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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, in den Beschwerdesachen
1. der Sportwetten Pirker GmbH in Wien und 2. der Admiral Sportwetten AG in Gumpoldskirchen, beide vertreten durch Schwartz und Huber-Medek Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Stubenring 2, gegen die Bescheide der Niederösterreichischen Landesregierung 1. vom 28. August 2006, Zl. IVW1-B-6/090-2006 (hg. Zl. 2006/05/0256) und 2. vom 31. August 2006, Zl. IVW1-B-1/011- 2006 (hg. Zl. 2006/05/0257), betreffend jeweils eine Angelegenheit nach dem NÖ Gesetz über die Tätigkeit der Totalisateure und Buchmacher, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerinnen haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den beiden angefochtenen Bescheiden erteilte die belangte Behörde den beiden Beschwerdeführerinnen jeweils die Bewilligung zur gewerbsmäßigen Vermittlung und zum gewerbsmäßigen Abschluss von Wetten aus Anlass sportlicher Wettkämpfe für den jeweils angegebenen Standort im Sinne ihrer Anträge. Im Spruch dieser Bescheide wurde weiters die Bestellung einer Person zum Geschäftsführer bzw. zur Geschäftsführerin genehmigt und die Verpflichtung zur Entrichtung der Verwaltungsabgabe ausgesprochen. Als Rechtsgrundlagen wurden die §§ 3 lit. b, 6 Abs. 1 des Gesetzes über die Tätigkeit der Totalisateure und Buchmacher, LGBl. 7030-1, und die entsprechende Tarifpost der NÖ Landesverwaltungsabgabenverordnung angegeben. Die Bescheide enthalten weiters eine Rechtsmittelbelehrung und den Hinweis auf die Möglichkeit, die Bescheide bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts zu bekämpfen.
Daran anschließend enthalten die Bescheide folgende
Ausführungen (Hervorhebungen im Original):
"Weiters ist zu beachten:
Bei der Ausübung dieser Bewilligung wird insbesondere auf die Einhaltung folgender Bestimmungen des Gesetzes über die Tätigkeit der Totalisateure und Buchmacher, LGBl. 7030-1, hingewiesen:
Die Bewilligung ist persönlich auszuüben.
Internetwetten sind nicht zulässig. Die Bestellung eines (weiteren) Geschäftsführers bedarf der Genehmigung durch die Landesregierung.
Diese Bewilligung gilt nur für den gewerbsmäßigen Abschluss und die gewerbsmäßige Vermittlung von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen.
Wetten auf Hunderennen und aufgezeichnete Pferderennen sind nicht zulässig.
Der Abschluss von Wetten mit Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren ist verboten.
Gemäß § 8 Abs.2 ist die Bewilligung zurückzunehmen, wenn die Verlässlichkeit des Bewilligungsinhabers nicht mehr gegeben ist, Verstöße gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes stellen Verwaltungsübertretungen dar, welche von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen bis zu EUR 4.400,-- zu ahnden sind."
Eine Begründung enthalten diese Bescheide nicht.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden. Die Beschwerdeführerinnen erachten sich in ihren einfach-gesetzlich gewährleisteten Rechten auf Erteilung einer uneingeschränkten Buchmacherbewilligung, Gewährung eines ausreichenden Parteiengehörs ("Art. 45 Abs. 3 AVG") und hinreichende Bescheidbegründung (§ 58 Abs. 2 AVG) verletzt.
Jene Teile dieses Hinweises, die den Beschwerdeführerinnen den Abschluss von Internetwetten sowie von Wetten auf Hunderennen und auf aufgezeichnete Pferderennen verbieten würden, seien nach Ansicht der Beschwerdeführerinnen als grob rechtswidrige Bescheidauflagen zu qualifizieren; gegen diese Hinweisteile richteten sich die gegenständlichen Beschwerden. Es sei unklar, ob der inkriminierte "Hinweis" normativ gemeint sei oder unverbindlich sein solle. Aus advokatorischer Vorsicht hätten sich die Beschwerdeführerinnen zur Erhebung der Beschwerde entschlossen. Die Beschwerdeführerinnen beantragen, die angefochtenen Auflagen als gesetzlos aufzuheben, hilfsweise die angefochtenen Bescheide wegen Verletzung einfach-gesetzlich gewährleisteter Rechte aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete für beide Beschwerden eine gemeinsame Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden.
Die Beschwerdeführerinnen verweisen darauf, dass die Bescheide keine Begründung enthielten, weshalb es nahezu unmöglich sei, jene Überlegungen nachzuvollziehen, welche die belangte Behörde zur Anordnung der inkriminierten Auflagen veranlasst hätte. Bezüglich des Verbotes von Internetwetten bestehe ebenso wenig eine gesetzliche Grundlage wie hinsichtlich des Verbotes von Hunderennwetten, zumal es sich dabei um Sportveranstaltungen handle. Auch für das Verbot auf aufgezeichnete Pferderennen liege keine Rechtsgrundlage vor.
In der Gegenschrift der belangten Behörde wird betont, dass mit den bekämpften Bescheiden den Anträgen der Beschwerdeführerinnen vollinhaltlich entsprochen worden sei, weshalb eine Begründung gemäß § 58 Abs. 2 AVG unterbleiben konnte. Die von den Beschwerdeführerinnen gerügten Bemerkungen seien keine Einschränkungen der erteilten Bewilligung gewesen, sondern hätten lediglich einen Hinweis auf die Einhaltung von Bestimmungen des der Bewilligung zu Grunde liegenden Gesetzes enthalten. Es liege weder eine Auflage noch eine Bedingung vor, was sich schon aus der Diktion "Weiters ist zu beachten" ergebe. Diese Bemerkungen seien auch nicht in den Spruch des Bescheides aufgenommen worden, weil mit ihnen nichts normativ festgelegt worden sei. Nur für den Fall allerdings, dass es sich bei den bekämpften Anmerkungen um bekämpfbare Nebenbestimmungen handeln sollte, führt die belangte Behörde Rechtsgrundlagen für ihre Ausführungen an.
Gemäß § 58 Abs. 2 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Die Beschwerdeführerinnen bestreiten nicht, dass mit den Sprüchen der angefochtenen Bescheide ihren Anträgen vollinhaltlich Rechnung getragen worden sei. Sie behaupten aber, dass die Bescheide belastende Nebenbestimmungen enthielten.
Nebenbestimmungen eines Bescheides sind Willensäußerungen der Behörde, die von ihr dem Hauptinhalt des Spruches beigefügt werden; zu diesen Nebenbestimmungen werden Auflagen, Bedingungen, Befristungen und Widerrufsvorbehalte gezählt (siehe die umfangreichen Nachweise bei Hengstschläger-Leeb, AVG § 59, Rz 16).
Unabhängig von der Frage, ob die von den Beschwerdeführerinnen primär ins Auge gefasste selbstständige Bekämpfbarkeit der von ihnen gerügten Nebenbestimmungen überhaupt gegeben ist, muss untersucht werden, ob hier Nebenbestimmungen im Sinne der obigen Definition vorliegen.
Nebenbestimmungen sind als normative Aussprüche einer Behörde in den Spruch aufzunehmen (Hengstschläger-Leeb, a.a.O., Rz 17, Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht3, 207, Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 551; hg. Erkenntnis vom 21. März 1990, Zl. 89/01/0057). Von dieser Anforderung kann in den Beschwerdefällen keine Rede sein, die gerügten Ausführungen befinden sich außerhalb des Spruches und nach der gemäß § 61 AVG erforderlichen Rechtsbelehrung sowie nach dem von § 61a AVG geforderten Hinweis. Schon die Platzierung am Schluss der Bescheide nach der Rechtsmittelbelehrung verbietet eine nähere Auseinandersetzung mit dem Inhalt der angefügten Äußerung. Bescheide bestehen gemäß § 58 AVG aus Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung. Ein angefügter Zusatz, was weiters "zu beachten" wäre, befindet sich außerhalb dieses gesetzlich vorgegebenen Rahmens und kann daher schon deshalb keine normative Wirkung entfalten.
Die hier bekämpften Bescheide sind somit nicht geeignet, die Beschwerdeführerinnen in ihrem geltend gemachten Recht auf Erteilung einer uneingeschränkten Buchmacherbewilligung zu verletzen. Da keine Nebenbestimmungen vorliegen, entfiel gemäß § 58 Abs. 2 AVG auch die Begründungspflicht. Zu unverbindlichen Meinungsäußerungen muss die Behörde kein rechtliches Gehör gewähren.
Den Beschwerden steht der Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegen, weil kein tauglicher Beschwerdegegenstand besteht; die hilfsweise begehrte Gesamtaufhebung blieb unbegründet. Sie waren daher in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Die Beschwerdeführerinnen sind keinesfalls als "obsiegend" anzusehen.
Wien, am 21. Mai 2007
Schlagworte
Abstandnahme vom Parteiengehör Bescheidcharakter Bescheidbegriff Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung Inhalt des Spruches Diverses Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4 Spruch und BegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006050256.X00Im RIS seit
14.08.2007