TE OGH 2003/12/2 10ObS250/03t

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Veröffentlicht am 02.12.2003
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Albert Ullmer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Romana M*****, ohne Beschäftigung, *****, vertreten durch Dr. Peter Bock, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Berufsunfähigkeitspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 4. Dezember 2002 (richtig wohl: 10. Juli 2003), GZ 8 Rs 144/02h-31, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Vorauszuschicken ist, dass die angefochtene Entscheidung der zweiten Instanz unzweifelhaft nach dem 31. 12. 2002 gefällt wurde, sodass nach der bereits maßgebenden Neuregelung der Revisionszulässigkeit im arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren durch die Zivilverfahrens-Novelle 2002, BGBl I 2002/76 (vgl Art XI Abs 6) die Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nur zulässig ist, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.Vorauszuschicken ist, dass die angefochtene Entscheidung der zweiten Instanz unzweifelhaft nach dem 31. 12. 2002 gefällt wurde, sodass nach der bereits maßgebenden Neuregelung der Revisionszulässigkeit im arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren durch die Zivilverfahrens-Novelle 2002, BGBl römisch eins 2002/76 vergleiche Art römisch XI Absatz 6,) die Revision nach Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nur zulässig ist, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.

Angebliche Verfahrensmängel erster Instanz, die - wie hier - vom Berufungsgericht verneint wurden, können nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senates auch im Verfahren nach dem ASGG nicht mehr mit Erfolg in der Revision geltend gemacht werden (SSV-NF 7/74 uva; RIS-Justiz RS0042963 [T47] und RS0043061). Dies gilt auch für eine unter dem Gesichtspunkt der Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz gerügte Verletzung der richterlichen Anleitungspflicht (10 ObS 151/03h ua; RIS-Justiz RS0043172 [T2]).

Ein Mangel des Berufungsverfahrens könnte daher nur dann vorliegen, wenn das Berufungsgericht infolge unrichtiger Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften eine Erledigung der Mängelrüge unterlassen oder sie mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen hätte (SSV-NF 15/13 mwN; RIS-Justiz RS0043086 [T7 und T8]; jüngst 10 ObS 198/03w). Richtig ist, dass eine für die Entscheidung erhebliche Aktenwidrigkeit als Verstoß gegen den tragenden Verfahrensgrundsatz des § 498 Abs 1 ZPO auch im Wege der außerordentlichen Revision wahrgenommen werden kann (SZ 59/92; SZ 63/178 ua; RIS-Justiz RS0042155). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Selbst wenn man nämlich mit den Ausführungen der Revisionswerberin davon ausgeht, dass sich ihre Erklärung in der Tagsatzung vom 23. 1. 2002, "keine Fragen mehr an Sachverständigen zu haben", entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes nur auf die zuvor vorgetragenen medizinischen Sachverständigengutachten und nicht auch auf das erst in der Folge verlesene berufskundliche Sachverständigengutachten bezogen habe, sind die weiteren Ausführungen des Berufungsgerichtes zu berücksichtigen, wonach sich für eine bei der Klägerin vorliegende organisch bedingte Harninkontinenz im Beweisverfahren kein Anhaltspunkt ergeben habe und allfällige aus einer - in besonderen (Stress-)Situationen auftretenden - Harninkontinenz resultierende Einschränkungen ohnehin bereits im neurologisch-psychiatrischen Gutachten berücksichtigt worden seien. In diesem Gutachten findet sich in der Anamnese die Angabe der Klägerin, sie könne den Urin nicht halten, obwohl es dafür keine organische Ursache gebe. Das neurologisch-psychiatrische Gutachten enthält unter anderem eine Einschränkung des Leistungskalküls der Klägerin dahingehend, dass die Klägerin nur noch fallweise Arbeiten mit besonderem Zeitdruck verrichten kann. Da auch nach den eigenen Ausführungen der Klägerin in ihrer Berufung eine Harninkontinenz nur in Stresssituationen auftritt, die Verrichtung von Arbeiten unter Zeitdruck jedoch nach dem Leistungskalkül der Klägerin ohnedies weitgehend ausgeschlossen ist, kommt der Frage der Möglichkeit bzw Zumutbarkeit der Verwendung von Inkontinenzeinlagen keine entscheidungswesentliche Bedeutung mehr zu. Somit vermag die Revisionswerberin auch in diesem Zusammenhang keinen die Anrufung des Obersten Gerichtshofes rechtfertigenden erheblichen Verfahrensverstoß des Berufungsgerichtes aufzuzeigen.Ein Mangel des Berufungsverfahrens könnte daher nur dann vorliegen, wenn das Berufungsgericht infolge unrichtiger Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften eine Erledigung der Mängelrüge unterlassen oder sie mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen hätte (SSV-NF 15/13 mwN; RIS-Justiz RS0043086 [T7 und T8]; jüngst 10 ObS 198/03w). Richtig ist, dass eine für die Entscheidung erhebliche Aktenwidrigkeit als Verstoß gegen den tragenden Verfahrensgrundsatz des Paragraph 498, Absatz eins, ZPO auch im Wege der außerordentlichen Revision wahrgenommen werden kann (SZ 59/92; SZ 63/178 ua; RIS-Justiz RS0042155). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Selbst wenn man nämlich mit den Ausführungen der Revisionswerberin davon ausgeht, dass sich ihre Erklärung in der Tagsatzung vom 23. 1. 2002, "keine Fragen mehr an Sachverständigen zu haben", entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes nur auf die zuvor vorgetragenen medizinischen Sachverständigengutachten und nicht auch auf das erst in der Folge verlesene berufskundliche Sachverständigengutachten bezogen habe, sind die weiteren Ausführungen des Berufungsgerichtes zu berücksichtigen, wonach sich für eine bei der Klägerin vorliegende organisch bedingte Harninkontinenz im Beweisverfahren kein Anhaltspunkt ergeben habe und allfällige aus einer - in besonderen (Stress-)Situationen auftretenden - Harninkontinenz resultierende Einschränkungen ohnehin bereits im neurologisch-psychiatrischen Gutachten berücksichtigt worden seien. In diesem Gutachten findet sich in der Anamnese die Angabe der Klägerin, sie könne den Urin nicht halten, obwohl es dafür keine organische Ursache gebe. Das neurologisch-psychiatrische Gutachten enthält unter anderem eine Einschränkung des Leistungskalküls der Klägerin dahingehend, dass die Klägerin nur noch fallweise Arbeiten mit besonderem Zeitdruck verrichten kann. Da auch nach den eigenen Ausführungen der Klägerin in ihrer Berufung eine Harninkontinenz nur in Stresssituationen auftritt, die Verrichtung von Arbeiten unter Zeitdruck jedoch nach dem Leistungskalkül der Klägerin ohnedies weitgehend ausgeschlossen ist, kommt der Frage der Möglichkeit bzw Zumutbarkeit der Verwendung von Inkontinenzeinlagen keine entscheidungswesentliche Bedeutung mehr zu. Somit vermag die Revisionswerberin auch in diesem Zusammenhang keinen die Anrufung des Obersten Gerichtshofes rechtfertigenden erheblichen Verfahrensverstoß des Berufungsgerichtes aufzuzeigen.

Gemäß § 256 Abs 1 ASVG idF des StrukturanpassungsG 1996, BGBl 1996/201, gebührt die Invaliditätspension grundsätzlich nur mehr befristet für die Dauer von längstens 24 Monaten ab dem Stichtag. Es bedarf daher für eine entsprechende Befristung der Pension entgegen der Ansicht der Revisionswerberin keines ausdrücklichen Prozessvorbringens der Beklagten. Ohne zeitliche Befristung wäre die Pension nur dann zuzuerkennen, wenn auf Grund des körperlichen oder geistigen Zustandes dauernde Invalidität anzunehmen wäre (§ 256 Abs 2 ASVG). Dass diese anspruchsbegründende Tatsache der dauernden Invalidität im vorliegenden Fall nicht erwiesen ist, geht zu Lasten der Revisionswerberin, die insoweit die objektive Beweislast trifft (vgl 10 ObS 117/03h; 10 ObS 344/02i; 10 ObS 130/01t).Gemäß Paragraph 256, Absatz eins, ASVG in der Fassung des StrukturanpassungsG 1996, BGBl 1996/201, gebührt die Invaliditätspension grundsätzlich nur mehr befristet für die Dauer von längstens 24 Monaten ab dem Stichtag. Es bedarf daher für eine entsprechende Befristung der Pension entgegen der Ansicht der Revisionswerberin keines ausdrücklichen Prozessvorbringens der Beklagten. Ohne zeitliche Befristung wäre die Pension nur dann zuzuerkennen, wenn auf Grund des körperlichen oder geistigen Zustandes dauernde Invalidität anzunehmen wäre (Paragraph 256, Absatz 2, ASVG). Dass diese anspruchsbegründende Tatsache der dauernden Invalidität im vorliegenden Fall nicht erwiesen ist, geht zu Lasten der Revisionswerberin, die insoweit die objektive Beweislast trifft vergleiche 10 ObS 117/03h; 10 ObS 344/02i; 10 ObS 130/01t).

Die außerordentliche Revision der Klägerin ist daher mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO als unzulässig zurückzuweisen.Die außerordentliche Revision der Klägerin ist daher mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO als unzulässig zurückzuweisen.

Die Klägerin erachtet sich in ihren Revisionsausführungen aber auch dadurch beschwert, dass ihr im Hinblick auf die zweimalige Aufhebung von Entscheidungen des Berufungsgerichtes durch den Obersten Gerichtshof, die damit verbundene Dauer des Rechtsmittelverfahrens und das nach dem 31. 12. 2002 liegende Datum der Entscheidung zweiter Instanz die Vollrevision nach § 46 Abs 3 ASGG nicht mehr zur Verfügung steht. Die Klägerin regt daher an, der Oberste Gerichtshof möge bezüglich der relevanten Übergangsbestimmung des Art XI Abs 6 der Zivilverfahrens-Novelle 2002 beim Verfassungsgerichtshof einen Gesetzesprüfungsantrag stellen.Die Klägerin erachtet sich in ihren Revisionsausführungen aber auch dadurch beschwert, dass ihr im Hinblick auf die zweimalige Aufhebung von Entscheidungen des Berufungsgerichtes durch den Obersten Gerichtshof, die damit verbundene Dauer des Rechtsmittelverfahrens und das nach dem 31. 12. 2002 liegende Datum der Entscheidung zweiter Instanz die Vollrevision nach Paragraph 46, Absatz 3, ASGG nicht mehr zur Verfügung steht. Die Klägerin regt daher an, der Oberste Gerichtshof möge bezüglich der relevanten Übergangsbestimmung des Art römisch XI Absatz 6, der Zivilverfahrens-Novelle 2002 beim Verfassungsgerichtshof einen Gesetzesprüfungsantrag stellen.

Diesen Ausführungen der Klägerin ist entgegenzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes Art 6 EMRK keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von Rechtsmittelbeschränkungen rechtfertigt (RIS-Justiz RS0044057, RS0074833). Unter der Voraussetzung, dass der Zugang zu den Gerichten gewahrt ist, bleibt nämlich die weitere Ausgestaltung der Gerichtsbarkeit dem Ermessen der Staaten überlassen. Art 6 EMRK enthält zur Frage der Anfechtbarkeit gerichtlicher Entscheidungen keinen Hinweis (RIS-Justiz RS0043962). Das Recht auf Zugang zu den Gerichten gewährt kein Recht auf einen Instanzenzug oder - wo ein solcher besteht - auf Gerichtsbarkeit in allen Instanzen (9 Ob 78/03s; SZ 64/1 ua; RIS-Justiz RS0043962, RS0079186). Der Instanzenzug kann daher durch ein einfaches Gesetz abgekürzt werden. Dass dies hinsichtlich bereits anhängiger Prozesse nicht zulässig sein sollte, kann aus keiner Bestimmung des B-VG entnommen werden (EvBl 1972/344; RIS-Justiz RS0042729). Es entspricht auch zwangsläufig der Rechtsnatur von Übergangsbestimmungen, an bestimmte Termine anzuknüpfen, sodass darin eine allfällige Verletzung des Sachlichkeitsgebotes, das nur willkürliche, unsachliche Differenzierungen unter den Staatsbürgern auf dem Gebiet der Normsetzung und des Normvollzuges verbietet, nicht erblickt werden kann (9 ObA 156/87 ua). Folglich bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die durch die ZVN 2002 erfolgte Abschaffung der bisher möglichen Vollrevision nach § 46 Abs 3 ASGG und die entsprechende Übergangsbestimmung des Art XI Abs 6 ZVN 2002.Diesen Ausführungen der Klägerin ist entgegenzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes Artikel 6, EMRK keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von Rechtsmittelbeschränkungen rechtfertigt (RIS-Justiz RS0044057, RS0074833). Unter der Voraussetzung, dass der Zugang zu den Gerichten gewahrt ist, bleibt nämlich die weitere Ausgestaltung der Gerichtsbarkeit dem Ermessen der Staaten überlassen. Artikel 6, EMRK enthält zur Frage der Anfechtbarkeit gerichtlicher Entscheidungen keinen Hinweis (RIS-Justiz RS0043962). Das Recht auf Zugang zu den Gerichten gewährt kein Recht auf einen Instanzenzug oder - wo ein solcher besteht - auf Gerichtsbarkeit in allen Instanzen (9 Ob 78/03s; SZ 64/1 ua; RIS-Justiz RS0043962, RS0079186). Der Instanzenzug kann daher durch ein einfaches Gesetz abgekürzt werden. Dass dies hinsichtlich bereits anhängiger Prozesse nicht zulässig sein sollte, kann aus keiner Bestimmung des B-VG entnommen werden (EvBl 1972/344; RIS-Justiz RS0042729). Es entspricht auch zwangsläufig der Rechtsnatur von Übergangsbestimmungen, an bestimmte Termine anzuknüpfen, sodass darin eine allfällige Verletzung des Sachlichkeitsgebotes, das nur willkürliche, unsachliche Differenzierungen unter den Staatsbürgern auf dem Gebiet der Normsetzung und des Normvollzuges verbietet, nicht erblickt werden kann (9 ObA 156/87 ua). Folglich bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die durch die ZVN 2002 erfolgte Abschaffung der bisher möglichen Vollrevision nach Paragraph 46, Absatz 3, ASGG und die entsprechende Übergangsbestimmung des Art römisch XI Absatz 6, ZVN 2002.

Textnummer

E71628

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:010OBS00250.03T.1202.000

Im RIS seit

01.01.2004

Zuletzt aktualisiert am

07.02.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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