Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Gabriele Jarosch und Eveline Umgeher als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. Gerhard H*****, Rechtsanwalt, ***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der S***** AG, 20 S 273/01z des Landesgerichtes Wels, gegen die beklagte Partei Ing. Leopold S*****, Unternehmer, ***** derzeit ***** vertreten durch Mag. Hubertus P. Weben, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Herausgabe und Zustimmung (Gesamtstreitwert EUR 70.000 sA), über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14. November 2003, GZ 11 Ra 104/03y-25, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom 30. September 2003, GZ 17 Cga 133/02w-22, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichtes in ihrem Punkt 2. wieder hergestellt wird.
Der klagende Masseverwalter ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.846,62 (darin EUR 307,77 USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung:
Zum Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der S***** AG wurde zunächst Dr. Gerhard H*****, Rechtsanwalt *****, bestellt. Mit seiner Klage begehrte er vom Beklagten als früherem Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin im Zusammenhang mit einer Alterspensionszusage die Herausgabe einer Versicherungspolizze und die Zustimmung des Beklagten zur Auszahlung des Rückkaufswerts einer für ihn abgeschlossenen Lebensversicherung.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.
Mit Urteil vom 12. Mai 2003 (ON 18) wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Die Urteilsausfertigung wurde dem Masseverwalter Dr. H***** am 7. 7. 2003 zugestellt. Bereits vor der Zustellung hatte dieser mit Wirkung vom 30. 6. 2003 auf die weitere Ausübung der Rechtsanwaltschaft verzichtet, weshalb sein Sohn Mag. Gerhard H***** mit Beschluss der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 30. 6. 2003 zum mittlerweiligen Stellvertreter gemäß § 34 Abs 4 RAO bestellt wurde. Mit Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 24. 7. 2003 wurde der bisherige Masseverwalter Dr. Gerhard H*****, emeritierter Rechtsanwalt, über eigenen Antrag seines Amtes enthoben und gleichzeitig Mag. Gerhard H*****, Rechtsanwalt *****, zum Masseverwalter bestellt. Mit Schriftsatz vom 31. Juli 2003, welcher an diesem Tage beim Erstgericht einlangte, gab der neue Masseverwalter die Umbestellung im vorliegenden Verfahren bekannt. Er führte aus, dass nach seiner Ansicht das gegenständliche Verfahren bereits durch den Verzicht des früheren Masseverwalters auf die Ausübung seiner Rechtsanwaltschaft per 30. 6. 2003 unterbrochen worden sei, sodass die am 7. Juli 2003 erfolgte Urteilszustellung wirkungslos geblieben sei. Er erklärte daher, "das unterbrochene Verfahren" aufzunehmen und beantragte die Fortsetzung desselben sowie die Zustellung einer Urteilsausfertigung an ihn.Mit Urteil vom 12. Mai 2003 (ON 18) wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Die Urteilsausfertigung wurde dem Masseverwalter Dr. H***** am 7. 7. 2003 zugestellt. Bereits vor der Zustellung hatte dieser mit Wirkung vom 30. 6. 2003 auf die weitere Ausübung der Rechtsanwaltschaft verzichtet, weshalb sein Sohn Mag. Gerhard H***** mit Beschluss der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 30. 6. 2003 zum mittlerweiligen Stellvertreter gemäß Paragraph 34, Absatz 4, RAO bestellt wurde. Mit Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 24. 7. 2003 wurde der bisherige Masseverwalter Dr. Gerhard H*****, emeritierter Rechtsanwalt, über eigenen Antrag seines Amtes enthoben und gleichzeitig Mag. Gerhard H*****, Rechtsanwalt *****, zum Masseverwalter bestellt. Mit Schriftsatz vom 31. Juli 2003, welcher an diesem Tage beim Erstgericht einlangte, gab der neue Masseverwalter die Umbestellung im vorliegenden Verfahren bekannt. Er führte aus, dass nach seiner Ansicht das gegenständliche Verfahren bereits durch den Verzicht des früheren Masseverwalters auf die Ausübung seiner Rechtsanwaltschaft per 30. 6. 2003 unterbrochen worden sei, sodass die am 7. Juli 2003 erfolgte Urteilszustellung wirkungslos geblieben sei. Er erklärte daher, "das unterbrochene Verfahren" aufzunehmen und beantragte die Fortsetzung desselben sowie die Zustellung einer Urteilsausfertigung an ihn.
Mit Beschluss vom 30. 9. 2003 (ON 22) wies das Erstgericht (zu Punkt 2. seines Beschlusses) den Antrag des klagenden Masseverwalters auf Fortsetzung des (angeblich) unterbrochenen Verfahrens und (erneute) Zustellung einer Urteilsausfertigung ab. Das Erstgericht verneinte den Eintritt einer Unterbrechung, zumal die Abberufung des früheren und die Bestellung des neuen Masseverwalters gleichzeitig erfolgt seien. Dem dagegen vom Masseverwalter erhobenen Rekurs (- ein gleichzeitig eingebrachter Wiedereinsetzungsantrag und eine Berufung sind noch nicht erledigt und nicht Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens -) gab das Rekursgericht mit der angefochtenen Entscheidung Folge. Es lehnte insbesondere die in der Lehre (Riel, Die Befugnisse des Masseverwalters im Zivilverfahrensrecht 136 ff) vertretene Rechtsauffassung ab, dass bei gleichzeitiger Abberufung des alten und Bestellung des neuen Masseverwalters keine Unterbrechung eines anhängigen Zivilverfahrens eintrete. Vielmehr sei die Rechtsprechung zur Umbestellung eines Verfahrenshelfers während einer Rechtsmittelfrist heranzuziehen. Die Umbestellung eines Masseverwalters sei einem solchen Vorgang gleichzuhalten. Zutreffend habe daher der neue Masseverwalter - fristwahrend - die neuerliche Zustellung des Urteils des Erstgerichtes begehrt. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, da es zur Frage, ob durch eine Masseverwalterumstellung eine Unterbrechung anhängiger Prozesse nach § 158 ZPO (allenfalls analog) eintrete, keine oberstgerichtliche Rechtsprechung gebe.Mit Beschluss vom 30. 9. 2003 (ON 22) wies das Erstgericht (zu Punkt 2. seines Beschlusses) den Antrag des klagenden Masseverwalters auf Fortsetzung des (angeblich) unterbrochenen Verfahrens und (erneute) Zustellung einer Urteilsausfertigung ab. Das Erstgericht verneinte den Eintritt einer Unterbrechung, zumal die Abberufung des früheren und die Bestellung des neuen Masseverwalters gleichzeitig erfolgt seien. Dem dagegen vom Masseverwalter erhobenen Rekurs (- ein gleichzeitig eingebrachter Wiedereinsetzungsantrag und eine Berufung sind noch nicht erledigt und nicht Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens -) gab das Rekursgericht mit der angefochtenen Entscheidung Folge. Es lehnte insbesondere die in der Lehre (Riel, Die Befugnisse des Masseverwalters im Zivilverfahrensrecht 136 ff) vertretene Rechtsauffassung ab, dass bei gleichzeitiger Abberufung des alten und Bestellung des neuen Masseverwalters keine Unterbrechung eines anhängigen Zivilverfahrens eintrete. Vielmehr sei die Rechtsprechung zur Umbestellung eines Verfahrenshelfers während einer Rechtsmittelfrist heranzuziehen. Die Umbestellung eines Masseverwalters sei einem solchen Vorgang gleichzuhalten. Zutreffend habe daher der neue Masseverwalter - fristwahrend - die neuerliche Zustellung des Urteils des Erstgerichtes begehrt. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, da es zur Frage, ob durch eine Masseverwalterumstellung eine Unterbrechung anhängiger Prozesse nach Paragraph 158, ZPO (allenfalls analog) eintrete, keine oberstgerichtliche Rechtsprechung gebe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der beklagten Partei aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung bzw "hilfsweise" aus dem Grunde der Nichtigkeit des Verfahrens.
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass die vom Revisionsrekurswerber "hilfsweise" geltend gemachte Nichtigkeit mangels Äußerungsmöglichkeit im Rekursverfahren nicht vorliegt, weil hier kein Fall des § 521a ZPO gegeben ist.Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass die vom Revisionsrekurswerber "hilfsweise" geltend gemachte Nichtigkeit mangels Äußerungsmöglichkeit im Rekursverfahren nicht vorliegt, weil hier kein Fall des Paragraph 521 a, ZPO gegeben ist.
Das Rekursgericht hat zunächst zutreffend darauf hingewiesen, dass die Zurücklegung der Rechtsanwaltschaft allein durch den früheren Masseverwalter keinen Einfluss auf arbeitsgerichtliche Verfahren nehmen konnte, weil davon die Funktion als Masseverwalter zunächst unberührt blieb und im vorliegenden arbeitsgerichtlichen Verfahren eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht geboten ist. Es kann daher insoweit auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hingewiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO).Das Rekursgericht hat zunächst zutreffend darauf hingewiesen, dass die Zurücklegung der Rechtsanwaltschaft allein durch den früheren Masseverwalter keinen Einfluss auf arbeitsgerichtliche Verfahren nehmen konnte, weil davon die Funktion als Masseverwalter zunächst unberührt blieb und im vorliegenden arbeitsgerichtlichen Verfahren eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht geboten ist. Es kann daher insoweit auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hingewiesen werden (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Im Übrigen ist jedoch der Eintritt einer durch die Umbestellung des Masseverwalters bewirkten Unterbrechung des Verfahrens zu verneinen. Es kann nun fraglich sein, ob bei Wegfall des Masseverwalters § 158 ZPO oder § 155 ZPO anzuwenden sind (siehe hiezu Fink in Fasching ZPO Kommentar2 II Rz 14 zu § 158 ZPO mw Literaturzitaten), weil eine sachgerechte Lösung nicht unter mechanischer Anwendung einer der Masseverwaltertheorien, sondern nur nach der ratio der Unterbrechungsnormen gefunden werden kann. Wesentlich ist, dass - wie in der Praxis üblich - bei der Enthebung des früheren Masseverwalters sofort ein neuer Masseverwalter bestellt wurde und diese Bestellung gleichzeitig mit der Abberufung des bisherigen Masseverwalters wirksam wurde. In einem solchen Fall mangelt es aber an der - für eine Unterbrechung maßgebliche - Lücke in der Vertretung "der Konkursmasse" (Riel aaO 137; Fink aaO). Da hier genau der vorgenannte Regelfall eingetreten ist, kam es auch zu keiner Unterbrechung, sodass weder die Fortsetzung des Verfahrens noch die neuerliche Zustellung des schon wirksam zugestellten Urteils in Frage kommt.Im Übrigen ist jedoch der Eintritt einer durch die Umbestellung des Masseverwalters bewirkten Unterbrechung des Verfahrens zu verneinen. Es kann nun fraglich sein, ob bei Wegfall des Masseverwalters Paragraph 158, ZPO oder Paragraph 155, ZPO anzuwenden sind (siehe hiezu Fink in Fasching ZPO Kommentar2 römisch II Rz 14 zu Paragraph 158, ZPO mw Literaturzitaten), weil eine sachgerechte Lösung nicht unter mechanischer Anwendung einer der Masseverwaltertheorien, sondern nur nach der ratio der Unterbrechungsnormen gefunden werden kann. Wesentlich ist, dass - wie in der Praxis üblich - bei der Enthebung des früheren Masseverwalters sofort ein neuer Masseverwalter bestellt wurde und diese Bestellung gleichzeitig mit der Abberufung des bisherigen Masseverwalters wirksam wurde. In einem solchen Fall mangelt es aber an der - für eine Unterbrechung maßgebliche - Lücke in der Vertretung "der Konkursmasse" (Riel aaO 137; Fink aaO). Da hier genau der vorgenannte Regelfall eingetreten ist, kam es auch zu keiner Unterbrechung, sodass weder die Fortsetzung des Verfahrens noch die neuerliche Zustellung des schon wirksam zugestellten Urteils in Frage kommt.
Entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes handelt es sich bei der Unterbrechungswirkung des § 464 Abs 3 ZPO um einen ganz speziellen Fall im Zusammenhang mit der Vertretung in Verfahrenshilfesachen. Die vom Rekursgericht zitierte Rechtsprechung ist nicht generell auf andere Unterbrechungsfälle auszudehnen, sondern beschäftigt sich ausdrücklich damit, dass bei Verfahrenshilfe genießenden Parteien durch eine spätere Umbestellung kein Nachteil gegenüber der Erstbestellung eines Verfahrenshelfers erwachsen soll. Diese Erwägungen sind aber nicht verallgemeinerbar (- man denke beispielsweise an die fristneutrale Bestellung eines neuen gewillkürten Parteienvertreters -).Entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes handelt es sich bei der Unterbrechungswirkung des Paragraph 464, Absatz 3, ZPO um einen ganz speziellen Fall im Zusammenhang mit der Vertretung in Verfahrenshilfesachen. Die vom Rekursgericht zitierte Rechtsprechung ist nicht generell auf andere Unterbrechungsfälle auszudehnen, sondern beschäftigt sich ausdrücklich damit, dass bei Verfahrenshilfe genießenden Parteien durch eine spätere Umbestellung kein Nachteil gegenüber der Erstbestellung eines Verfahrenshelfers erwachsen soll. Diese Erwägungen sind aber nicht verallgemeinerbar (- man denke beispielsweise an die fristneutrale Bestellung eines neuen gewillkürten Parteienvertreters -).
Somit war der Beschluss des Erstgerichtes in seinem Punkt 2 wieder herzustellen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die beklagte Partei hat Anspruch auf Ersatz der ihr im Zwischenstreit über eine neuerliche Zustellung des Urteils des Erstgerichtes erwachsenen Kosten.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraphen 41,, 50 Absatz eins, ZPO. Die beklagte Partei hat Anspruch auf Ersatz der ihr im Zwischenstreit über eine neuerliche Zustellung des Urteils des Erstgerichtes erwachsenen Kosten.
Textnummer
E72218European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2004:009OBA00149.03G.0121.000Im RIS seit
20.02.2004Zuletzt aktualisiert am
04.01.2013