TE OGH 2003/11/25 8ObA96/03f

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Veröffentlicht am 25.11.2003
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Carl Hennrich und Alfred Klair als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Barbara M*****, vertreten durch Dr. Ruth E. Hütthaler-Brandauer, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Laszlo N*****, Arzt, ***** vertreten durch Ebert & Huber, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 11.080,68 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13. Juni 2003, GZ 8 Ra 65/03t-32, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Grundsatz der Unverzüglichkeit der Entlassung besagt, dass der Arbeitgeber die Entlassung ohne Verzug, das heißt sofort, nachdem ihm der Entlassungsgrund bekannt geworden ist, aussprechen muss, widrigenfalls das Entlassungsrecht erlischt (Krejci in Rummel ABGB³ § 1162 Rz 158; Kuderna Entlassungsrecht² 13 f; RIS-Justiz RS0029131). Dieser Grundsatz beruht auf dem Gedanken, dass ein Arbeitgeber, der eine Verfehlung seines Arbeitnehmers nicht sofort mit der Entlassung beantwortet, dessen Weiterbeschäftigung nicht als unzumutbar ansieht und auf die Ausübung des Entlassungsrechtes im konkreten Fall verzichtet (Kuderna aaO 14 mwN; 9 ObA 163/01p; 8 ObA 100/01s; RIS-Justiz RS0029249).Der Grundsatz der Unverzüglichkeit der Entlassung besagt, dass der Arbeitgeber die Entlassung ohne Verzug, das heißt sofort, nachdem ihm der Entlassungsgrund bekannt geworden ist, aussprechen muss, widrigenfalls das Entlassungsrecht erlischt (Krejci in Rummel ABGB³ Paragraph 1162, Rz 158; Kuderna Entlassungsrecht² 13 f; RIS-Justiz RS0029131). Dieser Grundsatz beruht auf dem Gedanken, dass ein Arbeitgeber, der eine Verfehlung seines Arbeitnehmers nicht sofort mit der Entlassung beantwortet, dessen Weiterbeschäftigung nicht als unzumutbar ansieht und auf die Ausübung des Entlassungsrechtes im konkreten Fall verzichtet (Kuderna aaO 14 mwN; 9 ObA 163/01p; 8 ObA 100/01s; RIS-Justiz RS0029249).

Die Revision erkennt nun selbst, dass die Beurteilung, ob eine Entlassung rechtzeitig oder verspätet vorgenommen wurde, nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls erfolgen kann (9 ObA 163/01p; RIS-Justiz RS0031571). Dieser Frage kommt daher - von Fällen krasser Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz abgesehen - erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu (9 ObA 65/03d). Von einer krassen Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes kann hier keine Rede sein.Die Revision erkennt nun selbst, dass die Beurteilung, ob eine Entlassung rechtzeitig oder verspätet vorgenommen wurde, nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls erfolgen kann (9 ObA 163/01p; RIS-Justiz RS0031571). Dieser Frage kommt daher - von Fällen krasser Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz abgesehen - erhebliche Bedeutung im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht zu (9 ObA 65/03d). Von einer krassen Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes kann hier keine Rede sein.

Aus der bloßen Zahl der Tage, die in Vorentscheidungen zwischen dem Bekanntwerden des Entlassungsgrundes und dem Ausspruch der Entlassung lagen und in einzelnen Fällen noch ausreichten, um die Rechtzeitigkeit der Entlassung zu bejahen, in anderen Fällen aber bereits ein zu langes Zuwarten des Arbeitgebers mit dem Ausspruch der Entlassung bedeuteten, ist für den Standpunkt des Revisionswerbers nichts zu gewinnen. Nach den bindenen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen wurde der Beklagte am Abend des 13. 3. 2002 telefonisch von einer Kollegin der Klägerin darüber informiert, dass die Klägerin sie als "Giraffe", "die lauter Falten im Gesicht bekomme und krank im Kopf sei" bezeichnet habe. Am 14. 3. 2002 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass die Stimmung in der Ordination quasi am Nullpunkt sei, er lasse Denunzierungen von Mitarbeiterinnen nicht zu, die Klägerin solle ihren Arbeitsplatz einnehmen und sich nicht in die Arbeitsabläufe ihrer Kolleginnen einmischen. Nach diesem Gespräch mit der Klägerin am 14. 3. 2002 nahm jeder in der Ordination seinen Arbeitsplatz ein. Die Arbeit verlief wie vorgesehen. Am 14. 3. 2002 wurde die Klägerin am Nachmittag (nach ihrem Dienstschluss) vom Beklagten per Telegramm fristlos entlassen, nachdem es dem Beklagten erst in der Mittagspause gelungen war, seinen Rechtsanwalt zu erreichen. Die Auffassung des Berufungsgerichtes, dass die Entlassung bei dieser Sachlage verspätet erfolgte, beruht auf einer vertretbaren Rechtsansicht. Auch wenn dem Dienstgeber die Möglichkeit der Einholung einer Rechtsauskunft grundsätzlich zuzubilligen ist (8 ObA 2322/96w), ist der Dienstgeber auch in einem solchen Fall - schon um einen schlüssigen Verzicht auf die Entlassung auszuschließen (vgl dazu RIS-Justiz RS0029023) - gehalten, dem Dienstnehmer gegenüber den Eindruck zu vermeiden, der Sachverhalt werde nicht mehr zum Anlass für eine Entlassung genommen werden. So hätte sich der Beklagte bei dem Gespräch mit der Klägerin am Morgen des 14. 3. 2002 die Entlassung ausdrücklich vorbehalten können. Von einem vorerst undurchsichtigen, zweifelhaften Sachverhalt, den der Arbeitgeber mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zunächst gar nicht aufklären kann (vgl dazu 9 ObA 56/87 mwN), kann hier im Hinblick darauf keine Rede sein, dass durch das Gespräch mit den Beteiligten am Morgen des 14. 3. 2002 die Sachlage vollständig geklärt war.Aus der bloßen Zahl der Tage, die in Vorentscheidungen zwischen dem Bekanntwerden des Entlassungsgrundes und dem Ausspruch der Entlassung lagen und in einzelnen Fällen noch ausreichten, um die Rechtzeitigkeit der Entlassung zu bejahen, in anderen Fällen aber bereits ein zu langes Zuwarten des Arbeitgebers mit dem Ausspruch der Entlassung bedeuteten, ist für den Standpunkt des Revisionswerbers nichts zu gewinnen. Nach den bindenen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen wurde der Beklagte am Abend des 13. 3. 2002 telefonisch von einer Kollegin der Klägerin darüber informiert, dass die Klägerin sie als "Giraffe", "die lauter Falten im Gesicht bekomme und krank im Kopf sei" bezeichnet habe. Am 14. 3. 2002 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass die Stimmung in der Ordination quasi am Nullpunkt sei, er lasse Denunzierungen von Mitarbeiterinnen nicht zu, die Klägerin solle ihren Arbeitsplatz einnehmen und sich nicht in die Arbeitsabläufe ihrer Kolleginnen einmischen. Nach diesem Gespräch mit der Klägerin am 14. 3. 2002 nahm jeder in der Ordination seinen Arbeitsplatz ein. Die Arbeit verlief wie vorgesehen. Am 14. 3. 2002 wurde die Klägerin am Nachmittag (nach ihrem Dienstschluss) vom Beklagten per Telegramm fristlos entlassen, nachdem es dem Beklagten erst in der Mittagspause gelungen war, seinen Rechtsanwalt zu erreichen. Die Auffassung des Berufungsgerichtes, dass die Entlassung bei dieser Sachlage verspätet erfolgte, beruht auf einer vertretbaren Rechtsansicht. Auch wenn dem Dienstgeber die Möglichkeit der Einholung einer Rechtsauskunft grundsätzlich zuzubilligen ist (8 ObA 2322/96w), ist der Dienstgeber auch in einem solchen Fall - schon um einen schlüssigen Verzicht auf die Entlassung auszuschließen vergleiche dazu RIS-Justiz RS0029023) - gehalten, dem Dienstnehmer gegenüber den Eindruck zu vermeiden, der Sachverhalt werde nicht mehr zum Anlass für eine Entlassung genommen werden. So hätte sich der Beklagte bei dem Gespräch mit der Klägerin am Morgen des 14. 3. 2002 die Entlassung ausdrücklich vorbehalten können. Von einem vorerst undurchsichtigen, zweifelhaften Sachverhalt, den der Arbeitgeber mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zunächst gar nicht aufklären kann vergleiche dazu 9 ObA 56/87 mwN), kann hier im Hinblick darauf keine Rede sein, dass durch das Gespräch mit den Beteiligten am Morgen des 14. 3. 2002 die Sachlage vollständig geklärt war.

Darauf, ob der vom Beklagten geltend gemachte Entlassungsgrund die Entlassung überhaupt rechtfertigen könnte, muss hier daher nicht mehr eingegangen werden.

Textnummer

E71739

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:008OBA00096.03F.1125.000

Im RIS seit

25.12.2003

Zuletzt aktualisiert am

07.06.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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