Index
L00014 Landesverfassung Oberösterreich;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der Ulrich Lell GmbH in Ansfelden, vertreten durch Dr. Gunther Huber, Rechtsanwalt in 4050 Traun, Heinrich-Gruber-Straße 1, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 16. Mai 2003, Zl. BauR-013094/1-2003-Um/Vi, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien:
1. Gerlinde Sailer, 2. Wolfgang Autengruber, beide in 4052 Ansfelden, Freindorferstrasse 13, 3. Stadtgemeinde Ansfelden, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 49), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Stadtgemeinde in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Stadtgemeinde wird abgewiesen.
Begründung
Auf dem hier gegenständlichen Baugrundstück in Ansfelden (Nr. .251, KG Freindorf), einer von der Freindorferstraße und der Zeughausgasse umgebenen Eckparzelle, bestand laut dem im Akt erliegenden Bestandsplan vom 31. Juli 1986 ein Zeughaus der freiwilligen Feuerwehr. Dieses Gebäude war ebenerdig mit einem Dachboden ohne besondere Nutzung.
Nachdem die Erst- und der Zweitmitbeteiligte (Bauwerber) dieses Grundstück erworben hatten, suchten sie am 26. Juli 1990 um die Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung eines Wohnungseinbaues in das ehemalige Feuerwehrgebäude an. Das Projekt sah ohne Veränderung des äußeren Umrisses umfangreiche - einer Wohngebäudenutzung entsprechende - Veränderungen im Erdgeschoß vor. An der Bauverhandlung nahmen die Eigentümer des an der Zeughausgasse gegenüberliegenden Grundstückes Nr. 2767/1, Ulrich und Anneliese Lell, teil. Sie wendeten ein, das Gebäude stehe unmittelbar an der Freindorferstraße, der Zufahrt für Schwerverkehr zur Firma G. F. Lell. Möglichkeiten für einen Lärmschutz auf dem Grundstück seien nicht vorhanden. Diese Nachbarn forderten, die Aussage, dass Belästigungen durch erhöhten Fabriksverkehr die Bauwerber nicht störten, für die Bauwerber und deren Rechtsnachfolger ins Grundbuch eintragen zu lassen.
Mit Bescheid vom 13. August 1990 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde antragsgemäß die begehrte Baubewilligung, wobei die Einwendungen der Nachbarn Lell als unzulässig zurückgewiesen wurden. Dieser Bescheid wurde den genannten Nachbarn zugestellt.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2001 suchten die Bauwerber um die Erteilung der Baubewilligung für einen Garagenzubau und den Dachgeschoßausbau auf ihrem Grundstück Nr. .251 an. Nach dem Bauplan soll das Dachgeschoß zwei Zimmer, zwei Abstellräume und einen Trockenraum enthalten; außerdem ist an allen Seiten der Einbau von Fenstern vorgesehen. Die Baubehörde führte, da die (unmittelbaren) Nachbarn durch ihre Unterschrift am Bauplan erklärt hatten, gegen das Bauvorhaben keine Einwendungen zu erheben, keine mündliche Verhandlung durch. Ein von der Baubehörde beigezogener Sachverständiger stellte fest, dass das Vorhaben der Flächenwidmung "Wohngebiet" entspreche. Mit Bescheid vom 21. Jänner 2002 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde antragsgemäß die begehrte Baubewilligung.
Anneliese Lell, die, wie aus einem von der mitbeteiligten Stadtgemeinde dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Grundbuchsauszug ersichtlich ist, inzwischen Alleineigentümerin des Grundstückes Nr. 2767/1 geworden war, war an diesem Verfahren nicht beteiligt; insbesondere hat sie den Bauplan nicht unterschrieben. Im Gegensatz zum Lageplan, der der Baubewilligung aus 1990 zu Grunde lag, ist aus dem der Baubewilligung vom 21. Jänner 2002 zu Grunde liegenden Lageplan zu entnehmen, dass das zuletzt genannte Grundstück nicht unmittelbar an die öffentliche Verkehrsfläche Zeughausgasse anschließt, sondern sich dazwischen die weitere lange schmale Parzelle Nr. 2767/6 befindet, die gleichfalls der Anneliese Lell gehört.
Die Beschwerdeführerin zeigte mit Schreiben vom 14. Juni 2002 der Baubehörde an, dass auf dem Baugrundstück Fenster und Dachgeschoßausbauten durchgeführt worden seien. Diese Umbauten würden eventuell eine andere Dimensionierung der bewilligten Lärmschutzwand erforderlich machen. Bei der Bauverhandlung sei die Beschwerdeführerin jedoch nicht eingeladen worden. Sie stellte den Antrag auf Parteistellung "im Wege der Oö. Bauordnung", Zustellung der entsprechenden Bewilligungsbescheide und Untersagung der zusätzlichen Fenstereinbauten, da sich die Bauwerber immer wieder durch den Betriebslärm der Beschwerdeführerin gestört fühlten.
In einem weiteren Schreiben vom 1. Juli 2002 führte die Beschwerdeführerin aus, die Bauwerber würden immer wieder gegen ihre Betriebsanlage Einwendungen im gewerberechtlichen Verfahren erheben. Es habe eine Lärmschutzwand anhand der Zeughausstraße errichtet werden müssen, die so bemessen sei, dass der Nachbar in 1,50 m Höhe vor Lärm aus der Betriebsanlage geschützt sei. Durch den Einbau von Dachfenstern werde als Schutzbereich die Höhe der Dachfenster herangezogen, was eine Erhöhung der Lärmschutzwand nach sich ziehen würde. Wenn die Bauwerber als Nachbarn der Betriebsanlage im Gewerbeverfahren Parteistellung hätten, die Betriebsinhaber aber nicht im Bauverfahren, sei die Bauordnung verfassungswidrig.
Mit Bescheid vom 5. August 2002 wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde die drei im Schreiben vom 14. Juni 2002 formulierten Anträge ab. Es habe sich um ein vereinfachtes Baubewilligungsverfahren gehandelt, bei welchem die Zustimmung der Nachbarn durch deren Unterschrift auf dem Bauplan erteilt worden sei. Nachbarn seien nur die Eigentümer von Grundstücken, die unmittelbar an das Baugrundstück angrenzten.
§ 31 Abs. 5 Oö. BauO sei nicht zur Anwendung gekommen, weil es sich um keinen Neubau gehandelt habe. Das Baugrundstück sei von keinem Grundstück der Beschwerdeführerin umfasst, weshalb der Beschwerdeführerin keine Parteistellung zukomme.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, ihre Nachbareigenschaft sei nicht mit einem unmittelbaren Angrenzen an das Baugrundstück verknüpft; selbst wenn sich zwischen diesem und ihrer Betriebsanlage eine öffentliche Straße befände, bleibe es evident, dass sich betriebliche Immissionen dennoch auf die Wohnbebauung auswirken könnten.
Mit Bescheid vom 13. Dezember 2002, Spruchpunkt I, gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde dieser Berufung keine Folge. Es komme nur eine Nachbarstellung nach § 31 Abs. 5 Oö. BauO in Frage, die aber hier nicht gegeben sei, weil kein Neubau eines Wohngebäudes bewilligt worden sei. Die Nutzungsänderung von einem Feuerwehrhaus auf ein Wohngebäude sei schon lange vor dem nunmehr gegenständlichen Verfahren erfolgt.
In ihrer dagegen erhobenen Vorstellung führte die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes aus, dass es allein darauf ankomme, ob das Grundstück eine in Bezug auf die jeweils relevante Immission empfindliche Bebauung aufweise. Werde daher wie hier auf einem an Betriebsanlagen angrenzenden Grundstück, das früher einmal betrieblich als Feuerwehrhaus genutzt wurde, ein Wohngebäude errichtet, so lasse der nun beabsichtigte nachträgliche Dachflächenfenstereinbau sehr wohl strengere Auflagen durch die Gewerbebehörde erwarten. Es könne daher unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes keinen Unterschied machen, ob dieses Wohngebäude neu oder sonst wie durch Umbau errichtet oder verändert worden sei, sofern es nur eine auf die jeweils relevante Immission empfindliche Bebauung aufweise. Weder die Beschwerdeführerin noch irgendeine ihr zurechenbare Rechtsvorgängerin hätten im seinerzeitigen Bauverfahren Einwendungen erhoben; Anneliese und Friedrich Lell hätten lediglich als Privatpersonen nachbarrechtliche Einwände erhoben. Zu dem nach § 31 Abs. 5 Oö. BauO geforderten Immissionsnachweis wurde auf eine in einem anderen Bauakt erliegende Stellungnahme eines technischen Büros verwiesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Vorstellung keine Folge. Nach dem klaren Wortlaut des § 31 Abs. 5 Oö. BauO setze die Möglichkeit der Berücksichtigung von Einwendungen im Sinne dieser Gesetzesbestimmung den Neubau von Wohngebäuden auf bisher unbebauten Grundstücken voraus. Auch unter Bedachtnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. Juni 2000, B 2815/97, sei davon auszugehen, dass ein Grundstück nur dann als bisher unbebaut zu gelten hätte, wenn es keine in Bezug auf die jeweils relevante Emission empfindliche Bebauung aufweise. Von einem Neubau eines Wohngebäudes könne dann nicht gesprochen werden, wenn lediglich bauliche Änderungen an einem bereits bestehenden Wohngebäude vorgenommen würden. Hier bestehe bereits ein Wohngebäude. Ob eine der Rechtsvorgängerinnen der Beschwerdeführerin vom Bauvorhaben aus 1990 ausgeschlossen gewesen sei, werde in einem anderen Verfahren, betreffend Zuerkennung der Parteistellung dafür, entschieden.
Die Beschwerdeführerin erhob dagegen zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung dieser Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. September 2004, B 917/03, zur Entscheidung ab. Es sei nicht gleichheitswidrig, dass der Wortlaut des § 31 Abs. 5 Oö. BauO eine Auslegung im Sinne einer Zulässigkeit der Einwendungen der beschwerdeführenden Gesellschaft ausschließe, da hier durch den bloßen Umbau von Wohngebäuden keine wesentliche Vergrößerung der Belastung der Bewohner durch Emissionen, die von einem benachbarten Betrieb ausgingen, eintrete.
In ihrer Beschwerdeergänzung erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Parteistellung gemäß § 31 Abs. 1 Oö. BauO verletzt. Sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, wie auch die mitbeteiligte Stadtgemeinde, eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zur Frage, welches Grundstück der Beschwerdeführerin gehört, wurden keine Feststellungen getroffen. Die Beschwerdeführerin hat sich in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof damit begnügt, sich als "Eigentümerin der benachbarten Betriebsanlage" zu deklarieren; in der Beschwerdeergänzung an den Verwaltungsgerichtshof finden sich dazu keine Ausführungen. Die mitbeteiligte Stadtgemeinde hat hingegen in der Gegenschrift unter Vorlage zahlreicher Grundbuchsauszüge den Grundbuchsstand dargetan. Daraus ergibt sich, dass sich nunmehr zwischen dem öffentlichen Gut Zeughausstraße und der schon genannten langen schmalen Parzelle Nr. 2767/6, die wie die daran schließende, 5121 m2 große, landwirtschaftlich genutzte Parzelle Nr. 2767/1, der Anneliese Lell gehört, eine weitere lange schmale Parzelle, nämlich das Grundstück Nr. 2767/9, landwirtschaftlich genutzt, mit einer Größe von 207 m2 befindet. Dazu hat die mitbeteiligte Stadtgemeinde vorgebracht, dass laut TZ 1851/2003 die Beschwerdeführerin erst seit 3. Juli 2003, also nach Erlassung des hier ergangenen Berufungsbescheides, Grundeigentümerin sei.
Das hier gegenständliche Verfahren wurde durch die Anträge der Beschwerdeführerin vom 14. Juni 2002 auf Zuerkennung der Parteistellung, Zustellung der entsprechenden Bewilligungsbescheide und Untersagung der zusätzlichen Fenstereinbauten eingeleitet, wobei in diesem Schreiben ausdrücklich auf Umbauten im Dachgeschoß des gegenständlichen Wohngebäudes Bezug genommen wurde. Auf die im 3. Punkt dieses Antrages geforderte "Untersagung der zusätzlichen Fenstereinbauten" ist ein Rechtsanspruch der Beschwerdeführerin von vornherein ausgeschlossen, weil auf die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages zur Untersagung der Bauausführung kein Rechtsanspruch besteht; weder der Nachbar noch ein Miteigentümer noch ein Bestandnehmer haben einen Anspruch auf einen baupolizeilichen Auftrag (siehe die Nachweise bei Neuhofer, Oö. Baurecht 2000, 269).
Die Absätze 1 und 5 des § 31 der Oö. Bauordnung 1994 idF LGBl. Nr. 70/1998 (BO) lauteten:
"(1) Nachbarn sind
1. bei Wohngebäuden einschließlich der zugehörigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge sowie der allenfalls vorgeschriebenen Neben- und Gemeinschaftsanlagen: die Eigentümer und Miteigentümer der Grundstücke, die an das zu bebauende Grundstück unmittelbar angrenzen (Anrainer);
2. bei allen anderen Bauvorhaben sowie für die Nachbarrechte im Sinn des Abs. 5: zusätzlich jene Eigentümer und Miteigentümer der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens 50 Meter entfernt sind, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass diese Eigentümer und Miteigentümer durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können.
Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern gleichgestellt.
(5) Beim Neubau von Wohngebäuden auf bisher unbebauten Grundstücken (heranrückende Bebauung) sind auch Einwendungen zu berücksichtigen, mit denen Immissionen geltend gemacht werden, die von einer bestehenden benachbarten Betriebsanlage ausgehen und auf das geplante Bauvorhaben einwirken. Dies gilt jedoch nur für Immissionen, die auf Grund rechtskräftiger Bescheide zulässig sind. In diesem Fall hat der Nachbar die entsprechenden Nachweise beizubringen."
Parteistellung kam nach der hier noch anzuwendenden Bestimmung des § 31 Abs. 1 Z. 1 BO nur dem Eigentümer des unmittelbar angrenzenden Grundstückes zu. Die Beschwerdeführerin hat zwar niemals, auch nicht vor dem Verwaltungsgerichtshof, offen gelegt, welche Grundstücke ihr gehören; es steht aber nach dem durchgeführten Verwaltungsverfahren fest, dass ihr kein an das Baugrundstück angrenzendes Grundstück gehört. Sie konnte daher nicht Partei im Sinne der zuletzt genannten Bestimmung sein.
Ob der Beschwerdeführerin im Sinne des § 31 Abs. 1 Z. 2 BO ein Grundstück mit einer Betriebsanlage gehört, welches vom Baugrundstück höchstens 50 m entfernt ist, wurde im Verwaltungsverfahren nicht festgestellt. Einer solchen Feststellung bedarf es aber dann nicht, wenn ein Fall des § 31 Abs. 5 BO gar nicht vorliegt.
Diese Bestimmung stellt auf den Neubau von Wohngebäuden ab. Ein "Neubau" ist nach der Begriffsbestimmung des § 2 Z. 32a Oö. BauTG die Herstellung eines Gebäudes, und zwar auch dann, wenn nach Abtragung bestehender baulicher Anlage alte Fundamente oder Kellermauern ganz oder teilweise wieder benutzt werden; der "Umbau" nach Z. 40a leg. cit. ist eine so weitgehende bauliche Änderung eines Gebäudes, dass dieses nach der Änderung ganz oder in größeren Teilen (z.B. hinsichtlich eines Geschoßes) als ein anderes anzusehen ist. Es bedarf keiner weiteren Begründung, dass der hier vorliegende Dachgeschoßausbau als Umbau im Sinne der zuletzt zitierten Bestimmung zu qualifizieren ist.
Nach Auffassung der Beschwerdeführerin wäre der Begriff "Neubau von Wohngebäuden" derart auszulegen, dass es dabei allein darauf ankomme, ob es sich um eine in Bezug auf einen benachbarten Gewerbebetrieb relevante heranrückende Wohnbebauung handle oder nicht. Es komme nicht darauf an, ob ein Neu- oder ein Umbau vorliege, sondern allein darauf, ob die hier gegebene Neuerrichtung einer Dachgeschoßwohnung von dem bereits bestehenden Gewerbebetrieb berührt wird. Nicht nur der mit Bescheid aus 1990 bewilligte Einbau einer Erdgeschoßwohnung, sondern im Besonderen auch der nunmehr erfolgte Dachgeschoßausbau zu Wohnzwecken lasse strengere Auflagen durch die Gewerbebehörde befürchten. Durch die nach oben verlagerten Immissionspunkte würde eine Erhöhung der schon bestehenden Schallschutzwand gefordert werden.
Damit kann die Beschwerdeführerin nicht in Abrede stellen, dass § 31 Abs. 5 BO eben nur Neubauten, nicht aber Um- oder Zubauten oder sonstige Baumaßnahmen, mögen sie noch so sehr einer Immissionsbelastung durch den benachbarten Betrieb ausgesetzt sein, erfasst. Der Verfassungsgerichtshof hat im hier ergangenen Ablehnungsbeschluss ausgesprochen, dass diese im Gesetz vorgenommene Differenzierung dem Gleichheitsgebot angesichts dessen, dass es nur um den Umbau eines bereits konsensmäßig vorhandenen Wohnhauses geht, nicht widerspricht.
Die Beschwerdeführerin verweist auf den durch Art. 9 (richtig: Art. 10) Oö. Landesverfassungsgesetz 1991 gewährten umfassenden Umweltschutz. Davon seien Umweltbeeinträchtigungen bereits bestehender Bauten erfasst und es würde demnach für die Parteistellung einer benachbarten Betriebsanlage bereits genügen, wenn die bloße Möglichkeit bestehe, dass durch die hier geplante Dachgeschoßwohnung erhöhte Auflagen durch die Gewerbebehörde vorgeschrieben werden könnten.
Art. 10 Oö. Landesverfassungsgesetz in der Fassung LGBl. Nr. 6/2001 lautet:
"(1) Das Land Oberösterreich schützt Umwelt und Natur als Lebensgrundlagen des Menschen vor schädlichen Einwirkungen.
(2) Aufgabe aller Organe des Landes und der Gemeinden ist es, ihre Tätigkeit zum umfassenden Schutz der Umwelt so auszurichten, dass insbesondere die Natur einschließlich der Tier- und Pflanzenwelt, die Landschaft sowie die Luft, der Boden und das Wasser in ihrer natürlichen Beschaffenheit möglichst wenig beeinträchtigt und Störungen durch Lärm möglichst vermieden werden."
Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, inwieweit das dort formulierte Staatsziel zum umfassenden Schutz der Umwelt durch die so verstandene Regelung des § 31 Abs. 5 BO beeinträchtigt wird; die Umwelt würde nicht "besser" geschützt, wenn der Tatbestand neben Neubauten auch Umbauten von bestehenden Wohngebäuden erfasste.
Auch der Verfassungsgerichtshof hat sich in seinem zur Oö. BauO 1976 ergangenen Erkenntnis vom 7. Oktober 1992, VfSlg. 13.210, nicht auf diese landesverfassungsgesetzliche Bestimmung berufen. Damals gab es noch keine dem nunmehrigen § 31 Abs. 5 BO vergleichbare Bestimmung. Auch die Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes anlässlich der Aufhebung des § 23 Abs. 2 lit. b und Abs. 4 der Kärntner Bauordnung 1996 (Erkenntnis vom 26. Februar 2004, VfSlg. 17.143) können für die Beschwerdeführerin nicht nutzbar gemacht werden, weil der Verfassungsgerichtshof auch dort ausdrücklich auf den Fall der Errichtung eines Wohngebäudes und nicht etwa den Umbau eines Wohngebäudes abgestellt hat.
Die Beschwerdeführerin ist somit, unabhängig davon, welches Grundstück ihr gehört und inwieweit darauf eine Betriebsanlage besteht, keinesfalls Nachbar im Sinne der Abs. 1 und 5 des § 31 BO. Ihr wurde daher Parteistellung zu Recht verweigert; die Beschwerde erwies sich als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Stadtgemeinde war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer bereits in den Pauschalbeträgen der genannten Verordnung berücksichtigt ist.
Wien, am 21. Mai 2007
Schlagworte
Baurecht Baubefehl Polizeibefehl baupolizeilicher AuftragNachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Schutz vor Immissionen BauRallg5/1/6Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2Baurecht NachbarEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2004050236.X00Im RIS seit
22.06.2007Zuletzt aktualisiert am
31.03.2011