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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BAO §276 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. B. Trefil LL.M., über die Beschwerde der Hausgemeinschaft H, bestehend aus 1. Dr. A und 2. V, beide in W, beide vertreten durch Steiner & Steiner Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Weihburggasse 18-20, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat V), vom 2. April 2002, GZ. RV/580-16/02/2001, betreffend Umsatzsteuer für 1992 bis 1995 sowie einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1992 bis 1994,
Spruch
1. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde wird, soweit sie die Umsatzsteuer der Jahre 1992, 1993 und 1995 betrifft, als unzulässig zurückgewiesen;
2. zu Recht erkannt:
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführenden Ehegatten Dr. A.R. und V.R. sind zu 90% (Erstbeschwerdeführer) bzw. 10% (Zweitbeschwerdeführerin) Miteigentümer eines Mietwohnhauses, in dem sich zwölf Wohnungen und drei Garagen befinden. In den Jahren 1992 bis 1994 erfolgte eine Generalsanierung des Hauses sowie der Ausbau des Dachbodens.
Bis November 1994 wurden die Wohnungen Top 5 von Dr. A.R. und Top 7 von V.R., ab Dezember 1994 die neu geschaffene Dachgeschosswohnung Top 14 von Dr. A.R. gemietet und jeweils zu gemeinsamen Wohnzwecken der Eheleute genutzt. Im Übrigen erfolgte eine Fremdvermietung durch die aus den Ehegatten gebildete Hausgemeinschaft. Dr. A.R. und (bis November 1994 auch) V.R. erhielten - wie die Fremdmieter - Mietzinsvorschreibungen von der beauftragten Hausverwaltung und zahlten die Miete auf ein Konto der Hausverwaltung ein.
In den Umsatz- und Feststellungserklärungen der Jahre 1992 bis 1994 sowie in der Umsatzsteuererklärung für 1995 wurden die Einnahmen und Aufwendungen bezüglich aller vermieteten Wohnungen - auch jene bezüglich der für private Wohnzwecke der Miteigentümer genutzten - erfasst und entsprechende Vorsteuern geltend gemacht.
Nach Durchführung einer abgabenbehördlichen Prüfung vertrat das Finanzamt hingegen die Ansicht, dass die Einnahmen aus den privat genutzten Wohnungen sowie die auf diese Wohnungen entfallenden Aufwendungen und Vorsteuern außer Ansatz zu lassen seien, weil insoweit die Befriedigung der eigenen Wohnbedürfnisse gegenüber der Vermietungsabsicht im Vordergrund stünde.
Gegen die - teilweise nach Wiederaufnahme der Verfahren ergangenen - entsprechend geänderten Umsatz- und Feststellungsbescheide der genannten Jahre erhoben die Beschwerdeführer Berufung. Sie brachten vor, der vom Finanzamt im Betriebsprüfungsbericht und vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 13. Oktober 1993, 93/13/0129, vertretene Standpunkt verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz. Würde nicht V.R., sondern eine andere Person Miteigentümer der Liegenschaft sein, wäre das Mietverhältnis zweifelsfrei anzuerkennen. Der "gleiche" Sachverhalt führe somit zu unterschiedlichen steuerlichen Auswirkungen, was verfassungswidrig sei. Das Bundesministerium für Finanzen habe in einer "jüngsten Einzelerledigung (s. RdW 1997/6, Seite 378) bestätigt", dass die Vermietung durch eine Miteigentümergemeinschaft an einen von mehreren Miteigentümern anzuerkennen sei, wenn die an Miteigentümer vermietete Fläche untergeordnet sei, ein "echtes Mietverhältnis" mit fremdüblicher Miete vorliege und die Mietverträge keine bloßen Gebrauchsregelungen darstellten. Alle drei Kriterien seien im Beschwerdefall erfüllt.
Für die gewählte Vorgangsweise lägen auch außersteuerliche Gründe vor. Wären die von den Miteigentümern genutzten Wohnungen gesondert zu betrachten, würde sich die Verwaltung des Hauses, das dem MRG unterliege, wesentlich schwieriger gestalten. Dazu komme das Interesse der V.R., für ihren 10%igen Miteigentumsanteil entsprechende Mietzahlungen seitens des Ehemannes zu erhalten, was wiederum den Wert ihres Liegenschaftsanteiles erhöhen würde. Auch aus der Sicht des Dr. A.R. seien außersteuerliche Gründe für den Abschluss der Mietverträge gegeben. Erstens lasteten auf dem Haus beträchtliche Hypotheken, zweitens übe er den risikoträchtigen Beruf eines Rechtsanwaltes aus. Sollten Dr. A.R. in seinem Beruf Kunstfehler unterlaufen und er zum Schadenersatz verpflichtet werden, könnten die Gläubiger zwar auf den Miteigentumsanteil greifen, ihn aber nicht in seiner Position als Hauptmieter gefährden. Dr. A.R. habe mit dem Abschluss eines Mietvertrages somit seiner familienrechtlichen Vorsorgepflicht entsprochen und seine Ehefrau und die drei Kinder auf Grund der Eintrittsmöglichkeit gemäß § 14 MRG solcherart auch für den Fall seines Ablebens abgesichert. Auch im Falle einer Teilungsklage sei die vorgenommene Gestaltung von Vorteil.
In der antragsgemäß durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung ergänzte Dr. A.R., die vorliegende Gestaltung ermögliche es ihm, die Liegenschaft seinen Kindern testamentarisch zu vermachen, ohne das Wohnrecht der Ehefrau zu gefährden oder die Liegenschaft zu verkaufen, und dennoch das Mietrecht zu behalten. Dr. A.R. betonte weiters die Fremdüblichkeit des vereinbarten Mietzinses und den Umstand, dass die Dachgeschosswohnung keineswegs bauliche Besonderheiten aufweise, die eine Fremdvermietung erschweren könnten.
Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsentscheidung im Jahr 1999 und deren Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 30. Mai 2001, 2000/13/0010, infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde kam es zu einer weiteren mündlichen Berufungsverhandlung, in deren Rahmen Dr. A.R. weiteres Vorbringen erstattete. Er wies auf die soziale Komponente eines im Zuge der Generalsanierung erfolgten Lifteinbaus und auf den Umstand, dass sich bei Ausscheidung der Ehewohnung aus der Einkunftsquelle Vermietung und Verpachtung die laufende Verwaltung des Hauses verteuern würde. Das Rechtsinstitut der Ehe könne nichts an der "Mitunternehmerschaft im Vergleich zu fremden Dritten" ändern. Die für die Ehewohnung bezahlte Miete sei ohnedies der Umsatzsteuer zu unterwerfen und die Miete aus versteuertem Einkommen zu bezahlen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung auch im zweiten Rechtsgang als unbegründet ab. Nach Lehre und Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könnten Aufwendungen für eine gemeinsame eheliche Wohnung als Kosten der Lebensführung iSd § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 weder bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen noch im Wege abgezogener Vorsteuern nach § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1972 umsatzsteuerlich geltend gemacht werden. Solche Aufwendungen verlören den ihrer steuerlichen Berücksichtigung entgegenstehenden Charakter als Kosten der Lebensführung nicht auf Grund eines der privaten Nutzung zu Grunde gelegten zivilrechtlichen Bestandrechtstitels. Die gemeinsame Ehewohnung von Ehegatten-Miteigentümern diene der Lebensführung der Miteigentümer und sei daher - ebenso wie die Wohnung eines Alleineigentümers eines Mietgebäudes im eigenen Haus - aus der Einkunftsquelle auszuscheiden. Die in der Berufung erwähnte Einzelerledigung des BM für Finanzen habe zum einen nicht den Beschwerdefall betroffen, zum anderen werde darin auch nicht klar zum Ausdruck gebracht, auf welche Fälle das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Oktober 1993, 93/13/0129, keine Anwendung finden solle. Auch aus dem Umstand, dass die Vermietung der Wohnungen Top 5 und 7 im Rahmen einer für die Jahre 1986 bis 1988 stattgefundenen abgabenbehördlichen Prüfung steuerlich anerkannt worden sei, sei für die Streitjahre nichts zu gewinnen, weil der von den Beschwerdeführern relevierte Grundsatz von Treu und Glauben die Behörde im Hinblick auf Art. 18 B-VG nicht daran hindere, von einer als rechtswidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen.
Da zwischen der Frage, ob gemäß § 20 Abs. 1 EStG 1988 nicht abziehbare Aufwendungen vorlägen, und den Motiven für den Abschluss von Mietverträgen keinerlei Zusammenhang bestünde, könnten die vorgebrachten außersteuerlichen Gründe für den Abschluss von Mietverträgen dahingestellt bleiben.
Die Beschwerdeführer erhoben gegen diesen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom 23. September 2003, B 919/02, ablehnte und sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die ergänzte Beschwerde erwogen:
I. Zur Zurückweisung der Beschwerde:
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Aus dieser Vorschrift leitet der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ab, dass nur derjenige beschwerdeberechtigt ist, der durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt sein kann, während das Fehlen der Möglichkeit einer durch den Bescheid - unabhängig von seiner Gesetzmäßigkeit - bewirkten Rechtsverletzung die Beschwerdelegitimation ausschließt, sodass die Berechtigung einer Partei zur Erhebung einer Bescheidbeschwerde voraussetzt, dass die Aufhebung des angefochtenen Bescheides eine Verbesserung ihrer Rechtsposition herbeiführen kann (siehe für viele etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2006, 2002/13/0119, 0120).
An der erforderlichen Beschwerdeberechtigung in diesem Sinn fehlt es im Beschwerdefall hinsichtlich der Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1992, 1993 und 1995 deswegen, weil infolge des Ausscheidens der von den Miteigentümern bewohnten Wohnungen aus dem Unternehmensbereich die Umsatzsteuerschuld dieser Jahre mit dem angefochtenen Bescheid in geringerer Höhe festgesetzt wurde, als sie erklärt worden war. Lediglich für das Jahr 1994 ergab sich auf Grund der in diesem Jahr angefallenen hohen Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit dem Ausbau des Dachgeschosses eine höhere Umsatzsteuerschuld als von der Hausgemeinschaft erklärt. Ein die Umsatzsteuerschuld in niedrigerer als der erklärten und nach dem Berufungsantrag im Verwaltungsverfahren begehrten Höhe festsetzender Bescheid, der den Abgabepflichtigen damit weniger als ein solcher belastet, der seinem Vorbringen vollinhaltlich Rechnung tragen würde, kann keine vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgbare Rechtsverletzung bewirken (in diesem Sinne auch die hg. Entscheidungen vom 20. November 1996, 94/13/0017, VwSlg. Nr. 7.141/F, und vom 20. Juli 1999, 94/13/0016).
Hinsichtlich Umsatzsteuer 1992, 1993 und 1995 war die Beschwerde somit gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen, was der Gerichtshof in dem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.
II. Zur Abweisung der Beschwerde:
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden. Mit dieser Bestimmung hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass auch rechtliche Gestaltungen, die darauf abzielen, derartige Aufwendungen in das äußere Erscheinungsbild von "Einkünften" zu kleiden, steuerlich unbeachtlich bleiben sollen. Dies auch dann, wenn die Vereinbarungen einem Fremdvergleich standhalten. Das Abzugsverbot besteht unabhängig vom Vorliegen außersteuerlicher Gründe für die gewählte rechtliche Gestaltung. Entscheidend ist lediglich, dass der Steuerpflichtige einen Aufwand geltend machen möchte, der mit der Befriedigung seines Wohnbedürfnisses oder mit dem Wohnbedürfnis seiner Familienangehörigen in wirtschaftlichem Zusammenhang steht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1998, 93/13/0299, VwSlg. Nr. 7.337/F).
Auch im Beschwerdefall machten die Beschwerdeführer Aufwendungen geltend, die mit der Befriedigung ihres Wohnbedürfnisses in wirtschaftlichem Zusammenhang standen und daher unter das angeführte Abzugsverbot fielen. Entgegen dem Beschwerdeeinwand gilt dies auch hinsichtlich der Wohnungen Top 5 und 7, weil beide Wohnungen nach den unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen ungeachtet des Umstandes, dass Top 5 vom Erstbeschwerdeführer und Top 7 von der Zweitbeschwerdeführerin gemietet worden waren, den gemeinsamen privaten Wohnzwecken beider Miteigentümer gedient haben. Es trifft auch nicht zu, dass der angefochtene Bescheid das Rechtsinstitut der Ehe diskriminiert, weil das Abzugsverbot in gleicher Weise zum Tragen gekommen wäre, wenn die Beschwerdeführer ohne miteinander verheiratet zu sein die Mietobjekte für eigene Wohnzwecke genützt hätten.
In umsatzsteuerlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass für das nicht von der Zurückweisung der Beschwerde erfasste Streitjahr 1994 noch das UStG 1972 anzuwenden war. Nach § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 konnte ein Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Lieferungen und sonstige Leistungen in Zusammenhang mit der Errichtung und der Erhaltung von Gebäuden galten nach § 12 Abs. 2 Z. 1 leg.cit. insoweit als für das Unternehmen ausgeführt, als die Entgelte hiefür nach einkommensteuerrechtlichen Vorschriften Betriebsausgaben oder Werbungskosten waren. Es bestand daher ein Gleichklang der umsatzsteuerlichen mit der einkommensteuerlichen Beurteilung, sodass auch der Vorsteuerabzug - insoweit das Gebäude eigenen Wohnzwecken der Miteigentümer diente - versagt werden durfte.
Zu der von den Beschwerdeführern angeregten Antragstellung nach Art. 140 Abs. 1 B-VG "betreffend § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 und § 12 Abs. 2 Z. 2 UStG 1972 bzw. 1994" sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst, weil er die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im oben erwähnten Ablehnungsbeschluss B 919/02 zur Unbedenklichkeit des Abzugsverbotes für Kosten der Lebensführung teilt.
Zum Beschwerdevorbringen, die Zweitbeschwerdeführerin werde als französische Staatsangehörige durch den angefochtenen Bescheid in ihren gemeinschaftsrechtlich garantierten Grundfreiheiten, insbesondere dem Recht auf Niederlassungsfreiheit verletzt, genügt es darauf hinzuweisen, dass die Beschwerde, soweit sie nicht mangels Beschwerdeberechtigung zurückzuweisen war, ausschließlich Zeiträume vor dem 1. Jänner 1995 betrifft. Auf die Ausführungen der Beschwerdeführer in Ansehung des Gemeinschaftsrechtes brauchte im Beschwerdefall demnach nicht eingegangen zu werden.
Die Beschwerde war daher, soweit sie die Feststellung der Einkünfte für die Jahre 1992 bis 1994 und die Umsatzsteuer 1994 betrifft, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 23. Mai 2007
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete FinanzverwaltungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2003130120.X00Im RIS seit
20.06.2007