Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI Dr. Wilhelm P*****, vertreten durch Dr. Stephan Crepaz, Rechtsanwalt in Innsbruck, und des Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei Dr. Karl F. E*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der klagenden Partei, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen EUR 151,365.656,90 sA, AZ 17 Cg 210/03d des Landesgerichts Innsbruck, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Der Antrag der klagenden Partei, die Rechtssache zur Verhandlung und Entscheidung an den "US-District Court for the Northern District of California" zu delegieren, wird zurückgewiesen.
2. Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Der durch einen Verfahrenshilfeanwalt vertretene Kläger machte ursprünglich einen Amtshaftungsanspruch von 265 Mio S aufgrund eines seiner Ansicht nach gesetzwidrigen Beschlusses des Landesgerichts Wels auf Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen geltend. In der Tagsatzung vom 14. 4. 1989 dehnte er sein Klagebegehren um weitere S 1.817,836.850,50 aus und begründete dies damit, dass auch die Konkurseröffnung über mehrere Gesellschaften, deren (Allein-)Gesellschafter er gewesen sei, zu Unrecht erfolgt sei; die diesen Gesellschaften zugefügten Schäden seien zugleich auch als Schäden des Klägers anzusehen. Die beklagte Partei sprach sich gegen diese Klageänderung aus; das Erstgericht behielt sich eine Entscheidung über die Zulässigkeit der Klageänderung vor (ON 36, AS 147).
Mit Schriftsatz vom 28. 11. 2003 (ON 77) erklärte der Kläger, hilfsweise auch aus dem rechtswidrigen Verhalten der Organe des Landesgerichts Innsbruck sowie des Oberlandesgerichts Innsbruck Amtshaftungsansprüche gegen die beklagte Partei geltend zu machen. Hilfsweise werde daher das Klagebegehren - vorbehaltlich einer späteren Ausdehnung - auch auf das in diesem Schriftsatz angeführte "anspruchsbegründende Vorbringen" gestützt. Im Einzelnen brachte er vor, er sei vom Landesgericht Innsbruck zu Unrecht strafgerichtlich verurteilt und in der Folge in Haft genommen worden. Er habe dadurch (nicht bezifferte) Schmerzengeld- und Verdienstentgangsansprüche erworben. Darüber hinaus sei das vorliegende Verfahren entgegen Art 6 EMRK seit 15 Jahren beim Landesgericht Innsbruck anhängig. Sollte der Kläger deshalb teilweise oder sogar zur Gänze den anspruchsbegründenden Sachverhalt nicht mehr beweisen können, weil wichtige Beweismittel nach so langer Zeit nicht mehr zur Verfügung stehen, drohe ihm der Prozessverlust. Die Höhe des dadurch verursachten Schadens entspreche der Höhe des Klagebetrags. Darüber hinaus seien ihm durch die überlange Verfahrensdauer persönlicher und finanzieller Aufwand sowie Verdienstentgang entstanden. Hilfsweise würden die bereits geltend gemachten Amtshaftungsansprüche - vorbehaltlich einer späteren Ausdehnung - daher auch auf dieses anspruchsbegründende Vorbringen gestützt.Mit Schriftsatz vom 28. 11. 2003 (ON 77) erklärte der Kläger, hilfsweise auch aus dem rechtswidrigen Verhalten der Organe des Landesgerichts Innsbruck sowie des Oberlandesgerichts Innsbruck Amtshaftungsansprüche gegen die beklagte Partei geltend zu machen. Hilfsweise werde daher das Klagebegehren - vorbehaltlich einer späteren Ausdehnung - auch auf das in diesem Schriftsatz angeführte "anspruchsbegründende Vorbringen" gestützt. Im Einzelnen brachte er vor, er sei vom Landesgericht Innsbruck zu Unrecht strafgerichtlich verurteilt und in der Folge in Haft genommen worden. Er habe dadurch (nicht bezifferte) Schmerzengeld- und Verdienstentgangsansprüche erworben. Darüber hinaus sei das vorliegende Verfahren entgegen Artikel 6, EMRK seit 15 Jahren beim Landesgericht Innsbruck anhängig. Sollte der Kläger deshalb teilweise oder sogar zur Gänze den anspruchsbegründenden Sachverhalt nicht mehr beweisen können, weil wichtige Beweismittel nach so langer Zeit nicht mehr zur Verfügung stehen, drohe ihm der Prozessverlust. Die Höhe des dadurch verursachten Schadens entspreche der Höhe des Klagebetrags. Darüber hinaus seien ihm durch die überlange Verfahrensdauer persönlicher und finanzieller Aufwand sowie Verdienstentgang entstanden. Hilfsweise würden die bereits geltend gemachten Amtshaftungsansprüche - vorbehaltlich einer späteren Ausdehnung - daher auch auf dieses anspruchsbegründende Vorbringen gestützt.
Die beklagte Partei hatte sich nach der Ankündigung einer auf ein Fehlverhalten der Strafgerichte gestützten Klageausdehnung gegen eine solche ebenso ausgesprochen (ON 64) wie gegen den weiteren Antrag des Klägers (ON 73), das Verfahren gemäß § 9 Abs 4 AHG an das im Spruch dieser Entscheidung genannte Gericht zu delegieren (ON 74). Das Erstgericht legt nun den Akt dem Obersten Gerichtshof "gemäß § 9 Abs 4 AHG" vor und verweist darauf, dass der Kläger seine Ersatzansprüche nunmehr auch auf Entscheidungen des Erstgerichts sowie des Oberlandesgerichts Innsbruck stützt.Die beklagte Partei hatte sich nach der Ankündigung einer auf ein Fehlverhalten der Strafgerichte gestützten Klageausdehnung gegen eine solche ebenso ausgesprochen (ON 64) wie gegen den weiteren Antrag des Klägers (ON 73), das Verfahren gemäß Paragraph 9, Absatz 4, AHG an das im Spruch dieser Entscheidung genannte Gericht zu delegieren (ON 74). Das Erstgericht legt nun den Akt dem Obersten Gerichtshof "gemäß Paragraph 9, Absatz 4, AHG" vor und verweist darauf, dass der Kläger seine Ersatzansprüche nunmehr auch auf Entscheidungen des Erstgerichts sowie des Oberlandesgerichts Innsbruck stützt.
Rechtliche Beurteilung
Durch § 9 Abs 4 AHG sollen alle Gerichte, aus deren Verhalten ein Amtshaftungsanspruch abgeleitet wird, von jeder Entscheidung über diesen Anspruch ausgeschlossen sein (vgl nur Schragel, AHG3, Rz 255 mwN). In ihrem Schriftsatz vom 4. 12. 2003 hat die klagende Partei nun aber ausdrücklich erklärt, die weiteren - vom ursprünglichen Klageanspruch unabhängigen - Tatsachen und Rechtsgründe nur hilfsweise geltend zu machen. Dies kann vernünftigerweise nur so verstanden werden, dass das Erstgericht diese Umstände erst und nur dann prüfen und seiner Entscheidung zugrundelegen soll, wenn sich das Klagebegehren nicht bereits auf der Grundlage der bisherigen Prozessbehauptungen als berechtigt erweist. Damit bleibt aber das Verfahren vorerst auf den ursprünglichen Streitgegenstand beschränkt, weshalb für eine Anwendung des § 9 Abs 4 AHG kein Raum bleibt. Erst wenn sich das ursprüngliche Begehren als unberechtigt erweisen sollte, ist angesichts der ausdrücklich nur hilfsweise ins Treffen geführten weiteren, dem ursprünglichen Streitgegenstand nicht zuzuordnenden, Prozessbehauptungen der klagenden Partei die Frage einer allenfalls notwendigen Delegierung zu stellen. Da es an jeglicher Rechtsgrundlage mangelt, auf deren Boden der Oberste Gerichtshof ein Gericht in den USA als zuständig bestimmen könnte, ist der darauf abzielende Delegierungsantrag zurückzuweisen.Durch Paragraph 9, Absatz 4, AHG sollen alle Gerichte, aus deren Verhalten ein Amtshaftungsanspruch abgeleitet wird, von jeder Entscheidung über diesen Anspruch ausgeschlossen sein vergleiche nur Schragel, AHG3, Rz 255 mwN). In ihrem Schriftsatz vom 4. 12. 2003 hat die klagende Partei nun aber ausdrücklich erklärt, die weiteren - vom ursprünglichen Klageanspruch unabhängigen - Tatsachen und Rechtsgründe nur hilfsweise geltend zu machen. Dies kann vernünftigerweise nur so verstanden werden, dass das Erstgericht diese Umstände erst und nur dann prüfen und seiner Entscheidung zugrundelegen soll, wenn sich das Klagebegehren nicht bereits auf der Grundlage der bisherigen Prozessbehauptungen als berechtigt erweist. Damit bleibt aber das Verfahren vorerst auf den ursprünglichen Streitgegenstand beschränkt, weshalb für eine Anwendung des Paragraph 9, Absatz 4, AHG kein Raum bleibt. Erst wenn sich das ursprüngliche Begehren als unberechtigt erweisen sollte, ist angesichts der ausdrücklich nur hilfsweise ins Treffen geführten weiteren, dem ursprünglichen Streitgegenstand nicht zuzuordnenden, Prozessbehauptungen der klagenden Partei die Frage einer allenfalls notwendigen Delegierung zu stellen. Da es an jeglicher Rechtsgrundlage mangelt, auf deren Boden der Oberste Gerichtshof ein Gericht in den USA als zuständig bestimmen könnte, ist der darauf abzielende Delegierungsantrag zurückzuweisen.
Anmerkung
E72143 1Nc82.03dEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2004:0010NC00082.03D.0129.000Dokumentnummer
JJT_20040129_OGH0002_0010NC00082_03D0000_000