Index
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
DBAbk Argentinien 1983 Art11;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kinsky, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. M O in S, vertreten durch Dr. Christian Adam, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Sigmund-Haffner-Gasse 3, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom 16. Februar 2004, Zl. RV/341-S/02, betreffend u.a. Einkommensteuer für 1998 bis 2001, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer bezog in den Streitjahren 1998 bis 2001 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die X-Bank mit Sitz in Österreich zahlte dem Beschwerdeführer in den Streitjahren Zinsen aus Anleihen argentinischer Schuldner aus. Während die im ersten Halbjahr 1998 angefallenen Zinsen dem Beschwerdeführer von der X-Bank im vollen Betrag gutgeschrieben wurden, behielt die X-Bank im zweiten Halbjahr 1998 sowie in den übrigen Streitjahren (bis 2001) von den angefallenen Zinsen Kapitalertragsteuer von 25 % ein und führte diese dem Finanzamt ab.
Das Finanzamt zahlte dem Beschwerdeführer auf dessen auf § 240 Abs. 3 BAO gestützte Anträge die von der X-Bank einbehaltenen und abgeführten Beträge an Kapitalertragsteuer "im Sinne des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Argentinien" zurück.
Der Beschwerdeführer erklärte mit seinen zum Teil nach Vorhalt des Finanzamtes eingereichten Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1998 bis 2001 neben den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die durch die genannten Zinsen erzielten Einkünfte als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Weiters machte er Sonderausgaben aus freiwilligen Beiträgen und Prämien zu Personenversicherungen geltend.
Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer mit Bescheiden vom 6. Dezember 2000 (für 1998), vom 5. März 2001 (für 1999), vom 4. Oktober 2001 (für 2000) und vom 10. Juni 2002 (für 2001) fest. Es ging dabei von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit aus, welche in den Jahren 1998 und 1999 sowie 2001 unter 700.000 S lagen, im Jahr 2000 den Betrag von rund 736.000 S erreichten. Diesen Einkünften zählte das Finanzamt jeweils "ausländische Einkünfte" in Höhe der erklärten Einkünfte aus Kapitalvermögen aus den "argentinischen Wertpapieren" hinzu und nahm die - für die Jahre 1998 bis 2000 jeweils 700.000 S übersteigende - Summe dieser beiden Beträge als Bemessungsgrundlage für einen Durchschnittssteuersatz. Diesen Durchschnittssteuersatz "gem. § 33 EStG 1988" wandte das Finanzamt auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit an und errechnete so unter Abzug der Steuer für sonstige Bezüge die "Einkommensteuer", von der es jeweils die anrechenbare Lohnsteuer abzog, um so zu den festgesetzten Einkommensteuerbeträgen zu gelangen.
Gegen diese vier Bescheide berief der Beschwerdeführer mit der Begründung, die Anwendung des "Progressionsvorbehaltes" entbehre einer gesetzlichen Grundlage, weil die Umsetzung der "Kann-Bestimmung" im Doppelbesteuerungsabkommen mit Argentinien eines gesetzgeberischen Aktes und dessen ordnungsgemäßer Kundmachung bedürfe, während "ein solcher Beschluss" vom Nationalrat nie gefasst worden sei. Es gebe eine Fülle steuerbefreiter Einkommensteile, für welche die Einbeziehung in eine erhöhte Steuerberechnung nicht vorgesehen sei. Die isolierte Einbeziehung steuerfreier Einnahmen in eine tariflich höhere Besteuerung des steuerpflichtigen Einkommens entbehre daher einer sachlichen Rechtfertigung. Weiters sei es zu einer Fehlberechnung der abziehbaren Sonderausgaben gekommen, weil die jeweilige Bescheidbegründung "Der Gesamtbetrag ihrer Einkünfte übersteigt 700.000 S; Ihre Topf-Sonderausgaben können daher nicht mehr berücksichtigt werden" auf einem Versehen beruhen müsse, das einer Berichtigung bedürfe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab. Nach Schilderung des Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde aus, gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988 sei der Steuerpflichtige zu veranlagen, sofern im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten sind und wenn er u.a. andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag 730 EUR (10.000 S) übersteigt. Der Beschwerdeführer habe in den Streitjahren 1998 bis 2001 neben lohnsteuerpflichtigen Einkünften auch Einkünfte aus Kapitalvermögen bezogen, deren jeweilige Höhe den Betrag von 730 EUR (10.000 S) übersteige.
Durch die im Jahr 1998 erlassene Verordnung BGBl. II Nr. 43/1998 sei den Banken die Möglichkeit genommen worden, ihren Kunden steuerfreie Auslandsanleihen anzubieten. Denn sobald durch die unmittelbare Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens die tatsächliche Steuerbelastung für Auslandszinsen unter das Niveau der österreichischen Kapitalertragsteuer von 25 % sinke, seien die Banken nicht mehr zur "unmittelbaren DBA-Anwendung im KESt-Abzugsverfahren" berechtigt. Durch diese Verordnung werde sonach sichergestellt, dass inländische und ausländische Zinserträge bei Auszahlung oder Gutschrift durch eine inländische kuponauszahlende Stelle gleichermaßen eine 25 %ige Steuerlast trügen.
Allerdings müsse nunmehr die "DBA-Entlastung" zwingend bei der Finanzverwaltung in Anspruch genommen werden. Bezögen österreichische Investoren argentinische Anleihezinsen, die gemäß Art. 11 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der argentinischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen von der Besteuerung freizustellen seien, dann seien diese Zinsen für Zwecke des Progressionsvorbehaltes anzusetzen; und zwar auch dann, wenn sich die kuponauszahlende Stelle in Österreich befinde und - ohne Berücksichtigung des Abkommens - die zur Progressionsunwirksamkeit führende 25 %ige Kapitalertragsteuer anfalle. Denn der Rechtsgrund für die Entlastung von der Kapitalertragsteuer liege in Art. 11 des genannten Abkommens, sonach in einer Bestimmung, die gemäß Art. 23 des Abkommens ihre Steuerfreistellungswirkung nur unter Progressionsvorbehalt zu entfalten vermöge.
Als Progressionsvorbehalt würden jene Bestimmungen bezeichnet, die eine Berücksichtigung der aus der Bemessungsgrundlage auszuscheidenden Teile des Welteinkommens für Zwecke der Tarifermittlung ermöglichten. Der Progressionsvorbehalt ergebe sich zwangsläufig aus den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes (§§ 1, 2 und 33 EStG 1988) und dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Die Geltendmachung des Progressionsvorbehaltes stehe nicht im Ermessen der Finanzbehörde, auch wenn diese in Doppelbesteuerungsabkommen als "Kann-Bestimmung" abgefasst sei.
Bei der Berechnung des Progressionssteuersatzes sei folgendermaßen vorzugehen: Im ersten Schritt sei das gesamte progressionswirksame Welteinkommen ohne gemäß §§ 67 und 69 EStG 1988 mit festen Sätzen versteuerte Bezüge unter Einbeziehung von Einkünften zu ermäßigten Steuersätzen (§§ 37 und 38 EStG 1988) zu ermitteln. Davon seien negative Einkommensbestandteile wie Verluste, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und sonstige Abzüge abzuziehen. Im zweiten Schritt werde die auf das Welteinkommen entfallende Einkommensteuer berechnet. Im dritten Schritt werde der Durchschnittssteuersatz nach der Formel "österreichische Einkommensteuer x 100 : veranlagungspflichtiges Welteinkommen" ermittelt. Im vierten Schritt werde "die inländische Steuerschuld" berechnet. Dabei seien die ausländischen Einkünfte aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden. Der Durchschnittssteuersatz sei nur auf das im Inland zu versteuernde Einkommen anzuwenden.
Bei den sogenannten "Topf-Sonderausgaben" sei nach § 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 eine Einschleifregelung wirksam. Mache der Gesamtbetrag der Einkünfte mehr als 500.000 S aus, so vermindere sich das Sonderausgabenviertel gleichmäßig in einem solchen Ausmaß, dass sich bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 700.000 S kein absetzbarer Betrag mehr ergebe. Diese gesetzliche Regelung bedinge, dass bei den Veranlagungen zur Einkommensteuer für 1998 bis 2000 die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Sonderausgaben zur Gänze nicht mehr abziehbar seien und bei der Veranlagung für 2001 die Einschleifregelung bei den sogenannten "Topf-Sonderausgaben" angewendet worden sei. Den Ausführungen des Beschwerdeführers, ausländische Progressionseinkünfte hätten auf den Gesamtbetrag der Einkünfte, der für den Anspruch auf Sonderausgaben maßgeblich sei, keinen Einfluss, halte die belangte Behörde entgegen, die unbeschränkte Steuerpflicht erstrecke sich gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 auf alle in- und ausländischen Einkünfte. Die Höhe der Einkommensteuer richte somit bei unbeschränkter Steuerpflicht nach dem Gesamteinkommen (Welteinkommen) des Abgabepflichtigen. Daher sei es für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage unerheblich, ob Einkünfte aus dem Inland oder aus dem Ausland zuflössen.
Der Argumentation des Beschwerdeführers, wonach "endbesteuerte Kapitalerträge" zwar steuerpflichtig seien, aber nicht bei der Ermittlung der "700.000 S-Grenze" berücksichtigt würden, halte die belangte Behörde entgegen, dass die Einkommensteuer gemäß § 97 Abs. 1 EStG 1988 für Kapitalerträge, die der Kapitalertragsteuer unterlägen, für natürliche Personen durch den Steuerabzug von 25 % als abgegolten gelte. Durch diese Form der Endbesteuerung fänden diese Kapitalerträge (mit Ausnahme auf Antrag) keine Berücksichtigung bei der Ermittlung des Einkommens. Abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen bezweckten lediglich, dass die Steuer von gewissen Einkommensteilen des Gesamteinkommens, hinsichtlich der das Besteuerungsrecht einem anderen Staat zustehe, nicht von Österreich erhoben werde. Bei der Befreiungsmethode mit Progressionsvorbehalt, welche im Beschwerdefall für die in Argentinien bezogenen Einkünfte anzuwenden sei, handle es sich um einen Vorbehalt des Wohnsitzstaates Österreich, bei der Besteuerung jenes Einkommensteiles, der auf Grund des Abkommens in seine Besteuerungskompetenz bleibe, den Steuersatz anzuwenden, der auf das gesamte in- und ausländische Einkommen entfalle. Die Zuweisung des Besteuerungsrechtes an bestimmten, in einem anderen Staat bezogenen Teilen des Gesamteinkommens an diesen Staat beeinflusse über den im Doppelbesteuerungsabkommen festgelegten Progressionsvorbehalt die Höhe der in Österreich zu erhebenden Einkommensteuer durch Anwendung des auf Grundlage des Gesamteinkommens ermittelten Durchschnittsteuersatzes auf das in Österreich zu versteuernde Einkommen. Dies bedeute zwar, dass die ausländischen Progressionseinkünfte als Teil der Gesamteinkünfte nicht zu den in Österreich zu versteuernden Einkünften zählten, vermöge aber nichts daran zu ändern, dass die Regelung des § 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 als Bestandteil des österreichischen Einkommensteuergesetzes zwingend auf die in- und ausländischen Einkünfte, also auf den Gesamtbetrag der Einkünfte, anzuwenden seien.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt zunächst, die belangte Behörde habe durch die Erlassung nur einer Berufungsentscheidung gegen Verfahrensbestimmungen verstoßen und hätte über jede einzelne Berufung gesondert abzusprechen gehabt. Bei der unterschiedlichen bescheidmäßigen Festsetzung der veranlagten Jahreseinkommensteuer für die Jahre 1998 bis 2001 könnte sich eine unterschiedliche Veranlassung ergeben, einen Bescheid anzufechten. Das Gesetz kenne auch keine Norm, welche die einkommensteuermäßige Verbindung mehrerer Jahre in nur einem Bescheid anordne.
Das Finanzamt hat die Einkommensteuer für die Jahre 1998 bis 2001 in vier getrennten Bescheiden festgesetzt, der Beschwerdeführer hat in vier getrennten Schriftsätzen dagegen Berufung erhoben. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet abgewiesen. Mit der Abweisung einer Berufung übernimmt die belangte Behörde den Spruch des mit einer Berufung bekämpften Bescheides des Finanzamtes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. März 2007, 2003/15/0085). Solcherart kommt dem angefochtenen Bescheid die Wirkung zu, als enthielte er im Spruch ausdrücklich dieselbe Formulierung wie die vier mit den Berufungen bekämpften Bescheide des Finanzamtes. Damit wurde mit dem angefochtenen Bescheid im Instanzenzug jedoch die Einkommensteuer für jedes einzelne der Streitjahre festgesetzt.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in Ausführung des Beschwerdepunktes im Recht verletzt, "durch die Anwendung des Progressionsvorbehaltes auf Zinseinkünfte aus argentinischen Wertpapieren einer höheren Einkommensbesteuerung zu unterliegen als ohne."
Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt steuerpflichtig. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.
Der Einkommensteuer ist nach § 2 Abs. 1 EStG 1988 das Einkommen zu Grunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat. Einkommen ist nach § 2 Abs. 2 leg. cit. der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den in Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug u.a. der Sonderausgaben (§ 18).
Nach § 2 Abs. 3 Z 5 EStG 1988 unterliegen der Einkommensteuer auch die Einkünfte aus Kapitalvermögen. Einkünfte aus Kapitalvermögen sind nach § 27 Abs. 1 Z 4 leg. cit. u.a. Zinsen und andere Erträgnisse aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, zum Beispiel aus Darlehen, Anleihen, Einlagen, Guthaben bei Kreditinstituten und aus Ergänzungskapital im Sinne des Bankwesengesetzes oder des Versicherungsaufsichtsgesetzes.
Art. 11 Abs. 1 des am 13. September 1979 unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der argentinischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern von Einkommen und von Vermögen, BGBl. Nr. 11/1983, (DBA-Argentinien) lautet:
"Zinsen, die aus einem Vertragsstaat stammen und an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person gezahlt werden, dürfen nur im erstgenannten Staat besteuert werden; die Steuer darf aber 12,5 vom Hundert des Bruttobetrages der Zinsen nicht übersteigen."
Art. 23 ("Befreiungsmethode") des DBA-Argentinien lautet:
"Bezieht eine in einem Vertragsstaat ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen nur in dem anderen Vertragsstaat besteuert werden, so nimmt der erstgenannte Staat diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus; dieser Staat kann aber bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder für das übrige Vermögen dieser Person den Steuersatz anwenden, der anzuwenden wäre, wenn die betreffenden Einkünfte oder das betreffende Vermögen nicht von der Besteuerung ausgenommen wären."
Die vom Beschwerdeführer in Form von Zinsen aus den argentinischen Wertpapieren erzielten Einkünfte sind unstrittig Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinn des § 27 Abs. 1 Z 4 EStG 1988. Nach Art. 11 des DBA-Argentinien steht Österreich kein Besteuerungsrecht für diese Einkünfte zu. Sie unterliegen jedoch dem Progressionsvorbehalt im Sinn des Art. 23 conv. cit. Der Beschwerdeführer führt ins Treffen, Art. 23 des DBA-Argentinien enthalte lediglich eine "Kann-Bestimmung", es mangle an einer positiven Norm zur Anwendbarkeit des Progressionsvorbehaltes auf Einkünfte aus Zinsen aus argentinischen Wertpapieren. Die vom Beschwerdeführer vermisste - wenn auch den Progressionsvorbehalt nicht ausdrücklich erwähnende - Rechtsgrundlage findet sich im § 2 EStG 1988, wonach das gesamte in- und ausländische Einkommen der Einkommensteuer unterliegt. Bei der Anwendung des Progressionsvorbehaltes wird das (Gesamt-)Einkommen nach den Vorschriften des österreichischen EStG ermittelt (vgl. etwa die zum insoweit inhaltsgleichen Art. 15 Abs. 3 des (früheren) Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland, BGBl. Nr. 221/1955, ergangenen hg. Erkenntnisse vom 23. Oktober 1997, 96/15/0234, VwSlg. 7.230/F, und vom 14. Dezember 2006, 2005/14/0099, im Ergebnis auch Widhalm, Rechtsgrundlagen und Anwendungsbereich des Progressionsvorbehalts in Gassner/Lang/Lechner, Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, 153 ff, insbesondere 159 ff; weiters Wöber, Der Progressionsvorbehalt, in Sutter/Wimpissinger, Freistellungs- und Anrechnungsmethode in den Doppelbesteuerungsabkommen, 155 ff, insbesondere 165 ff).
Die Rüge des Beschwerdeführers, die Berechnung des Durchschnittssteuersatzes im angefochtenen Bescheid sei für ihn nicht nachvollziehbar, führt die Beschwerde nicht zum Erfolg. Das Finanzamt hat in den vier mit Berufung bekämpften Bescheiden diese Berechnung nachvollziehbar wiedergegeben. Da der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nichts gegen die Art der Berechnung vorgebracht hat, sondern sich lediglich gegen die Anwendung des Progressionsvorbehaltes dem Grunde nach gewandt hat, war die belangte Behörde nicht gehalten, diese Berechnung im angefochtenen Bescheid wiederzugeben. Im Übrigen hat sie dies - ohne die jeweiligen Beträge im Beschwerdefall anzuführen - in allgemeiner Form ohnedies vorgenommen.
Der Beschwerdeführer trägt vor, die Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Durchführung der KESt-Entlastung in Bezug auf Auslandszinsen, BGBl. II Nr. 43/1998, finde keine Deckung in einem zu Grunde liegenden Gesetzeswortlaut. Im Beschwerdefall kann die Gesetzmäßigkeit der angesprochenen Verordnung dahingestellt bleiben, denn sie ist für die bei der Veranlagung der Einkommensteuer zu beantwortende Frage unerheblich, ob auf die in Rede stehenden Einkünfte aus Kapitalvermögen der Progressionsvorbehalt anzuwenden ist.
Schließlich führt der Beschwerdeführer ins Treffen, durch den Abzug einer Kapitalertragsteuer auf die in Rede stehenden Kapitalerträge sei die Steuer für diese Kapitalerträge abgegolten und seien diese Beträge weder beim Gesamtbetrag der Kapitaleinkünfte noch bei der Berechnung des Gesamteinkommens zu berücksichtigen (§ 97 Abs. 3 EStG 1988).
Nach § 93 Abs. 1 EStG 1988 wird die Einkommensteuer u.a. bei im Inland bezogenen Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer). Kapitalerträge aus Forderungswertpapieren sind im § 93 Abs. 3 leg. cit. näher angeführte Kapitalerträge. Diese Kapitalerträge sind im Inland bezogen, wenn sich die kuponauszahlende Stelle im Inland befindet. Als kuponauszahlende Stelle wird in § 95 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 u.a. das Kreditinstitut bezeichnet, das einem Kuponinhaber Kapitalerträge im Zeitpunkt der Fälligkeit und anteilige Kapitalerträge anlässlich der Veräußerung des Wertpapiers auszahlt.
Nach § 97 Abs. 1 EStG 1988 in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 797, gilt u.a. für natürliche Personen die Einkommensteuer für Kapitalerträge gemäß § 93 Abs. 2 Z 3 sowie Abs. 3 Z 1 bis 4, die der Kapitalertragsteuer unterliegen, durch den Steuerabzug als abgegolten. Gemäß § 97 Abs. 3 leg. cit. sind die Kapitalerträge, soweit die Steuer u.a. nach Abs. 1 abgegolten ist, weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte, noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2) zu berücksichtigen. Dies gilt nur bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen.
Da für die in Rede stehenden Kapitalerträge nach Art. 11 des DBA-Argentinien keine Einkommensteuer zu erheben ist, fallen diese Kapitalerträge auch nicht in den Anwendungsbereich des § 93 EStG 1988. Eine durch die KESt-Entlastungsverordnung vorgegebene Kapitalertragsteuerpflicht ist im Hinblick auf die zufolge des DBA-Argentinien bestehende Steuerfreiheit nur eine "vorläufige" bis zur Überprüfung, ob die Voraussetzungen des DBA gegeben sind. Daher wird von diesen Kapitalerträgen auch keine Einkommensteuer durch Abzug von Kapitalertragsteuer erhoben. Somit tritt auch die Abgeltungswirkung durch § 97 Abs. 1 EStG 1988 nicht ein (vgl. auch Lechner, Kapitalertragsteuer und Doppelbesteuerungsabkommen, in Lechner/Staringer/Tumpel, Kapitalertragsteuer, 241ff, insbesondere 263), weshalb sich das in § 97 Abs. 3 leg. cit. festgelegte Verbot, die Kapitalerträge beim Gesamtbetrag der Einkünfte oder beim Einkommen zu berücksichtigen, nicht auf diese Kapitalerträge erstreckt.
Insgesamt zeigt der Beschwerdeführer daher nicht auf, dass auf die in Rede stehenden Kapitalerträge, welche die belangte Behörde zutreffend von der Besteuerung ausgenommen hat, der Progressionsvorbehalt nicht anzuwenden gewesen wäre.
Der Beschwerdeführer wendet sich letztlich dagegen, dass die geltend gemachten Sonderausgaben von der belangten Behörde nicht anerkannt worden sind, weil der Gesamtbetrag der "Topf-Sonderausgaben" den Betrag von 700.000 S überschritten hat.
Gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens bestimmte näher umschriebene Beiträge und Versicherungsprämien, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind, als Sonderausgaben abzuziehen. Nach § 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, verminderte sich der abziehbare Sonderausgabenbetrag bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte von mehr als 500.000 S in einem Ausmaß, dass sich bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 700.000 S kein absetzbarer Betrag mehr ergab.
Soweit das Jahr 2000 betroffen ist, haben bereits die vom Beschwerdeführer erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit den Betrag von 700.000 S überschritten, sodass auch ohne die in Rede stehenden Einkünfte aus Kapitalvermögen ein Abzug von Sonderausgaben in diesem Jahr nicht zulässig war. Für die übrigen Streitjahre zeigt der Beschwerdeführer ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:
Im Zusammenhang mit der außergewöhnlichen Belastung hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 11. Oktober 1977, 1830/77, VwSlg 5173/F, zu einer Vorgängerbestimmung des § 34 Abs 4 EStG 1988 zu Recht erkannt, dass ausländische Einkünfte, die auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens nicht der inländischen Besteuerung unterliegen, zu berücksichtigen sind; ausländische Einkünfte zählen grundsätzlich zum Einkommen und sind daher gleich inländischen Einkünften beim für die außergewöhnlichen Belastungen anzuwendenden Selbstbehalt zu berücksichtigen (vgl Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer III C, Tz 4 zu § 34 Abs 2 bis 5 EStG 1988, Seite 8).
In gleicher Weise sind aber im gegenständlichen Fall Einkünfte, die auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens nicht der inländischen Besteuerung unterliegen, bei der Einschleifregelung des § 18 Abs 3 Z 2 EStG 1988 zu berücksichtigen. Grundsätzlich soll bei grenzüberschreitenden Sachverhalten eine Besteuerung erreicht werden, wie sie auch bei rein innerstaatlichen Sachverhalten vorgenommen wird (vgl das hg. Erkenntnis vom 25. September 2001, 99/14/0217, VwSlg 7652/F). Wie Perstel (Freistellungsmethode und innerstaatliche Einkommensermittlung, in Sutter/Wimpissinger, Freistellungs- und Anrechnungsmethode in Doppelbesteuerungsabkommen, 127 ff, insbesondere 148f) zutreffend aufzeigt, erfordert auch der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung die Berücksichtigung der Auslandseinkünfte bei der Einschleifregelung des § 18 Abs 3 Z 2 EStG 1988: Die Einschleifregelung soll von jenem Gesamtbetrag der Einkünfte bemessen werden, der dem Welteinkommen zu Grunde liegt, unabhängig davon, ob ein Teil der Einkünfte solche sind, die als Auslandseinkünfte auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens freigestellt sind.
Für die in § 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996 angesprochene Grenze des Gesamtbetrages der Einkünfte ist es somit unerheblich, dass ein Teil dieser Einkünfte nach Art. 11 des DBA-Argentinien von der Einkommensteuer auszunehmen ist. Bei der Ermittlung dieses Gesamteinkommens sind allfällige Sonderausgaben vom (auch die ausländischen Einkünfte umfassenden) Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen. Daher schließt Art. 23 DBA-Argentinien ein Miteinbeziehen der Auslandseinkünfte nicht nur für Zwecke der unmittelbaren Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes, sondern auch für die Berechnung der den Durchschnittssteuersatz beeinflussenden Einschleifregelung des § 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 mit ein (vgl. auch Perstel, aaO, 148, sowie Doralt, EStG10, Tz 263 zu § 18).
Zu der vom Beschwerdeführer angesprochenen Wirkung des § 97 Abs. 3 EStG 1988, wonach "endbesteuerte" Kapitalerträge nicht zum Gesamtbetrag der Einkünfte u.a. im Sinn des § 18 Abs. 3 leg. cit. zu zählen seien, ist auf das oben Gesagte zu verweisen, wonach auf die in Rede stehenden Kapitalerträge § 97 EStG nicht anwendbar ist.
Der Hinweis des Beschwerdeführers auf § 41 Abs. 4 EStG 1988, wonach bestimmte Einkünfte bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte außer Ansatz zu bleiben haben, geht ins Leere, weil sich diese Bestimmung ausschließlich auf die Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht, während es sich im Beschwerdefall bei den in Rede stehenden Einkünften um solche aus Kapitalvermögen handelt.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 24. Mai 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2004150051.X00Im RIS seit
24.07.2007Zuletzt aktualisiert am
17.05.2013