TE OGH 2004/1/29 1Nc7/04a

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Veröffentlicht am 29.01.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der beim Landesgericht Innsbruck zur AZ 17 Cg 216/03m (vormals 6 Cg 293/97t) anhängigen Rechtssache der klagenden Partei H***** Gesellschaft m. b. H., *****, vertreten durch Dr. Christian Fuchs, Rechtsanwalt in Innsbruck, und des Nebenintervenienten Dr. Peter R*****, Rechtsanwalt in Wien, als Masseverwalter im Konkurs der klagenden Partei, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen 9.978.068,51 EUR sA, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Der Antrag der klagenden Partei, die Rechtssache zur Verhandlung und Entscheidung an den "US-District Court for the Northern District of California" zu delegieren, wird zurückgewiesen.

2. Im Übrigen wird der Akt dem Landesgericht Innsbruck zurückgestellt.

Text

Begründung:

Das Erstgericht fasste am 18. 12. 1997 den Beschluss auf Fortsetzung des seit 13. 9. 1988 anhängigen unterbrochenen Amtshaftungsverfahrens.

Im Schriftsatz vom 25. 10. 2002 (Einlangen) kündigte die klagende Partei an, sie beabsichtige, das Klagebegehren "um weitere Amtshaftungsansprüche, resultierend aus den im Strafverfahren zu 28 Hv 109/99 des LG Innsbruck und dem diesbezüglich zusammenhängenden Auslieferungsverfahren zu 28 Hv 109/99 des LG Innsbruck, Akten 1.47301-IV1/01 des Bundesministeriums für Justiz, 123778/0009e-IV.1/2001 des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten und CR3-01-30236JCS, United District Court of the Northern District of California/USA, erlittenen Schäden auszudehnen". Das Landesgericht Innsbruck und das Oberlandesgericht Innsbruck seien "gemäß § 9 AHG ausgeschlossen", weshalb die Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien beantragt werde.Im Schriftsatz vom 25. 10. 2002 (Einlangen) kündigte die klagende Partei an, sie beabsichtige, das Klagebegehren "um weitere Amtshaftungsansprüche, resultierend aus den im Strafverfahren zu 28 Hv 109/99 des LG Innsbruck und dem diesbezüglich zusammenhängenden Auslieferungsverfahren zu 28 Hv 109/99 des LG Innsbruck, Akten 1.47301-IV1/01 des Bundesministeriums für Justiz, 123778/0009e-IV.1/2001 des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten und CR3-01-30236JCS, United District Court of the Northern District of California/USA, erlittenen Schäden auszudehnen". Das Landesgericht Innsbruck und das Oberlandesgericht Innsbruck seien "gemäß Paragraph 9, AHG ausgeschlossen", weshalb die Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien beantragt werde.

Dieser Delegierungsantrag wurde vom Obersten Gerichtshof mit Beschluss vom 6. 12. 2002 (1 Nc 116/02b) abgewiesen, weil nur eine vage Ankündigung der klagenden Partei aktenkundig war, das Klagebegehren künftig ausdehnen zu wollen und das dann erweiterte Klagebegehren auf Tatsachen zu stützen, die den Delegierungstatbestand des § 9 Abs 4 AHG erfüllten. Mit Schriftsatz vom 12. 8. 2003 (Einlangen) behauptete die klagende Partei - gestützt auf diffuses Vorbringen - "aufgrund der Entscheidungen der OLG Linz, OLG Innsbruck, 28 R 79/03y, OLG Wien, 5 R 223/95, OLG Graz" werde "in allen Amtshaftungsverfahren ein Amtshaftungsanspruch gegen die Republik Österreich geltend gemacht". Somit sei gemäß § 9 Abs 4 AHG eine "Delegierung dieser Rechtssache an ein österreichisches Gericht von Gesetzes wegen nicht möglich". Demnach werde beantragt, die Rechtssache an den "US-District Court for the Northern District of California" zu delegieren (ON 46) und damit dessen Zuständigkeit zu deren Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen.Dieser Delegierungsantrag wurde vom Obersten Gerichtshof mit Beschluss vom 6. 12. 2002 (1 Nc 116/02b) abgewiesen, weil nur eine vage Ankündigung der klagenden Partei aktenkundig war, das Klagebegehren künftig ausdehnen zu wollen und das dann erweiterte Klagebegehren auf Tatsachen zu stützen, die den Delegierungstatbestand des Paragraph 9, Absatz 4, AHG erfüllten. Mit Schriftsatz vom 12. 8. 2003 (Einlangen) behauptete die klagende Partei - gestützt auf diffuses Vorbringen - "aufgrund der Entscheidungen der OLG Linz, OLG Innsbruck, 28 R 79/03y, OLG Wien, 5 R 223/95, OLG Graz" werde "in allen Amtshaftungsverfahren ein Amtshaftungsanspruch gegen die Republik Österreich geltend gemacht". Somit sei gemäß Paragraph 9, Absatz 4, AHG eine "Delegierung dieser Rechtssache an ein österreichisches Gericht von Gesetzes wegen nicht möglich". Demnach werde beantragt, die Rechtssache an den "US-District Court for the Northern District of California" zu delegieren (ON 46) und damit dessen Zuständigkeit zu deren Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen.

Die beklagte Partei und der Nebenintervenient auf Seiten der klagenden Partei widersprachen diesem Antrag mit der Begründung, es fehle für die Delegierung der Rechtssache an ein Gericht in den USA an einer Rechtsgrundlage (ON 48, 47).

Mit Schriftsatz vom 29. 12. 2003 (Einlangen) stützte die klagende Partei den geltend gemachten Amtshaftungsanspruch "hilfsweise" auch auf ein - im Einzelnen behauptetes - rechtswidriges und schuldhaftes "Organhandeln der Organe des Landesgerichts Innsbruck sowie des Oberlandesgerichtes Innsbruck" (ON 50).

Daraufhin legte das Erstgericht den Akt mit Verfügung vom 4. 1. 2004 zur Entscheidung über die Delegierungsfrage dem Obersten Gerichtshof vor.

Der erkennende Senat hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung

1. Der Delegierungsantrag der klagenden Partei - aber auch deren sonstiges Vorbringen - enthält keine Tatsachenbehauptung, aus der auch nur entfernt ablesbar wäre, dass der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch auch aus einer oder mehreren Entscheidungen des Oberlandesgerichts Graz abgeleitet werde. Aus der Diktion ist indes erkennbar, dass die klagende Partei zwischen eigenen Ansprüchen und solchen anderer Parteien offenkundig nicht unterscheidet. Der erhobene Amtshaftungsanspruch wird daher in Wahrheit gar nicht auf fehlerhafte Entscheidungen aller Oberlandesgerichte Österreichs gestützt, müsste doch ein solcher Umstand eine Grundlage in einem Tatsachensubstrat der Klagegründe haben. Im Übrigen ist klarzustellen, dass es an einer Rechtsgrundlage mangelt, auf deren Boden der Oberste Gerichtshof ein Gericht in den USA zur Verhandlung und Entscheidung eines gegen die Republik Österreich erhobenen Amtshaftungsanspruchs als zuständig bestimmen könnte. Das bedarf wohl keiner weiteren Begründung. Der Delegierungsantrag der klagenden Partei ist somit zurückzuweisen.

2. Die klagende Partei stützte den erhobenen Amtshaftungsanspruch nunmehr "hilfsweise" auch auf die Behauptung eines rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens von Richtern des Landesgerichts und des Oberlandesgerichts Innsbruck. Es handelt sich dabei allerdings um Eventualklagegründe, über die erst zu verhandeln und zu entscheiden sein wird, wenn das aus den ursprünglich geltend gemachten Klagegründen abgeleitete Klagebegehren scheitern sollte. Erst dann wird auch die Frage aufgeworfen werden, ob die erörterte Klageänderung - nach allfälligen Einwendungen der beklagten Partei - zuzulassen oder nicht zuzulassen sein wird. Wegen des Eventualcharakters dieser Klagegründe mangelt es daher an einer unmittelbar wirksamen Prozesshandlung, die bereits den Delegierungstatbestand des § 9 Abs 4 AHG verwirklichen könnte. Somit ist derzeit ein Sachverhalt, der eine Delegierung der beim Landesgericht Innsbruck anhängigen Rechtssache an ein anderes Landesgericht außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Innsbruck notwendig machte, nicht ersichtlich.2. Die klagende Partei stützte den erhobenen Amtshaftungsanspruch nunmehr "hilfsweise" auch auf die Behauptung eines rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens von Richtern des Landesgerichts und des Oberlandesgerichts Innsbruck. Es handelt sich dabei allerdings um Eventualklagegründe, über die erst zu verhandeln und zu entscheiden sein wird, wenn das aus den ursprünglich geltend gemachten Klagegründen abgeleitete Klagebegehren scheitern sollte. Erst dann wird auch die Frage aufgeworfen werden, ob die erörterte Klageänderung - nach allfälligen Einwendungen der beklagten Partei - zuzulassen oder nicht zuzulassen sein wird. Wegen des Eventualcharakters dieser Klagegründe mangelt es daher an einer unmittelbar wirksamen Prozesshandlung, die bereits den Delegierungstatbestand des Paragraph 9, Absatz 4, AHG verwirklichen könnte. Somit ist derzeit ein Sachverhalt, der eine Delegierung der beim Landesgericht Innsbruck anhängigen Rechtssache an ein anderes Landesgericht außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Innsbruck notwendig machte, nicht ersichtlich.

Anmerkung

E72142 1Nc7.04a

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0010NC00007.04A.0129.000

Dokumentnummer

JJT_20040129_OGH0002_0010NC00007_04A0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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