Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Peter Ammer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Gottfried Winkler (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Kurt U*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Kurt Lechner ua, Rechtsanwälte in Neunkirchen, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Pflegegeld, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. Oktober 2003, GZ 9 Rs 135/03v-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 26. Mai 2003, GZ 2 Cgs 61/02v-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht ging von folgendem monatsbezogenen Pflegebedarf des am 31. 7. 1947 geborenen Klägers aus:
Hilfe bei Pediküre und Füßewaschen 2 Stunden/Monat
Wohnungsreinigung 10 Stunden/Monat
Mobilitätshilfe im weiteren Sinn 10 Stunden/Monat
Pflege der Leib- und Bettwäsche 10 Stunden/Monat
Herbeischaffung von Nahrungsmitteln etc
10 Stunden/Monat
42 Stunden/Monat
Das Berufungsgericht nahm zusätzlich für die Erledigung des Abwasches einen tatsächlichen Bedarf von
7,5 Stunden/Monat
an, sodass es seiner rechtlichen Beurteilung einen Pflegebedarf des Klägers von insgesamt
49,5 Stunden/Monat
zugrunde legte und ebenso wie das Erstgericht einen Anspruch auf Pflegegeld verneinte.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers, der erhebliche Rechtsfragen in der Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitserforschung und im Fehlen von Judikatur zum Ausmaß des Pflegeaufwandes für das Füßewaschen und die Verrichtung des Abwasches, weiters in den Anforderungen an die selbständige Zubereitung von Mahlzeiten sieht.
Rechtliche Beurteilung
Wie der Kläger selbst einräumt, können bereits in der Berufung geltend gemachte Mängel des Verfahrens erster Instanz, die das Berufungsgericht verneint hat, nach ständiger Rechtsprechung im Revisionsverfahren nicht mehr mit Erfolg aufgegriffen werden (Kodek in Rechberger, ZPO2 § 503 Rz 3 mwN). Dies gilt auch für Verfahren nach dem ASGG (SZ 62/157 = SSV-NF 3/115; SSV-NF 7/74, 11/15 uva; RIS-Justiz RS0042963 [T45] und RS0043061).Wie der Kläger selbst einräumt, können bereits in der Berufung geltend gemachte Mängel des Verfahrens erster Instanz, die das Berufungsgericht verneint hat, nach ständiger Rechtsprechung im Revisionsverfahren nicht mehr mit Erfolg aufgegriffen werden (Kodek in Rechberger, ZPO2 Paragraph 503, Rz 3 mwN). Dies gilt auch für Verfahren nach dem ASGG (SZ 62/157 = SSV-NF 3/115; SSV-NF 7/74, 11/15 uva; RIS-Justiz RS0042963 [T45] und RS0043061).
Das BPGG und die EinstV gehen grundsätzlich vom Konzept der funktionsbezogenen Beurteilung des Pflegebedarfs aus, dh von der individuell erforderlichen Betreuung und Hilfe (RIS-Justiz RS0106384). Ob überhaupt ein Bedarf nach Betreuung und Hilfe bei bestimmten Verrichtungen besteht ist daher, von hier nicht relevanten Fällen der diagnosebezogenen Einstufung abgesehen, nicht abstrakt, sondern konkret für den jeweiligen Einzelfall zu prüfen. Für das Ausmaß der Hilfsverrichtungen ist allerdings - im Gegensatz zu den Verrichtungen im Rahmen der Betreuung (§ 1 EinstV) - im Hinblick auf die verbindlichen Pauschalwerte (§ 2 Abs 2 und 3 EinstV) keine konkret-individuelle Prüfung anzustellen (SSV-NF 8/74 ua; RIS-Justiz RS0053107).Das BPGG und die EinstV gehen grundsätzlich vom Konzept der funktionsbezogenen Beurteilung des Pflegebedarfs aus, dh von der individuell erforderlichen Betreuung und Hilfe (RIS-Justiz RS0106384). Ob überhaupt ein Bedarf nach Betreuung und Hilfe bei bestimmten Verrichtungen besteht ist daher, von hier nicht relevanten Fällen der diagnosebezogenen Einstufung abgesehen, nicht abstrakt, sondern konkret für den jeweiligen Einzelfall zu prüfen. Für das Ausmaß der Hilfsverrichtungen ist allerdings - im Gegensatz zu den Verrichtungen im Rahmen der Betreuung (Paragraph eins, EinstV) - im Hinblick auf die verbindlichen Pauschalwerte (Paragraph 2, Absatz 2 und 3 EinstV) keine konkret-individuelle Prüfung anzustellen (SSV-NF 8/74 ua; RIS-Justiz RS0053107).
Ob und in welchem Ausmaß eine pflegebedürftige Person der Betreuung bei der Maniküre, der Pediküre und beim Waschen der Füße bedarf, hängt von den tatsächlichen Verhältnissen des einzelnen Falles ab, ohne dass dies verallgemeinerungsfähig wäre. Im konkreten Fall ist das Erstgericht diesbezüglich von einem Bedarf im Ausmaß von zwei Stunden pro Monat ausgegangen; das Berufungsgericht ist dem mit der Begründung gefolgt, dass dadurch der Aufwand für die Pediküre und Maniküre in der Dauer von zweimal monatlich je 15 Minuten sowie die Hilfe beim Füßewaschen in der Dauer von 15 mal monatlich mit je 6 Minuten abgedeckt sei. Hinsichtlich des Abwasches ist das Berufungsgericht weiters von einem täglichen Betreuungsbedarf von 15 Minuten ausgegangen. Dem solcherart (für den Einzelfall) festgestellten Ausmaß der Pflegebedürftigkeit kann der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten, da auch die Richtigkeit von Tatsachenfeststellungen, die aufgrund von Offenkundigkeit von einer Tatsacheninstanz getroffen wurden, im Revisionsverfahren nicht überprüft werden kann (RIS-Justiz RS0040046, RS0084528 [T18]).
Auch die Frage, ob der Kläger aufgrund seiner körperlichen Verfassung in der Lage ist, sich selbst Mahlzeiten zubereiten zu können, betrifft den vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Tatsachenbereich.
Vermag sich der Kläger ohne fremde Hilfe allein zu duschen, ist er nicht der Verwahrlosung ausgesetzt, wenn er nicht auch noch zusätzlich zwei Wannenvollbäder pro Woche nehmen kann; ein Duschbad kann, wenn nicht medizinische Gründe dagegen sprechen (was in concreto nicht der Fall ist), anstelle eines Wannenvollbades genommen werden (vgl 10 ObS 180/94).Vermag sich der Kläger ohne fremde Hilfe allein zu duschen, ist er nicht der Verwahrlosung ausgesetzt, wenn er nicht auch noch zusätzlich zwei Wannenvollbäder pro Woche nehmen kann; ein Duschbad kann, wenn nicht medizinische Gründe dagegen sprechen (was in concreto nicht der Fall ist), anstelle eines Wannenvollbades genommen werden vergleiche 10 ObS 180/94).
Da eine Übertragung der Feststellungen über die individuelle Situation des Klägers auf ähnliche Fälle nicht möglich ist (vgl RIS-Justiz RS0040215 [T2]), liegt im Gegensatz zur Ansicht des Klägers auch keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vor.Da eine Übertragung der Feststellungen über die individuelle Situation des Klägers auf ähnliche Fälle nicht möglich ist vergleiche RIS-Justiz RS0040215 [T2]), liegt im Gegensatz zur Ansicht des Klägers auch keine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO vor.
Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.
Textnummer
E72400European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2004:010OBS00279.03G.0210.000Im RIS seit
11.03.2004Zuletzt aktualisiert am
07.02.2013