TE Vwgh Erkenntnis 2007/5/21 2007/05/0098

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Veröffentlicht am 21.05.2007
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3;
BauO Wr §63 Abs1 litc;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der Maria Chvatal in Wien, vertreten durch Mag. Alexander Schneider, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 20, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 27. Februar 2007, Zl. BOB-41/07, betreffend eine Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde, dem mit der Beschwerde vorgelegten angefochtenen Bescheid und dem in der Sache ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Jänner 2007, Zl. 2006/05/0269, ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin betreibt auf der der W. AG gehörigen Liegenschaft 1100 Wien, Moselgasse 27, eine Tankstelle. Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35, vom 21. Dezember 2000, war ihr gemäß § 71 BauO für Wien in Verbindung mit dem Wiener Garagengesetz bis zum 31. Dezember 2005 die Bewilligung erteilt worden, nach den mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen technischen Belegen auf dieser Liegenschaft eine Betriebstankstelle (mit näher beschriebenen Baulichkeiten) für die Betankung der betriebseigenen Fahrzeuge zu errichten. Mit Bescheid vom 19. Dezember 2001 wurde ein Planwechsel bewilligt, die Befristung bis 31. Dezember 2005 blieb jedoch unverändert.

Mit Schreiben vom 6. Juni 2006, gerichtet an den Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37 (MA 37), zeigte die Liegenschaftseigentümerin an, dass die Tankstelle nunmehr zufolge Fristablaufes konsenswidrig bestehe. Sie werde außerdem, ebenfalls konsenswidrig, als öffentliche Tankstelle betrieben. Die Liegenschaftseigentümerin sei damit nicht einverstanden und erteile keine Zustimmung.

Mit Bescheid vom 17. Juli 2006 erteilte die MA 37 der Beschwerdeführerin den Auftrag, die Betriebstankstelle, bestehend aus zwei Zapfsäulen, einer Betankungsfläche, einem unterirdischen Lagerbehälter, einem Flugdach und einem freistehenden Betriebsgebäude bzw. Tankwartraum binnen 3 Monaten nach Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen.

Die dagegen erhobene Berufung blieb ebenso erfolglos wie die eingangs genannte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Wörtlich führte der Verwaltungsgerichtshof aus:

"Mit Ablauf der Genehmigungsdauer der auf Zeit erteilten Baubewilligung bzw. im Zeitpunkt des Widerrufes tritt ein konsensloser Zustand und die Verpflichtung zur Abtragung der Baulichkeit ein. Für den weiteren Bestand ist die Durchführung eines Bauverfahrens und die Erteilung einer neuen Bewilligung erforderlich (siehe ...). Konsenslosigkeit liegt vor, wenn eine Baubewilligung gemäß § 71 BO abgelaufen ist oder widerrufen wurde

(...)."

Mit Eingabe vom 20. Oktober 2006 suchte die Beschwerdeführerin um baubehördliche Bewilligung für eine Betriebstankstelle auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft an. Auf Grund dieses Ansuchens forderte die MA 37 mit Schreiben vom 9. November die Beschwerdeführerin gemäß § 13 Abs. 3 AVG auf, binnen einer Frist von 14 Tagen die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen, die nicht älter als ein Jahr sein dürfe, die Zustimmung der Liegenschaftseigentümer sowie die bezughabenden Baupläne nachzureichen. Diese Aufforderung enthielt die Belehrung, dass bei fruchtlosem Ablauf der Frist das Ansuchen zurückzuweisen sein werde.

Mit Bescheid vom 14. Dezember 2006 wies die MA 37 das Ansuchen auf Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für eine Betriebstankstelle in Anwendung des § 13 Abs. 3 AVG zurück.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde eine dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Berufung, die Tankstelle sei bereits im Jahr 2000 gemäß § 71 BO befristet bewilligt worden und daher sei die Einforderung neuer Einreichunterlagen rechtswidrig, verwies die belangte Behörde auf den Umstand, dass die seinerzeitige Baubewilligung befristet erteilt worden sei und die Gültigkeit bereits abgelaufen sei, sodass die Anlage konsenslos geworden sei. Einem neuen Ansuchen müssten entsprechende aktuelle Unterlagen, wie etwa eine gültige Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen, beigelegt werden. Es sei auch die Vorlage einer entsprechenden Zustimmungserklärung der Liegenschaftseigentümer unabdingbare Voraussetzung zur Erteilung der beantragten baubehördlichen Bewilligung. Ob die Grundeigentümer vertraglich zur Erteilung der Zustimmungserklärung verpflichtet wären, spiele im Bauverfahren keine Rolle; im Falle der Erwirkung einer Zustimmungserklärung im Zivilrechtswege stehe einer neuerlichen Einbringung des Baubewilligungsansuchens nichts entgegen.

In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Erteilung einer (weiteren) baubehördlichen Bewilligung für ihre Betriebstankstelle verletzt. Sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Nach Meinung der Beschwerdeführerin müssten die Bestimmungen der §§ 60 ff BauO für Wien dahingehend differenziert werden, dass bereits einmal eine Baubewilligung erteilt worden sei und die geforderten Einreichunterlagen bereits anlässlich der ersten Baubewilligung im Jahr 2000 vorgelegt worden seien. Die Vorlage neuerlicher Einreichunterlagen für ein bereits einmal bewilligtes und seither nicht verändertes Vorhaben sei eine unnötige, sachlich nicht gerechtfertigte Mehrbelastung des Bauwerbers im Vergleich zu anderen Bauwerbern, denen eine unbefristete Baubewilligung erteilt worden sei. Es sei seinerzeit nur deshalb eine gemäß § 71 BauO für Wien befristete Bewilligung erteilt worden, da auf Grund der damals einschlägigen Bebauungsbestimmungen im Hinblick auf die Bestimmungen des Wiener Garagengesetzes nur eine solche Bewilligung möglich gewesen sei. Nach der ausdrücklichen Begründung der damals erteilten Baubewilligung sei die Befristung lediglich deshalb erfolgt, um zu prüfen, ob innerhalb der Frist von 5 Jahren die Flächenwidmung insoweit geändert worden wäre, dass nunmehr eine unbefristete Baubewilligung möglich sein könne. Daher hätten im nunmehrigen Verfahren die Behörden von Amts wegen prüfen müssen, ob sich die Flächenwidmung inzwischen geändert hätte. Je nachdem hätte eine neuerliche Baubewilligung nunmehr unbefristet, oder, wenn keine Änderung der Flächenwidmung eingetreten sei, neuerlich befristet erteilt werden müssen, zumal die bereits im Jahr 2000 erfolgte Unterfertigung des Bauplans und der Baubeschreibung als liquider Nachweis der Zustimmung zu beurteilen gewesen wäre.

Als Verfahrensmangel wird gerügt, dass die Behörden nicht amtswegig geprüft hätten, ob sich seit dem Zeitpunkt der ersten Antragstellung im Jahr 1999 an der Baulichkeit bzw. an der dafür geltenden Flächenwidmung eine relevante Änderung ergeben hätte. Erst dann hätte die Baubehörde erster Instanz die Beschwerdeführerin auffordern dürfen, allenfalls einzelne Einreichunterlagen neuerlich vorzulegen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird.

Im Beschwerdefall ist somit zu überprüfen, ob dem schriftlichen Bauansuchen Mängel anhafteten, die den erteilten behördlichen Auftrag rechtfertigten.

Gemäß § 63 Abs. 1 BauO für Wien (BO) hat für das Baubewilligungsverfahren der Bauwerber u.a. folgende Einreichunterlagen vorzulegen:

(lit. a) Baupläne in dreifacher Ausfertigung;

(lit. c) die Zustimmung des Eigentümers (aller Miteigentümer, wenn der Bauwerber nicht selbst Eigentümer oder nur Miteigentümer der Liegenschaft ist);

(lit. d) die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen bei Bauführungen, für die eine Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen erforderlich ist.

Dass etwa das Fehlen der Zustimmung des Eigentümers des Baugrundstückes einen Mängelbehebungsauftrag nach § 13 Abs. 3 AVG rechtfertigt, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe die Nachweise bei Hengstschläger-Leeb, AVG § 13 Rz 27).

Die Beschwerdeführerin meint nun, dass bei Projekten, für die bereits eine Bewilligung nach § 71 BO erteilt worden war, bei einer neuerlichen Bewilligung nach Fristablauf nicht die Anforderungen nach § 63 Abs. 1 BO gälten, sondern bloß auf allfällige Veränderungen Bedacht zu nehmen wäre.

§ 71 BO lautet:

"§ 71. Bauten, die vorübergehenden Zwecken dienen oder nicht dauernd bestehen bleiben können, sei es wegen des bestimmungsgemäßen Zweckes der Grundfläche, sei es, weil in begründeten Ausnahmefällen die Baulichkeit den Bestimmungen dieses Gesetzes aus sachlichen Gegebenheiten nicht voll entspricht, kann die Behörde auf eine bestimmte Zeit oder auf Widerruf bewilligen. Für sie gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes insofern nicht, als nach Lage des Falles im Bescheid auf die Einhaltung dieser Bestimmungen verzichtet worden ist. Der Bewilligung dürfen durch dieses Gesetz gegebene subjektiv-öffentliche Rechte nicht entgegenstehen und es darf die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen nicht vermindert werden, es sei denn, dass der Berechtigte der Bewilligung ausdrücklich zugestimmt hat oder keine Parteistellung (§ 134 Abs. 3) erlangt hat."

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Vorerkenntnis seine Auffassung wiederholt, dass dann, wenn eine Baubewilligung gemäß § 71 BO abgelaufen ist, Konsenslosigkeit vorliegt und für den weiteren Bestand die Durchführung eines Bauverfahrens und die Erteilung einer neuen Baubewilligung erforderlich ist. Weder aus § 71 BO, noch aus § 63 BO noch aus sonstigen Bestimmungen der BO lassen sich aber irgendwelche Anhaltspunkte für die Auffassung der Beschwerdeführerin entnehmen, dass in einem solchen neuerlichen Bewilligungsverfahren andere Bestimmungen zur Anwendung kämen, als in einem wie die Beschwerdeführerin meint "gewöhnlichen Ansuchen um Baubewilligung". Insbesondere fehlt jeglicher Anhaltspunkt im Gesetz, dass eine hier behauptete Begründung des seinerzeitigen Bewilligungsbescheides nach § 71 BO irgendeine Präjudizwirkung für die Zeit nach Ablauf der Frist entfaltete.

Ausgehend von der seit dem Ablauf der Frist eingetretenen Konsenslosigkeit und dem von der Beschwerdeführerin nicht bestrittenen Umstand, dass sie ein Ansuchen um Baubewilligung für ein bewilligungspflichtiges Vorhaben gestellt hat, musste dieses Ansuchen den Anforderungen des § 63 Abs. 1 BO genügen. Dass dies der Fall gewesen wäre, behauptet die Beschwerdeführerin nicht. Sie bestreitet auch nicht, dass die übrigen Voraussetzungen einer Zurückweisung nach § 13 Abs. 3 AVG vorgelegen wären.

Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen, wobei mit Rücksicht auf die durch die zitierte hg. Judikatur klargestellte Rechtslage die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden konnte.

Wien, am 21. Mai 2007

Schlagworte

Verbesserungsauftrag Bejahung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007050098.X00

Im RIS seit

22.06.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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