl wurde der beklagten Partei durch Hinterlegung am 1.9.2000 an der Nachsendeadresse *****, ***** zugestellt. Gegen diesen Zahlungsbefehl wurde zunächst kein Einspruch erhoben. Am 3.7.2003 beantragte die beklagte Partei unter Hinweis auf einen Auslandsaufenthalt des Geschäftsführers der beklagten Partei im Zeitraum Juli bis September 2002 die Aufhebung der Rechtskraft- und Vollstreckbarkeitsbestätigung des Zahlungsbefehles gemäß Paragraph 7, Absatz 3, EO und erhob unter einem Einspruch gegen den Zahlungsbefehl. Mit rechtskräftigem Beschluss vom 7.7.2003 wies das Erstgericht diesen Antrag ab und den Einspruch als verspätet zurück und begründete diesen Beschluss damit, dass die Hinterlegung bereits im August 2000 stattgefunden habe, sodass einem Auslandsaufenthalt des Geschäftsführers im Jahr 2002 keine Bedeutung zukomme. Mit Schriftsatz vom 11.8.2003 ON 5 beantragte die beklagte Partei abermals die Aufhebung der Rechtskraft- und Vollstreckbarkeitsbestätigung des Zahlungsbefehles, die Aufhebung des nichtigen Verfahrens und korrekte Zustellung des Zahlungsbefehles an die Beklagtenvertreter und erhob Einspruch. Vorgebracht wurde, dass der Geschäftsführer der beklagten Partei sich im Zeitraum Juli bis September 2000 im Ausland aufgehalten habe.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht diesen Antrag wegen rechtskräftig entschiedener Sache zurückgewiesen, weil über den identen Antrag mit Beschluss vom 7.7.2003 bereits rechtskräftig entschieden worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Zurückweisungsbeschluss richtet sich der Rekurs der beklagten Partei aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos aufzuheben, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Rekurs ist berechtigt.

In ihren Rekursausführungen weist die beklagte Partei darauf hin, dass die Begründung des Antrages vom 11.8.2003 ON 5 von dem bereits rechtskräftig zurückgewiesenen Antrag vom 3.7.2003 insofern abweiche, als nunmehr eine Ortsabwesenheit des Geschäftsführers der beklagten Partei im Jahr 2000 behauptet worden sei.

Diesen Ausführungen ist beizupflichten.

Beschlüsse, die über Rechtsschutzbegehren erkennen, erwachsen in formelle und materielle Rechtskraft und sind bezüglich der materiellen Rechtskraftwirkung gleich zu behandeln wie Urteile. Zu diesen Beschlüssen gehören Zahlungsaufträge, gerichtliche Kündigungen, Übergabs- und Übernahmsaufträge sowie einstweilige Verfügungen, aber auch alle anderen prozessbeendenden Beschlüsse (Fasching III, 823). Daher sind auch Beschlüsse, mit denen eine Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges oder wegen des Mangels der inländischen Gerichtsbarkeit zurückgewiesen wird, der materiellen Rechtskraft fähig (Fasching III, 697).Beschlüsse, die über Rechtsschutzbegehren erkennen, erwachsen in formelle und materielle Rechtskraft und sind bezüglich der materiellen Rechtskraftwirkung gleich zu behandeln wie Urteile. Zu diesen Beschlüssen gehören Zahlungsaufträge, gerichtliche Kündigungen, Übergabs- und Übernahmsaufträge sowie einstweilige Verfügungen, aber auch alle anderen prozessbeendenden Beschlüsse (Fasching römisch III, 823). Daher sind auch Beschlüsse, mit denen eine Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges oder wegen des Mangels der inländischen Gerichtsbarkeit zurückgewiesen wird, der materiellen Rechtskraft fähig (Fasching römisch III, 697).

Dabei gilt für zurückweisende und abweisende Beschlüsse das selbe wie für klagsabweisende Urteile: Sie erwachsen nur in Ansehung des maßgeblichen Zurückweisungsgrundes in Rechtskraft (Fasching, Lehrbuch, Rz 1599).

Hingegen erwachsen Beschlüsse nicht prozessleitender Natur, die nicht über Rechtsschutzbegehren erkennen, in formelle Rechtskraft und binden innerhalb des Rechtsstreites Gericht und Parteien; eine materielle Rechtskraftwirkung außerhalb des Rechtsstreites vermögen sie nicht zu äußern (Fasching III, 823).Hingegen erwachsen Beschlüsse nicht prozessleitender Natur, die nicht über Rechtsschutzbegehren erkennen, in formelle Rechtskraft und binden innerhalb des Rechtsstreites Gericht und Parteien; eine materielle Rechtskraftwirkung außerhalb des Rechtsstreites vermögen sie nicht zu äußern (Fasching römisch III, 823).

Im vorliegenden Fall handelt es sich bei dem Beschluss vom 7.7.2003 ON 4 nicht um einen prozessbeendenden Beschluss, sondern um einen Beschluss nicht prozessleitender Natur, der nicht über ein Rechtsschutzbegehren erkannt hat. Er war damit zwar der formellen Rechtskraft, nicht aber der materiellen Rechtskraft fähig. Dieser Beschluss bindet innerhalb des vorliegenden Rechtsstreites Gericht und Parteien.

Nach der Rechtsprechung kann jedoch selbst bei der materiellen Rechtskraft fähigen Beschlüssen ein neuer Antrag bei geänderter Sachlage eingebracht werden (SZ 9/113). Eine Tatbestandsänderung kann in einer geänderten Antragsbegründung liegen (RZ 1933, 196). Im vorliegenden Fall hat die beklagte Partei im Antrag ON 5 einen anderen Sachverhalt behauptet als im ursprünglichen Antrag ON 3, sodass die formelle Rechtskraft des Beschlusses vom 7.7.2003 ON 4 einer meritorischen Erledigung des Antrages vom 11.8.2003 ON 5 nicht entgegensteht.

Dem Rekurs war daher Folge zu geben, der angefochtene Beschluss ersatzlos zu beheben und dem Erstgericht die inhaltliche Behandlung des Antrages ON 5 aufzutragen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf die §§ 2 ASGG, 52 ZPO. Das Verfahren über die Bestätigung der Vollstreckbarkeit wie auch über die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung ist kein Teil des Exekutionsverfahrens, sondern ein an das Titelverfahren anschließendes Verfahren. Es ist ein vom Ausgang des Titelverfahrens unabhängiges und selbständiges Verfahren, wenn sich auch die Rechtsmittelfristen nach dem Titelverfahren richten. In diesem Verfahren hat zunächst jede Partei ihre Kosten selbst zu tragen. Diesen Grundsatz hat der OGH in SZ 17/29 nur insoweit eingeschränkt, als Kostenersatzpflicht dann entsteht, wenn über die Erteilung oder Aufhebung der Vollstreckbarkeit ein Zwischenstreit entsteht. Ein Zwischenstreit liegt aber ganz allgemein immer dann vor, wenn eine Partei durch ihr Vorgehen (Antrag, Rekurs, widersprechende Stellungnahme usw.) eine Maßnahme des Gerichtes (insbesondere eine Bewilligung oder Abweisung) begehrt, die in die Rechte des anderen eingreifen würde, und der Gegner dies bekämpft. So lange also nur eine der Parteien an diesem Verfahren beteiligt ist, liegt ein Zwischenverfahren im vorgenannten Sinn nicht vor. In einem solchen Fall hat sie ihre Kosten selbst zu tragen (MietSlg. 37.812). Der Kläger war am vorliegenden Verfahren gemäß § 7 Abs. 3 EO nicht beteiligt, sodass ein Zwischenstreit nicht vorliegt. Der Revisionsrekurs war gemäß den §§ 2 ASGG, 528 Abs. 1 ZPO nicht zuzulassen, zumal eine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung nicht vorliegt und das Rekursgericht nicht von der einschlägigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist.Der Kostenvorbehalt gründet sich auf die Paragraphen 2, ASGG, 52 ZPO. Das Verfahren über die Bestätigung der Vollstreckbarkeit wie auch über die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung ist kein Teil des Exekutionsverfahrens, sondern ein an das Titelverfahren anschließendes Verfahren. Es ist ein vom Ausgang des Titelverfahrens unabhängiges und selbständiges Verfahren, wenn sich auch die Rechtsmittelfristen nach dem Titelverfahren richten. In diesem Verfahren hat zunächst jede Partei ihre Kosten selbst zu tragen. Diesen Grundsatz hat der OGH in SZ 17/29 nur insoweit eingeschränkt, als Kostenersatzpflicht dann entsteht, wenn über die Erteilung oder Aufhebung der Vollstreckbarkeit ein Zwischenstreit entsteht. Ein Zwischenstreit liegt aber ganz allgemein immer dann vor, wenn eine Partei durch ihr Vorgehen (Antrag, Rekurs, widersprechende Stellungnahme usw.) eine Maßnahme des Gerichtes (insbesondere eine Bewilligung oder Abweisung) begehrt, die in die Rechte des anderen eingreifen würde, und der Gegner dies bekämpft. So lange also nur eine der Parteien an diesem Verfahren beteiligt ist, liegt ein Zwischenverfahren im vorgenannten Sinn nicht vor. In einem solchen Fall hat sie ihre Kosten selbst zu tragen (MietSlg. 37.812). Der Kläger war am vorliegenden Verfahren gemäß Paragraph 7, Absatz 3, EO nicht beteiligt, sodass ein Zwischenstreit nicht vorliegt. Der Revisionsrekurs war gemäß den Paragraphen 2, ASGG, 528 Absatz eins, ZPO nicht zuzulassen, zumal eine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung nicht vorliegt und das Rekursgericht nicht von der einschlägigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist.

Oberlandesgericht Wien

1016 Wien, Schmerlingplatz 11

Anmerkung

EW00471 7Ra161.03b

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0009:2003:0070RA00161.03B.1110.000

Dokumentnummer

JJT_20031110_OLG0009_0070RA00161_03B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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