TE Vwgh Erkenntnis 2007/5/21 2005/05/0015

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.05.2007
beobachten
merken

Index

E000 EU- Recht allgemein;
E1E;
E3L E12300000;
E3L E13309900;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verfassungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
58/02 Energierecht;
59/04 EU - EWR;
95/01 Elektrotechnik;

Norm

11997E010 EG Art10;
32003L0054 Elektrizitätsbinnenmarkt-RL Art23 Abs6;
32003L0054 Elektrizitätsbinnenmarkt-RL;
AVG §37;
AVG §56;
AVG §73;
AVG §8;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art144;
B-VG Art18 Abs2;
ElWOG 1998 §25 Abs1 idF 2002/I/149;
ElWOG 1998 §25 idF 2002/I/149;
ElWOG 1998 §55 Abs1 idF 2002/I/149;
Energie-RegulierungsbehördenG 2002 §16 Abs1 Z2;
Energie-RegulierungsbehördenG 2002 §20 Abs1;
Energie-RegulierungsbehördenG 2002 §8 Abs1;
EURallg;
SNT-V 2003;
VerfGG 1953 §57 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der Energie Ried Gesellschaft m.b.H. in Ried im Innkreis, vertreten durch SchneideR'S-Rechtsanwalts-KEG in 1170 Wien, Hormayrgasse 7A Top 18, gegen den Bescheid der Energie-Control Kommission vom 11. August 2004, Zl. K SNT S 007/03, betreffend eine Angelegenheit der Systemnutzungstarife-Verordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Beschluss vom 13. November 2002 hat die belangte Behörde ein Verfahren zur Erlassung einer Verordnung für die Bestimmung der Systemnutzungstarife gemäß § 25 iVm § 55 Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) für sämtliche in § 25 Abs. 6 ElWOG angeführten Netzbereiche und damit alle Netzbetreiber Österreichs eingeleitet. Die Energie-Control GmbH (ECG) wurde beauftragt, Ermittlungen zur Bestimmung der Systemnutzungstarife durchzuführen.

Die Beschwerdeführerin ist im Netzbereich Oberösterreich auf den Netzebenen 5 bis 7 tätiger Netzbetreiber im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 28 ElWOG. Sie wurde im Zuge des von der belangten Behörde eingeleiteten Verfahrens zur Bestimmung der Systemnutzungstarife mit Schreiben vom 16. Dezember 2002 aufgefordert, die für das Verfahren notwendigen Daten und Informationen zu übermitteln bzw. bereit zu halten.

Nach Aufforderung durch die belangte Behörde erstattete die Beschwerdeführerin über den Bericht des Ermittlungsverfahrens am 11. Juni 2003 eine Stellungnahme und stellte darin mehrere Anträge. Mit Schreiben vom 28. Juli 2003 wurde der Beschwerdeführerin der Entwurf der Systemnutzungstarifverordnung 2003 (SNT-VO 2003) samt Erläuterungen sowie der überarbeitete Bericht des Ermittlungsverfahrens mit der Aufforderung zu einer erneuten Stellungnahme übermittelt. In ihrer dazu erfolgten Stellungnahme vom 26. August 2003 wiederholte die Beschwerdeführerin die von ihr in der Stellungnahme vom 11. Juni 2003 gestellten Anträge, welche sie um drei weitere Anträge ergänzte.

Die belangte Behörde übermittelte in der Folge die Berichte des Ermittlungsverfahrens sowie die Entwürfe der Verordnung samt Erläuterungen dem Elektrizitätsbeirat und hat nach Begutachtung die SNT-VO 2003 beschlossen, welche in der Folge im Amtsblatt der Wiener Zeitung kundgemacht wurde.

Mit Schreiben vom 15. Jänner 2004 wiederholte die Beschwerdeführerin ihre in den Stellungnahmen vom 11. Juni 2003 und 26. August 2003 gemachten Anträge und ersuchte um bescheidmäßige Erledigung derselben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde über diese Anträge wie folgt abgesprochen:

"I. Spruch

Die Anträge der Energie Ried Gesellschaft m.b.H. vom 11.6.2003 bzw. vom 26.8.2003, die Energie-Control Kommission möge bescheidmäßig feststellen

1. dass im Ermittlungsverfahren K SNT-S 007/03 die Erlöse der zu aktivierenden Eigenleistungen, die zur Ermittlung der Netzkosten anzusetzen sind, aus einem Mittelwert der Jahre 2001 bis 2006 gebildet werden;

2. dass im Ermittlungsverfahren K SNT-S 007/03 die Finanzierungskosten, die zur Ermittlung der Netzkosten anzusetzen sind, anhand der Bilanz zum 31.12.2002 sowie unter Berücksichtigung der in einer Anlage C dargestellten Änderungen ermittelt werden;

3. dass im Ermittlungsverfahren K SNT-S 007/03 die Kosten der Energie Ried GmbH für den Zukauf elektrischer Energie zur Abdeckung der Netzverluste, die zur Ermittlung der Netzkosten anzusetzen sind, anhand nachvollziehbarer Strompreisangebote der EEX oder einer anderen Börse über die Dauer der gesamten Regulierungsperiode ermittelt werden, wobei anfallende Ausgleichsenergie in einer Schwankungsbreite von +/- 5 % der Netzverlustmenge zu berücksichtigen ist;

4. dass im Ermittlungsverfahren K SNT-S 007/03 die Kosten der Energie Ried GmbH für Abschreibungen, die zur Ermittlung der Kosten anzusetzen sind, mittels eines kalkulatorischen Ansatzes, der 5 % des Wiederbeschaffungswertes aller Anlagen beträgt, ermittelt werden;

5. dass im Ermittlungsverfahren K SNT-S 007/03 die Kosten für die Gebrauchsabgabe im Sinne der Gleichbehandlung aller Netzbetreiber in voller Höhe anerkannt werden;

6. dass im Ermittlungsverfahren K SNT-S 007/03 die Finanzierungskosten auf Grund des übermittelten Verordnungsentwurfes (SNT-VO 2003) berechnet werden;

7. dass im Ermittlungsverfahren K SNT-S 007/03 die Kostenbasis dahingehend ermittelt wird, indem Normalisierungen sowohl künftiger Erlöse als auch künftiger Kosten vorgenommen werden und die Produktivitätsabschläge nur für künftige und nicht für vergangene Perioden angewandt werden und dass der Tariflohnindex zur Ermittlung des Netzbetreiberindex gegen die jeweiligen Verhandlungsergebnisse der Kollektivvertragsverhandlungen der österreichischen Elektrizitätswirtschaft ausgetauscht wird;

werden zurückgewiesen."

Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung dahingehend, dass gemäß § 25 Abs. 1 ElWOG die Systemnutzungstarife von der belangten Behörde entweder durch Verordnung oder Bescheid zu bestimmen seien. Im gegenständlichen Fall habe sich die belangte Behörde für die Bestimmung der Systemnutzungstarife für die Rechtsform einer Verordnung entschieden. In diesem Verfahren sei die Beschwerdeführerin nicht Partei im Sinne des AVG gewesen. Auch das in § 55 Abs. 1 ElWOG vor jeder Preisbestimmung angeordnete Anhörungsrecht beinhalte keine Parteistellung im Ermittlungsverfahren. Für die Anträge der Beschwerdeführerin finde sich im Gesetz keine Grundlage. Das Antragsrecht gemäß § 55 Abs. 1 letzter Satz ElWOG beziehe sich lediglich auf die Neubestimmung der Tarife. Damit sei jedoch keine Verpflichtung der Behörde verbunden, das Verfahren als Bescheidverfahren zu führen. Die Anträge der Beschwerdeführerin richteten sich darüber hinaus nicht einmal auf die Bestimmung von Tarifen, sondern lediglich auf die Vorgehensweise bei der Ermittlung der Kosten, welche die Grundlage für die Tarifbestimmung bildeten. Eine separate bescheidmäßige Entscheidung darüber sei jedoch gesetzlich nicht vorgesehen.

Die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 29. November 2004, B 1226/04-5, abgelehnt und gleichzeitig die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetreten.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf eine Sachentscheidung sowie in ihrem Recht auf eine behördliche Entscheidung gemäß dem von ihr gestellten Antrag verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde geltend.

Die Beschwerdeführerin führt aus, sie habe als Netzbetreiber im Sinne von § 7 Abs. 1 Z. 28 ElWOG das Recht auf eine Sachentscheidung über ihre in einem Verfahren gemäß § 55 ElWOG gestellten Anträge und damit auch Parteistellung in diesem Verfahren. Der Netzbetreiber habe das Recht, einen Antrag auf Festsetzung der Systemnutzungstarife zu stellen und sei in dem von der ECG durchzuführenden Ermittlungsverfahren jedenfalls als Partei zu hören. Das AVG, welches gemäß §§ 8 Abs. 1, 20 Abs. 1 Energie-Regulierungsbehördengesetz (E-RBG) auch von der ECG und der belangten Behörde anzuwenden sei, knüpfe an die Parteistellung ein Bündel von Verfahrensrechten; hiezu gehörten insbesondere das Recht der Partei auf Erlassung eines Bescheides und die Geltendmachung der Entscheidungspflicht. Das subjektiv-öffentliche Recht der Netzbetreiber auf gesetzmäßige Festlegung der Systemnutzungstarife und die vom Gesetz den Netzbetreibern im Verfahren zur Bestimmung der Systemnutzungstarife eingeräumte Parteistellung sei ein konsequenter Ausfluss der Stellung der Netzbetreiber im System des ElWOG. Nur durch die Möglichkeit einer Sachentscheidung in der Rechtsform eines Bescheides und der damit verbundenen Möglichkeit der Bescheidbeschwerde sei sichergestellt, dass den Netzbetreibern die vom österreichischen Verfassungsrecht vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeiten uneingeschränkt gewährleistet seien. Dies sei auch durch die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie 2003/54/EG vom 26. Juni 2003, Abl. L 176/37, erforderlich. In Abs. 18 der Präambel dieser Richtlinie werde angeordnet, dass die Tarife oder Tarifberechnungsmethoden auf der Grundlage eines Vorschlages des Übertragungsnetzbetreibers oder des (der) Verteilernetzbetreiber(s) oder auf der Grundlage eines zwischen den Betreibern und den Netzbenutzern abgestimmten Vorschlags festzulegen oder zu genehmigen seien. Art. 23 Abs. 2 lit. a der Richtlinie lege fest, dass es den Regulierungsbehörden obliege, zumindest die Methoden zur Berechnung oder Festlegung der Bedingungen für den Abschluss an und den Zugang zu den nationalen Netzen einschließlich der Tarife für die Übertragung und die Verteilung vor deren Inkrafttreten festzulegen oder zu genehmigen. Diese Tarife oder Methoden seien so zu gestalten, dass die notwendigen Investitionen in die Netze so vorgenommen werden können, dass die Leistungsfähigkeit der Netze gewährleistet sei. Gemäß Art. 23 Abs. 6 der Richtlinie könne jeder Betroffene, der hinsichtlich einer gemäß Abs. 2 getroffenen Entscheidung über die Methoden oder soweit die Regulierungsbehörde eine Anhörungspflicht hat, hinsichtlich der vorgeschlagenen Methoden beschwerdeberechtigt ist, längstens binnen zwei Monaten bzw. innerhalb einer von den Mitgliedsstaaten festgelegten kürzeren Frist nach Veröffentlichung der Entscheidung bzw. des Vorschlages für eine Entscheidung eine Beschwerde im Hinblick auf die Überprüfung der Entscheidung einlegen. Daraus sei zu folgern, dass die Netzbetreiber ein subjektiv-öffentliches Recht auf eine gesetzmäßige Bestimmung der Tarife hätten und die Mitgliedsstaaten ein Rechtsschutzsystem vorzusehen hätten, das eine effektive Überprüfung der Entscheidung der Regulierungsbehörden sicherstelle. Dieses Rechtsschutzsystem sei in Österreich nur gewährleistet, wenn die belangte Behörde über einen Antrag mit Bescheid absprechen müsse, da nur dann ein uneingeschränkter Zugang zu beiden Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts bestehe. Gemäß ihrem Art. 20 Abs. 1 sei diese Richtlinie von den Mitgliedsstaaten bis 1. Juli 2004 umzusetzen gewesen. Die von der Beschwerdeführerin gestellten Anträge beträfen keineswegs die Vorgehensweise der Kostenermittlung und somit lediglich eine Verfahrensfrage. Die Anträge zielten vielmehr auf die Einbeziehung von Kosten in die zu berücksichtigende Kostenbasis und die Ermittlung der Kostenbasis selbst ab. Da die Tarife gemäß dem bereits zitierten § 25 Abs. 2 ElWOG kostenorientiert zu bestimmen seien und dem Grundsatz der Kostenwahrheit zu entsprechen hätten, führten Änderungen der zu berücksichtigenden Kostenbasis eines Unternehmens daher auch unmittelbar zu anderen Tarifen. Die belangte Behörde wäre daher voraussichtlich zu anderen Tarifansätzen gelangt, hätte sie den Anträgen der Beschwerdeführerin stattgegeben. Die gegenständlichen Anträge der Beschwerdeführerin seien daher Anträge auf Bestimmung des Systemnutzungstarifs im Sinne des § 55 Abs. 1 ElWOG. Gemäß § 25 Abs. 1 und 4 ElWOG könnten zwar die Systemnutzungstarife mit Verordnung festgelegt werden, ein Bescheid müsse jedoch dann erlassen werden, wenn ein Netzbetreiber die Bestimmung von Tarifen gemäß § 55 ElWOG beantragt habe.

Die belangte Behörde gehe davon aus, dass die Anträge der Beschwerdeführerin auf bescheidmäßige Feststellung einer bestimmten Vorgehensweise für die Tarifermittlung gerichtet seien. Die Beschwerdeführerin habe aber niemals einen derartigen Feststellungsbescheid beantragt. Ihre Anträge richteten sich vielmehr unmittelbar auf die Einbeziehung bestimmter Kosten in die der Tarifierung zu Grunde zu legende Kostenbasis und die Ermittlung der Kostenbasis selbst. Die Anträge der Beschwerdeführerin beträfen daher die Bestimmung der Systemnutzungstarife unter Zugrundelegung einer anderen Kostenbasis und zielten somit auf die Erlassung eines Gestaltungsbescheides und nicht auf die Erlassung eines Feststellungsbescheides ab. Die belangte Behörde habe daher auch nicht über einen Antrag abgesprochen, den die Beschwerdeführerin gestellt habe. Sie habe daher eine Entscheidungskompetenz in Anspruch genommen, die ihr nicht zustehe.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Von folgender Rechtslage ist im Beschwerdefall auszugehen:

Energieregulierungsbehördengesetz

(Energieliberalisierungsgesetz), BGBl. I Nr. 121/2000, in der Fassung BGBl. I Nr. 148/2002:

"Aufgaben der Energie-Control Kommission

§ 16. (1) (Verfassungsbestimmung) Der Energie-Control Kommission sind folgende Aufgaben zugewiesen:

...

2. die Bestimmung der Systemnutzungstarife und sonstiger Tarife gemäß § 25 ElWOG sowie die Bestimmung von Tarifen und Verrechnungsgrundsätzen bei Regelzonen überschreitenden Lieferungen von elektrischer Energie;

...

Verfahrensvorschriften, Instanzenzug

§ 20. (1) Sofern dieses Bundesgesetz, das ElWOG oder das GWG nichts anderes bestimmen, wendet die Energie-Control Kommission das AVG an.

(2) Die Energie-Control Kommission entscheidet jeweils in oberster Instanz. Ihre Entscheidungen unterliegen nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg; die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ist jedoch zulässig."

Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz, BGBl. I Nr. 143/1998 in der Fassung BGBl. I Nr. 149/2002 (in der Folge ElWOG):

"Bestimmung der Systemnutzungstarife

§ 25. (unmittelbar anwendbares Bundesrecht) (1) Das für die Netznutzung zu entrichtende Entgelt bestimmt sich aus dem

1.

Netznutzungsentgelt;

2.

Netzbereitstellungsentgelt;

3.

Netzverlustentgelt;

4.

Systemdienstleistungsentgelt;

5.

Entgelt für Messleistungen;

6.

Netzzutrittsentgelt sowie

7.

gegebenenfalls dem Entgelt für internationale Transaktionen.

Die in den Z. 1 bis 4 sowie Z. 7 angeführten Entgelte sind unter Zugrundelegung eines Tarifes zu ermitteln, der von der Elektrizitäts-Control Kommission durch Verordnung oder Bescheid zu bestimmen ist. Das unter Z. 6 angeführte Entgelt ist aufwandsorientiert zu verrechnen, wobei eine Pauschalierung der Netzbetreiber für jene Netzbenutzer, die an eine unter Abs. 5 Z. 6 angeführte Netzebene angeschlossen sind, anheim gestellt ist. Das unter Z. 5 angeführte Entgelt ist grundsätzlich aufwandsorientiert zu verrechnen, wobei von der Elektrizitäts-Control Kommission durch Verordnung oder Bescheid Höchstpreise bestimmt werden können.

(2) Die Systemnutzungstarife sind kostenorientiert zu bestimmen und haben dem Grundsatz der Kostenwahrheit zu entsprechen. Die Bestimmung der Preise unter Zugrundelegung einer Durchschnittsbetrachtung, die von den Kosten eines rationell geführten, vergleichbaren Unternehmens ausgeht, ist zulässig. Weiters können der Preisbestimmung Zielvorgaben zu Grunde gelegt werden, die sich am Einsparungspotential der Unternehmen orientieren (Produktivitätsabschläge). Die den Preisansätzen zu Grunde liegende Tarifstruktur ist einheitlich zu gestalten und hat eine Vergleichbarkeit der mit den Leistungen korrespondierenden Preisansätzen aller Netzbetreiber zu ermöglichen.

(3) Die Systemnutzungstarife haben dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Systembenutzer zu entsprechen. Die für den Netzzugang geltenden Systemnutzungstarife sind als Festpreise zu bestimmen.

(4) Die Elektrizitäts-Control Kommission hat jedenfalls Systemnutzungstarife für Entnehmer und Einspeiser von elektrischer Energie durch Verordnung oder Bescheid zu bestimmen. Netzbetreiber gelten dabei als Entnehmer.

(5) Als Netzebenen, von denen bei der Bildung der Systemnutzungstarife auszugehen ist, werden bestimmt:

...

Preisbestimmung

§ 55. (unmittelbar anwendbares Bundesrecht) (1) Die für die Netznutzung geltenden Festpreise (Systemnutzungstarife) (§ 25) und sonstigen Tarife können von Amts wegen oder auf Antrag bestimmt werden. Anträge sind bei der Energie-Control GmbH einzubringen. Diese hat, soweit im Abs. 3 nichts anderes bestimmt ist, vor jeder Preisbestimmung ein der Begutachtung durch den Elektrizitätsbeirat vorgelagertes Ermittlungsverfahren durchzuführen, in dem die Partei zu hören und den Vertretern der im § 26 Abs. 3 Z. 1, 2 und 4 des Bundesgesetzes über die Aufgaben der Regulierungsbehörden im Elektrizitäts- und Erdgasbereich und die Errichtung der Energie-Control GmbH und der Energie-Control Kommission (Energie-Regulierungsbehördengesetz - E-RBG), in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 148/2002 genannten Bundesministerien und Körperschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist. Antragsberechtigt sind die betroffenen Unternehmen sowie die Wirtschaftskammer Österreich, die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, die Bundesarbeitskammer und der Österreichische Gewerkschaftsbund.

(2) Nach Abschluss des der Begutachtung im Elektrizitätsbeirat vorgelagerten Ermittlungsverfahrens sind sämtliche Unterlagen dem Elektrizitätsbeirat zur Begutachtung vorzulegen. Der Vorsitzende kann zur Beratung im Elektrizitätsbeirat auch Sachverständige beiziehen.

..."

Festzuhalten ist, dass die von der belangten Behörde beschlossene und im Amtsblatt der Wiener Zeitung vom 9. Oktober 2003 kundgemachte Systemnutzungstarife-Verordnung 2003, SNT-VO 2003, auf Grund einer Beschwerde der auch hier beschwerdeführenden Partei vom Verfassungsgerichtshof überprüft wurde. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Dezember 2005, V 17/04, Slg 17.661, wurden die Anträge der Beschwerdeführerin teilweise abgewiesen und teilweise zurückgewiesen.

Zu der oben dargestellten Rechtslage des § 25 ElWOG hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 10. Dezember 2003, B 1567/03 u.a., Slg 17.087, ausgeführt, dass der Gesetzgeber der Energie-Control Kommission bei Bestimmung der Systemnutzungstarife für Entnehmer und Einspeiser von elektrischer Energie eine Wahlmöglichkeit zwischen den Rechtssatzformen der Verordnung und des Bescheides eingeräumt hat. Die Energie-Control Kommission hat dabei zu berücksichtigen, inwieweit der Verwaltungsakt bloß die Rechtsverhältnisse einzelner Unternehmer gestaltet oder von allgemeiner wirtschaftlicher Bedeutung ist, insbesondere, ob er nur die Tarifierung eines Unternehmens betrifft oder ob er eine im öffentlichen Interesse gelegene Gesamttarifierung zum Gegenstand hat und damit die Interessen eines nach Gestaltungsmerkmalen bestimmten Personenkreises berührt, schließlich, welche der beiden Rechtssatzformen in der konkreten Situation zweckmäßiger ist. Bezüglich der von der belangten Behörde bei Erlassung der SNT-VO 2003 gewählten Vorgangsweise hat der Verfassungsgerichtshof festgehalten, dass die Energie-Control Kommission von ihrer Wahlmöglichkeit in verfassungskonformer Weise Gebrauch gemacht hat und zu Recht eine Verordnung zur Bestimmung des Systemnutzungstarifes erlassen hat. Eine Verordnung kann nicht mit Beschwerde nach Art. 144 B-VG bekämpft werden. Sie kann jedoch - sofern die Antragslegitimation gegeben ist - mit Antrag nach Art. 139 Abs. 1 letzter Satz B-VG angefochten werden. Die Legitimation der Beschwerdeführerin als Netzbetreiber zur Anfechtung der SNT-VO 2003 hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. Dezember 2005, V 17/04, Slg 17.661, für grundsätzlich gegeben erachtet.

Werden die Tarife - wie im vorliegenden Fall - durch Verordnung festgesetzt, so sind die Bestimmungen des AVG über das Ermittlungsverfahren nicht anzuwenden (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. März 2006, V 132/03). § 8 Abs. 1 Energie-Regulierungsbehördengesetz ist dahingehend auszulegen, dass er nicht für solche Verfahren gilt, die in die Erlassung einer Verordnung münden (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. März 2005, V 120/03, B 1726/03, Slg 17.517).

Macht die Energie-Control Kommission von der ihr eingeräumten Wahlmöglichkeit Gebrauch und setzt sie die Systemnutzungstarife in der Rechtssatzform einer Verordnung fest, kann daher die Beschwerdeführerin als Netzbetreiberin - selbst wenn sie einen Antrag auf Festsetzung der Systemnutzungstarife gemäß § 25 Abs. 1 ElWOG gestellt hat - nicht mehr in Parteirechten nach dem AVG verletzt sein. Ihr kommt auch kein Rechtsanspruch auf Erlassung eines Bescheides über die Systemnutzungstarife zu, weil die im Gesetz hiefür vorgesehenen Rechtssatzformen des Bescheides bzw. der Verordnung als gleichwertig angesehen werden, sofern die hiefür geforderten Voraussetzungen vorliegen (vgl. hiezu auch die hg. Beschlüsse vom 16. September 2003, Zl. 2003/05/0142, und 24. Februar 2004, Zl. 2003/05/0226). Durch die Erlassung einer Verordnung sind auch die Parteienanträge erledigt, insbesondere käme die von der Beschwerdeführerin angesprochene Möglichkeit einer Antragstellung nach § 73 AVG nicht in Betracht. Durch die hier erfolgte (zusätzliche) Zurückweisung konnte die Beschwerdeführerin nicht in ihren Rechten verletzt sein.

Die Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG (in der Folge kurz: EBRL) normiert keine Verpflichtung einer bescheidmäßigen Festsetzung der Systemnutzungstarife.

Gemäß Art. 20 Abs. 1 EBRL gewährleisten die Mitgliedstaaten die Einführung eines Systems für den Zugang Dritter zu den Übertragungs- und Verteilernetzen auf der Grundlage veröffentlichter Tarife. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass diese Tarife oder die Methoden zu ihrer Berechnung vor deren Inkrafttreten gemäss Artikel 23 genehmigt werden und dass die Tarife und - soweit nur die Methoden einer Genehmigung unterliegen - die Methoden vor ihrem Inkrafttreten veröffentlicht werden.

Gemäß Art. 23 Abs. 2 EBRL obliegt es den Regulierungsbehörden, "zumindest die Methoden zur Berechnung oder Festlegung folgender Bedingungen vor deren Inkrafttreten festzulegen oder zu genehmigen". Solche Bedingungen sind gemäß lit. a dieser Norm "die Bedingungen für den Anschluss an und den Zugang zu den nationalen Netzen, einschließlich der Tarife für die Übertragung und die Verteilung. Diese Tarife oder Methoden sind so zu gestalten, dass die notwendigen Investitionen in die Netze so vorgenommen werden können, dass die Lebensfähigkeit der Netze gewährleistet ist".

Mit dieser Genehmigungs- oder Festlegungskompetenz hat die Streitbeilegungskompetenz der Regulierungsbehörde nichts zu tun. Gemäß Art. 23 Abs. 5 kann jeder Betroffene, der hinsichtlich der in den Absätzen 1, 2 und 4 genannten Punkte eine Beschwerde gegen einen Übertragungs- oder Verteilernetzbetreiber hat, damit die Regulierungsbehörde befassen, die als Streitbeilegungsstelle innerhalb von zwei Monaten nach Eingang der Beschwerde eine Entscheidung trifft.

Gemäß Art. 23 Abs. 6 EBRL kann jeder Betroffene, der hinsichtlich einer gemäss den Absätzen 2, 3 oder 4 getroffenen Entscheidung über die Methoden oder, soweit die Regulierungsbehörde eine Anhörungspflicht hat, hinsichtlich der vorgeschlagenen Methoden beschwerdeberechtigt ist, längstens binnen zwei Monaten bzw. innerhalb einer von den Mitgliedstaaten festgelegten kürzeren Frist nach Veröffentlichung der Entscheidung bzw. des Vorschlags für eine Entscheidung eine Beschwerde im Hinblick auf die Überprüfung der Entscheidung einlegen. Eine Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.

Die hier gegenständliche VO beinhaltet keine Entscheidung über die Methoden, sondern allenfalls eine Festlegung von Bedingungen, nämlich von Tarifen, sodass, wie die belangte Behörde in der Gegenschrift richtig aufzeigt, Art. 23 Abs. 6 EBRL keine Anwendung findet. Darüber hinaus ist dort ja nur der Rechtsschutz, aber nicht die Entscheidungsform normiert; der Rechtsschutz wird aber durch Art. 139 B-VG hinreichend gewährleistet, zumal der Verfassungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom 17. März 2005 den Individualantrag ausdrücklich als zulässig erkannt hat.

Jedenfalls kann keinesfalls gesagt werden, dass das hier anzuwendende Rechtsschutzsystem den gemeinschaftsrechtlichen Prinzipien des Äquivalenz- und des Effektivitätsgebotes widersprechen würde. Die Möglichkeit der Überprüfung einer (innerstaatlichen) Verordnung durch den Verfassungsgerichtshof auf Grund einer Beschwerde eines Betroffenen gewährleistet die Effektivität des Gemeinschaftsrechtes.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Wien, am 21. Mai 2007

Schlagworte

Verordnungen Verhältnis Verordnung - Bescheid VwRallg4Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive BescheideIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005050015.X00

Im RIS seit

18.06.2007

Zuletzt aktualisiert am

21.02.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten