TE OGH 2004/2/10 1Ob34/03m

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Veröffentlicht am 10.02.2004
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ernst G*****, vertreten durch Dr. Willibald Rath, Dr. Manfred Rath, Mag. Gerhard Stingl und Mag. Georg Dieter, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Gertrude G*****, vertreten durch Mag. Dr. Hella Ranner, Rechtsanwältin in Graz, wegen Feststellung (Streitwert EUR 5.450,46) und Unterlassung (Streitwert EUR 5.450,46) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 3. Oktober 2002, GZ 2 R 140/02d-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 30. April 2002, GZ 11 Cg 48/01d-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist grundbücherlicher Alleineigentümer einer Liegenschaft, auf der ein Wohn- und Geschäftshaus errichtet ist.

Die Ehe der Streitteile wurde am 27. 3. 2000 geschieden. Im Zuge des Verfahrens schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, in dem in Ansehung dieser Liegenschaft Folgendes vereinbart wurde:

"Auf Kosten des ... (Klägers) wird an der genannten Liegenschaft Wohnungseigentum begründet. In Ansehung des im Parterre gelegenen Geschäftslokales (...) sowie des darüber befindlichen Geschosses im Ausmaß von ca 200 m2 erfolgt Wohnungseigentumsbegründung zugunsten der ... (Beklagten). In Ansehung der im Dachgeschoss gelegenen Räumlichkeiten verpflichtet sich der ... (Kläger) im Zuge der Wohnungseigentumsbegründung eine abgeschlossene Wohneinheit im Umfang von ca 90 m2 in das Alleineigentum der ... (Tochter) zu übertragen und diese Wohneinheit bis 31. 12. 2003 in einen zu Wohnzwecken geeigneten Zustand zu versetzen. ...

Der ... (Kläger) verpflichtet sich weiters, die vom Aufgang links (Eingang rechts) gelegene Wohnung von ca 90 m2 bis 31. 12. 2000 in einen bewohnfähigen Zustand zu versetzen sowie mit Bad und Küche auszustatten. Die ... (Beklagte) räumt im Gegenzug der ... (Tochter) das Recht ein, diese Wohnung bis 31. 12. 2003 gegen Zahlung der auf diese Wohnung entfallenden anteiligen Betriebskosten zu benützen. Zwischen den Antragstellern wird festgehalten, dass es sich hiebei um eine prekaristische Wohnungsüberlassung an ... (Tochter) handelt. ...

Der ... (Kläger) verpflichtet sich, die Errichtung des Wohnungseigentumsvertrages im Wege seiner Vertretung ... bis längstens 30. 9. 2000 auf seine Kosten durchführen zu lassen. ...

Es wird festgehalten, dass die Einräumung der Miteigentumsanteile im Sinne der in Ansehung der Liegenschaft ... getroffenen Vereinbarungen im Rahmen dieses Scheidungsvergleiches erfolgt. Die Errichtung und Durchführung des Wohnungseigentumsvertrages stellt die Realisierung dieser Vereinbarung dar und begründet kein gesondert zu beurteilendes neues Rechtsgeschäft.

Für das im Parterre gelegene Geschäftslokal entfällt mit 1. 4. 2000 die Verpflichtung der ... (Beklagten) zur Mietzahlung. Demgegenüber hat sie jedoch entsprechend der Bestimmung des Wohnungseigentumsgesetzes anteilig an den Betriebskosten teilzunehmen. In Ansehung des ersten Stockes trifft die ... (Beklagte) eine Verpflichtung zur Zahlung der anteiligen Betriebskosten mit Benutzbarkeit des Stiegenhauses."

Aus Anlass des Abschlusses eines Kaufvertrags räumte der Alleineigentümer einer in der Nähe des Grundstücks des Klägers gelegenen Liegenschaft dem Rechtsvorgänger des Klägers "und dessen Besitznachfolgern" auf immerwährende Zeit unter anderem das Recht ein, auf dem nahegelegenen Grundstück "nach Auszeigung durch die Eigentümer" einen Personenkraftwagen abzustellen. Nach Beendigung verschiedener Umbauarbeiten teilte der Eigentümer des nahegelegenen Grundstücks dem Kläger mit, dass er nunmehr im Hofbereich seines Anwesens einen Parkplatz zur Verfügung stelle. Sowohl der Kläger als auch die Beklagten haben in der Folge ihre Fahrzeuge in diesem Hof abgestellt, und zwar fallweise auch zur selben Zeit. Da die Parksituation im Hofbereich immer angespannter wurde, bestimmte der Eigentümer des Anwesens den jetzt strittigen Parkplatz als zustehende Parkfläche zum Abstellen eines Fahrzeugs für "die Firma ... (Familienname der Parteien)". Er erklärte sowohl dem Kläger als auch der Beklagten, ihr Fahrzeug jeweils nur auf dieser Parkfläche abstellen zu dürfen, ohne dass er diese Parkfläche ausdrücklich der Nutzung durch den Kläger oder die Beklagte widmete. Er bestand darauf, dass lediglich ein Fahrzeug abgestellt werde. Diese Parkplatzzuweisung erfolgte einige Zeit vor dem 6. 10. 2000, jedoch nach Scheidung der Ehe der Streitteile. Im Sommer des Jahres 2000 wurde durch den Sohn des Eigentümers des nahegelegenen Grundstückes die Parkplatzeinteilung durch Plastiktafeln ersichtlich gemacht. Auf einer Zaunsäule nahe dem strittigen Parkplatz wurde eine Tafel mit der Aufschrift "Parkplatz nur für Firma ... (Familienname der Parteien)" befestigt. In weiterer Folge nutzten sowohl der Kläger als auch die Beklagte diesen Parkplatz. Aufgrund einer Anfrage des Klägers erklärte der Eigentümer der nahegelegenen Liegenschaft, dass nur der strittige Parkplatz zur Verfügung stehe und dass dieser dem Liegenschaftsbesitzer zustehe. Wenn der Kläger das selbst sei, stehe der Parkplatz ihm zu, und er, der Liegenschaftseigentümer, sei damit einverstanden, dass der Kläger den Namen auf der Tafel ändere. Er erklärte sowohl dem Kläger als auch der Beklagten, dass sie untereinander klären müssten, wer hier parken dürfe. Am 25. 10. 2000 tauschte der Kläger die vorhandene Tafel gegen eine andere mit der Aufschrift "Parkplatz nur für die Firma ... (Familienname der Parteien und Vorname des Klägers)" aus.

Die Beklagte brachte daraufhin am 24. 11. 2000 beim zuständigen Bezirksgericht eine Besitzstörungsklage ein, die rechtskräftig abgewiesen wurde.

Mit seiner am 6. 3. 2001 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte der Kläger die Feststellung, dass ein Recht der Beklagten zur Benutzung einer dem Kläger zur Verfügung gestellten Parkfläche auf der Liegenschaft ... (nahegelegene Liegenschaft) nicht bestehe, sowie die Beklagte schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, die auf der Liegenschaft ... bestehende Parkfläche zu benützen bzw anderen Personen die Inanspruchnahme zu gestatten bzw zu ermöglichen bzw in welcher Form auch immer sonst über die genannte Park- bzw Liegenschaftsfläche zu verfügen. Dem Kläger sei aufgrund einer persönlichen Übereinkunft das Recht eingeräumt worden, die Parkfläche uneingeschränkt und ausschließlich zu benützen und darüber zu verfügen. Dieses Recht sei nicht Gegenstand des Scheidungsvergleichs gewesen. Die Beklagte nutze die Parkfläche, obwohl ihr daran kein Recht zustehe, sie beeinträchtige dadurch das Nutzungsrecht des Klägers. Selbst wenn der Kläger der Beklagten früher die Nutzung der Parkfläche erlaubt habe und diese auch tatsächlich erfolgt sei, sei daraus kein Recht für die Beklagte erwachsen. Der Kläger habe keinesfalls seine Nutzungsrechte an die Beklagte übertragen. Diese könne daher kein über den Widerruf hinausreichendes Recht ableiten. Nach dem Inhalt des Kaufvertrags sei das Recht zur Nutzung des Parkplatzes dem Eigentümer der Liegenschaft eingeräumt worden. Im Scheidungsvergleich seien lediglich Miteigentumsanteile an der Liegenschaft mit der Zusatzvereinbarung übertragen worden, dass für bestimmte Teile Wohnungseigentum zugunsten der Beklagten zu begründen sei. Ein Mitnutzungsrecht am Parkplatz sei nicht eingeräumt worden.

Die Beklagte wendete dagegen ein, dass sie von Beginn ihrer Geschäftstätigkeit an die Parkfläche benützt habe. Dagegen habe der Kläger nie Einwendungen erhoben, zumal er den Parkplatz nicht benötigt habe. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens sei über den Parkplatz nicht gesprochen worden, es seien jedoch die Nutzung und die Eigentumsverhältnisse an der Liegenschaft entscheidend verändert worden. Insbesondere habe der Kläger nie erklärt, er nehme den Parkplatz für sich allein in Anspruch. Der Parkplatz sei nicht dem Kläger allein, sondern der Familie zugewiesen worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es führte aus, der Eigentümer der nahegelegenen Liegenschaft habe den Parkplatz beiden Streitteilen nach deren Scheidung zugewiesen. Aufgrund des Scheidungsvergleichs sei die Beklagte zumindest Mitbesitzerin jener Liegenschaft gewesen, deren Besitzer bzw Besitznachfolger das Recht, ein Fahrzeug abzustellen, eingeräumt worden sei. Damit komme auch ihr das Recht zur Nutzung des Parkplatzes zu. Dass die Streitteile eine bestimmte Gebrauchsordnung vereinbart hätten, sei nicht behauptet worden.

Das Gericht zweiter Instanz gab der dagegen erhobenen Berufung nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 4.000, nicht jedoch EUR 20.000 übersteige und dass die ordentliche Revision zulässig sei. Der Kläger sei zwar nach wie vor grundbücherlicher Alleineigentümer der Liegenschaft, doch sei der Scheidungsvergleich dahin zu verstehen, dass die Beklagte im Innenverhältnis bereits die entsprechenden Rechte und Pflichten einer Miteigentümerin haben solle. Dies ergebe sich daraus, dass die Beklagte keinen Mietzins mehr zu zahlen und nur die anteiligen Betriebskosten zu tragen habe, sowie dass sie der Tochter ein Prekarium an einer Wohneinheit eingeräumt habe. Mangels Regelung der Berechtigung zur Parkplatzbenützung seien beide Streitteile als künftige Mit- bzw Wohnungseigentümer nutzungsberechtigt. Das auf ein Alleinbenützungsrecht des Klägers abzielende Klagebegehren bestehe daher nicht zu Recht.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Es ist im Verfahren unstrittig, dass mit dem eingangs auszugsweise wiedergegebenen Scheidungsvergleich an der noch im Alleineigentum des Klägers stehenden Liegenschaft Wohnungseigentum begründet werden sollte. Die Beklagte ist daher als Wohnungseigentumsbewerberin anzusehen, die die ihr zugewiesenen Räumlichkeiten auch bereits tatsächlich nutzt. Durch die Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechts an bestimmt bezeichneten selbständigen Teilen der Liegenschaft gehen die der ausschließlichen Nutzungsbefugnis entsprechenden gemeinschaftlichen Verwaltungsbefugnisse auf den Wohnungseigentümer über (RIS-Justiz RS0113241). So begründet der Wohnungseigentumsbewerber, auch wenn er noch nicht Miteigentümer ist, bei Abschluss eines Mietvertrages über die Wohnung, an der ihm Wohnungseigentum zugesagt wurde, eine Hauptmiete, sodass das Mietverhältnis kraft Gesetzes mit allen Miteigentümern und nicht bloß mit dem jeweiligen Wohnungseigentumsbewerber zustandekommt (RIS-Justiz RS0115577). Er kann selbständig Gewährleistungsansprüche aufgrund eines Werkvertrags geltend machen, soweit dadurch Gemeinschaftsinteressen nicht beeinträchtigt werden (5 Ob 282/00g), und es wurden ihm von der Rechtsprechung auch nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche gemäß § 364a ABGB gegen andere Wohnungseigentumsbewerber zugebilligt (immolex 1998/115; 2 Ob 193/01y). Diese Rechte erstrecken sich auch auf die den Wohnungseigentumsbewerbern zustehenden Nutzungsrechte an fremder Liegenschaft. Auf die Benützung und Verwaltung von dort befindlichen Einstellplätzen sind, auch wenn die Nutzungsrechte bloß obligatorisch eingeräumt wurden, die Bestimmungen der §§ 825 ff ABGB sinngemäß anzuwenden (JBl 1985, 492).

Die Vorinstanzen haben daher im Ergebnis richtig erkannt, dass aufgrund der die Einräumung von Wohnungseigentum betreffenden Teile des Scheidungsvergleichs dem Kläger an der strittigen Parkfläche - mag er auch weiterhin Alleineigentümer der Liegenschaft sein - ein alleiniges Nutzungsrecht nicht zusteht.

Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.

Textnummer

E72335

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0010OB00034.03M.0210.000

Im RIS seit

11.03.2004

Zuletzt aktualisiert am

13.01.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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