Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** GmbH & Co KG, ***** vertreten durch Boesch Rustler Vintschgau, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei R*****bank *****, vertreten durch Dr. Josef Broinger, Mag. Markus Miedl, Rechtsanwälte in Linz, wegen EUR 20.000,-- s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 23. Juli 2003, GZ 6 R 124/03b-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 22. April 2003, GZ 5 Cg 14/03s-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das erstgerichtliche Urteil wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 2.118,25 EUR (darin 423,65 EUR Umsatzsteuer und 1.061,00 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu bezahlen.
Die Revisionsbeantwortung der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Bank stellte ihrer Kundin, der Firma L***** Gesellschaft m.b.H. (im Folgenden: Fa. L***** GmbH), am 15. 4. 2002 eine an die klagende Partei adressierte Zahlungsgarantie bis zum Höchstbetrag von 20.000 EUR aus. Die Fa. L***** GmbH benötigte diese Garantie im Zusammenhang mit Warenlieferungen seitens der Klägerin.
Der Zahlungsgarantie vom 15. 4. 2002 ist eine Klausel des Inhalts angeschlossen, dass der Aufforderung zur Zahlung aufgrund der Zahlungsgarantie Lieferscheine beigelegt werden müssen, die von der Kundin der Klägerin, der Fa. L***** GmbH, zum Nachweis der tatsächlich erfolgten Lieferung unterfertigt sein müssen.
Die Klägerin verlangte von der beklagten Bank zweimal die Bezahlung des gesamten Betrages von 20.000 EUR: Vorerst forderte die Klägerin die beklagte Partei mit Schreiben vom 14. 10. 2002, das eine Aufstellung der bereits fälligen Forderungen und eine vereinfachte Ladeliste für den Werksverkehr enthielt, zur Zahlung auf, ohne dass dem Schreiben von der Firma L***** GmbH unterfertigte Lieferscheine beigeschlossen gewesen wären. Nach dieser Zahlungsaufforderung beanstandete die beklagte Partei unverzüglich das Fehlen unterfertigter Lieferscheine. Eine für die Vorlage gesetzte Nachfrist verstrich ohne Ergebnis, worauf die beklagte Partei mit Schreiben vom 31. 10. 2002 die Zahlung der geforderten 20.000 EUR ablehnte. Am 18. 12. 2002 forderte der Klagevertreter erneut die Zahlung des gesamten Betrages. Gemeinsam mit diesem Schreiben legte die klagende Partei ein Schreiben des Masseverwalters Dr. Josef S***** vom 16. 10. 2002 und ein Schreiben der L***** GmbH vom 5. 11. 2002 vor, in welchem bestätigt wurde, dass die in der beiliegenden "Vereinfachten Ladeliste für den Werksverkehr" angeführten Glaslieferungen von der klagenden Partei ordnungsgemäß durchgeführt und von der Firma L***** GmbH übernommen wurden. Der vereinfachten Ladeliste wiederum waren die zugehörigen Lieferscheine und Rechnungen angeschlossen; diese waren jedoch von der Firma L***** GmbH nicht unterfertigt. Bis dato erfolgte keine Vorlage von unterfertigten Lieferscheinen an die beklagte Partei.
Über das Vermögen der Firma L***** Gesellschaft m.b.H. ist mit Beschluss des Landesgerichts ***** vom 14. 10. 2002 das Konkursverfahren eröffnet worden.
Das Erstgericht wies das auf Zahlung von 20.000 EUR samt 12 % Zinsen seit 18. 12. 2002 ab. In der rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, dass es sich bei der in der Zahlungsgarantie angeführten Klausel, wonach zum Nachweis der tatsächlich erfolgten Lieferung von der Firma L***** GmbH unterfertigte Lieferscheine vorgelegt werden müssen, um eine Effektivklausel handle, da die Zahlung des Garanten von in der Garantieerklärung näher bezeichneten Tatsachen abhängig gemacht werde, die der Begünstigte anlässlich seines Abrufes nachzuweisen habe. Nach herrschender, auf internationalen Gepflogenheiten basierender Auffassung, sei eine Bankgarantie vom Begünstigten form- und fristgerecht bei der in der Garantieerklärung genannten Bank in Anspruch zu nehmen. Dies gelte auch für die Erfüllung aller die Zahlungspflicht der Garantiebank auslösenden zusätzlichen Voraussetzungen. Die formstrengen Anforderungen an die Inanspruchnahme der Bankgarantie seien aus dem Grundsatz der formellen Garantiestrenge abzuleiten, demzufolge die Erklärung, der Garantiefall sei eingetreten, in der Weise und mit dem Inhalt abgegeben werden müsse, wie dies die Garantieurkunde vorschreibe. Dies gelte umso mehr, wenn der Garant seine Zahlungspflicht von der Erfüllung von Effektivklauseln abhängig gemacht habe. Entsprechend den Grundsätzen der formalen Auftragsstrenge und der Garantiestrenge seien derartige Klauseln so auszulegen, dass der Garant verpflichtet sei, den Eintritt des Garantiefalles nachzuprüfen; der Begünstigte habe diesen voll zu beweisen. Die Bank sei daher berechtigt, vom Begünstigten strikte, ja sogar pedantisch genaue Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen exakt in der Weise und mit dem Inhalt zu verlangen, wie die Garantieurkunde das vorsehe. Da in der Garantieurkunde dezidiert davon die Rede sei, dass zum Nachweis der tatsächlich erfolgten Lieferung der von der Kundin der beklagten Bank unterfertigte Lieferschein der Aufforderung beizulegen sei, könne sich die klagende Partei nicht darauf berufen, dass die vorgelegten vereinfachten Ladelisten ohnehin dieselbe Funktion wie Lieferscheine erfüllten. Es sei auch nicht ausreichend, Lieferscheine zu präsentieren, die nicht von der Firma L***** GmbH unterfertigt seien. Im Übrigen sei der Wortlaut der Bankgarantie unmissverständlich und lasse keinen Zweifel zu; für eine vom Wortlaut abweichende Auslegung bleibe kein Raum.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei Folge und änderte im klagsstattgebenden Sinn ab. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes müsse die Bankgarantie vom Begünstigten frist- und formgerecht bei der in der Garantieerklärung genannten Bank in Anspruch genommen werden. Die Garantiebank dürfe vom Begünstigten die strikte, ja geradezu pedantische Erfüllung der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Bankgarantie verlangen, um vor allfälligen Einwendungen ihres Auftraggebers beim Rückgriff geschützt zu werden und um überflüssige Rechtsunsicherheit zu vermeiden. Der Grundsatz der formgerechten und fristgerechten Inanspruchnahme der Bankgarantie gelte umso mehr, wenn die Garantiebank ihre Zahlungspflicht von der Erfüllung einer der Absicherung gegenüber dem Auftraggeber dienenden Bedingung, einer Effektivklausel, einer "näher bezeichneten Tatsache", abhängig mache und dabei in unterschiedlicher Intensität das Grundgeschäft zwischen Garantieauftraggeber und Begünstigten in das Garantieverhältnis einbeziehe. Aus § 884 ABGB ergebe sich zwar, dass die wirksame Inanspruchnahme der Garantie die Einhaltung der hiefür vereinbarten Form voraussetze. Allerdings sei trotz dieser Bestimmung allgemein anerkannt, dass bei rechtsgeschäftlich vereinbarten Formerfordernissen der Zweck der Vereinbarung zu ermitteln, also die Formklausel nach den §§ 914 f ABGB auszulegen sei. Eine Inanspruchnahmeerklärung könne daher wirksam sein, obwohl die vereinbarte Form nicht eingehalten worden sei, wenn dies mit dem Zweck der Formabrede vereinbar sei. Das Recht auf präzise, ja nachgerade pedantisch genaue Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen gelte daher nur im Zweifel, wobei die Gründe für eine gegenteilige Interpretation aus den Umständen des Einzelfalles gut abgesichert sein müssten. Der Grundsatz der formellen Garantiestrenge sei nicht Selbstzweck, sondern nur so weit tragfähig, als dies dem Willen der Vertragspartner entspreche. Im Zusammenhang mit dem Dokumentenakkreditiv - für das aufgrund der Gleichheit der Interessenlage dieselben Grundsätze wie bei der Garantie zu gelten hätten - werde von Lehre und Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass eine Abweichung von den Akkreditivbedingungen (den in der Effektivklausel umschriebenen Bedingungen) nur dann zulässig sei, wenn die Bank ohne Hinzuziehung von Fachkennern völlig einwandfrei beurteilen könne, dass es sich um unerhebliche und für den Auftraggeber unschädliche Abweichungen handle. Das Beharren auf den in der Klausel umschriebenen Bedingungen würde in einem solchen Fall eine mit Treu und Glauben unvereinbare Ausnutzung einer rein formalen Rechtsposition darstellen.Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei Folge und änderte im klagsstattgebenden Sinn ab. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes müsse die Bankgarantie vom Begünstigten frist- und formgerecht bei der in der Garantieerklärung genannten Bank in Anspruch genommen werden. Die Garantiebank dürfe vom Begünstigten die strikte, ja geradezu pedantische Erfüllung der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Bankgarantie verlangen, um vor allfälligen Einwendungen ihres Auftraggebers beim Rückgriff geschützt zu werden und um überflüssige Rechtsunsicherheit zu vermeiden. Der Grundsatz der formgerechten und fristgerechten Inanspruchnahme der Bankgarantie gelte umso mehr, wenn die Garantiebank ihre Zahlungspflicht von der Erfüllung einer der Absicherung gegenüber dem Auftraggeber dienenden Bedingung, einer Effektivklausel, einer "näher bezeichneten Tatsache", abhängig mache und dabei in unterschiedlicher Intensität das Grundgeschäft zwischen Garantieauftraggeber und Begünstigten in das Garantieverhältnis einbeziehe. Aus Paragraph 884, ABGB ergebe sich zwar, dass die wirksame Inanspruchnahme der Garantie die Einhaltung der hiefür vereinbarten Form voraussetze. Allerdings sei trotz dieser Bestimmung allgemein anerkannt, dass bei rechtsgeschäftlich vereinbarten Formerfordernissen der Zweck der Vereinbarung zu ermitteln, also die Formklausel nach den Paragraphen 914, f ABGB auszulegen sei. Eine Inanspruchnahmeerklärung könne daher wirksam sein, obwohl die vereinbarte Form nicht eingehalten worden sei, wenn dies mit dem Zweck der Formabrede vereinbar sei. Das Recht auf präzise, ja nachgerade pedantisch genaue Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen gelte daher nur im Zweifel, wobei die Gründe für eine gegenteilige Interpretation aus den Umständen des Einzelfalles gut abgesichert sein müssten. Der Grundsatz der formellen Garantiestrenge sei nicht Selbstzweck, sondern nur so weit tragfähig, als dies dem Willen der Vertragspartner entspreche. Im Zusammenhang mit dem Dokumentenakkreditiv - für das aufgrund der Gleichheit der Interessenlage dieselben Grundsätze wie bei der Garantie zu gelten hätten - werde von Lehre und Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass eine Abweichung von den Akkreditivbedingungen (den in der Effektivklausel umschriebenen Bedingungen) nur dann zulässig sei, wenn die Bank ohne Hinzuziehung von Fachkennern völlig einwandfrei beurteilen könne, dass es sich um unerhebliche und für den Auftraggeber unschädliche Abweichungen handle. Das Beharren auf den in der Klausel umschriebenen Bedingungen würde in einem solchen Fall eine mit Treu und Glauben unvereinbare Ausnutzung einer rein formalen Rechtsposition darstellen.
Im vorliegenden Fall sei die Zahlungsverpflichtung der beklagten Partei aus der gegenständlichen Zahlungsgarantie nach deren Wortlaut neben der schriftlichen Aufforderung vom Nachweis der tatsächlich erfolgten Lieferung abhängig, wobei dieser Nachweis durch vom Kunden der Beklagten unterfertigte Lieferscheine erbracht werden soll. Somit sei die Zahlungspflicht an eine zusätzliche, als Effektivklausel zu qualifizierende Bedingung gebunden, deren Zweck der Nachweis der tatsächlich erfolgten Lieferung an die Firma L***** GmbH sei. Dieser Zweck sei unstrittig. Den in diesem Sinn geforderten Nachweis habe die klagende Partei - entgegen der Auffassung der beklagten Partei und des Erstgerichts - erbracht. Insbesondere das mit 5. 11. 2002 datierte, an die klagende Partei gerichtete Schreiben des Geschäftsführers der Firma L***** GmbH, mit dem unter Anschluss vereinfachter Ladelisten und (nicht unterfertigter) Lieferscheine sogar die ordnungsgemäß durchgeführte Lieferung und Übernahme bestätigt werde, sei als derartiger - jedenfalls ausreichender - Nachweis im Sinne der zitierten Klausel anzusehen. Die Richtigkeit dieses Schreibens sei außerdem in der Folge vom Masseverwalter der Firma L***** GmbH mit Schreiben vom 16. 12. 2002 bestätigt worden. Aufgrund des eindeutigen Inhalts dieser Urkunden hätte die beklagte Partei ohne erheblichen Aufwand die Unschädlichkeit der Abweichung vom Wortlaut der Effektivklausel erkennen können. Dadurch, dass die Auftraggeberin, die Firma L***** GmbH, die Lieferung selbst bestätigt habe, habe sie zu erkennen gegeben, dass die Abweichung der vorgelegten Dokumente im Vergleich zu den in der Zahlungsgarantie umschriebenen Unterlagen für sie unerheblich sei, weshalb die beklagte Partei anderslautende Einwände von dieser Seite auch nicht ernsthaft zu befürchten gehabt hätte.
Somit besteht an der in der Effektivklausel umschriebenen Voraussetzung der tatsächlich erfolgten Lieferung aber kein Zweifel bzw habe für die beklagte Partei schon im Dezember 2002 kein solcher bestehen können, weshalb an der Unterfertigung der Lieferscheine als Zahlungsbedingung nicht pedantisch festgehalten werden dürfe. Da von der klagenden Partei sämtliche Unterlagen innerhalb der mit 31. 12. 2002 begrenzten Garantiefrist an die beklagte Partei übermittelt worden seien, sei die Zahlungspflicht der beklagten Partei zu bejahen.
Den ursprünglichen Ausspruch, dass die Revision nicht zulässig sei, änderte das Berufungsgericht auf Antrag der beklagten Partei gemäß § 508 Abs 1 ZPO im Sinne eines Zulässigkeitsausspruches ab, dies im Hinblick auf die im Moniturantrag enthaltenen Ausführungen, die Berufungsentscheidung weiche von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ab, nach der eine wortgetreue Einhaltung der Effektivklausel erforderlich sei, um die Garantin vor allfälligen Einwendungen ihres Auftraggebers beim Rückgriff zu schützen und um eine überflüssige Rechtsunsicherheit zu vermeiden.Den ursprünglichen Ausspruch, dass die Revision nicht zulässig sei, änderte das Berufungsgericht auf Antrag der beklagten Partei gemäß Paragraph 508, Absatz eins, ZPO im Sinne eines Zulässigkeitsausspruches ab, dies im Hinblick auf die im Moniturantrag enthaltenen Ausführungen, die Berufungsentscheidung weiche von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ab, nach der eine wortgetreue Einhaltung der Effektivklausel erforderlich sei, um die Garantin vor allfälligen Einwendungen ihres Auftraggebers beim Rückgriff zu schützen und um eine überflüssige Rechtsunsicherheit zu vermeiden.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerin ist zulässig. Sie ist auch berechtigt.
In der vorliegenden Bankgarantie hat sich die beklagte Partei nicht schlechthin zur Zahlung aus der Garantie bis zu einem Höchstbetrag von 20.000 EUR auf schriftliche Aufforderung verpflichtet. Vielmehr war als eine zusätzliche Auszahlungsvoraussetzung festgelegt, dass der Zahlungsaufforderung zum Nachweis der tatsächlichen Lieferung der von der Garantieauftraggeberin unterfertigte Lieferschein beizulegen ist. Bei Vorhandensein einer solchen einen bestimmten Nachweis fordernden Effektivklausel (siehe dazu etwa Koziol in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II Rz 3/83) muss der Begünstigte die Garantie genau dem Wortlaut der Klausel gemäß abrufen, damit die garantierende Bank nicht durch die Befolgung eines zweifelhaften Abrufes "zwischen die Stühle" gerät (ÖBA 1990/233, Koziol = RdW 1990, 373). Um diese formelle Garantiestrenge besonders zum Ausdruck zu bringen, spricht die höchstgerichtliche Rechtsprechung zum Teil davon, dass der Begünstigte die Garantie geradezu pedantisch und wortgetreu dem Wortlaut der Klausel gemäß abrufen muss (ÖBA 1996/572, Koziol). Das Prinzip der formellen Garantiestrenge steht prima vista in einem gewissen Spannungsverhältnis zu den gesetzlichen Auslegungsregeln der §§ 914 f ABGB. Zu rechtfertigen ist es aber aus der Absicht der Parteien und der Übung des redlichen Verkehrs iSd § 914 ABGB (Rummel, Auslegung von Bankgarantien, ÖBA 2000, 210 [217]). Angesichts des Umstandes, dass auch der aus der Bankgarantie begünstigten Partei klar sein muss, dass die genaue Umschreibung von Nachweispflichten dem Schutz der Bank vor Regressansprüchen des Garantieauftraggebers dient, ist es zu rechtfertigen, dass sich der Abruf der Garantie genau an die Vorgaben des Garantietextes zu halten hat, wenn eine sofortige Zahlungspflicht ausgelöst werden soll (Rummel aaO 217).In der vorliegenden Bankgarantie hat sich die beklagte Partei nicht schlechthin zur Zahlung aus der Garantie bis zu einem Höchstbetrag von 20.000 EUR auf schriftliche Aufforderung verpflichtet. Vielmehr war als eine zusätzliche Auszahlungsvoraussetzung festgelegt, dass der Zahlungsaufforderung zum Nachweis der tatsächlichen Lieferung der von der Garantieauftraggeberin unterfertigte Lieferschein beizulegen ist. Bei Vorhandensein einer solchen einen bestimmten Nachweis fordernden Effektivklausel (siehe dazu etwa Koziol in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht römisch II Rz 3/83) muss der Begünstigte die Garantie genau dem Wortlaut der Klausel gemäß abrufen, damit die garantierende Bank nicht durch die Befolgung eines zweifelhaften Abrufes "zwischen die Stühle" gerät (ÖBA 1990/233, Koziol = RdW 1990, 373). Um diese formelle Garantiestrenge besonders zum Ausdruck zu bringen, spricht die höchstgerichtliche Rechtsprechung zum Teil davon, dass der Begünstigte die Garantie geradezu pedantisch und wortgetreu dem Wortlaut der Klausel gemäß abrufen muss (ÖBA 1996/572, Koziol). Das Prinzip der formellen Garantiestrenge steht prima vista in einem gewissen Spannungsverhältnis zu den gesetzlichen Auslegungsregeln der Paragraphen 914, f ABGB. Zu rechtfertigen ist es aber aus der Absicht der Parteien und der Übung des redlichen Verkehrs iSd Paragraph 914, ABGB (Rummel, Auslegung von Bankgarantien, ÖBA 2000, 210 [217]). Angesichts des Umstandes, dass auch der aus der Bankgarantie begünstigten Partei klar sein muss, dass die genaue Umschreibung von Nachweispflichten dem Schutz der Bank vor Regressansprüchen des Garantieauftraggebers dient, ist es zu rechtfertigen, dass sich der Abruf der Garantie genau an die Vorgaben des Garantietextes zu halten hat, wenn eine sofortige Zahlungspflicht ausgelöst werden soll (Rummel aaO 217).
Die Auslegung der Bankgarantie nach den Grundsätzen der §§ 914 f ABGB bringt es aber auch mit sich, dass nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften ist. Der Grundsatz der formellen Garantiestrenge ist eben nicht Selbstzweck, sondern muss vom Willen der Vertragsparteien getragen sein (SZ 68/64; RIS-Justiz RS0033002). Bei der Auslegung der Effektivklausel ist daher auf die konkreten Umstände, namentlich auf den Geschäftszweck und die Interessenlage Bedacht zu nehmen (SZ 65/109; ÖBA 1997/598; 1 Ob 160/02i).Die Auslegung der Bankgarantie nach den Grundsätzen der Paragraphen 914, f ABGB bringt es aber auch mit sich, dass nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften ist. Der Grundsatz der formellen Garantiestrenge ist eben nicht Selbstzweck, sondern muss vom Willen der Vertragsparteien getragen sein (SZ 68/64; RIS-Justiz RS0033002). Bei der Auslegung der Effektivklausel ist daher auf die konkreten Umstände, namentlich auf den Geschäftszweck und die Interessenlage Bedacht zu nehmen (SZ 65/109; ÖBA 1997/598; 1 Ob 160/02i).
Schon aus der Textierung der gegenständlichen Garantiezusage ist eindeutig zu ersehen, dass der vorzulegende unterfertigte Lieferschein zum Nachweis der tatsächlich erfolgten Lieferung vorzulegen ist. Daraus ist abzuleiten, dass die Begünstigte den Nachweis grundsätzlich auch auf andere, aber vom Beweiswert her gleichwertige Weise erbringen kann. Die Gleichwertigkeit ist objektiv aus Sicht der Garantin zu beurteilen, zu deren Gunsten das Erfordernis des Nachweises der tatsächlich erfolgten Lieferung bedungen ist, sodass sie nicht gezwungen ist, innerhalb der Zahlungsfrist erst Erhebungen durchzuführen, ob die Lieferung erfolgt ist oder nicht.
Ein solcher zumindest gleichwertiger Nachweis ist im vorliegenden Fall jedoch nicht zu ersehen. Die klagende Partei hat sich im Verfahren erster Instanz darauf berufen, ihrem Aufforderungsschreiben vom 18. 12. 2002 sei ein Schreiben der Fa. L***** GmbH beigelegt gewesen sei, mit dem sie die durch die klagende Partei ordnungsgemäß durchgeführte Lieferung und die Übernahme bestätigt habe; damit sei der in der Garantie geforderte Nachweis erbracht worden. Das Erstgericht hat dazu festgestellt: "Am 18. 12. 2002 forderte der Klagevertreter wiederum die Zahlung des gesamten Betrages. Gemeinsam mit diesem Schreiben legte die Klägerin ein Schreiben des Masseverwalters Dr. Josef S***** vom 16. 12. 2002 und ein Schreiben der L***** GmbH vom 5. 11. 2002, mit welchem sie die ordnungsgemäß durchgeführte Lieferung und Übernahme bestätigte, sowie vereinfachte Ladelisten samt zugehörigen Lieferscheinen und Rechnungen vor; diese waren jedoch von der Fa. L***** GmbH nicht unterfertigt."
Bei dieser Konstellation kann nicht von einem Nachweis gesprochen werden, der vom Beweiswert her den in der Garantiezusage geforderten unterfertigten Lieferscheinen gleichwertig ist, bestätigte doch die - im Übrigen bereits im Konkurs befindliche - Garantieauftraggeberin nur ganz allgemein die ordnungsgemäß durchgeführte Lieferung und Übernahme ohne unmittelbare Bezugnahme auf irgendwelche bestimmten Lieferungen im Schreiben selbst. Diese Lieferungen sind erst den den Schreiben vom 5. 11. 2002 und vom 16. 12. 2002 angeschlossenen Beilagen zu entnehmen, ohne dass aber eindeutig im Sinne des geforderten Nachweises erkennbar wäre, dass sich die beiden Schreiben tatsächlich auf die aus den Beilagen ersichtlichen Lieferungen bezögen.
Mangels Erbringung des geforderten Nachweises bei Inanspruchnahme der Bankgarantie erweist sich das Klagebegehren als nicht berechtigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 41, ZPO.
Zur - verspäteten - Revisionsbeantwortung der klagenden Partei:
Gemäß § 507a Abs 2 Z 2 iVm § 508 Abs 5 ZPO begann die Frist für die Revisionsbeantwortung mit der Zustellung des Freistellungsbeschlusses (7. 10. 2003) zu laufen. Gemäß § 507a Abs 3 Z 1 ZPO wäre die Revisionsbeantwortung nicht beim Erstgericht, sondern beim Berufungsgericht einzubringen gewesen. Zufolge der falschen Adressierung reichte daher die am 4. 11. 2003 erfolgte Postaufgabe für die Annahme der Rechtzeitigkeit nicht aus, vielmehr wäre in diesem Fall das rechtzeitige Einlangen der Revisionsbeantwortung beim Berufungsgericht erforderlich gewesen (Gitschthaler in Rechberger, ZPO2 § 126 Rz 16). Im Zeitpunkt des Einlangens beim Berufungsgericht (6. 11. 2003) war die Revisionsbeantwortungsfrist aber bereits abgelaufen.Gemäß Paragraph 507 a, Absatz 2, Ziffer 2, in Verbindung mit Paragraph 508, Absatz 5, ZPO begann die Frist für die Revisionsbeantwortung mit der Zustellung des Freistellungsbeschlusses (7. 10. 2003) zu laufen. Gemäß Paragraph 507 a, Absatz 3, Ziffer eins, ZPO wäre die Revisionsbeantwortung nicht beim Erstgericht, sondern beim Berufungsgericht einzubringen gewesen. Zufolge der falschen Adressierung reichte daher die am 4. 11. 2003 erfolgte Postaufgabe für die Annahme der Rechtzeitigkeit nicht aus, vielmehr wäre in diesem Fall das rechtzeitige Einlangen der Revisionsbeantwortung beim Berufungsgericht erforderlich gewesen (Gitschthaler in Rechberger, ZPO2 Paragraph 126, Rz 16). Im Zeitpunkt des Einlangens beim Berufungsgericht (6. 11. 2003) war die Revisionsbeantwortungsfrist aber bereits abgelaufen.
Textnummer
E71868European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:0100OB00051.03B.1216.000Im RIS seit
15.01.2004Zuletzt aktualisiert am
08.01.2013