Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revsionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky und Robert Hauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach dem am 26. Dezember 2002 verstorbenen Hofrat iR Dr. Alfred J*****, zuletzt wohnhaft ***** vertreten durch die Verlassenschaftskuratorin Mag. Andrea J*****, diese vertreten durch Dr. Christian Függer, Rechtsanwalt in St. Pölten als Verfahrenshelfer, wegen EUR 90.841,04 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Dezember 2002, GZ 7 Ra 315/02y-44, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 15. März 2002, GZ 33 Cga 58/00i-38, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.902,42 bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten EUR 317,07 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Der im Zuge des Verfahrens verstorbene Hofrat Dr. Alfred J***** war von Februar 1989 bis zu seiner Pensionierung Ende des Jahres 1995 Leiter des Finanzamtes S*****. Seine Bruttopension betrug im Oktober 2000 S 67.599. Neben den gesetzlichen Abzügen erfolgten Sonderabzüge zur Bedienung aushaftender Kreditkonten, sodass im Oktober 2000 ein Auszahlungsbetrag von knapp 20.000 S (EUR 1.430) verblieb. Die Ehegattin des ursprünglich Beklagten bezieht keine Eigenpension.
Zwischen 9. 6. und 24. 6. 1992 musste sich der ursprünglich Beklagte infolge eines Dickdarmkarzinoms einer Sigmaresektion sowie einer Cholezystektomie unterziehen. Danach folgten 6 Zyklen Chemotherapie, die am 26. 11. 1992 endeten. Auf Grund eines im Februar 1993 auftretenden Verdachtes auf einen weiteren kanzerogenen Vorgang wurde schließlich zwischen 25. 7. und 7. 8. 1993 eine Prostataektomie durchgeführt. Am 14. 5. 1994 erlitt der ursprünglich Beklagte einen schweren Hörsturz. Im Mai 1997 wurde ein Angiom im Bereich Kleinhirn-Brückenwinkel und schließlich Ende März 1998 ein Rezidiv des Prostatakarzinoms festgestellt. Es erfolgte eine neuerliche Bestrahlungstherapie ab 27. 4. 1998 bis Mai 1998.
Der ursprünglich Beklagte legte infolge seiner Situation (Bedrohung durch den Tod) plötzlich eine "Großzügigkeit" an den Tag, die aus seiner - neuen - subjektiven Sicht völlig richtig war, zumal das Bewusstsein über die Tragweite von Entscheidungen jedenfalls durch eine Diagnose, wie sie bei ihm gestellt wurde, beeinflusst bzw beeinträchtigt wird.
Am 1. 4. 1993 wurde aufgrund einer Weisung des ursprünglich Beklagten in Ansehung der Franz S***** GmbH & Co KG ein Gesamtabgabenbetrag an Gewerbesteuer in Höhe von S 426.977 gelöscht. Diese Löschungsverfügung erfolgte im Hinblick darauf, dass hinsichtlich derselben Abgabenschuldnerin etwa zwei Jahre zuvor mit Zustimmung des Bundesministeriums für Finanzen ein Umsatzsteuerrückstand in Höhe von etwa 3,5 Mio S gelöscht wurde. Überdies vertrat der ursprünglich Beklagte die Rechtsmeinung, dass es sich bei jener Steuerverbindlichkeit um einen sogenannten steuerfreien Sanierungsgewinn gehandelt habe.
Ebenfalls am 1. 4. 1993 erfolgte eine Löschung einer Einkommensteuerverbindlichkeit betreffend den Abgabenschuldner Bruno S***** für das Jahr 1990 in Höhe von S 617.454. Über Anordnung des ursprünglich Beklagten wurde am 1. 4. 1993 eine Einkommensteuerschuld der Berta S***** in Höhe von S 593.649 gelöscht. Beide Löschungen erfolgten deshalb, weil auch bei diesen beiden Abgabenschuldnern einige Jahre zuvor mit Zustimmung des Bundesministeriums für Finanzen eine bestehende Verbindlichkeit in Höhe von S 3,5 Mio gelöscht worden war, obwohl auch damals lastenfreies Liegenschaftsvermögen vorlag. Bei beiden dieser Löschungen ging der ursprünglich Beklagte von einer Einbringlichkeit der Steuerverbindlichkeiten aus.
Am 17. 3. 1994 ordnete der ursprünglich Beklagte die Löschung einer Einkommensteuerverbindlichkeit der Gertrude K***** in Höhe von S 2,442.177 an. Auch diese Abgabenverbindlichkeit wäre einbringlich gewesen, weil Gertrude K***** über Liegenschaftsvermögen verfügte und der ursprünglich Beklagte auch die Einbringung einer Anfechtungsklage der zugunsten der Tochter der Abgabenschuldnerin eingetragenen Belastungs- und Veräußerungsverbote erwog. Der Grund für die Löschung lag darin, dass der ursprünglich Beklagte eine Gesamtlösung anstrebte bzw nach Verhandlungen mit dem Masseverwalter den Abschluss des bereits lange Zeit anhängigen Konkursverfahrens (betreffend Gertrude K*****) als einzig vertretbare Entscheidung ansah.
Hinsichtlich der Abgabenschuldner Dipl.Vw. Bruno W***** und DI Herwig H***** verfügte der ursprünglich Beklagte am 18. 10. 1995 die Löschung von Abgabenschulden in Höhe von jeweils S 300.000, obwohl diese Steuerschulden einbringlich gewesen wären. Die Begründung für diese Löschungen liegt darin, dass beiden Steuerverbindlichkeiten ein insgesamt sieben Jahre dauerndes Rechtsmittelverfahren vorausgegangen war, wobei nach Auffassung des ursprünglich Beklagten überdies eine unrichtige mündliche Auskunft des Bundesministeriums für Finanzen erfolgt war, sodass es zur Rettung des seines Erachtens gefährdeten Ansehens der Finanzverwaltung notwendig war, die Löschungen zu verfügen.
Mit Bescheid vom 10. 7. 1995 sah der ursprünglich Beklagte eine Lohnsteuerschuld der A***** GmbH in Höhe von S 180.000 nach. Dieser Nachsicht lag die Überlegung zugrunde, dass sonst Arbeitsplätze verloren gehen würden und die "Schattenwirtschaft" zunehme. Überdies wollte der ursprünglich Beklagte durch diese Nachsicht divergierende Entscheidungen im Bereich von zwei benachbarten Finanzämtern verhindern, weil im Zuständigkeitsbereich eines anderen Finanzamtes ein wesentlich höherer Teil von Trennungsgeldern als steuerfrei anerkannt wurde.
Schließlich gewährte der ursprünglich Beklagte mit Bescheid vom 5. 4. 1995 der K***** GmbH eine Teilnachsicht über einen Betrag von S 40.000. Diese Nachsicht erfolgte deshalb, weil der usprünglich Beklagte im Hinblick auf die vielen fristgerecht abgegebenen Steuererklärungen ein einmaliges Versehen der Steuerschuldnerin für entschuldbar ansah und daher einen Verspätungszuschlag nachsah.
Der ursprünglich Beklagte wurde mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinaroberkommission beim BKA wegen der gegenüber W***** und H***** gewährten Löschungen und wegen der Nachsicht gegenüber der A***** GmbH und wegen der Teilnachsicht gegnüber der K***** GmbH zu einer Geldstrafe (S 20.000) verurteilt.Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom VwGH als unbegründet abgewiesen.
Die klagende Partei begehrt - unter Vorwegnahme des richterlichen Mäßigungsrechtes - mit ihrer am 31. 3. 2000 beim Erstgericht eingelangten Organhaftpflichtklage S 1,250.000 (EUR 90.841,04) sA als Ersatz für den vom ursprünglich Beklagten verursachten Gesamtschaden von S 4,900.257. Sämtliche der verfügten Löschungen seien rechtswidrig erfolgt. Sämtliche der gelöschten Abgabenschuldigkeiten seien einbringlich gewesen.
Der ursprünglich Beklagte wendete - neben der Verjährung - ein, dass er seit Mai 1992 bedingt durch schwere Krebserkrankungen in ständiger medizinischer Behandlung gestanden sei. Zum Zeitpunkt, als er nach den Behauptungen der klagenden Partei rechtswidrige und schuldhafte Verhaltensweisen gesetzt habe, habe er sich jedenfalls in einem derartigen körperlichen und geistigen Zustand befunden, dass ihm schuldhaftes Verhalten nicht zur Last gelegt werden könne. Überdies habe er in Entsprechung der gesetzlichen Vorschriften die ihm eingeräumten Befugnisse ordnungsgemäß ausgeübt. Soferne man überhaupt von einem schuldhaften und rechtswidrigen Verhalten ausgehen könne, liege eine entschuldbare Fehlleistung, höchstens jedoch ein minderer Grad des Versehens vor.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die besonderen Umstände des Einzelfalls hätten zur Beurteilung zu führen, dass den ursprünglich Beklagten kein Verschulden treffe.
Über Berufung der klagenden Partei bestätigte das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei; der Ausübung des Mäßigungsrechtes komme deshalb erhebliche Bedeutung zu, weil es zur Frage der Bindung an rechtskräftige Disziplinarerkenntnisse und der Beurteilung des Verschuldens eines Beamten keine unmittelbar verwertbare Judikatur gebe. Rechtlich vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, dass der ursprünglich Beklagte zwar entgegen der Meinung des Erstgerichtes schuldhaft gehandelt habe. Er habe immerhin bei seinen Verfügungen bezüglich der Löschungen und Nachsichtgewährungen bewusste Überlegungen angestellt. Unter dem Aspekt seiner lebensbedrohenden Krankheit und der ihn psychisch sehr belastenden Chemotherapie und der dadurch bewirkten Werteverschiebung sei er jedoch subjektiv von der Richtigkeit seiner Vorgangsweise überzeugt gewesen. Diese Umstände rechtfertigten die Beurteilung, dass kein schwererer Vorwurf als jener der leichten Fahrlässigkeit begründet sei. Ein Schuldausschließungsgrund liege zwar nicht schlechthin vor. Das Verhalten sei jedoch nahezu einer krankheitsbedingt entschuldbaren Fehlleistung gleichzusetzen. Im Rahmen dieses geringen Verschuldensgrades sei unter Anwendung von Billigkeitsgrundsätzen die Ersatzpflicht gemäß § 3 Abs 1 OrgHG zu verneinen. Die von der klagenden Partei erhobene Nichtigkeitsberufung verwarf das Berufungsgericht mit der Begründung, dass die Bindung der Gerichte an Bescheide der Verwaltungsbehörden nicht die auf einen bestimmten Sachverhalt gestützte Beurteilung der Rechtsfrage umfasse. Auch bei einem verurteilenden Disziplinarerkenntnis sei das Gericht in der Beurteilung der Verschuldensfrage zumindest im Sinne des § 2 OrgHG und der dort genannten Mäßigungskriterien nicht gebunden. Eine Verletzung der Bindungswirkung liege daher nicht vor.Über Berufung der klagenden Partei bestätigte das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei; der Ausübung des Mäßigungsrechtes komme deshalb erhebliche Bedeutung zu, weil es zur Frage der Bindung an rechtskräftige Disziplinarerkenntnisse und der Beurteilung des Verschuldens eines Beamten keine unmittelbar verwertbare Judikatur gebe. Rechtlich vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, dass der ursprünglich Beklagte zwar entgegen der Meinung des Erstgerichtes schuldhaft gehandelt habe. Er habe immerhin bei seinen Verfügungen bezüglich der Löschungen und Nachsichtgewährungen bewusste Überlegungen angestellt. Unter dem Aspekt seiner lebensbedrohenden Krankheit und der ihn psychisch sehr belastenden Chemotherapie und der dadurch bewirkten Werteverschiebung sei er jedoch subjektiv von der Richtigkeit seiner Vorgangsweise überzeugt gewesen. Diese Umstände rechtfertigten die Beurteilung, dass kein schwererer Vorwurf als jener der leichten Fahrlässigkeit begründet sei. Ein Schuldausschließungsgrund liege zwar nicht schlechthin vor. Das Verhalten sei jedoch nahezu einer krankheitsbedingt entschuldbaren Fehlleistung gleichzusetzen. Im Rahmen dieses geringen Verschuldensgrades sei unter Anwendung von Billigkeitsgrundsätzen die Ersatzpflicht gemäß Paragraph 3, Absatz eins, OrgHG zu verneinen. Die von der klagenden Partei erhobene Nichtigkeitsberufung verwarf das Berufungsgericht mit der Begründung, dass die Bindung der Gerichte an Bescheide der Verwaltungsbehörden nicht die auf einen bestimmten Sachverhalt gestützte Beurteilung der Rechtsfrage umfasse. Auch bei einem verurteilenden Disziplinarerkenntnis sei das Gericht in der Beurteilung der Verschuldensfrage zumindest im Sinne des Paragraph 2, OrgHG und der dort genannten Mäßigungskriterien nicht gebunden. Eine Verletzung der Bindungswirkung liege daher nicht vor.
Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der klagenden Partei ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruches des Berufungsgerichtes mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig:Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der klagenden Partei ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruches des Berufungsgerichtes mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht zulässig:
Rechtliche Beurteilung
Zur Bindung der Zivilgerichte an Bescheide der Verwaltungsbehörden (in concreto: verurteilendes Disziplinarerkenntnis bzw Abweisung der Beschwerde des ursprünglich Beklagten gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim BKA durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes) besteht gesicherte höchstgerichtliche Rechtsprechung, die diese von der klagenden Partei als erheblich bezeichnete Rechtsfrage - allerdings nicht im Sinne von deren Ausführungen - beantwortet: Wenngleich im vorliegenden Falle aus der Judikatur zu betrieblichen Disziplinarerkenntnissen nichts zu gewinnen ist, ist die Rechtsprechung zur (Nicht-)Bindung der Gerichte an Straferkenntnisse der Verwaltungsbehörden, welche zu § 268 ZPO erging (RIS-Justiz RS0040203) beachtenswert und nach wie vor anwendbar. Von der genannten Judikatur wurde die analoge Anwendung des § 268 ZPO auf verurteilende Straferkenntnisse der Verwaltungsbehörden einhellig abgelehnt; ein derartiger Bescheid wurde nicht als Beweismittel beurteilt. Auch die Bindung an ein Erkenntnis einer Disziplinarbehörde wurde ausdrücklich verneint (3 Ob 638/82 in RIS-Justiz RS0040203). Diese Rechtslage ist auch nach der Entscheidung des verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofes 1 Ob 612/95 = SZ 68/195 aktuell, weil in dieser Entscheidung die Bindungswirkung ausdrücklich auf strafgerichtliche Verurteilungen beschränkt wurde. Nach der neueren Rechtsprechung (SZ 67/64 uva) umfasst die Bindung der Gerichte an die Bescheide der Verwaltungsbehörde nicht die auf einen bestimmten Sachverhalt gestützte Beurteilung der Rechtsfrage. Eine Vorfragenentscheidung im Sinne des § 190 ZPO liegt nämlich nicht vor, wenn zwei verschiedene Entscheidungen über Rechte und Pflichten zu ergehen haben, die von verschiedenen Behörden nach verschiedenen Gesichtspunkten zu erlassen sind, etwa dergestalt, dass das Gericht die privatrechtliche Zulässigkeit bestimmter Vorhaben zu beurteilen hat, über die von der Verwaltungsbehörde nach den Verwaltungsvorschriften nur vom öffentlich-rechtlichen Standpunkt aus zu entscheiden war (5 Ob 17/99g mwN). Die Bindung der Gerichte an Bescheide der Verwaltungsbehörde umfasst nicht deren rechtliche Beurteilung, mag sie auch auf identer Sachverhaltsgrundlage beruhen (5 Ob 17/99g; 9 ObA 287/00x uva). Die Frage eines für die Zuerkennung von Schadenersatz erforderlichen Verschuldens ist daher eigenständig vom Gericht zu prüfen. Damit kann aber in der Nichtberücksichtigung des gegen den ursprünglich Beklagten ergangenen Disziplinarerkenntnisses bzw in der Nichtberücksichtigung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes über die eingebrachte Verwaltungsgerichtshofbeschwerde weder eine Nichtigkeit noch eine unrichtige rechtliche Beurteilung liegen (vgl dazu zuletzt 9 ObA 80/03k).Zur Bindung der Zivilgerichte an Bescheide der Verwaltungsbehörden (in concreto: verurteilendes Disziplinarerkenntnis bzw Abweisung der Beschwerde des ursprünglich Beklagten gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim BKA durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes) besteht gesicherte höchstgerichtliche Rechtsprechung, die diese von der klagenden Partei als erheblich bezeichnete Rechtsfrage - allerdings nicht im Sinne von deren Ausführungen - beantwortet: Wenngleich im vorliegenden Falle aus der Judikatur zu betrieblichen Disziplinarerkenntnissen nichts zu gewinnen ist, ist die Rechtsprechung zur (Nicht-)Bindung der Gerichte an Straferkenntnisse der Verwaltungsbehörden, welche zu Paragraph 268, ZPO erging (RIS-Justiz RS0040203) beachtenswert und nach wie vor anwendbar. Von der genannten Judikatur wurde die analoge Anwendung des Paragraph 268, ZPO auf verurteilende Straferkenntnisse der Verwaltungsbehörden einhellig abgelehnt; ein derartiger Bescheid wurde nicht als Beweismittel beurteilt. Auch die Bindung an ein Erkenntnis einer Disziplinarbehörde wurde ausdrücklich verneint (3 Ob 638/82 in RIS-Justiz RS0040203). Diese Rechtslage ist auch nach der Entscheidung des verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofes 1 Ob 612/95 = SZ 68/195 aktuell, weil in dieser Entscheidung die Bindungswirkung ausdrücklich auf strafgerichtliche Verurteilungen beschränkt wurde. Nach der neueren Rechtsprechung (SZ 67/64 uva) umfasst die Bindung der Gerichte an die Bescheide der Verwaltungsbehörde nicht die auf einen bestimmten Sachverhalt gestützte Beurteilung der Rechtsfrage. Eine Vorfragenentscheidung im Sinne des Paragraph 190, ZPO liegt nämlich nicht vor, wenn zwei verschiedene Entscheidungen über Rechte und Pflichten zu ergehen haben, die von verschiedenen Behörden nach verschiedenen Gesichtspunkten zu erlassen sind, etwa dergestalt, dass das Gericht die privatrechtliche Zulässigkeit bestimmter Vorhaben zu beurteilen hat, über die von der Verwaltungsbehörde nach den Verwaltungsvorschriften nur vom öffentlich-rechtlichen Standpunkt aus zu entscheiden war (5 Ob 17/99g mwN). Die Bindung der Gerichte an Bescheide der Verwaltungsbehörde umfasst nicht deren rechtliche Beurteilung, mag sie auch auf identer Sachverhaltsgrundlage beruhen (5 Ob 17/99g; 9 ObA 287/00x uva). Die Frage eines für die Zuerkennung von Schadenersatz erforderlichen Verschuldens ist daher eigenständig vom Gericht zu prüfen. Damit kann aber in der Nichtberücksichtigung des gegen den ursprünglich Beklagten ergangenen Disziplinarerkenntnisses bzw in der Nichtberücksichtigung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes über die eingebrachte Verwaltungsgerichtshofbeschwerde weder eine Nichtigkeit noch eine unrichtige rechtliche Beurteilung liegen vergleiche dazu zuletzt 9 ObA 80/03k).
Aber auch die über die Zulassungsbegründung des Berufungsgerichtes hinausgehenden Argumente der Revisionswerberin zeigen keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf:Aber auch die über die Zulassungsbegründung des Berufungsgerichtes hinausgehenden Argumente der Revisionswerberin zeigen keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO auf:
Die Beurteilung des Verschuldensgrades im Sinne des § 2 OrgHG kann bei Anwendung der richtig dargestellten Grundsätze ohne wesentlichen Verstoß gegen maßgebliche Abgrenzungskriterien wegen ihrer Einzelfallbezogenheit nicht als erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO gewertet werden (RIS-Justiz RS0105331; zuletzt 8 ObA 28/03f; ferner 9 ObA 259/02g ergangen zum vergleichbaren § 2 DHG). Auch die Frage, ob und wie weit ein Ersatzanspruch nach § 3 OrgHG zu mäßigen ist, ist regelmäßig eine solche des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0111013; zuletzt 9 ObA 259/02g).Die Beurteilung des Verschuldensgrades im Sinne des Paragraph 2, OrgHG kann bei Anwendung der richtig dargestellten Grundsätze ohne wesentlichen Verstoß gegen maßgebliche Abgrenzungskriterien wegen ihrer Einzelfallbezogenheit nicht als erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO gewertet werden (RIS-Justiz RS0105331; zuletzt 8 ObA 28/03f; ferner 9 ObA 259/02g ergangen zum vergleichbaren Paragraph 2, DHG). Auch die Frage, ob und wie weit ein Ersatzanspruch nach Paragraph 3, OrgHG zu mäßigen ist, ist regelmäßig eine solche des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0111013; zuletzt 9 ObA 259/02g).
Der in diesem Zusammenhang in der Revision mehrfach erhobene Vorwurf, den Vorinstanzen sei ein Feststellungsmangel unterlaufen, weil nicht festgestellt worden sei, dass dem ursprünglich Beklagten jeweils bewusst gewesen sei, dass die Steuerverbindlichkeiten einbringlich gewesen wären, ist unbegründet: Dass in Ansehung jener Fakten, bei welchen der ursprünglich Beklagte Löschungen von Abgabenverbindlichkeiten nach § 235 BAO verfügte, die für die Zulässigkeit dieser verfügten Löschungen zwingend vorausgesetzte Uneinbringlichkeit der Abgabenverbindlichkeiten nicht gegeben war, geht nicht nur aus den Feststellungen der Vorinstanzen mit hinreichender Deutlichkeit hervor, sondern wurde in der Berufungsbeantwortung ausdrücklich zugestanden. Die für die Zulässigkeit der Löschung einer Abgabenverbindlichkeit vorausgesetzte Uneinbringlichkeit betrifft jedoch nur die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des ursprünglich Beklagten, nicht aber die hier allein interessierende Frage des Verschuldensgrades: Die Rechtswidrigkeit des Verhaltens steht zumindest in Ansehung jener Fakten, bei welchen Löschungen verfügt wurden, fest. Von einer entschuldbaren Fehlleistung ging das Berufungsgericht hier ohnedies nicht aus. Es beurteilte das Verhalten des ursprünglich Beklagten jedoch als bloß minderen Grad des Versehens und nicht als grobe Fahrlässigkeit, wobei es insbesondere die schwere Erkrankung des ursprünglich Beklagten und die dadurch bei ihm bewirkte "Werteverschiebung" hervorhob.Der in diesem Zusammenhang in der Revision mehrfach erhobene Vorwurf, den Vorinstanzen sei ein Feststellungsmangel unterlaufen, weil nicht festgestellt worden sei, dass dem ursprünglich Beklagten jeweils bewusst gewesen sei, dass die Steuerverbindlichkeiten einbringlich gewesen wären, ist unbegründet: Dass in Ansehung jener Fakten, bei welchen der ursprünglich Beklagte Löschungen von Abgabenverbindlichkeiten nach Paragraph 235, BAO verfügte, die für die Zulässigkeit dieser verfügten Löschungen zwingend vorausgesetzte Uneinbringlichkeit der Abgabenverbindlichkeiten nicht gegeben war, geht nicht nur aus den Feststellungen der Vorinstanzen mit hinreichender Deutlichkeit hervor, sondern wurde in der Berufungsbeantwortung ausdrücklich zugestanden. Die für die Zulässigkeit der Löschung einer Abgabenverbindlichkeit vorausgesetzte Uneinbringlichkeit betrifft jedoch nur die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des ursprünglich Beklagten, nicht aber die hier allein interessierende Frage des Verschuldensgrades: Die Rechtswidrigkeit des Verhaltens steht zumindest in Ansehung jener Fakten, bei welchen Löschungen verfügt wurden, fest. Von einer entschuldbaren Fehlleistung ging das Berufungsgericht hier ohnedies nicht aus. Es beurteilte das Verhalten des ursprünglich Beklagten jedoch als bloß minderen Grad des Versehens und nicht als grobe Fahrlässigkeit, wobei es insbesondere die schwere Erkrankung des ursprünglich Beklagten und die dadurch bei ihm bewirkte "Werteverschiebung" hervorhob.
§ 1299 ABGB hat nun für die Organhaftpflicht besondere Bedeutung, weil die Tätigkeit der Organe öffentlicher Rechtsträger im Allgemeinen eine besondere Ausbildung, besondere Fähigkeiten, ein besonderes Maß an Verantwortung oder besondere Erfahrungen erfordert, diese Tätigkeit also nicht von einem Durchschnittsmenschen ausgeübt werden kann (Ent, Die Organhaftpflicht 86 f). Aus § 1299 ABGB lässt sich jedoch nur ableiten, dass die Vermutung des Vorliegens entsprechend vorausgesetzter Kenntnisse und Fähigkeiten unwiderleglich ist. Diese Vermutung gilt jedoch nur für das Vorhandensein der entsprechenden Fähigkeiten und Kenntnisse an sich. Wer eine § 1299 ABGB zu unterstellende Tätigkeit ausübt, gibt jedoch nicht zu erkennen, dass er die geforderten Fähigkeiten unter allen Umständen einsetzen kann. Somit sind alle anderen subjektiv nach § 1297 ABGB zu berücksichtigenden Umstände, soferne es nicht um die Kenntnisse und Fähigkeiten an sich geht, im Rahmen des § 1299 ABGB zu berücksichtigen, zB also die subjektive Unzumutbarkeit sorgfaltsgemäßen Verhaltens (vgl dazu Reischauer in Rummel2 § 1299 ABGB Rz 5; § 1297 ABGB Rz 2, 16 jeweils mwN). Die ausschließlich auf die Besonderheiten des hier vorliegenden Einzelfalls (schwere Krankheit und damit verbundene "Werteverschiebung") abstellende Beurteilung des Berufungsgerichtes ist im Zusammenhang mit dem Fehlen jeglicher Anhaltspunkte dafür, dass sich der ursprünglich Beklagte - der offensichtlich bestrebt war, das Ansehen der Finanzverwaltung zu erhalten - persönliche Vorteile erhoffte, jedenfalls vertretbar und somit nicht revisibel.Paragraph 1299, ABGB hat nun für die Organhaftpflicht besondere Bedeutung, weil die Tätigkeit der Organe öffentlicher Rechtsträger im Allgemeinen eine besondere Ausbildung, besondere Fähigkeiten, ein besonderes Maß an Verantwortung oder besondere Erfahrungen erfordert, diese Tätigkeit also nicht von einem Durchschnittsmenschen ausgeübt werden kann (Ent, Die Organhaftpflicht 86 f). Aus Paragraph 1299, ABGB lässt sich jedoch nur ableiten, dass die Vermutung des Vorliegens entsprechend vorausgesetzter Kenntnisse und Fähigkeiten unwiderleglich ist. Diese Vermutung gilt jedoch nur für das Vorhandensein der entsprechenden Fähigkeiten und Kenntnisse an sich. Wer eine Paragraph 1299, ABGB zu unterstellende Tätigkeit ausübt, gibt jedoch nicht zu erkennen, dass er die geforderten Fähigkeiten unter allen Umständen einsetzen kann. Somit sind alle anderen subjektiv nach Paragraph 1297, ABGB zu berücksichtigenden Umstände, soferne es nicht um die Kenntnisse und Fähigkeiten an sich geht, im Rahmen des Paragraph 1299, ABGB zu berücksichtigen, zB also die subjektive Unzumutbarkeit sorgfaltsgemäßen Verhaltens vergleiche dazu Reischauer in Rummel2 Paragraph 1299, ABGB Rz 5; Paragraph 1297, ABGB Rz 2, 16 jeweils mwN). Die ausschließlich auf die Besonderheiten des hier vorliegenden Einzelfalls (schwere Krankheit und damit verbundene "Werteverschiebung") abstellende Beurteilung des Berufungsgerichtes ist im Zusammenhang mit dem Fehlen jeglicher Anhaltspunkte dafür, dass sich der ursprünglich Beklagte - der offensichtlich bestrebt war, das Ansehen der Finanzverwaltung zu erhalten - persönliche Vorteile erhoffte, jedenfalls vertretbar und somit nicht revisibel.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf Paragraphen 50,, 41 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
Textnummer
E71443European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:008OBA00070.03G.1113.000Im RIS seit
13.12.2003Zuletzt aktualisiert am
26.11.2012