TE OGH 2003/11/19 9ObA71/03m

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Veröffentlicht am 19.11.2003
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Helmut Brandl und Mag. Gabriele Jarosch als weitere Richter in den verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden Parteien 1) Gerhard B*****, Arbeiter, *****, 2) Alfred K*****, Arbeiter, *****, beide vertreten durch Mairhofer und Gradl, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei J***** GmbH, *****, vertreten durch Krömer & Nusterer Rechtsanwälte-Partnerschaft in St. Pölten, wegen EUR 5.642,94 brutto sA bzw EUR 3.777,07 brutto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. März 2003, GZ 7 Ra 21/03i-11, womit über Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 28. November 2002, GZ 40 Cga 29/02d, 40 Cga 30/02a-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 732,23 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin EUR 122,04 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Erstkläger war bei der Beklagten vom 1. 12. 1989 bis zum 31. 8. 1998 beschäftigt, der Zweitkläger vom 6. 3. 1995 bis zum 4. 10. 1998. Im September und im Oktober 1998 übernahm eine andere Gesellschaft (Erwerberin) Teile des Betriebs der Beklagten, was zur Folge hatte, dass die Erwerberin anstelle der Beklagten in die Arbeitsverhältnisse der beiden Kläger als Arbeitgeber eintrat.

Am 2. 10. 2000 wurde über das Vermögen der Beklagten das Konkursverfahren eröffnet. Über Antrag der Beklagten wurde in diesem Verfahren ein Zwangsausgleich abgeschlossen, der am 17. 4. 2001 angenommen und mit Beschluss des Konkursgerichtes vom 1. 6. 2001 bestätigt wurde. Demnach erhielten die Konkursgläubiger eine in drei Raten zu zahlende Quote von 20 %, wobei die erste Rate 14 Tage nach rechtskräftiger Bestätigung des Zwangsausgleichs zu zahlen war, die zweite innerhalb eines Jahres, die dritte innerhalb zweier Jahre ab Annahme.

Am 26. 2. 2002 wurde über das Vermögen der Erwerberin das Konkursverfahren eröffnet, in dessen Verlauf mit Beschluss vom 4. 3. 2002 die Schließung des Unternehmens angeordnet wurde. Die Dienstverhältnisse der Kläger wurde am 6. 3. 2002 durch vorzeitigen Austritt beendet.

Die Kläger begehrten im vorliegenden Verfahren zunächst EUR 6.638,75 brutto sA bzw EUR 4.443,61 brutto sA. Dabei handle es sich um die ihnen zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs zustehenden (fiktiven) Abfertigungen, für die die Beklagte nach § 6 Abs 2 AVRAG als Veräußerer der auf die Erwerberin übergegangenen Betriebsteile hafte.Die Kläger begehrten im vorliegenden Verfahren zunächst EUR 6.638,75 brutto sA bzw EUR 4.443,61 brutto sA. Dabei handle es sich um die ihnen zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs zustehenden (fiktiven) Abfertigungen, für die die Beklagte nach Paragraph 6, Absatz 2, AVRAG als Veräußerer der auf die Erwerberin übergegangenen Betriebsteile hafte.

Am 4. 9. 2002 zahlte die Beklagte dem Erstkläger EUR 995,81 und dem Zweitkläger EUR 666,54.

Unter Hinweis auf diese Zahlungen beantragte sie, die Klagebegehren abzuweisen. Sie bestritt nicht, auf Grund des Betriebs(teil)übergangs nach § 6 Abs 2 AVRAG für die zum Zeitpunkt des Übergangs bestandenen fiktiven Abfertigungsansprüche zu haften, machte aber geltend, dass ihre Haftung durch den rechtskräftig bestätigten Zwangsausgleich auf die Zwangsausgleichsquote beschränkt sei. Bislang seien 15 % der Forderungen fällig, die unter einem an die Kläger überwiesen worden seien. Die restlichen 5 % der Quote seien noch nicht fällig.Unter Hinweis auf diese Zahlungen beantragte sie, die Klagebegehren abzuweisen. Sie bestritt nicht, auf Grund des Betriebs(teil)übergangs nach Paragraph 6, Absatz 2, AVRAG für die zum Zeitpunkt des Übergangs bestandenen fiktiven Abfertigungsansprüche zu haften, machte aber geltend, dass ihre Haftung durch den rechtskräftig bestätigten Zwangsausgleich auf die Zwangsausgleichsquote beschränkt sei. Bislang seien 15 % der Forderungen fällig, die unter einem an die Kläger überwiesen worden seien. Die restlichen 5 % der Quote seien noch nicht fällig.

Die Kläger schränkten daraufhin ihre Klagebegehren um die von den Beklagten gezahlten Beträge von EUR 995,81 bzw EUR 666,54 ein, hielten ihre Begehren aber im Übrigen aufrecht. Nach der Rechtsprechung entstehe der Anspruch auf Abfertigung erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Anspruch der Kläger werde daher von den Wirkungen des vorher geschlossenen Zwangsausgleichs nicht erfasst.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte, den Klägern 8,5 % Zinsen für die Zeit vom 30. 4. 2002 bis zum 3. 9. 2002 aus den während des Verfahrens gezahlten Beträgen zu zahlen. Die Mehrbegehren der Kläger wies es ab.

Das von den Klägern angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vorliege.

Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Kläger ist zulässig, weil zur hier zu beurteilenden Rechtsfrage, die in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgeht, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehlt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aber nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, dass die Haftung der Beklagten durch den Zwangsausgleich auf die nach den dort normierten Bedingungen fällige Zwangsausgleichsquote beschränkt sei.

Diese Rechtsauffassung ist zutreffend, sodass es insofern ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).Diese Rechtsauffassung ist zutreffend, sodass es insofern ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegenzuhalten:

Die von den Revisionswerbern ins Treffen geführte Entscheidung 8 Ob 30/95 betrifft die Frage, ob die Abfertigung im Konkurs des Arbeitgebers als Masse- oder als Konkursforderung zu qualifizieren ist. Hier geht es aber nicht um die Haftung des (aktuellen) Arbeitgebers sondern um die durch § 6 Abs 2 AVRAG normierte Haftung des Veräußerers des Betriebs für den fiktiven Abfertigungsanspruch im Zeitpunkt des Betriebsübergangs. In der vom Revisionswerber ohnedies zitierten Entscheidung 8 Ob 15/95 (= SZ 68/187) wurde klargestellt, dass es sich bei dem aus § 6 Abs 2 AVRAG resultierenden Anspruch des Arbeitgebers gegen den Veräußerer um eine aufschiebend bedingte Forderung handelt. Entscheidender Anknüpfungspunkt für die Haftung des Veräußerers ist daher - wie das Berufungsgericht richtig ausführt - der Zeitpunkt des Betriebsübergangs, der die Haftung dem Grunde und auch der Höhe nach bestimmt. Kommt es nach diesem Zeitpunkt in einem Konkursverfahren über das Vermögen des Veräußerers zu einem Zwangsausgleich, wird daher die aus § 6 Abs 2 AVRAG resultierende Verpflichtung des Veräußerers von den Wirkungen des Zwangsausgleichs erfasst, sodass seine Haftung mit der Zwangsausgleichsquote begrenzt ist (Rebhahn, Arbeitsrecht bei Betriebsübergang: Eintrittspflicht bei Insolvenz und Haftungsfragen, Teil 2, JBl 1999, 621 [718]; ebenso - mit eingehender Begründung - Boesch, Betriebsübergang und Insolvenz 180 f).Die von den Revisionswerbern ins Treffen geführte Entscheidung 8 Ob 30/95 betrifft die Frage, ob die Abfertigung im Konkurs des Arbeitgebers als Masse- oder als Konkursforderung zu qualifizieren ist. Hier geht es aber nicht um die Haftung des (aktuellen) Arbeitgebers sondern um die durch Paragraph 6, Absatz 2, AVRAG normierte Haftung des Veräußerers des Betriebs für den fiktiven Abfertigungsanspruch im Zeitpunkt des Betriebsübergangs. In der vom Revisionswerber ohnedies zitierten Entscheidung 8 Ob 15/95 (= SZ 68/187) wurde klargestellt, dass es sich bei dem aus Paragraph 6, Absatz 2, AVRAG resultierenden Anspruch des Arbeitgebers gegen den Veräußerer um eine aufschiebend bedingte Forderung handelt. Entscheidender Anknüpfungspunkt für die Haftung des Veräußerers ist daher - wie das Berufungsgericht richtig ausführt - der Zeitpunkt des Betriebsübergangs, der die Haftung dem Grunde und auch der Höhe nach bestimmt. Kommt es nach diesem Zeitpunkt in einem Konkursverfahren über das Vermögen des Veräußerers zu einem Zwangsausgleich, wird daher die aus Paragraph 6, Absatz 2, AVRAG resultierende Verpflichtung des Veräußerers von den Wirkungen des Zwangsausgleichs erfasst, sodass seine Haftung mit der Zwangsausgleichsquote begrenzt ist (Rebhahn, Arbeitsrecht bei Betriebsübergang: Eintrittspflicht bei Insolvenz und Haftungsfragen, Teil 2, JBl 1999, 621 [718]; ebenso - mit eingehender Begründung - Boesch, Betriebsübergang und Insolvenz 180 f).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 Absatz eins, ZPO.

Textnummer

E71621

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:009OBA00071.03M.1119.000

Im RIS seit

19.12.2003

Zuletzt aktualisiert am

27.12.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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