TE Vwgh Erkenntnis 2007/5/21 2006/05/0253

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Veröffentlicht am 21.05.2007
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;

Norm

BauO Wr §124 Abs1;
BauO Wr §125 Abs1 lita;
BauO Wr §125 Abs4;
BauO Wr §135 Abs1;
BauO Wr §60 Abs1 litb;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des HS in W, vertreten durch Dr. Erich Kafka und Dr. Manfred Palkovits, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Rudolfsplatz 12, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 11. September 2006, Zl. UVS- 04/A/41/1016/2006-7, betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 3. Jänner 2006 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt:

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der B Gesellschaft m.b.H., welche persönlich haftende Gesellschafterin der B Gesellschaft m.b.H. & Co Nfg KG ist, zu verantworten, dass die B Gesellschaft m.b.H. & Co Nfg KG als Bauherrin in Wien, M-Gasse 24, EZ 746 der Katastralgemeinde L am 25. August 2005 Arbeiten zur Errichtung eines Müllplatzes, und zwar eine fundierte Einfriedung entlang der gesamten Baulinie, Stützmauern und Umfassungswände im Vorgarten bzw. auf der linken Abstandsfläche, durchführen hat lassen, wobei anlässlich der Erhebung am 25. August 2005 festgestellt wurde, dass bereits mehrere Stützmauern sowie das Streifenfundament der geplanten Einfriedung hergestellt worden waren, ohne dass ein rechtskräftiger Baubewilligungsbescheid hiefür erwirkt worden oder eine Einreichung gemäß § 70a BO für Wien erfolgt wäre und nach vollständiger Vorlage der Unterlagen drei Monate verstrichen gewesen wären, ohne, dass ein baubehördlicher Untersagungsbescheid erlassen worden war.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 125 Abs. 1 lit. a iVm § 60 Abs. 1 lit. b BO für Wien, LGBl. Nr. 11/1930 in der geltenden Fassung und § 135 Abs. 1 leg. cit."

Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe von EUR 1.365,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Woche 2 Tage 18 Stunden) verhängt.

In seiner dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, auf allen Baustellen der im Bescheidspruch genannten Bauherrin habe der planende sowie für die örtliche Bauaufsicht zuständige Architekt Dipl.-Ing. Gottfried B. die Aufsicht über die vor Ort tätigen Mitarbeiter gehabt. Diese seien dem Architekten gegenüber weisungsgebunden gewesen. Dieser Architekt habe auch die Verantwortung für die korrekte Planung, das Vorhandensein einer rechtskräftigen Baubewilligung und die ordnungsgemäße Durchführung der Arbeiten gehabt und hafte diesbezüglich der Bauherrin.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Bauherrin beschäftige sich mit der Verwertung von Altbauten, führe technische Sanierungen durch und vermarkte anschließend die Projekte. Im Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Bauführung sei hinsichtlich der gegenständlichen Einfriedung gegen die öffentliche Verkehrsfläche keine Baubewilligung vorgelegen. Der vom Beschwerdeführer beauftragte Architekt Dipl.-Ing. B. habe sich entschlossen, den kompletten Zaun zu erneuern; diesbezüglich habe dieser jedoch mit dem Beschwerdeführer keine Rücksprache gehalten. Es sei der gesamte Zaun abgebrochen und zur Gänze neu fundamentiert und aufgemauert worden. Der Beschwerdeführer sei der nach außen zur Vertretung der Bauherrin Berufene. Dieses Unternehmen sei im gegenständlichen Fall sowohl als Bauwerber, Bauherr und Bauführer aufgetreten.

Der Beschwerdeführer habe sich nur alle drei bis vier Wochen (maximal 14-tägig) über die Baustelle informiert; er habe sich auch nicht davon in Kenntnis gesetzt, dass die gesamte Einfriedung erneuert werde. Dies zeige, dass ein mangelndes Kontroll- und Überwachungssystem vorgelegen sei. Das Auftragsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und dem von ihm genannten Vertreter sei nicht klar geregelt gewesen. Es habe nur einen mündlichen Auftrag gegeben darauf zu achten, "dass alle behördlichen Sachen rechtens seien".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht, nicht bestraft zu werden, verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 135 Abs. 1 Bauordnung für Wien (in der Folge: BO) werden Übertretungen der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen mit Geld bis zu EUR 21.000,-- oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten bestraft.

Soweit es sich nicht um bewilligungsfreie Maßnahmen handelt oder das Bauanzeige- bzw. vereinfachte Baubewilligungsverfahren zur Anwendung kommt, ist gemäß § 60 Abs. 1 lit. b BO vor Beginn u. a. der Errichtung aller baulichen Anlagen über und unter der Erde, zu deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, die mit dem Boden in eine kraftschlüssige Verbindung gebracht werden und wegen ihrer Beschaffenheit geeignet sind, öffentliche Rücksichten zu berühren, eine Bewilligung der Behörde zu erwirken. Öffentliche Rücksichten werden jedenfalls berührt, wenn Einfriedungen gegen öffentliche Verkehrsflächen, Friedhöfe und Grundflächen für öffentliche Zwecke errichtet werden.

Der Bauwerber hat sich gemäß § 124 Abs. 1 BO zur Ausführung aller bewilligungspflichtigen und anzeigepflichtigen Bauarbeiten eines Bauführers zu bedienen, der nach den für die Berufsausführung maßgeblichen Vorschriften zur erwerbsmäßigen Vornahme dieser Tätigkeit berechtigt ist.

Für die Einhaltung der Baupläne, die nach diesem Gesetz ausgeführt werden dürfen, sowie aller Auflagen der Baubewilligung, für die werkgerechte Bauausführung, für die Tauglichkeit der verwendeten Baustoffe und Konstruktionen sowie überhaupt für die Einhaltung aller auf die Bauführung Bezug habenden Vorschriften dieses Gesetzes, seiner Nebengesetze und der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Verordnungen ist gemäß § 125 Abs. 1 lit. a BO der Bauführer verantwortlich. Die Verpflichtungen des Bauwerbers und des Eigentümers (aller Miteigentümer) der Liegenschaft bleiben gemäß § 125 Abs. 4 BO unberührt.

Wenn entsprechend der BO ein Bauführer bestellt wurde und bei der Bauführung Abweichungen von einem bewilligten Plan vorkommen, ist dafür der Bauführer verantwortlich. Der bestellte Bauführer ist auch dann verantwortlich, wenn er mit dem Bau bereits beginnt, ohne dass die dafür erforderliche Bewilligung vorliegt. Im Sinne des § 125 Abs. 4 BO wäre der Bauwerber daneben weiterhin für die Auswahl des Bauführers verantwortlich. Dies ändert aber nichts daran, dass für die Vornahme der Bautätigkeit ohne erforderliche Baubewilligung ein nach den Bestimmungen der BO bestellter Bauführer als unmittelbarer Täter heranzuziehen ist (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 28. September 1999, Zl. 99/05/0145).

Handelt es sich hingegen um die Durchführung von Baumaßnahmen, ohne dass zuvor ein Bauführer bestellt worden ist, liegt die Verantwortung beim Bauwerber bzw. beim Bauherrn. Dieser haftet dann gegebenenfalls nicht nur wegen der Durchführung von Bauarbeiten ohne entsprechende Baubewilligung, sondern auch wegen Unterlassung der Bestellung eines verantwortlichen Bauführers (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. April 2006, Zl. 2005/05/0091).

Der Beschwerdeführer hat im Verfahren vor den Strafbehörden zwar behauptet, dass der Architekt Dipl.-Ing. B. die beschwerdegegenständlichen Baumaßnahmen beaufsichtigt habe, dass er Bauführer im Sinne der BO gewesen sei, wurde von ihm jedoch weder konkret behauptet noch hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auf Grund der in einem mängelfreien Verfahren gewonnenen Beweisergebnisse Derartiges festgestellt.

Auch vor dem Verwaltungsgerichtshof behauptet der Beschwerdeführer lediglich, Dipl. Ing. B sei "tatsächlicher Bauführer" gewesen. In dem der Baubewilligung zu Grunde liegenden Bauplan ist als Bauwerber und Bauführer jedoch die im Bescheidspruch genannte Bauherrin angeführt. Dass die im genehmigten Bauplan aufscheinende Bauführerin der Behörde gemäß § 124 Abs. 3 BO die Zurücklegung der Bauführung angezeigt hätte, wurde vom Beschwerdeführer weder behauptet noch ist solches den vorliegenden Verwaltungsakten zu entnehmen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erkennen, wenn die belangte Behörde auf Grund des in einem mängelfreien Verfahren festgestellten Sachverhaltes den Beschwerdeführer als handelsrechtlichen Geschäftsführer der Bauherrin (die auch Bauführerin war) wegen Verstoßes des gegenständlichen Deliktes bestraft hat, weil im Tatzeitraum die erforderliche Baubewilligung nicht vorgelegen ist.

Eine Bestrafung des Beschwerdeführers gemäß § 125 Abs. 4 BO ist - entgegen den Beschwerdeausführungen - nicht erfolgt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsstrafverfahrens erkennen lassen, dass eine mündliche Verhandlung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und dies auch nach Art. 6 MRK angesichts der soeben dargelegten Aspekte sowie der selbst vom Beschwerdeführer nicht aufgezeigten erforderlichen Erörterung von Sachverhaltsfragen und die Klärung der gegenständlichen Rechtsfragen durch die Vorjudikatur nicht geboten erscheint. Den Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 MRK ist im Übrigen bereits durch die öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Rechnung getragen worden.

Wien, am 21. Mai 2007

Schlagworte

Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006050253.X00

Im RIS seit

18.06.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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