TE Vwgh Erkenntnis 2007/5/21 2006/16/0137

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Veröffentlicht am 21.05.2007
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
32/06 Verkehrsteuern;

Norm

EStG 1988 §21;
EStG 1988 §23;
KfzStG 1992 §2 Abs1 Z7;
StraBAG 1994 §2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des Finanzamtes Spittal Villach in Villach gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Klagenfurt, vom 30. Juni 2006, Zl. RV/0136-K/03, betreffend Kraftfahrzeugsteuer und Straßenbenützungsabgabe jeweils 1999, 2000, 2001 und Jänner bis September 2002 (mitbeteiligte Partei: FD in V, vertreten durch die Villacher Treuhand Dr. Nehsl und Partner Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. in 9500 Villach, Hausergasse 15), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Antrag des beschwerdeführenden Finanzamtes auf Zuerkennung des Schriftsatz- und Aktenvorlageaufwandes wird abgewiesen.

Begründung

Der Mitbeteiligte ist Eigentümer von land- und forstwirtschaftlichen Flächen von ca. 40 ha. Die auf diesen Flächen produzierten Urprodukte werden direkt vermarktet. Der Mitbeteiligte führte für den Urproduktionsbereich und die gewerbliche Direktvermarktung eine gemeinsame Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 und erklärte das Betriebsergebnis unter den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Den Gewinn aus dem forstwirtschaftlichen Betriebsteil erklärte er pauschaliert unter den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft.

Nach durchgeführter Betriebsprüfung schrieb das Finanzamt Villach dem Mitbeteiligten mit Bescheiden vom 9. Jänner 2001 Kraftfahrzeugsteuer und Straßenbenützungsabgabe jeweils für die Zeiträume 1999, 2000, 2001 und Jänner bis September 2002 vor. Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung habe sich durch die Direktvermarktung in Verbindung mit einem Umsatz von mehr als S 300.000,-- der Charakter des bisher landwirtschaftlichen Betriebes geändert und es liege ein Gewerbebetrieb vor. Da die Fahrzeuge (Zugmaschinen, Motorkarren samt Anhängern) ab dem Jahre 1999 somit in einem gewerblichen Betrieb verwendet worden seien, seien die Befreiungsbestimmungen des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1992 (KfzStG 1992) und des Straßenbenützungsabgabegesetzes (StraBaG) nicht mehr anzuwenden.

In der gegen diese Bescheide erhobenen Berufung brachte der Mitbeteiligte vor, dass der Wechsel der Besteuerungsart nicht als Änderung der Verhältnisse einzustufen sei. Auch eine Kapitalgesellschaft, welche einen Betrieb führe, auf den die Merkmale des § 22 Abs. 3 UStG zuträfen, habe zwar kraft Rechtsform ertragsteuerliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb, trotzdem komme aber dieser Körperschaft die Steuerbefreiung auf dem Gebiete der Kraftfahrzeugsteuer zu. Der bei der Betriebsprüfung mehrmals gemachte Hinweis, dass selbstverständlich neben der Direktvermarktung auch der Verkauf von landwirtschaftlichen Produkten aus der Urproduktion stattfinde, habe bei der rechtlichen Würdigung keinen Eingang gefunden. Ebenso sei nicht beachtet worden, dass die Straßentransporte mit einem betriebseigenen Lkw durchgeführt würden und nicht mit dem in Frage stehenden Traktor samt Anhänger. Der Traktor werde ausschließlich nur im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb eingesetzt. Schon aus diesem Grund sei die Steuerbefreiung nach § 2 Abs. 1 Z. 7 KfzStG 1992 anzuwenden. Der Charakter "land- und forstwirtschaftlicher Betrieb" ändere sich auf Grund des Übersteigens der Umsatzgrenze nicht, wenn auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt würden.

In einer Ergänzung der Berufung brachte der Mitbeteiligte vor, er betreibe nach wie vor in unveränderter Form einen landwirtschaftlichen Betrieb, in welchem er Teile der landwirtschaftlichen Urproduktion nach deren Be- und Verarbeitung einer Vermarktung zuführe. Teile der Urproduktion seien jedoch auch als unbearbeitete Produkte (Dinkel, Bohnen, Eier) vermarktet worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge und hob die angefochtenen Bescheide auf. In der Begründung heißt es, der Wortlaut der anzuwendenden Bestimmungen lasse keinen Zweifel darüber, dass der Verordnungsgeber von einer Trennung der land- und forstwirtschaftlichen Urproduktion und der gewerblichen Be- und/oder Verarbeitung von eigenen sowie zugekauften Urprodukten ausgehe. Bei der Beurteilung der Unterordnung gehe es auch um die Be- und/oder Verarbeitung des Urproduktes, nicht jedoch um das Schicksal der Urproduktion selbst. Daraus sei zu folgern, dass die Be- und/oder Verarbeitung von eigenen Urprodukten im Rahmen eines Gewerbebetriebes nicht zwangsläufig zur Folge habe, dass - von besonders gelagerten Fällen abgesehen - auch der vorgeschaltete Urproduktionsbereich zum Gewerbebetrieb werde. Die zum Themenkreis vorliegende höchstgerichtliche Rechtsprechung weise ebenfalls in diese Richtung, wenn der Verwaltungsgerichtshof darauf abstelle, ob der Erfolg der gesamtwirtschaftlichen Tätigkeit in der Urproduktion oder im weiteren Leistungsangebot liege und ob das weitere Leistungsangebot dazu bestimmt sei, den Absatz der selbst erzeugten Urprodukte zu fördern. Gerade letzteres erscheine im Beschwerdefall zweifelsfrei gegeben. Auch erscheine bei einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb in einer lebensfähigen Größe von 40 ha der Erfolg der gesamtwirtschaftlichen Tätigkeit dem Grunde nach und auf Dauer gesehen sicherlich bereits in der Urproduktion gelegen.

Dem vom Finanzamt ins Treffen geführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 1998, Zl. 97/16/0514, liege ein anders gelagerter Sachverhalt zu Grunde.

Die Betrachtung der wirtschaftlichen Tätigkeit des Mitbeteiligten lasse nach Ansicht der belangten Behörde die Annahme eines einheitlichen Gewerbebetriebes nicht zu. Die Urproduktion eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes dieser Größenordnung sei für sich allein in ihrem Umfang derart abgrenzbar, dass die Annahme eines einheitlichen Gewerbebetriebes eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung des Mitbeteiligten gegenüber jenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben vergleichbaren Umfangs bedeuten würde, die ihre Urprodukte auf anderen Wegen einer Verwertung zuführten. Wenn der Mitbeteiligte eine Be- und/oder Verarbeitung der von ihm urproduzierten Produkte durchführe, so bewerkstellige er dies unstrittig in einer steuerlich als Gewerbebetrieb zu beurteilenden Form. An der Tatsache, dass der Mitbeteiligte einen abgrenzbaren Urproduktionsbereich wie jeder andere Landwirt dieser Größenordnung unterhalte, welche unter die Einkunftsart Land- und Forstwirtschaft falle, vermöge dies nichts zu ändern. Der Umstand, dass der Mitbeteiligte im betreffenden Abgabenzeitraum eine gemeinsame Einnahmen-Ausgaben-Rechnung geführt habe, stehe dieser Betrachtung nur vordergründig entgegen. Eine Trennung der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung erscheine jederzeit möglich. Die vom Mitbeteiligten angesprochene Vorsteuer und AfA stünde ihm auch bei freiwilliger Führung von Aufzeichnungen sowie Verzicht auf die Umsatzsteuerpauschalierung zu. Die Erklärung des gesamten Betriebsergebnisses unter den Einkünften aus Gewerbebetrieb erscheine aus Sicht der vorstehenden Überlegungen zwar als unrichtig, vermöge jedoch den wahren wirtschaftlichen Gehalt des zu beurteilenden Sachverhaltes letztlich nicht zu verhüllen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Amtsbeschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Das beschwerdeführende Finanzamt stellte mit Schreiben vom 21. September 2006 den Antrag auf Zuerkennung des Schriftsatz- und Aktenvorlageaufwandes.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 lit. b KfzStG 1992 unterliegen der Kraftfahrzeugsteuer in einem inländischen Zulassungsverfahren zum Verkehr zugelassene Kraftfahrzeuge, die kraftfahrrechtlich als Zugmaschine oder Motorkarren genehmigt sind.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 7 KfzStG 1992 sind von der Steuer Zugmaschinen und Motorkarren, die ausschließlich oder vorwiegend in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden und ausschließlich von jenen gezogene Anhänger von der Steuer befreit.

Gemäß § 1 Abs. 1 StraBaG unterliegen der Straßenbenützungsabgabe die Benützung von Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland durch Kraftfahrzeuge und von diesen gezogenen Anhängern,

-

die in einem inländischen oder ausländischen Zulassungsverfahren zum Verkehr zugelassen wurden und

-

die nach ihrer Bauart und Ausrüstung allein oder in Kombination ausschließlich oder vorwiegend zur Beförderung von Gütern bestimmt sind und

-

deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht allein oder in Kombination zwölf Tonnen oder mehr beträgt.

Gemäß § 2 Z 2 StraBaG ist die Benützung von Straßen im Sinne des § 1 Abs. 1 mit Zugmaschinen und Motorkarren samt Anhängern, die ausschließlich oder vorwiegend in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden, befreit.

Der Mitbeteiligte erklärte das Betriebsergebnis aus der landwirtschaftlichen Urproduktion und der Direktvermarktung gemeinsam unter den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Das Finanzamt stellte anlässlich der Betriebsprüfung fest, dass auf Grund der Unterordnung der landwirtschaftlichen Tätigkeit gegenüber der Haupttätigkeit der Direktvermarktung die gesamte Tätigkeit als gewerblich anzusehen und von einem einheitlichen Gewerbebetrieb auszugehen sei.

Liegt sowohl eine gewerbliche als auch eine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit vor, dann können die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft dem § 21 EStG 1988 zugeordnet werden. Eine Umqualifizierung dieser Einkünfte kann nur erfolgen, wenn der land- und forstwirtschaftliche Betrieb seine Eigenständigkeit verliert und zum Nebenbetrieb des Gewerbebetriebes wird (vgl. Doralt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Band II, Tz 77 zu § 21; zur weiteren Abgrenzung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben zu Gewerbebetrieben Tz 84 ff).

Der Mitbeteiligte hat ertragsteuerrechtlich nicht zwischen Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft und Gewerbebetrieb getrennt, sondern Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt. Auch dem Einkommensteuerbescheid liegt die Auffassung zu Grunde, dass der landwirtschaftliche Betrieb, in dem die Zugmaschinen verwendet werden, seine Eigenständigkeit verloren hat und zum Nebenbetrieb des Gewerbebetriebes wurde. Ertragsteuerlich ist von einem einheitlichen Gewerbebetrieb ausgegangen worden.

Die Zugmaschinen befinden sich steuerlich im Betriebsvermögen des Gewerbebetriebes. Die Verwendung der Zugmaschinen erfolgt somit in diesem gewerblichen Betrieb, nicht aber in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb.

Damit sind die angeführten Befreiungstatbestände nicht verwirklicht und die Vorschreibung der Kraftfahrzeugsteuer und der Straßenbenützungsabgabe erfolgte daher zu Recht.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Die beantragten Kosten waren gemäß § 47 Abs. 4 VwGG nicht zuzusprechen.

Wien, am 21. Mai 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006160137.X00

Im RIS seit

20.06.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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