TE OGH 2004/2/12 2Ob217/03f

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Veröffentlicht am 12.02.2004
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI Dr. Helga H*****, vertreten durch Dr. Renate Steiner und Mag. Thomas Steiner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Bernhard M*****, vertreten durch Dr. Markus Freund und Mag. Andreas Kleiber, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufkündigung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Berufungsgericht vom 6. Mai 2003, GZ 36 R 123/03m-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Neulengbach vom 24. Jänner 2003, GZ 2 C 16/01z-22, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zur Recht erkannt:

Spruch

Der außerordentlichen Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 900,24 (darin enthalten EUR 163 Barauslagen und EUR 122,88 USt) bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Alleineigentümerin einer 70 ha großen Land- und Forstwirtschaft, von der sie 30 ha Wald selbst bewirtschaftet und 40 ha verpachtet hat. Der Großvater der Klägerin erwarb das Gut im Jahre 1937 und verwendete ein zwei Kilometer abseits vom Hofverband stehendes Haus H***** 1, um die in der Landwirtschaft benötigten Arbeitskräfte unterzubringen. Damals befanden sich in diesem Gebäude noch drei Wohneinheiten, wovon die Größte an eine nicht in der Landwirtschaft arbeitende Mieterin vermietet war. Eine zweite war an Familie P***** vermietet, die vorerst nur Miete bezahlte und erst später aufgrund einer Nebenabrede den Bestandzins durch Mithilfe in der Landwirtschaft leistete. Die dritte Einheit wurde von einer Landarbeiterin des Gutes benützt. Die Familie P***** wohnte bis Ende 1979 in der Wohnung. Ob die Wohneinheiten zwischen 1979 und Mai/Juni 1985 genutzt wurden, und ob allenfalls der oder die Nutzer in der Landwirtschaft mitgearbeitet haben, konnte nicht festgestellt werden.

In der Folge wurde die Landwirtschaft vom Onkel der Klägerin betrieben, der das Gebäude H***** 1 an den Beklagten gegen einen Bestandzins von S 4.000 vermietete. Die Miete sollte durch Investitionen in das Bestandobjekt erbracht werden, damit das Gebäude wieder bewohnbar wird. Bei seinem Einzug konnte der Beklagte erkennen, dass das Gebäude zuvor zwei Wohneinheiten umfasst hatte. Er durfte das Bestandobjekt nach seinem Gutdünken umgestalten und nur die tragenden Teile des Hauses nicht beeinträchtigen. Der Beklagte führte nach Abschluss des Mietvertrages folgende Arbeiten durch: Herstellung eines Hauswasserwerks, Rohinstallation der Zu- und Ableitungen im Bereich des Badezimmers, Einbau einer Zentralheizung samt Teilverrohrung des Hauses, Herstellung der Zwischenwände im Gang- und Badbereich, Herstellung des Durchbruches zwischen Diele und Gang, Verlegung der Drainagerohre im Keller, Aushub im Schlafzimmer sowie teilweise im Bereich des Kinderzimmers, Entfernung der Zwischenwände bei Dach und WC, Aushub und teilweise Herstellung des Estrichs, Aushub für den Ablauf der Kläranlage im Außenbereich - vorhanden waren nur eine eingemauerte, einkammerige Senkgrube -, teilweise Rodung des Gartens, Herstellung der Saugleitung des Hauswasserwerkes.

Die Klägerin übernahm 1987 das Gut und ersuchte den Beklagte um Änderung des Mietvertrages, weil sie eine kleine Einnahme erzielen wollte und die Landwirtschaft verschuldet war.

Die Parteien unterfertigten am 23. 11. 1987 einen vom Beklagten verfassten Mietvertrag, dessen entscheidungserheblicher Inhalt lautete:

"Liegenschaft H***** 1, ***** (Haus und Garten) zu Vermieten bzw zu Mieten

1. Mietzins

Der Mietzins beträgt mindestens öS 1.500 ... und wird monatlich per ultimo ... überwiesen. Die Wertsicherung erfolgt nach dem Verbraucherpreisindex 1986 ...

2. Reparaturen und Investitionen

Weiters verpflichtet sich der Mieter, einen Erhaltungsbeitrag in der Höhe des Mietzinses in Form von Investitionen, welche der Erhaltung des Mietobjektes dienen, zu leisten. die Erfüllung dieser Verpflichtung ist durch die Vorlage geeigneter Belege jährlich zu belegen. Etwaige Mehrinvestitionen werden für die Zukunft gutgeschrieben. Die Arbeitsstunden des Mieters können nicht verrechnet werden.

3. Laufzeit und Kündigung

Dieser Mietvertrag wird rückwirkend per 1. 8. 1987 abgeschlossen. Die Laufzeit dieses Mietvertrages wird nicht bestimmt. Bei der Kündigung des Mietvertrages ist eine Kündigungsfrist von 6 (sechs) Monaten einzuhalten.

4. Sonstiges

...

Änderungen des Mietvertrages sind nur im beiderseitigen Einvernehmen möglich und bedürfen der Schriftform ...".

Bei Abschluss dieses Vertrages erörterten die Parteien die einzelnen Punkte nicht näher; die Klägerin überzeugte sich nicht von der Art und dem Umfang der mittlerweile vom Mieter am Bestandobjekt durchgeführten Erhaltungsarbeiten. Dieser Mietvertrag wurde seither nicht ausdrücklich und schriftlich geändert.

Der Beklagte hat seit dem Jahr 1987 etwa S 780.000 für Investitionsarbeiten am Haus aufgewendet. Die Arbeiten hätten bei Ausführung durch Professionisten rund S 1 Mio gekostet.

Die Klägerin bewirtschaftet derzeit die Forstwirtschaft eigenhändig und wird dabei von ihrem Vater unterstützt. Sie beschäftigt gegenwärtig keine Arbeitnehmer im Forstbetrieb und plant die im Forst durchzuführenden Arbeiten über den Maschinenring durchzuführen.

Die Klägerin begehrt die Aufkündigung des Mietverhältnisses über das Objekt H***** 1 aus dem - noch verfahrensgegenständlichen - Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 10 MRG. Das Bestandobjekt habe bis zur Vermietung an den Beklagten der Unterbringung von Arbeitern und deren Familien, die den Forstbetrieb und die Landwirtschaft betreut hätten, gedient. Da der Vater der Klägerin, der bisher den Betrieb betreut habe, bereits 82 Jahre alt und somit nicht mehr in der Lage sei, die anfallende schwere Tätigkeit zu verrichten und auch die Klägerin selbst infolge verschiedener gesundheitlicher Probleme nicht im Stande sei, schwere manuelle Tätigkeiten durchzuführen, bestehe der dringende Bedarf, jemanden einzustellen, der sich um den Betrieb kümmere. Da eine geeignete Person nur zu finden sei, wenn ihr im Betrieb eine entsprechende Unterkunft zur Verfügung stehe, benötige die Klägerin das aufgekündigte Bestandobjekt dringend zum Zweck der Unterbringung eines Angestellten für den eigenen Betrieb. Das Objekt sei bis 1980 ausschließlich als Dienstwohnung genützt worden; der Vormieter des Beklagten habe nur kurzzeitig über die Wohnung verfügt. Die vier Wohnungen im Hof der Klägerin würden von Familienangehörigen aufgrund eines Wohnrechts bzw eines Mietverhältnisses bewohnt. Die Klägerin habe nicht beabsichtigt, die Betriebswohnung endgültig dem Betrieb zu entziehen, sondern habe nur eine Leerstehung während der Zeit vermeiden wollen, in der das Objekt nicht für Dienstnehmer benötigt werde. Da aus betriebswirtschaftlichen Gründen die Einstellung einer Fachkraft zur Bewirtschaftung des Forstes unerlässlich sei und eine solche Fachkraft nur gefunden werden könne, wenn auch eine entsprechende Dienstwohnung zur Verfügung gestellt werde, sei der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 10 MRG verwirklicht.

Der Beklagte beantragte die Aufhebung der Aufkündigung. Es sei unrichtig, dass das Bestandobjekt bis zur Vermietung an ihn der Unterbringung von Arbeitern des Land- und Forstwirtschaftsbetriebes bzw deren Familien gedient habe. Der Vormieter des Beklagten habe nicht in der Landwirtschaft gearbeitet. Es gebe in der Gegend genügend Wohnraum, um Wohnungen anzumieten. Der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 10 MRG scheide aus, weil der Mietgegenstand bereits vor Anmietung des Objektes durch den Beklagten an betriebsfremde Personen in der Absicht vermietet worden sei, die Wohnung nicht mehr zur Unterbringung von Angehörigen des eigenen Betriebes zuwenden. Da aufgrund des desolaten Zustandes des Gebäudes eine Verwendung zum ursprünglichen Zweck ohne Generalrenovierung nicht mehr möglich gewesen sei, sei dieser Zweck offensichtlich ganz aufgegeben worden, da die Mietgegenstände zusammengelegt und zu einer Komfortwohnung umgestaltet worden seien.

Das Erstgericht hat die gerichtliche Aufkündigung aufgehoben, das Räumungsbegehren abgewiesen und die Klägerin zum Kostenersatz verpflichtet.

Die eingangs wiedergegebenen Feststellungen beurteilte es rechtlich dahin, dass es sich beim Bestandobjekt um eine Teilausnahme nach § 1 Abs 4 MRG handle. Der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 10 MRG setze voraus, dass der Vermieter den Mietgegenstand, der schon vor der Kündigung zur Unterbringung von Arbeitnehmern des eigenen Betriebes bestimmt gewesen sei, für diesen Zweck dringend benötige. Dazu sei es nicht erforderlich, dass die Identität der im gekündigten Mietobjekt unterzubringenden Person feststehe, es müsse sich hier dabei aber um eine Person handeln, die im Zeitpunkt der Kündigungserklärung Arbeitnehmer des Betriebes des Vermieters sei. Die Klägerin beschäftige in ihrem Forstbetrieb derzeit keine Arbeitnehmer, weshalb dieser Kündigungsgrund ausscheide. Darüber hinaus wäre ein dringender Bedarf der Klägerin nach dem Bestandobjekt erforderlich, der hier aber nicht vorliege, weil sich für die Arbeit im Forst gewiss ein Mitarbeiter finden lasse, auch wenn er nicht am Hof wohnen könne und die Klägern die Arbeiten im Forst ohnehin über den Maschinenring durchführen lassen wolle, wobei die Arbeiter üblicherweise dort angestellt und nicht auf eine Dienstwohnung angewiesen seien.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nach Beweisergänzung Folge, erkannte die gerichtliche Aufkündigung als wirksam und verpflichtete den Beklagten zur Räumung der Liegenschaft.

Es traf noch folgende ergänzende Feststellungen:

Die am 25. 3. 1949 geborene Klägerin und ihr 83 Jahre alter Vater sind aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, den 30 ha umfassenden Forstbetrieb selbst zu bewirtschaften. Bislang half ein Bauer, der eine eigene Landwirtschaft betreibt, tageweise bei der Waldarbeit. Die Klägerin benötigt - insbesondere auch zur Vermeidung hoher Zahlungen an den Maschinenring - dringend eine männliche Arbeitskraft, die am Hof wohnt und bei Bedarf jederzeit für Arbeiten zur Verfügung steht, und für diese das aufgekündigte Objekt. Dabei soll die Arbeitskraft den Mietzins zur Gänze in Form von Dienstleistungen erbringen; nur jene Leistungen, die über den Mietwert der Wohnung hinausgehen, sollen separat - entweder über den Maschinenring oder nach Maschinenringsätzen - verrechnet und bezahlt werden. Andere Wohnungen stehen auf dem klägerischen Anwesen nicht zur Disposition. Die Berufungswerberin hat zwar noch keine konkrete Person als Arbeitskraft im Auge, doch bereitet es laut Auskunft des zuständigen Bezirksförsters keine Schwierigkeiten, zu den genannten Bedingungen eine Arbeitskraft zu bekommen.

Rechtlich erörterte das Berufungsgericht, gemäß § 30 Abs 2 Z 10 MRG sei es als wichtiger Grund anzusehen, wenn der Vermieter den Mietgegenstand, der schon vor der Kündigung zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten des eigenen Betriebes bestimmt gewesen sei, für diesen Zweck dringend benötige. Die aufgekündigte Wohnung müsste seinerzeit tatsächlich der Unterbringung von Dienstnehmern des eigenen Betriebes gedient haben und dürfe nur vorübergehend an Betriebsfremde vermietet werden. Dabei bedürfe es in der Regel keines Hinweises auf eine bestehende Widmung. Die ursprüngliche Widmung des gegenständlichen Objektes stehe fest, weil der Großvater der Klägerin das Haus H***** 1 verwendet habe, um die in der Landwirtschaft benötigten Arbeitskräfte unterzubringen. Bei Annahme einer Widmungsänderung sei zu Lasten des Mieters ein sehr großzügiger Maßstab anzulegen. Aus der Vermietung mangels Eigenbedarfes könne kein konkludenter Verzicht auf diesen Kündigungsgrund abgeleitet werden. Das Abgehen von der erforderlichen Zweckwidmung und damit eine Widmungsänderung und ein Verzicht auf diesen Kündigungsgrund liege nur dann vor, wenn der Hauseigentümer den Mietgegenstand einer betriebsfremden Person in der Absicht vermietet, die Wohnung künftig nicht mehr zur Unterbringung von Angehörigen seines Betriebes zu verwenden. Grundsätzlich müsse sich der Vermieter nicht durch einen entsprechenden Hinweis gegen über dem Mieter bei Mietvertragsabschluss die bestehende Zweckwidmung vorbehalten. Dies sei nur dann erforderlich, wenn die Vermietung nicht aus dem Grunde eines mangelnden eigenen Bedarfes für Betriebsangehörige in absehbarer Zeit, sondern aus einem anderen Grund erfolge. Die Vermietung von ehemals zur Unterbringung von Dienstnehmern verwendeten Räumen zu geschäftlichen Zwecken setze allerdings die Widmung zur Dienstnehmerunterbringung nicht bloß vorübergehend, sondern für Dauer außer Kraft und bedeute damit den Verlust der Kündigungsmöglichkeit nach § 30 Abs 2 Z 10 MRG. Ein Entwidmungstatbestand sei nicht festgestellt worden, die diesbezüglichen Negativfeststellungen gingen zu Lasten des Beklagten. Dass der Beklagte die Erlaubnis erhalten habe, das Bestandobjekt nach seinen Gutdünken tiefgreifend umzugestalten, bewirke an sich keine Entwidmung und indiziere auch nicht eine solche, weil sich in den letzten 60 Jahren seit Begründung der Widmung die durchschnittliche Wohnungsqualität erheblich gesteigert habe. Schließlich sei auch das Tatbestandselement des dringenden Bedarfes für eigene Betriebsangehörige zu bejahen. Bei der Beurteilung, ob ein dringender Bedarf vorliege, sei auf die Betriebsnotwendigkeit abzustellen, das heiße, darauf, dass Arbeiter und Angestellte eines Unternehmens in Zweckwohnungen Unterkunft finden sollten und dass der Betriebsinhaber zu Erreichung oder Erleichterung seiner wirtschaftlichen Ziele solche Dienstnehmer in seiner Dienstwohnung unterbringen wolle. Der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 10 MRG setze nicht voraus, dass eine Unterbringung von Arbeitern oder Angestellten notwendig sei, die für den Betrieb besonders bedeutsam seien. Eine Einschränkung bestehe nur dahin, dass bloß kleinere Erschwerungen eines Geschäftsbetriebes einen derartigen Eigenbedarf nicht begründen könnten. Bei Berücksichtigung der Struktur der Forstwirtschaft, des Gesundheitszustandes des bisherigen Betreibers bzw der Klägerin und den Mangel an verfügbarer Wohnraumkapazität auf dem Anwesen, erscheine eine Änderung der Bewirtschaftungssituation im Sinne der von der Berufungswerberin geplanten Maßnahmen zweckmäßig und geboten; von einer "kleineren Erschwerung" des Betriebes könne hier nicht mehr gesprochen werden. Der dringende Bedarf sei objektiv gegeben. Letztlich sei in der Judikatur bereits zum Ausdruck gebracht worden, dass der nach zuvorgenannten Gesetzesstelle Kündigende nicht eine bestimmte Person namhaft machen müsse, für die er eine bestimmte aufgekündigte Wohnung benötige, bzw dass es nicht erforderlich sei, das die Person des Aspiranten auf die gekündigte Wohnung schon bestimmt sei. Es könne bei kleineren Betrieben vom Betriebsinhaber und Vermieter nicht verlangt werden, die zusätzliche Arbeitskraft, für die die Wohnung benötigt werde, schon zu einem Zeitpunkt einzustellen, in dem das Freiwerden der betreffenden Wohnung noch gar nicht sichergestellt sei. Der Kündigungstatbestand des § 30 Abs 2 Z 10 MRG, der eben gerade von einer vorübergehenden aktuellen Vermietung an Betriebsfremde, dass heißt von einer Situation ausgehe, die im Wesentlichen entweder auf Überkapazität an Wohnraum oder auf eine reduzierte Mitarbeiterschar zurückgehe, sei "final" definiert, was ernsthafte Absichten bzw unmittelbare bevorstehende Veränderungen miteinschließe.

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage sei die ordentliche Revision nicht zuzulassen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten mit dem Antrag, das Ersturteil wiederherzustellen.

Der Beklagte führt in seiner Revision - zusammengefasst - aus, der beweispflichtigen Klägerin sei der Beweis misslungen, dass das Objekt vor Anmietung durch ihn (zur Gänze) für Dienstwohnungen verwendet worden sei, dass durch die Erlaubnis, das Objekt nach seinem Gutdünken umzugestalten eine Widmungsänderung zu erblicken sei und dass schließlich ein dringender Bedarf iSd § 30 Abs 2 Z 10 MRG nicht gegeben sei, weil in dem aufgekündigten Objekt unterzubringende Arbeiter noch gar nicht vorhanden seien.

Die Klägerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel des Beklagten zurückzuweisen bzw ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist zulässig und berechtigt.

Der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 10 MRG liegt aus mehreren Gründen nicht vor.

Voraussetzung des genannten Kündigungsgrundes ist, dass die aufgekündigte Wohnung seinerzeit tatsächlich der Unterbringung von Dienstnehmern des eigenen Betriebes gedient hat, wobei die Rechtsform (Dienstwohnung oder Vermietung) gleichgültig ist, und dass die Wohnung nur vorübergehend an Betriebsfremde vermietet wurde (Würth in Rummel ABGB3 Rz 41 zu § 30 MRG mwN). Die bloße Bestimmung (Widmung) zum angeführten Zweck reicht nicht aus; die Wohnung muss "tatsächlich" der Unterbringung von Arbeitern des eigenen Betriebs gedient haben (SZ 23/141). In der Regel bedarf es bei der vorübergehenden Vermietung einer Dienstwohnung an Betriebsfremde keines Hinweises auf eine bestehende Widmung (Würth aaO). Nach der Rechtsprechung ist ein Abgehen von der Zweckwidmung und damit eine Widmungsänderung und ein Verzicht auf diesen Kündigungsgrund dann anzunehmen, wenn der Hauseigentümer den Mietgegenstand einer betriebsfremden Person in der Absicht vermietet, die Wohnung künftig nicht mehr zur Unterbringung von Angehörigen seines Betriebes zu verwenden. Eine nicht ausdrücklich geäußerte diesbezügliche Absicht kann zwar gemäß den §§ 863, 914 ABGB auch aus den besonderen, zum Mietvertragsabschluss führenden Umständen hervorgehen, wobei ebenfalls nach der Rechtsprechung die bei Annahme einer Widmungsänderung zu Lasten des Mieters ein sehr großzügiger Maßstab anzulegen ist (Würth aaO, Miet 46.413/37).

Bei Anwendung dieser Lehre und Rechtsprechung auf den vorliegenden Sachverhalt ist zunächst davon auszugehen, dass die größte Wohnung im aufgekündigten Mietobjekt nach den Feststellungen nie der Unterbringung von Dienstnehmern des eigenen Betriebes gedient hat, sondern immer an eine betriebsfremde Person vermietet war. Auch die zweite (kleinere) Wohnung war zunächst an einen nicht im Betrieb tätigen Mieter vermietet, der allerdings später den Bestandzins durch Mitarbeit in der Landwirtschaft der Rechtsvorgängerin der Klägerin leistete. Eine Änderung der Widmung dieser Wohnung als Dienstwohnung lässt sich daraus aber noch nicht ableiten, weil eine Verpflichtung dieses Mieters zu Dienstleistungen im Forstbetrieb des Hauseigentümers nicht bestand. Lediglich die dritte Wohnung diente früher der Unterbringung einer Landarbeiterin. Somit mangelt es schon an einer Widmung des gesamten aufgekündigten Bestandobjekts als Dienstwohnung. Darüber hinaus ist hier auch eine schlüssige Widmungsänderung anzunehmen:

Von dem zunächst aus drei Wohnungen bestehenden Gebäude war früher nur eine (kleine) Wohnung als Dienstwohnung gewidmet. Bei Abschluss des Mietvertrages zwischen dem Rechtsvorgänger der Klägerin und dem Beklagten über das gesamte Haus wurde dem Beklagten gestattet, das Bestandobjekt nach seinem Gutdünken umzugestalten (also die drei Wohneinheiten zusammenzulegen, das damals nicht bewohnbare Objekt zu einer Wohneinheit umzugestalten und wieder bewohnbar zu machen). Ein Hinweis, dass die Dienstwohnung in Zukunft allenfalls wieder als "solche" genützt werden können müsse, wurde nicht erteilt. Aus diesen Umständen durfte der Beklagte durchaus darauf schließen, dass ihm der Vermieter die Dienstwohnung also bloß einen Teil des gesamten Objekts, nicht bloß vorübergehend mangels betrieblichen Eigenbedarfs, sondern aus anderen Gründen vermietet hatte. Der Vermieter wollte das dem Verfall preisgegebene Haus von einem Mieter wieder in Stand setzen lassen und gestattete diesem durch die Zusammenlegung sämtlicher Räume im Haus zu einer einzigen Wohneinheit, dass auch die einzige Dienstwohnung in diese Wohneinheit einbezogen wird und dadurch als gesondert verwertbare Dienstwohnung verloren geht. Unter diesen Umständen aber wäre zur Erhaltung des Charakters einer Dienstwohnung ein Hinweis auf die bestehende Zweckwidmung geboten gewesen. Damit würde sich für die Klägerin auch im Fall einer bloß auf die Dienstwohnung gerichteten Teilkündigung (vgl hiezu Würth/Zingher/Kovanyi aaO Rz 4 zu § 31 MRG) nichts ändern.Von dem zunächst aus drei Wohnungen bestehenden Gebäude war früher nur eine (kleine) Wohnung als Dienstwohnung gewidmet. Bei Abschluss des Mietvertrages zwischen dem Rechtsvorgänger der Klägerin und dem Beklagten über das gesamte Haus wurde dem Beklagten gestattet, das Bestandobjekt nach seinem Gutdünken umzugestalten (also die drei Wohneinheiten zusammenzulegen, das damals nicht bewohnbare Objekt zu einer Wohneinheit umzugestalten und wieder bewohnbar zu machen). Ein Hinweis, dass die Dienstwohnung in Zukunft allenfalls wieder als "solche" genützt werden können müsse, wurde nicht erteilt. Aus diesen Umständen durfte der Beklagte durchaus darauf schließen, dass ihm der Vermieter die Dienstwohnung also bloß einen Teil des gesamten Objekts, nicht bloß vorübergehend mangels betrieblichen Eigenbedarfs, sondern aus anderen Gründen vermietet hatte. Der Vermieter wollte das dem Verfall preisgegebene Haus von einem Mieter wieder in Stand setzen lassen und gestattete diesem durch die Zusammenlegung sämtlicher Räume im Haus zu einer einzigen Wohneinheit, dass auch die einzige Dienstwohnung in diese Wohneinheit einbezogen wird und dadurch als gesondert verwertbare Dienstwohnung verloren geht. Unter diesen Umständen aber wäre zur Erhaltung des Charakters einer Dienstwohnung ein Hinweis auf die bestehende Zweckwidmung geboten gewesen. Damit würde sich für die Klägerin auch im Fall einer bloß auf die Dienstwohnung gerichteten Teilkündigung vergleiche hiezu Würth/Zingher/Kovanyi aaO Rz 4 zu § 31 MRG) nichts ändern.

Es ist daher die zutreffende abweisende Entscheidung des Erstgerichtes wieder herzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufung und des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Textnummer

E72361

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0020OB00217.03F.0212.000

Im RIS seit

13.03.2004

Zuletzt aktualisiert am

19.04.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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