TE OGH 2004/2/10 1Ob307/03h

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Veröffentlicht am 10.02.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am ***** verstorbenen Hilda S*****, zuletzt wohnhaft in ***** infolge Revisionsrekurses der Ursula T*****, vertreten durch Mag. Reinhard Walther, Rechtsanwalt in Liezen, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 28. Oktober 2003, GZ 43 R 307/03w-69, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Hietzing vom 26. Februar 2003, GZ 3 A 35/02v-39, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Revisionsrekurswerberin ist aufgrund des Gesetzes und des Erbverzichts des Adoptivsohns der Erblasserin zur Alleinerbin nach dieser berufen, die zwar letztwillige Verfügungen getroffen, eine ausdrückliche Erbseinsetzung aber nicht vorgenommen hat. Am 8. 8. 2002 beantragte die Rechtsmittelwerberin, ihr eine Frist zur Abgabe der Erbserklärung bis zur Errichtung des Inventars einzuräumen. Am 30. 9. 2002 nahm das Gericht ihre Erklärung, vorerst keine Erbserklärung abzugeben, zur Kenntnis und gewährte eine Frist zur Abgabe der Erbserklärung "bis spätestens zur Errichtung des Inventars". Mit Beschluss vom 12. 11. 2002 wurde die Frist zur Abgabe der Erbserklärung bis 1. 2. 2003 verlängert. Schließlich beantragte die Revisionsrekurswerberin, diese Frist bis zum 31. 3. 2004 zu erstrecken.

Das Erstgericht verlängerte die Frist zur Abgabe der Erbserklärung bis zum 15. 4. 2003 und wies den darüber hinausgehenden Antrag - Verlängerung bis zum 31. 3. 2004 - ab. Es begründete den abweislichen Teil seiner Entscheidung damit, dass für alle präsumtiven Erben die zur Abgabe der Erbserklärung gesetzte Frist am 15. 4. 2003 ablaufe, dass die für eine Verlängerung der Frist geltend gemachten Gründe einer Klärung im streitigen Rechtsweg bedürften, und dass die Rechtsmittelwerberin bereits seit Monaten die Möglichkeit gehabt habe, sich Kenntnis über den Inhalt einer Leibrentenvereinbarung zu verschaffen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Es lägen keine erheblichen Gründe im Sinne des § 118 AußStrG vor, die eine Verlängerung der für die Abgabe der Erbserklärung bestimmten Frist rechtfertigten. Im Übrigen dürfe die Frist nicht länger als auf die Dauer eines Jahres verlängert werden, und diese Frist sei bereits verstrichen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Rechtsmittelwerberin vertritt die Ansicht, das anhängige Rechtsmittelverfahren hätte unterbrochen werden müssen, weil über die von ihr begehrte Ablehnung des Gerichtskommissärs noch nicht rechtskräftig - wenngleich in erster Instanz abweislich - entschieden sei. Der Umstand, dass noch ein die Ablehnung des Gerichtskommissärs betreffendes Rechtsmittel beim Rekursgericht anhängig ist, hat aber nicht zur Folge, dass das Rechtsmittelverfahren unterbrochen werden müsste:

Gemäß § 6 GKoärG sind die §§ 19 bis 25 JN sinngemäß anzuwenden, wenn bei dem zum Gerichtskommissär bestellten Notar ein Grund vorliegt, der einen Richter von der Ausübung des Richteramts in bürgerlichen Rechtssachen ausschließen würde oder seine Unbefangenheit in Zweifel stellte. Hat nun ein abgelehnter Richter bis zur rechtskräftigen Erledigung des Ablehnungsantrags alle Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten (§ 25 JN), so gilt das auch für den abgelehnten Gerichtskommissär, zumal der Gerichtskommissär schon an sich dazu verhalten ist, das Verlassenschaftsverfahren zügig voranzutreiben und die ihm in seiner Funktion übertragenen Aufgaben möglichst rasch zu erledigen. Stellt man in Rechnung, dass die Erblasserin bereits am 11. 2. 2002 verstorben ist, dann erscheint es geboten, das Verlassenschaftsverfahren ohne Aufschub fortzusetzen. Dem widerspricht es nicht, dass die Ablehnung eines konkret mit einer Rechtssache befassten Richters die Unterbrechung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Erledigung des Ablehnungsantrags rechtfertigen könnte, zumal die erfolgreiche Ablehnung die Nichtigkeit der von diesem Richter gefassten und angefochtenen Entscheidung bedingen würde (vgl JBl 1989, 664 mwN), und dass die - im Falle der Stattgebung der Ablehnung - vom abgelehnten Richter wie auch vom abgelehnten Gerichtskommissär vorgenommenen Prozesshandlungen als nichtig aufzuheben wären. Die Unterbrechung des Rechtsmittelverfahrens ist eben nicht unbedingt geboten.Gemäß § 6 GKoärG sind die §§ 19 bis 25 JN sinngemäß anzuwenden, wenn bei dem zum Gerichtskommissär bestellten Notar ein Grund vorliegt, der einen Richter von der Ausübung des Richteramts in bürgerlichen Rechtssachen ausschließen würde oder seine Unbefangenheit in Zweifel stellte. Hat nun ein abgelehnter Richter bis zur rechtskräftigen Erledigung des Ablehnungsantrags alle Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten (§ 25 JN), so gilt das auch für den abgelehnten Gerichtskommissär, zumal der Gerichtskommissär schon an sich dazu verhalten ist, das Verlassenschaftsverfahren zügig voranzutreiben und die ihm in seiner Funktion übertragenen Aufgaben möglichst rasch zu erledigen. Stellt man in Rechnung, dass die Erblasserin bereits am 11. 2. 2002 verstorben ist, dann erscheint es geboten, das Verlassenschaftsverfahren ohne Aufschub fortzusetzen. Dem widerspricht es nicht, dass die Ablehnung eines konkret mit einer Rechtssache befassten Richters die Unterbrechung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Erledigung des Ablehnungsantrags rechtfertigen könnte, zumal die erfolgreiche Ablehnung die Nichtigkeit der von diesem Richter gefassten und angefochtenen Entscheidung bedingen würde vergleiche JBl 1989, 664 mwN), und dass die - im Falle der Stattgebung der Ablehnung - vom abgelehnten Richter wie auch vom abgelehnten Gerichtskommissär vorgenommenen Prozesshandlungen als nichtig aufzuheben wären. Die Unterbrechung des Rechtsmittelverfahrens ist eben nicht unbedingt geboten.

Das Rechtsmittel erweist sich aber auch sonst als nicht berechtigt:

Gemäß § 118 AußStrG kann dem Erben aus erheblichen Gründen eine Bedenkzeit und daher eine Verlängerung der ihm zur Erbserklärung bestimmten Frist, aber nicht länger als auf die Dauer eines Jahres bewilligt werden. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine Verfahrensvorschrift. Die Verletzung einer solchen kann immer nur einen Verfahrensmangel bilden. Inwieweit das Gericht bei Ausnützung der Ermächtigung, nach freiem Ermessen eine Erstreckung der Frist zu gewähren, allenfalls gegen das Gesetz verstoßen hätte, ist eine reine Verfahrensfrage. Verneint das Gericht zweiter Instanz - wie hier - einen Verfahrensverstoß in dieser Beziehung, dann handelt es sich dabei um eine für den Obersten Gerichtshof unüberprüfbare Entscheidung über das Vorliegen eines Verfahrensmangels erster Instanz (6 Ob 693/79; 7 Ob 658/76). Auf die von der Revisionsrekurswerberin behaupteten Umstände, warum die Erstreckung der Frist zur Abgabe der Erbserklärung geboten gewesen wäre, ist demnach nicht weiter einzugehen.

Dem Revisionsrekurs ist ein Erfolg zu versagen.

Textnummer

E72333

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0010OB00307.03H.0210.000

Im RIS seit

11.03.2004

Zuletzt aktualisiert am

10.02.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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