Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des am 17. Juli 1962 geborenen Andreas S*****, infolge Revisionsrekurses des Betroffenen und des Sachwalters Christoph L*****, beide vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft Mory & Schellhorn OEG in Salzburg, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 9. Oktober 2003, GZ 21 R 384/03x-41, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Salzburg vom 30. Juli 2003, GZ 2 P 79/02w-36, bestätigt wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Text
Begründung:
Mit Beschluss des Erstgerichtes vom 7. 11. 2002 wurde für den Betroffenen ein Sachwalter (Christoph L*****) bestellt. Es wurde ihm aufgetragen, folgende Angelegenheiten für den Betroffenen besorgen:
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Sachwalters ist unzulässig, weil dieser den Beschluss des Erstgerichtes nicht angefochten hat.
Der Revisionsrekurs des Betroffenen ist aber zulässig, weil - wie im Folgenden noch darzulegen sein wird - das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist; er ist im Sinne seines Aufhebungsantrages auch berechtigt.
Der Betroffene macht in seinem Rechtsmittel geltend, der gegenständliche Fall sei kein "normaler" Sachwalterschaftsfall im Rahmen dessen hin und wieder ein Zivil- oder Exekutionsverfahren vom Sachwalter zu behandeln sei. Vielmehr sei der Betroffene in insgesamt 33 Verfahren verfangen; es seien dies 10 laufende Zivilverfahren, 22 Exekutionsverfahren und ein Strafverfahren wegen Untreue. Überdies sei nunmehr auch ein Konkursverfahren anhängig. Der Sachwalter sei somit im gegenständlichen Fall mit komplexen zivilrechtlichen, strafrechtlichen und konkursrechtlichen Fragen konfrontiert. Er habe auch zu überprüfen, ob gegebenenfalls Zahlungen im Rahmen der Einkommens- und Vermögensverwaltung eine Begünstigung oder Benachteiligung von Gläubigern darstellen könnten. Darüber hinaus habe der Sachwalter in mehreren Zivilverfahren komplexe Fragen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung und der Rechtswirksamkeit der vom Betroffenen abgeschlossenen Verträge zu beurteilen. In den Exekutionsverfahren sei zu prüfen, ob Rechtsmittel gegen die Exekutionsbewilligung erhoben werden könnten. Im Vergleich zu diesen Tätigkeiten seien die sozialarbeiterischen oder sonstigen Aufgaben des Sachwalters gering. Das Rekursgericht habe gegen § 281 Abs 3 ABGB verstoßen und stünden die Beschlüsse der Vorinstanzen auch im Widerspruch zum Wohle des Betroffenen.Der Betroffene macht in seinem Rechtsmittel geltend, der gegenständliche Fall sei kein "normaler" Sachwalterschaftsfall im Rahmen dessen hin und wieder ein Zivil- oder Exekutionsverfahren vom Sachwalter zu behandeln sei. Vielmehr sei der Betroffene in insgesamt 33 Verfahren verfangen; es seien dies 10 laufende Zivilverfahren, 22 Exekutionsverfahren und ein Strafverfahren wegen Untreue. Überdies sei nunmehr auch ein Konkursverfahren anhängig. Der Sachwalter sei somit im gegenständlichen Fall mit komplexen zivilrechtlichen, strafrechtlichen und konkursrechtlichen Fragen konfrontiert. Er habe auch zu überprüfen, ob gegebenenfalls Zahlungen im Rahmen der Einkommens- und Vermögensverwaltung eine Begünstigung oder Benachteiligung von Gläubigern darstellen könnten. Darüber hinaus habe der Sachwalter in mehreren Zivilverfahren komplexe Fragen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung und der Rechtswirksamkeit der vom Betroffenen abgeschlossenen Verträge zu beurteilen. In den Exekutionsverfahren sei zu prüfen, ob Rechtsmittel gegen die Exekutionsbewilligung erhoben werden könnten. Im Vergleich zu diesen Tätigkeiten seien die sozialarbeiterischen oder sonstigen Aufgaben des Sachwalters gering. Das Rekursgericht habe gegen Paragraph 281, Absatz 3, ABGB verstoßen und stünden die Beschlüsse der Vorinstanzen auch im Widerspruch zum Wohle des Betroffenen.
Hiezu wurde erwogen:
Bei der Auswahl der Person des einstweiligen Sachwalters ist § 281 ABGB anzuwenden. Gemäß § 281 Abs 3 ABGB ist, wenn die Besorgung der Angelegenheit der behinderten Person vorwiegend Rechtskenntnisse erfordert, ein Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) oder Notar (Notariatskanditat) zum Sachwalter zu bestellen. Wenngleich dem Gericht bei der Auswahl jener Person, welche zum Sachwalter bestellt werden kann, ein Ermessensspielraum eingeräumt ist, ist nach dem zwingenden Wortlaut des § 281 Abs 3 ABGB dann, wenn es klar ist, dass zur Besorgung der Angelegenheiten vorwiegend Rechtskenntnisse erforderlich sind, eine rechtskundige Person im Sinne des § 281 Abs 3 ABGB zum Sachwalter zu bestellen. Die genannte Bestimmung zeigt, dass bei der Auswahl des Sachwalters besonders auf die Art der Angelegenheiten, die zu besorgen sind, zu achten ist. Soll also der Sachwalter den Behinderten in einem Rechtsstreit vertreten oder fordern die von ihm zu besorgenden Angelegenheiten sonst vorwiegend Rechtskenntnisse, so ist grundsätzlich, je nach den Umständen, ein Rechtsanwalt, Notar, Rechtsanwaltsanwärter oder Notariatskanditat zum Sachwalter zu bestellen (SZ 68/95; RIS-Justiz RS0048291). Das Gesetz (§ 281 Abs 3 ABGB) geht also davon aus, dass das Wohl des Pflegebefohlenen dann, wenn der Sachwalter diesen in einem Rechtsstreit vertreten soll oder die von ihm zu besorgenden Angelegenheiten sonst vorwiegend Rechtskenntnisse erfordern, grundsätzlich nur dann ausreichend gewahrt ist, wenn eine Person aus dem Kreise des § 281 Abs 3 ABGB zum Sachwalter bestellt wird. Dies gilt für die Bestellung eines Sachwalters, gleichermaßen aber auch bei der Frage der Auswechslung eines solchen (vgl 9 Ob 97/98z). Es kann für das Wohl des Betroffenen keinen Unterschied machen, ob es zur erstmaligen Bestellung eines Sachwalters kommt, oder ob ein schon bestellter Sachwalter durch einen anderen ersetzt werden soll. Sind die Voraussetzungen des § 281 Abs 3 ABGB gegeben, dass ist eine dort genannte Person zum Sachwalter zu bestellen, unabhängig davon, ob es sich um die erstmalige Bestellung oder um den Austausch eines schon bestellten Sachwalters handelt.Bei der Auswahl der Person des einstweiligen Sachwalters ist Paragraph 281, ABGB anzuwenden. Gemäß Paragraph 281, Absatz 3, ABGB ist, wenn die Besorgung der Angelegenheit der behinderten Person vorwiegend Rechtskenntnisse erfordert, ein Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) oder Notar (Notariatskanditat) zum Sachwalter zu bestellen. Wenngleich dem Gericht bei der Auswahl jener Person, welche zum Sachwalter bestellt werden kann, ein Ermessensspielraum eingeräumt ist, ist nach dem zwingenden Wortlaut des Paragraph 281, Absatz 3, ABGB dann, wenn es klar ist, dass zur Besorgung der Angelegenheiten vorwiegend Rechtskenntnisse erforderlich sind, eine rechtskundige Person im Sinne des Paragraph 281, Absatz 3, ABGB zum Sachwalter zu bestellen. Die genannte Bestimmung zeigt, dass bei der Auswahl des Sachwalters besonders auf die Art der Angelegenheiten, die zu besorgen sind, zu achten ist. Soll also der Sachwalter den Behinderten in einem Rechtsstreit vertreten oder fordern die von ihm zu besorgenden Angelegenheiten sonst vorwiegend Rechtskenntnisse, so ist grundsätzlich, je nach den Umständen, ein Rechtsanwalt, Notar, Rechtsanwaltsanwärter oder Notariatskanditat zum Sachwalter zu bestellen (SZ 68/95; RIS-Justiz RS0048291). Das Gesetz (Paragraph 281, Absatz 3, ABGB) geht also davon aus, dass das Wohl des Pflegebefohlenen dann, wenn der Sachwalter diesen in einem Rechtsstreit vertreten soll oder die von ihm zu besorgenden Angelegenheiten sonst vorwiegend Rechtskenntnisse erfordern, grundsätzlich nur dann ausreichend gewahrt ist, wenn eine Person aus dem Kreise des Paragraph 281, Absatz 3, ABGB zum Sachwalter bestellt wird. Dies gilt für die Bestellung eines Sachwalters, gleichermaßen aber auch bei der Frage der Auswechslung eines solchen vergleiche 9 Ob 97/98z). Es kann für das Wohl des Betroffenen keinen Unterschied machen, ob es zur erstmaligen Bestellung eines Sachwalters kommt, oder ob ein schon bestellter Sachwalter durch einen anderen ersetzt werden soll. Sind die Voraussetzungen des Paragraph 281, Absatz 3, ABGB gegeben, dass ist eine dort genannte Person zum Sachwalter zu bestellen, unabhängig davon, ob es sich um die erstmalige Bestellung oder um den Austausch eines schon bestellten Sachwalters handelt.
Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen kann nicht gesagt werden, dass - selbst unter Zugrundelegung der Ausführungen des Sachwalters - die Besorgung der Angelegenheiten des Behinderten nicht vorwiegend Rechtskenntnisse erfordere. Auch wenn in Verfahren vor den Bezirksgerichten in Sachen, deren Streitwert EUR 4.000,-- nicht übersteigt, kein Anwaltszwang besteht (§ 27 Abs 1 ZPO), dann heißt das nicht, dass nicht in solchen Verfahren Rechtskenntnisse nützlich und erforderlich sind. Berücksichtigt man im vorliegenden Fall, dass nach den Behauptungen des Sachwalters eine Vielzahl von Zivil- und Exekutionsverfahren und auch ein Strafverfahren anhängig ist (nach den Behauptungen im Revisionsrekurs auch noch ein Konkursverfahren), dann kann nicht ohne weiteres gesagt werden, die vom Sachwalter zu besorgenden Angelegenheiten erforderten nicht vorwiegend Rechtskenntnisse. Dies wäre nur dann der Fall, wenn es sich bei diesem Verfahren um einfache Verfahren handelte, was aber derzeit nicht beurteilt werden kann.Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen kann nicht gesagt werden, dass - selbst unter Zugrundelegung der Ausführungen des Sachwalters - die Besorgung der Angelegenheiten des Behinderten nicht vorwiegend Rechtskenntnisse erfordere. Auch wenn in Verfahren vor den Bezirksgerichten in Sachen, deren Streitwert EUR 4.000,-- nicht übersteigt, kein Anwaltszwang besteht (Paragraph 27, Absatz eins, ZPO), dann heißt das nicht, dass nicht in solchen Verfahren Rechtskenntnisse nützlich und erforderlich sind. Berücksichtigt man im vorliegenden Fall, dass nach den Behauptungen des Sachwalters eine Vielzahl von Zivil- und Exekutionsverfahren und auch ein Strafverfahren anhängig ist (nach den Behauptungen im Revisionsrekurs auch noch ein Konkursverfahren), dann kann nicht ohne weiteres gesagt werden, die vom Sachwalter zu besorgenden Angelegenheiten erforderten nicht vorwiegend Rechtskenntnisse. Dies wäre nur dann der Fall, wenn es sich bei diesem Verfahren um einfache Verfahren handelte, was aber derzeit nicht beurteilt werden kann.
Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben, inwieweit der Betroffene in Zivil-, Exekutions-, Straf- und Konkursverfahren involviert ist und ob deren Besorgung nicht doch Rechtskenntnisse erfordert. Sollte dies aber der Fall sein, wird es eine Person aus dem Kreise des § 281 Abs 3 ABGB zum Sachwalter für den Betroffenen zu bestellen haben.Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben, inwieweit der Betroffene in Zivil-, Exekutions-, Straf- und Konkursverfahren involviert ist und ob deren Besorgung nicht doch Rechtskenntnisse erfordert. Sollte dies aber der Fall sein, wird es eine Person aus dem Kreise des Paragraph 281, Absatz 3, ABGB zum Sachwalter für den Betroffenen zu bestellen haben.
Anmerkung
E72076 2Ob301.03hEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2004:0020OB00301.03H.0115.000Dokumentnummer
JJT_20040115_OGH0002_0020OB00301_03H0000_000