TE OGH 2004/2/12 2Ob17/04w

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Veröffentlicht am 12.02.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Unterbringungssache der Elfriede H*****, vertreten durch Dr. Johann Schilchegger, Rechtsanwalt in St. Johann/Pongau als Sachwalter, über den Revisionsrekurs der Landesklinik für Psychiatrie Salzburg vertreten durch den Abteilungsleiter Univ. Doz. Dr. Christian Geretsegger, 5020 Salzburg, Ignaz-Harrer-Straße 79, gegen den Beschluss des Landesgerichtes als Rekursgericht vom 13. November 2003, GZ 21 R 406/03g-7, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Salzburg vom 11. August 2003, GZ 35 Ub 413/03m-4, aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs des Abteilungsleiters wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Für Elfriede H***** wurde am 26. 3. 2003 ein Sachwalter mit der Besorgung aller Angelegenheiten der Betroffenen bestellt. In der Zeit vom 29. 7. 2003 bis 6. 8. 2003 war Elfriede H***** in der Christian-Doppler-Klinik auf der Station S 0 der Psychiatrie I untergebracht. Diese Unterbringung wurde als Unterbringung auf Verlangen qualifiziert.Für Elfriede H***** wurde am 26. 3. 2003 ein Sachwalter mit der Besorgung aller Angelegenheiten der Betroffenen bestellt. In der Zeit vom 29. 7. 2003 bis 6. 8. 2003 war Elfriede H***** in der Christian-Doppler-Klinik auf der Station S 0 der Psychiatrie römisch eins untergebracht. Diese Unterbringung wurde als Unterbringung auf Verlangen qualifiziert.

Am 4. 8. 2003 beantragte der Patientenanwalt, die Zulässigkeit der Unterbringung zu überprüfen.

An der Tagsatzung vom 11. 8. 2003 nahmen ein Vertreter des Abteilungsleiters und der Patientenanwalt teil. Der Patientenanwalt vertrat die Ansicht, dass eine Unterbringung auf Verlangen nicht vorgelegen sei. Der Vertreter des Abteilungsleiters teilte hingegen mit, dass Elfriede H***** am 29. 7. 2003 auf eigenes Verlangen in die Abteilung gekommen sei. Es sei umgehend versucht worden, die Zustimmung des Sachwalters einzuholen. Der Sachwalter habe am 30. 7. 2003 telefonisch der Unterbringung zugestimmt und am 4. 8. 2003 im Wege eines e-Mails und eines Telefaxes zugestimmt. Nachträglich sei die schriftliche Zustimmung im Postwege übermittelt worden. Das Erstgericht verkündete in dieser Tagsatzung den Beschluss über die Einstellung des Überprüfungsverfahrens. Die in den §§ 4, 5 UbG normierten Tatbestandsvoraussetzungen einer Unterbringung auf Verlangen seien vorgelegen, weil die Zustimmung des Sachwalters auch nachträglich erteilt werden könne. Dem Gesetz seien keine zeitlichen Regeln für die Abgabe der Zustimmungserklärung zu entnehmen. § 5 Abs 3 UbG sehe als Formvorschrift die eigenhändige schriftliche Abgabe der Erklärung vor. Liege lediglich eine telefonische oder im Wege eines e-Mails oder eines Telefaxes abgegebene Zustimmung vor, müsse der Abteilungsleiter ein Verbesserungsverfahren durchführen und auf die Nachreichung der eigenhändigen schriftlichen Erklärung des Sachwalters dringen. Hier sei die mittels Telefon, e-Mail und Telefax erteilte Zustimmung materiell wirksam geworden, da auch eine im Sinne des § 5 Abs 3 UbG abgegebene Erklärung übermittelt worden sei. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Patientenanwaltes Folge und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung darüber auf, ob die Patientin vom 29. 7. 2003 bis 6. 8. 2003 auf der Station S 0 der Psychiatrie I ohne oder auf Verlangen untergebracht worden sei. Der Patientenanwalt sei grundsätzlich antrags- und rechtsmittellegitimiert, weil behauptet worden sei, die Patientin sei ohne deren Verlangen in der Abteilung S 0 untergebracht gewesen. Nach § 5 Abs 1 UbG dürfe eine Person, der ein Sachwalter bestellt sei, dessen Wirkungskreis Willenserklärungen zur Unterbringung in einer Anstalt umfasse, auf eigenes Verlangen nur untergebracht werden, wenn auch der Sachwalter zustimme. Die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters müsse nach Abs 3 leg cit eigenhändig schriftlich erfolgen und vor Beginn der Unterbringung auf eigenes Verlangen der einsichtsfähigen Kranken vorliegen. Könne die Zustimmung des Sachwalters nicht erlangt werden, sei eine Unterbringung auf Verlangen nicht möglich (Kopetzki, Unterbringungsrecht II, 604). Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren über die Zulässigkeit der Unterbringung zu entscheiden haben. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob bei einer Unterbringung auf Verlangen die schriftliche Zustimmung des Sachwalters bereits vor Beginn der Unterbringung vorliegen müsse. Diesen Beschluss bekämpft der Abteilungsleiter mit Revisionsrekurs mit dem erkennbaren Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.An der Tagsatzung vom 11. 8. 2003 nahmen ein Vertreter des Abteilungsleiters und der Patientenanwalt teil. Der Patientenanwalt vertrat die Ansicht, dass eine Unterbringung auf Verlangen nicht vorgelegen sei. Der Vertreter des Abteilungsleiters teilte hingegen mit, dass Elfriede H***** am 29. 7. 2003 auf eigenes Verlangen in die Abteilung gekommen sei. Es sei umgehend versucht worden, die Zustimmung des Sachwalters einzuholen. Der Sachwalter habe am 30. 7. 2003 telefonisch der Unterbringung zugestimmt und am 4. 8. 2003 im Wege eines e-Mails und eines Telefaxes zugestimmt. Nachträglich sei die schriftliche Zustimmung im Postwege übermittelt worden. Das Erstgericht verkündete in dieser Tagsatzung den Beschluss über die Einstellung des Überprüfungsverfahrens. Die in den Paragraphen 4,, 5 UbG normierten Tatbestandsvoraussetzungen einer Unterbringung auf Verlangen seien vorgelegen, weil die Zustimmung des Sachwalters auch nachträglich erteilt werden könne. Dem Gesetz seien keine zeitlichen Regeln für die Abgabe der Zustimmungserklärung zu entnehmen. Paragraph 5, Absatz 3, UbG sehe als Formvorschrift die eigenhändige schriftliche Abgabe der Erklärung vor. Liege lediglich eine telefonische oder im Wege eines e-Mails oder eines Telefaxes abgegebene Zustimmung vor, müsse der Abteilungsleiter ein Verbesserungsverfahren durchführen und auf die Nachreichung der eigenhändigen schriftlichen Erklärung des Sachwalters dringen. Hier sei die mittels Telefon, e-Mail und Telefax erteilte Zustimmung materiell wirksam geworden, da auch eine im Sinne des Paragraph 5, Absatz 3, UbG abgegebene Erklärung übermittelt worden sei. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Patientenanwaltes Folge und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung darüber auf, ob die Patientin vom 29. 7. 2003 bis 6. 8. 2003 auf der Station S 0 der Psychiatrie römisch eins ohne oder auf Verlangen untergebracht worden sei. Der Patientenanwalt sei grundsätzlich antrags- und rechtsmittellegitimiert, weil behauptet worden sei, die Patientin sei ohne deren Verlangen in der Abteilung S 0 untergebracht gewesen. Nach Paragraph 5, Absatz eins, UbG dürfe eine Person, der ein Sachwalter bestellt sei, dessen Wirkungskreis Willenserklärungen zur Unterbringung in einer Anstalt umfasse, auf eigenes Verlangen nur untergebracht werden, wenn auch der Sachwalter zustimme. Die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters müsse nach Absatz 3, leg cit eigenhändig schriftlich erfolgen und vor Beginn der Unterbringung auf eigenes Verlangen der einsichtsfähigen Kranken vorliegen. Könne die Zustimmung des Sachwalters nicht erlangt werden, sei eine Unterbringung auf Verlangen nicht möglich (Kopetzki, Unterbringungsrecht römisch II, 604). Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren über die Zulässigkeit der Unterbringung zu entscheiden haben. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob bei einer Unterbringung auf Verlangen die schriftliche Zustimmung des Sachwalters bereits vor Beginn der Unterbringung vorliegen müsse. Diesen Beschluss bekämpft der Abteilungsleiter mit Revisionsrekurs mit dem erkennbaren Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Anstaltsleiters ist unzulässig.

Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung mangelt es nach Aufhebung der Unterbringungsmaßnahme und Ablauf der Frist, für die die strittigen Maßnahmen als zulässig erklärt worden waren, an einer aufrechten Beschwerde des Abteilungsleiters durch die die Unterbringungsmaßnahme für nicht zulässig erklärende Rekursentscheidung (RIS-Justiz RS0007806, zuletzt 6 Ob 198/02i mwN). Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Rekursgericht dem Erstgericht aufgetragen, festzustellen, ob die Unterbringung der Patientin vom 29. 7. 2003 bis 6. 8. 2003 auf ihr Verlangen oder ohne Verlangen erfolgte. Nach der ständigen Rechtsprechung hat der Anstaltsleiter nach richtigem Verständnis seiner Stellung und seiner Aufgaben im Verfahren nach dem Unterbringungsgesetz ebenso wie der Patientenanwalt ausschließlich die Interessen des Kranken zu verfolgen. Diese sind einerseits auf die wirksame ärztliche Behandlung und andererseits auf die bestmögliche Wahrung der persönlichen Freiheit gerichtet. Da diese Ziele nicht selten auseinanderklaffen, hat der Gesetzgeber die Wahrnehmung des Interesses an der wirksamen ärztlichen Behandlung dem Anstaltsleiter und die Wahrnehmung des Interesses an der persönlichen Freiheit dem Patientenanwalt anvertraut (RdM 1997/12 [Kopetzki] 6 Ob 198/02i). Die angestrebte gerichtliche Entscheidung könnte nur lauten, dass eine Überprüfung der Zulässigkeit der Unterbringung zu entfallen habe, weil diese nach den Voraussetzungen des § 5 UbG auf eigenes Verlangen des Patienten erfolgt sei. Die Wahrung des Interesses des durch einschränkende Maßnahmen Betroffenen selbst an der Feststellung, dass diese zu Unrecht erfolgt sei, ist aber nicht Aufgabe des Abteilungsleiters (6 Ob 198/02i). Auch das bloße Interesse des Rechtsmittelwerbers an der Klärung einer Rechtsfrage begründet nicht die erforderliche Beschwer (RdM 1997/12).Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung mangelt es nach Aufhebung der Unterbringungsmaßnahme und Ablauf der Frist, für die die strittigen Maßnahmen als zulässig erklärt worden waren, an einer aufrechten Beschwerde des Abteilungsleiters durch die die Unterbringungsmaßnahme für nicht zulässig erklärende Rekursentscheidung (RIS-Justiz RS0007806, zuletzt 6 Ob 198/02i mwN). Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Rekursgericht dem Erstgericht aufgetragen, festzustellen, ob die Unterbringung der Patientin vom 29. 7. 2003 bis 6. 8. 2003 auf ihr Verlangen oder ohne Verlangen erfolgte. Nach der ständigen Rechtsprechung hat der Anstaltsleiter nach richtigem Verständnis seiner Stellung und seiner Aufgaben im Verfahren nach dem Unterbringungsgesetz ebenso wie der Patientenanwalt ausschließlich die Interessen des Kranken zu verfolgen. Diese sind einerseits auf die wirksame ärztliche Behandlung und andererseits auf die bestmögliche Wahrung der persönlichen Freiheit gerichtet. Da diese Ziele nicht selten auseinanderklaffen, hat der Gesetzgeber die Wahrnehmung des Interesses an der wirksamen ärztlichen Behandlung dem Anstaltsleiter und die Wahrnehmung des Interesses an der persönlichen Freiheit dem Patientenanwalt anvertraut (RdM 1997/12 [Kopetzki] 6 Ob 198/02i). Die angestrebte gerichtliche Entscheidung könnte nur lauten, dass eine Überprüfung der Zulässigkeit der Unterbringung zu entfallen habe, weil diese nach den Voraussetzungen des Paragraph 5, UbG auf eigenes Verlangen des Patienten erfolgt sei. Die Wahrung des Interesses des durch einschränkende Maßnahmen Betroffenen selbst an der Feststellung, dass diese zu Unrecht erfolgt sei, ist aber nicht Aufgabe des Abteilungsleiters (6 Ob 198/02i). Auch das bloße Interesse des Rechtsmittelwerbers an der Klärung einer Rechtsfrage begründet nicht die erforderliche Beschwer (RdM 1997/12).

Anmerkung

E72360 2Ob17.04w

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0020OB00017.04W.0212.000

Dokumentnummer

JJT_20040212_OGH0002_0020OB00017_04W0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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