Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 18. November 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Dachsberger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Robert K***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft (betreffend die Angeklagten Robert K***** und Mag. Hermine D*****) gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21. Jänner 2003, GZ 051 Hv 103/02t-40, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Raunig, der Angeklagten K***** und Mag. D***** sowie der Verteidiger Dr. Ainedter und Dr. Grumbeck zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 18. November 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Dachsberger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Robert K***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach Paragraphen 146,, 147 Absatz eins, Ziffer eins,, 148 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft (betreffend die Angeklagten Robert K***** und Mag. Hermine D*****) gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21. Jänner 2003, GZ 051 Hv 103/02t-40, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Raunig, der Angeklagten K***** und Mag. D***** sowie der Verteidiger Dr. Ainedter und Dr. Grumbeck zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Freisprüche anderer Angeklagter enthält, wurden Robert K***** und Mag. Hermine D***** vom Vorwurf des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall StGB als Beteiligte nach § 12 zweiter Fall, Mag. D***** auch teils dritter Fall StGB, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Freisprüche anderer Angeklagter enthält, wurden Robert K***** und Mag. Hermine D***** vom Vorwurf des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach Paragraphen 146,, 147 Absatz eins, Ziffer eins,, 148 zweiter Fall StGB als Beteiligte nach Paragraph 12, zweiter Fall, Mag. D***** auch teils dritter Fall StGB, gemäß Paragraph 259, Ziffer 3, StPO freigesprochen.
Soweit für das Rechtsmittelverfahren noch von Bedeutung, lag den Genannten zur Last, in der zweiten Hälfte des Jahres 2000 in Wien mit dem Vorsatz, sich bzw die Wiener Gebietskrankenkasse unrechtmäßig zu bereichern, mit Hilfe des vorsatzlos handelnden Thomas H***** und unter Verwendung falscher Beweismittel Angestellte der Magistratsabteilung 12 des Magistrats der Stadt Wien zur Auszahlung von Kostenbeiträgen in der Höhe von jeweils 155 S (richtig: 135 S) für fälschlich als Fahrten zur Beförderung der gehbehinderten Mag. Hermine D***** deklarierten bloßen Botenfahrten verleitet zu haben, und zwar
1. Robert K***** durch Weitergabe der unzutreffend mit 14. September 2000 datierten Ersatzbelege Nr 81 und 82 für im Sommer durchgeführte, aber nicht vergütungsfähige Botenfahrten in vier bis fünf Fällen, und
2. Mag. Hermine D***** dadurch, dass sie diese Belege unterfertigte und an Robert K***** zur Weiterleitung ausfolgte.
Zu diesem Teilfreispruch gelangte das Erstgericht, weil es insoweit mangelnde Strafwürdigkeit der Taten im Sinne des § 42 StGB annahm.Zu diesem Teilfreispruch gelangte das Erstgericht, weil es insoweit mangelnde Strafwürdigkeit der Taten im Sinne des Paragraph 42, StGB annahm.
Rechtliche Beurteilung
Allein dagegen richtet sich die (nominell) auf § 281 Abs 1 Z 9 lit b (inhaltlich lit a, Ratz, WK-StPO § 281 Rz 634) StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, der - entgegen der Stellungnahme des Generalprokurators - keine Berechtigung zukommt. Nach den maßgeblichen Urteilsfeststellungen hatte sich das Beförderungsunternehmen H***** GesmbH mit Vereinbarung vom 7. Oktober 1999 gegenüber der Stadt Wien (vertreten durch die Magistratsabteilung 12 - Sozialamt) dazu verpflichtet, schwerst gehbehinderte Menschen zu Freizeiteinrichtungen und zu anderen in ihrem Interesse gelegenen Zielen zu transportieren. Nur für die Personenbeförderung, nicht aber auch für sonstige Fahrten wurde von der Stadt Wien im Wege der Magistratsabteilung 12 ein Betrag von 135 S pro Ersatzbeleg vergütet, wobei die behinderten Personen, für die von der Magistratsabteilung 12 eine Berechtigungskarte ausgestellt wurde, einen Selbstbehalt von 20 S zu tragen hatten. Zur Beförderung der anspruchsberechtigen Mag. Hermine D***** wurde unter anderem auch der Angeklagte Robert K***** vom genannten Betrieb als Subunternehmer herangezogen.Allein dagegen richtet sich die (nominell) auf Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 9, Litera b, (inhaltlich Litera a,, Ratz, WK-StPO Paragraph 281, Rz 634) StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, der - entgegen der Stellungnahme des Generalprokurators - keine Berechtigung zukommt. Nach den maßgeblichen Urteilsfeststellungen hatte sich das Beförderungsunternehmen H***** GesmbH mit Vereinbarung vom 7. Oktober 1999 gegenüber der Stadt Wien (vertreten durch die Magistratsabteilung 12 - Sozialamt) dazu verpflichtet, schwerst gehbehinderte Menschen zu Freizeiteinrichtungen und zu anderen in ihrem Interesse gelegenen Zielen zu transportieren. Nur für die Personenbeförderung, nicht aber auch für sonstige Fahrten wurde von der Stadt Wien im Wege der Magistratsabteilung 12 ein Betrag von 135 S pro Ersatzbeleg vergütet, wobei die behinderten Personen, für die von der Magistratsabteilung 12 eine Berechtigungskarte ausgestellt wurde, einen Selbstbehalt von 20 S zu tragen hatten. Zur Beförderung der anspruchsberechtigen Mag. Hermine D***** wurde unter anderem auch der Angeklagte Robert K***** vom genannten Betrieb als Subunternehmer herangezogen.
Im Sommer 2000 ließ sich Mag. D***** während einer mehrtägigen stationären Behandlung vom Fahrtendienst des Robert K***** vier- bis fünfmal das Essen in das Allgemeine Krankenhaus der Stadt Wien liefern. Obwohl beide Angeklagten wussten, dass es sich in jedem dieser Fälle nicht um eine vertragskonforme Personenbeförderung, sondern um eine nichtvergütungsfähige Botenfahrt handelte, deklarierte Robert K***** mit Wissen und Wollen der Mitangeklagten diese Fahrten als dem Vertrag entsprechende Freizeitfahrten, indem er hierüber die beiden inhaltlich unrichtigen und auch unzutreffend mit dem 14. September 2000 datierten Ersatzbelege Nr 81 und 82 ausfüllte. Nachdem die gleichfalls mit Betrugsvorsatz handelnde Mag. D***** diese Belege unterfertigt hatte, veranlasste Robert K***** den vorsatzlos handelnden Thomas H***** zu deren Weiterleitung an die Magistratsabteilung 12 und täuschte im Einvernehmen mit Mag. D***** auf diese Weise vor, dass es sich bei den deklarierten Leistungen jeweils um ersatzfähige Freizeitfahrten gehandelt habe. Durch dieses Vorgehen der beiden Angeklagten wurden Angestellte der Magistratsabteilung zur Vergütung dieser tatsächlich nicht ersatzfähigen Botenfahrten veranlasst.
Der Beschwerde zuwider haben die Tatrichter zu Recht sämtliche Voraussetzungen mangelnder Strafwürdigkeit der Tat nach § 42 StGB bejaht:Der Beschwerde zuwider haben die Tatrichter zu Recht sämtliche Voraussetzungen mangelnder Strafwürdigkeit der Tat nach Paragraph 42, StGB bejaht:
Das - zufolge mangelnder Bekämpfung zahlreicher weiterer Freispruchsfakten und der Negierung gewerbsmäßiger Begehungsweise verbleibende - Vergehen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB ist mit nicht mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe bedroht. Die Schuld der tatverdächtigten Angeklagten ist im Vergleich mit den typischen Fällen der im Einzugsbereich des § 42 StGB liegenden Delikte gering (Schroll in WK2 § 42 Rz 26). Ungeachtet des eine durchschnittliche Schuld indizierenden zitierten Strafrahmens (aaO Rz 28), der vorliegend deshalb eröffnet wird, weil eine Abrechnung zwangsläufig die Vorlage entsprechender Belege erforderte, streiten für beide - bisher einen ordentlichen Lebenswandel führende - Angeklagte besondere unrechts- und schuldmindernde Umstände: Mag. D***** ist nach einem Verkehrsunfall aus dem Jahr 1995 schwerstbehindert und verfügt über eine Pension von lediglich etwa 650 EUR (US 11). Zweck der Fahrten war die Lieferung von Spezialnahrung, gelegentlich einer der zahlreichen (vgl Kalender am Ende des Bd I) Krankenhausaufenthalte Mag. D*****s (S 549, 647/I). Robert K***** hinwieder führte gelegentlich (das monatliche Kontingent Mag. D*****s von 60 Fahrten übersteigende) Taxifuhren auf seine eigenen Kosten durch (US 14). Auch unter Berücksichtigung, dass Mag. D***** ihr Kontingent an Ersatzscheinen im September 2000 nicht ausschöpfte, sondern lediglich 54 in Anspruch nahm (S 101/I), mithin auf sechs ihr zustehende Fahrten verzichtete, tritt der von der Rechtsmittelwerberin aufgeworfene Aspekt der Tatwiederholung in den Hintergrund und kann den beiden Angeklagten kein manifester Bereicherungswille attestiert werden.Das - zufolge mangelnder Bekämpfung zahlreicher weiterer Freispruchsfakten und der Negierung gewerbsmäßiger Begehungsweise verbleibende - Vergehen des schweren Betruges nach Paragraphen 146,, 147 Absatz eins, Ziffer eins, StGB ist mit nicht mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe bedroht. Die Schuld der tatverdächtigten Angeklagten ist im Vergleich mit den typischen Fällen der im Einzugsbereich des Paragraph 42, StGB liegenden Delikte gering (Schroll in WK2 Paragraph 42, Rz 26). Ungeachtet des eine durchschnittliche Schuld indizierenden zitierten Strafrahmens (aaO Rz 28), der vorliegend deshalb eröffnet wird, weil eine Abrechnung zwangsläufig die Vorlage entsprechender Belege erforderte, streiten für beide - bisher einen ordentlichen Lebenswandel führende - Angeklagte besondere unrechts- und schuldmindernde Umstände: Mag. D***** ist nach einem Verkehrsunfall aus dem Jahr 1995 schwerstbehindert und verfügt über eine Pension von lediglich etwa 650 EUR (US 11). Zweck der Fahrten war die Lieferung von Spezialnahrung, gelegentlich einer der zahlreichen vergleiche Kalender am Ende des Bd römisch eins) Krankenhausaufenthalte Mag. D*****s (S 549, 647/I). Robert K***** hinwieder führte gelegentlich (das monatliche Kontingent Mag. D*****s von 60 Fahrten übersteigende) Taxifuhren auf seine eigenen Kosten durch (US 14). Auch unter Berücksichtigung, dass Mag. D***** ihr Kontingent an Ersatzscheinen im September 2000 nicht ausschöpfte, sondern lediglich 54 in Anspruch nahm (S 101/I), mithin auf sechs ihr zustehende Fahrten verzichtete, tritt der von der Rechtsmittelwerberin aufgeworfene Aspekt der Tatwiederholung in den Hintergrund und kann den beiden Angeklagten kein manifester Bereicherungswille attestiert werden.
Der die Bagatellgrenze weit unterschreitende Schaden von maximal 675 S wurde gutgemacht (US 23). Rücksichten der Spezial- und Generalprävention gebieten vorliegend keine Bestrafung; kommt doch der Abführung einer zweitägigen Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht und dem Rechtsmittelverfahren vor dem Obersten Gerichtshof mit bis dahin ungewissem Sachausgang hinreichend prohibitive Wirkung sowohl für die Angeklagten als auch für andere potenzielle Täter zu.
Während K***** in der Hauptverhandlung Einsicht zeigte und ein unkorrektes Verhalten bezüglich der Essensfahrten einräumte (S 473/II), kommt Mag. D***** zugute, dass sie durch ihre Anzeige die Erhebungen in Bezug auf vorschriftswidrige Verrechnungspraktiken in Gang setzte (S 83 ff/I).
Die von der Rechtsmittelwerberin zu einer spezialpräventiv gebotenen Bestrafung vorgebrachten Einwände einer über den entscheidungsgegenständlichen Vorwurf hinausgehenden kriminellen Vorgangsweise tragen mangels Bekämpfung der betreffenden Freisprüche ebensowenig zu den Präventionserwägungen bei wie der pauschale Hinweis darauf, dass die Erschleichung sozialer Leistungen von einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung als Kavaliersdelikt betrachtet werde.
Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Anmerkung
E7158214Os118.03Schlagworte
Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inJus-Extra OGH-St 3527 = Jus-Extra OGH-St 3551 = JBl 2005,57 = SSt2003/91XPUBLENDEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:0140OS00118.03.1118.000Zuletzt aktualisiert am
25.11.2009