TE OGH 2004/2/25 7Ob19/04a

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Veröffentlicht am 25.02.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Erlagssache des Erlegers Land Steiermark, Amt der Steiermärkischen Landesregierung, 8011 Graz, Landhausgasse 7, vertreten durch Griss & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wider den Erlagsgegner Heinz H*****, vertreten durch Dr. Alfred Lind und Dr. Klaus Rainer, Rechtsanwälte in Graz, wegen Ausfolgung eines gerichtlichen Erlags von EUR 139.012,74, über den Revisionsrekurs des Erlagsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 25. November 2003, GZ 17 R 211/03d-14, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 6. Oktober 2003, GZ 16 Nc 10034/02t-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass dem Antrag des Erlagsgegners auf Ausfolgung des Erlagsbetrags von EUR 139.012,74 stattgegeben wird. Dem Erstgericht wird aufgetragen, die Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Graz entsprechend anzuweisen.

Der Erleger hat die Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 23. 5. 2002 wurde die Entschädigung des nunmehrigen Erlagsgegners für eine im Zuge der Errichtung der Landesstraße Nr 379 erfolgte Enteignung mit EUR 139.012,74 bestimmt. Dieser Betrag wurde gemäß § 50 Abs 4 des Steiermärkischen Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1964 (LStVG 1964) iVm § 1425 ABGB gerichtlich hinterlegt, weil der Erlagsgegner, der eine höhere Entschädigung forderte, zunächst seine Annahme verweigerte.Mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 23. 5. 2002 wurde die Entschädigung des nunmehrigen Erlagsgegners für eine im Zuge der Errichtung der Landesstraße Nr 379 erfolgte Enteignung mit EUR 139.012,74 bestimmt. Dieser Betrag wurde gemäß Paragraph 50, Absatz 4, des Steiermärkischen Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1964 (LStVG 1964) in Verbindung mit Paragraph 1425, ABGB gerichtlich hinterlegt, weil der Erlagsgegner, der eine höhere Entschädigung forderte, zunächst seine Annahme verweigerte.

In der Folge erklärte der Erlagsgegner den Erlag als Teilzahlung annehmen zu wollen und beantragte, ihn ihm auszufolgen. Er habe bereits einen Antrag auf (gerichtliche) Neufestsetzung des Entschädigungsbetrags (iSd § 50 Abs 3 LStVG) gestellt. Der Erleger erklärte sich mit einer Ausfolgung nur unter der Voraussetzung einverstanden, dass der Erlagsgegner die festgesetzte Entschädigung in Höhe des Erlagsbetrags akzeptiere und den Antrag auf Neufestsetzung des Entschädigungsbetrags zurückziehe, was der Erlagsgegner aber verweigerte.In der Folge erklärte der Erlagsgegner den Erlag als Teilzahlung annehmen zu wollen und beantragte, ihn ihm auszufolgen. Er habe bereits einen Antrag auf (gerichtliche) Neufestsetzung des Entschädigungsbetrags (iSd Paragraph 50, Absatz 3, LStVG) gestellt. Der Erleger erklärte sich mit einer Ausfolgung nur unter der Voraussetzung einverstanden, dass der Erlagsgegner die festgesetzte Entschädigung in Höhe des Erlagsbetrags akzeptiere und den Antrag auf Neufestsetzung des Entschädigungsbetrags zurückziehe, was der Erlagsgegner aber verweigerte.

Das Erstgericht wies den Ausfolgungsantrag ab.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Das LStVG, das in § 50 Abs 1 auf das EisbEG verweise, dessen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden seien (soweit nicht abweichende Regelungen getroffen würden) sehe zur Festsetzung der Entschädigungssumme eine sukzessive Kompetenz vor. Nach § 20 LStVG (gemeint LStVO) sei über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang der Enteignung zu entscheiden, wobei das Enteignungserkenntnis nach Abs 2 leg cit zugleich eine Bestimmung über die Höhe der Entschädigung zu enthalten habe. Nach Abs 3 leg cit könne jeder der beiden Teile binnen acht Wochen nach Rechtskraft des Enteignungsbescheides eine gerichtliche Entscheidung über die Höhe des Entschädigungsbetrags begehren. Mit Anrufung des Gerichts trete die verwaltungsbehördliche Entscheidung über die Höhe der Entschädigung außer Kraft (§ 50 Abs 3 LStVG). Nach § 50 Abs 4 LStVG sei der Vollzug des rechtskräftigen Enteignungserkenntnisses möglich, sobald der von der Behörde ermittelte Entschädigungsbetrag oder eine Sicherheit für die erst nach Vollzug der Enteignung zu leistende Entschädigung gerichtlich erlegt sei. Das LStVG normiere damit über die im EisbEG genannten Erlagsgründe hinaus einen weiteren Erlagsgrund zur Ermöglichung des Vollzugs vor rechtskräftiger Neufestsetzung des Entschädigungsbetrags durch das Gericht. Über die Voraussetzungen und den Zeitpunkt der möglichen Ausfolgung einer ausschließlich im Interesse der erlegenden Behörde erlegten Entschädigungssumme enthalte das Gesetz keine Bestimmungen. Nach oberstgerichtlicher Rechtsprechung zum Bundesstraßengesetz werde aus der Tatsache, dass durch Anrufung des Gerichts zur Neufestsetzung der Enteignungsentschädigung der diese festsetzende Teil des Enteignungsbescheides außer Kraft trete, abgeleitet, dass damit der Rechtstitel, unter dem der Erleger seinerzeit die Beträge erlegte, außer Kraft getreten sei und damit der Ausfolgungsantrag des Gegners (vor rechtskräftiger Entscheidung des Gerichts) wegen Wegfall des Titels für den Erlag abzuweisen sei (SZ 61/97). Erst durch das die Festsetzung der Entschädigung betreffende außerstreitige gerichtliche Verfahren werde über den erlegten Betrag endgültig entschieden. Zusammenfassend gelte daher, dass dann, wenn der vom Enteigneten nicht angenommene Entschädigungsbetrag laut Enteignungsbescheid gemäß § 50 LStVG gerichtlich hinterlegt werde, der Ausfolgungsantrag des Antragsgegners, der in der Zwischenzeit die Entscheidung des Gerichts begehrt habe, abzuweisen sei, weil wegen des dadurch bewirkten Außerkrafttretens der verwaltungsbehördlichen Entscheidung der Titel für den Erlag weggefallen sei und folglich eine im bloßen Ausfolgungsantrag gelegene stillschweigende Anerkennung des seinerzeitigen Erlagsgrundes begrifflich nicht mehr möglich sei. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur entscheidenden Rechtsfrage zwar eine, wenngleich zum Bundesstraßengesetz ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vorliege, diese aber von der Lehre vor allem wegen der damit für den Enteigneten häufig unzumutbaren Folgen als "rein formal" bekämpft werde, wobei der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 6 Ob 2327/96s diese Argumente als gewichtig bezeichnet habe, weshalb eine Abänderung der oberstgerichtlichen Rechtsprechung nicht auszuschließen sei.Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Das LStVG, das in Paragraph 50, Absatz eins, auf das EisbEG verweise, dessen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden seien (soweit nicht abweichende Regelungen getroffen würden) sehe zur Festsetzung der Entschädigungssumme eine sukzessive Kompetenz vor. Nach Paragraph 20, LStVG (gemeint LStVO) sei über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang der Enteignung zu entscheiden, wobei das Enteignungserkenntnis nach Absatz 2, leg cit zugleich eine Bestimmung über die Höhe der Entschädigung zu enthalten habe. Nach Absatz 3, leg cit könne jeder der beiden Teile binnen acht Wochen nach Rechtskraft des Enteignungsbescheides eine gerichtliche Entscheidung über die Höhe des Entschädigungsbetrags begehren. Mit Anrufung des Gerichts trete die verwaltungsbehördliche Entscheidung über die Höhe der Entschädigung außer Kraft (Paragraph 50, Absatz 3, LStVG). Nach Paragraph 50, Absatz 4, LStVG sei der Vollzug des rechtskräftigen Enteignungserkenntnisses möglich, sobald der von der Behörde ermittelte Entschädigungsbetrag oder eine Sicherheit für die erst nach Vollzug der Enteignung zu leistende Entschädigung gerichtlich erlegt sei. Das LStVG normiere damit über die im EisbEG genannten Erlagsgründe hinaus einen weiteren Erlagsgrund zur Ermöglichung des Vollzugs vor rechtskräftiger Neufestsetzung des Entschädigungsbetrags durch das Gericht. Über die Voraussetzungen und den Zeitpunkt der möglichen Ausfolgung einer ausschließlich im Interesse der erlegenden Behörde erlegten Entschädigungssumme enthalte das Gesetz keine Bestimmungen. Nach oberstgerichtlicher Rechtsprechung zum Bundesstraßengesetz werde aus der Tatsache, dass durch Anrufung des Gerichts zur Neufestsetzung der Enteignungsentschädigung der diese festsetzende Teil des Enteignungsbescheides außer Kraft trete, abgeleitet, dass damit der Rechtstitel, unter dem der Erleger seinerzeit die Beträge erlegte, außer Kraft getreten sei und damit der Ausfolgungsantrag des Gegners (vor rechtskräftiger Entscheidung des Gerichts) wegen Wegfall des Titels für den Erlag abzuweisen sei (SZ 61/97). Erst durch das die Festsetzung der Entschädigung betreffende außerstreitige gerichtliche Verfahren werde über den erlegten Betrag endgültig entschieden. Zusammenfassend gelte daher, dass dann, wenn der vom Enteigneten nicht angenommene Entschädigungsbetrag laut Enteignungsbescheid gemäß Paragraph 50, LStVG gerichtlich hinterlegt werde, der Ausfolgungsantrag des Antragsgegners, der in der Zwischenzeit die Entscheidung des Gerichts begehrt habe, abzuweisen sei, weil wegen des dadurch bewirkten Außerkrafttretens der verwaltungsbehördlichen Entscheidung der Titel für den Erlag weggefallen sei und folglich eine im bloßen Ausfolgungsantrag gelegene stillschweigende Anerkennung des seinerzeitigen Erlagsgrundes begrifflich nicht mehr möglich sei. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur entscheidenden Rechtsfrage zwar eine, wenngleich zum Bundesstraßengesetz ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vorliege, diese aber von der Lehre vor allem wegen der damit für den Enteigneten häufig unzumutbaren Folgen als "rein formal" bekämpft werde, wobei der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 6 Ob 2327/96s diese Argumente als gewichtig bezeichnet habe, weshalb eine Abänderung der oberstgerichtlichen Rechtsprechung nicht auszuschließen sei.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Erlagsgegners mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinne einer Stattgebung des Ausfolgungsantrags abzuändern.

Der Erleger, dem eine Stellungnahme freigestellt wurde, hat eine "Rekursbeantwortung" (richtig Revisionsrekursbeantwortung) erstattet. Er beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

In der vom Rekursgericht zitierten Entscheidung SZ 61/97 wurde die Rechtsansicht vertreten, der Antrag des Enteigneten auf Ausfolgung des gerichtlich hinterlegten Entschädigungsbetrags sei abzuweisen, wenn er in der Zwischenzeit die Entscheidung des Gerichts begehrt habe, weil der Erlagsgegner durch Anrufung des Gerichts zwecks Festsetzung der Enteignungsentschädigung das Außerkrafttreten des diese Summe festsetzenden Teils des Enteignungsbescheids bewirkt habe und deshalb der Rechtstitel, unter dem der Erleger seinerzeit die Beträge erlegt habe, nicht mehr existiere. Aus diesem Grunde sei eine Ausfolgung unter Anerkennung des Rechtsgrunds des Erlags begrifflich nicht mehr möglich.

Dieser Rechtsmeinung wurde von Rummel, Zur Hinterlegung der Entschädigung bei Enteignung nach dem Bundesstraßengesetz, JBl 1994, 390 widersprochen. Die verzögerte Ausfolgung des Entschädigungsbetrags - erst nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens - könne für einen Enteigneten allenfalls ruinös sein; der wirtschaftliche Druck, der beim Enteigneten allenfalls bewirkt werde, sei mit der Zielsetzung des Eisenbahnenteignungsgesetzes (EisbEG), auf das § 20 BStG mehrfach verweise, unvereinbar. Werde der Erlagsbetrag vorläufig "eingefroren", könne er also weder an den Erlagsgegner noch an den Erleger ausgefolgt werden, so widerspräche dies dem einem Enteignungsverfahren immanenten generellen Prinzip, dass die Zahlung der Entschädigungssumme und der Vollzug der Enteignung Zug um Zug zu erfolgen hätten. Die in der Entscheidung SZ 61/97 verwendeten Argumente seien rein formaler Natur; es finde sich keine sachliche Rechtfertigung dafür, warum der Enteignete nicht trotz eines Neufestsetzungsantrags die von der Behörde ermittelte Entschädigungssumme sofort erhalten könnte.Dieser Rechtsmeinung wurde von Rummel, Zur Hinterlegung der Entschädigung bei Enteignung nach dem Bundesstraßengesetz, JBl 1994, 390 widersprochen. Die verzögerte Ausfolgung des Entschädigungsbetrags - erst nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens - könne für einen Enteigneten allenfalls ruinös sein; der wirtschaftliche Druck, der beim Enteigneten allenfalls bewirkt werde, sei mit der Zielsetzung des Eisenbahnenteignungsgesetzes (EisbEG), auf das Paragraph 20, BStG mehrfach verweise, unvereinbar. Werde der Erlagsbetrag vorläufig "eingefroren", könne er also weder an den Erlagsgegner noch an den Erleger ausgefolgt werden, so widerspräche dies dem einem Enteignungsverfahren immanenten generellen Prinzip, dass die Zahlung der Entschädigungssumme und der Vollzug der Enteignung Zug um Zug zu erfolgen hätten. Die in der Entscheidung SZ 61/97 verwendeten Argumente seien rein formaler Natur; es finde sich keine sachliche Rechtfertigung dafür, warum der Enteignete nicht trotz eines Neufestsetzungsantrags die von der Behörde ermittelte Entschädigungssumme sofort erhalten könnte.

Der Oberste Gerichtshof hatte sich erst jüngst zu 1 Ob 263/03p in einem dem vorliegenden ganz vergleichbaren Fall, in dem ebenfalls die

  • -Strichaufzählung
    § 20 BStG 1971 ganz vergleichbaren - Bestimmungen des LStVG 1964 maßgeblich waren, mit dieser Frage auseinanderzusetzen und hat sich nunmehr der Auffassung Rummels angeschlossen: Gewiss sei der Bescheid der Behörde im Ausspruch über die Höhe der zu leistenden Entschädigung mit dem Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts gemäß § 50 Abs 3 LStVG 1964 außer Kraft getreten. Das bedeute aber nicht, dass die Enteignung rückgängig gemacht worden wäre; vielmehr könne ein rechtskräftiges Enteignungserkenntnis gemäß § 50 Abs 4 LStVG 1964 im Falle des Erlags des von der Behörde ermittelten Entschädigungsbetrags sogar vollzogen werden. Lediglich die Höhe der zu leistenden Entschädigung sei aufgrund der Bestimmung des § 50 Abs 3 LStVG 1964 völlig offen, wenn die gerichtliche Entscheidung begehrt werde. Es stehe aber fest, dass eine Entschädigung zu leisten sei, die dem Enteigneten, der aufgrund des massiven Eingriffs in seine Rechte besonders schützenswert sei, raschestmöglich zukommen sollte. Die im Enteignungserkenntnis zu beziffernde Entschädigung werde aufgrund der Schätzung beeideter unparteiischer Sachverständiger ermittelt (§ 50 Abs 2 LStVG 1964), weshalb nicht von vornherein davon ausgegangen werden könne, dass die Entschädigung willkürlich zu hoch oder zu niedrig festgesetzt worden sei. Müsste in der Folge, wenn die Entschädigung vom Gericht niedriger als im Enteignungserkenntnis festgesetzt werden sollte, der Enteignete einen Teil des ihm ausgefolgten Betrags zurückzahlen, so rechtfertigte es ein solcher (eher seltener) Verfahrensgang noch nicht, dem Enteigneten die Auszahlung einer wenn auch nur vorläufig behördlich festgelegt gewesenen Entschädigungssumme unter Umständen langfristig zu verwehren und ihn so gegebenenfalls großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten auszusetzen. Der Erleger habe als Erlagsgrund genannt, dass über die Höhe der Enteignungsentschädigung kein Übereinkommen im Sinne des EisbEG habe getroffen werden können und dass die Erlagsgegner die Annahme des Erlagsbetrags verweigert hätten. Letzterer Grund sei jedenfalls weggefallen, zumal die Erlagsgegner die erlegte Summe nunmehr - wenngleich zulässigerweise (SZ 44/149) nur als Teilzahlung - beanspruchten. Sinn der die Enteignung selbst und die Höhe der Enteignungsentschädigung regelnden Bestimmungen des LStVG 1964 könne es aber nicht sein, dem Enteigneten die von der Behörde selbst festgelegte Summe - nicht selten jahrelangParagraph 20, BStG 1971 ganz vergleichbaren - Bestimmungen des LStVG 1964 maßgeblich waren, mit dieser Frage auseinanderzusetzen und hat sich nunmehr der Auffassung Rummels angeschlossen: Gewiss sei der Bescheid der Behörde im Ausspruch über die Höhe der zu leistenden Entschädigung mit dem Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts gemäß Paragraph 50, Absatz 3, LStVG 1964 außer Kraft getreten. Das bedeute aber nicht, dass die Enteignung rückgängig gemacht worden wäre; vielmehr könne ein rechtskräftiges Enteignungserkenntnis gemäß Paragraph 50, Absatz 4, LStVG 1964 im Falle des Erlags des von der Behörde ermittelten Entschädigungsbetrags sogar vollzogen werden. Lediglich die Höhe der zu leistenden Entschädigung sei aufgrund der Bestimmung des Paragraph 50, Absatz 3, LStVG 1964 völlig offen, wenn die gerichtliche Entscheidung begehrt werde. Es stehe aber fest, dass eine Entschädigung zu leisten sei, die dem Enteigneten, der aufgrund des massiven Eingriffs in seine Rechte besonders schützenswert sei, raschestmöglich zukommen sollte. Die im Enteignungserkenntnis zu beziffernde Entschädigung werde aufgrund der Schätzung beeideter unparteiischer Sachverständiger ermittelt (Paragraph 50, Absatz 2, LStVG 1964), weshalb nicht von vornherein davon ausgegangen werden könne, dass die Entschädigung willkürlich zu hoch oder zu niedrig festgesetzt worden sei. Müsste in der Folge, wenn die Entschädigung vom Gericht niedriger als im Enteignungserkenntnis festgesetzt werden sollte, der Enteignete einen Teil des ihm ausgefolgten Betrags zurückzahlen, so rechtfertigte es ein solcher (eher seltener) Verfahrensgang noch nicht, dem Enteigneten die Auszahlung einer wenn auch nur vorläufig behördlich festgelegt gewesenen Entschädigungssumme unter Umständen langfristig zu verwehren und ihn so gegebenenfalls großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten auszusetzen. Der Erleger habe als Erlagsgrund genannt, dass über die Höhe der Enteignungsentschädigung kein Übereinkommen im Sinne des EisbEG habe getroffen werden können und dass die Erlagsgegner die Annahme des Erlagsbetrags verweigert hätten. Letzterer Grund sei jedenfalls weggefallen, zumal die Erlagsgegner die erlegte Summe nunmehr - wenngleich zulässigerweise (SZ 44/149) nur als Teilzahlung - beanspruchten. Sinn der die Enteignung selbst und die Höhe der Enteignungsentschädigung regelnden Bestimmungen des LStVG 1964 könne es aber nicht sein, dem Enteigneten die von der Behörde selbst festgelegte Summe - nicht selten jahrelang
  • -Strichaufzählung
    vorzuenthalten, nur weil er sich nicht bereit finde, mangels eines ihm ausreichend erscheinenden Angebots über die Höhe der Entschädigung ein Übereinkommen zu treffen oder sich mit der im Enteignungsbescheid genannten Summe abzufinden, obwohl ihm die Möglichkeit gegeben sei, die Höhe der zu leistenden Entschädigung gerichtlich festsetzen zu lassen. Entgegen der in SZ 61/97 vertretenen Ansicht existiere insofern noch immer ein Erlagstitel, als die Enteignung stattgefunden habe und lediglich die Höhe der Enteignungsentschädigung strittig sei. Dass eine solche zu leisten sei, könne aber angesichts der Enteignung nicht bezweifelt werden, sodass der erlegte Betrag an die Erlagsgegner ausgefolgt werden könne, weil diese den Rechtsgrund des Erlags - rechtskräftige Enteignung, strittige Entschädigung - durchaus dadurch anerkannt hätten, dass sie die Neufestsetzung der Entschädigung begehrt und den Erlagsbetrag lediglich als Teilzahlung in Anspruch genommen hätten. Der erkennende Senat hält diese Ausführungen für zutreffend und schließt sich daher - wie inzwischen auch schon ein weiterer Senat des Obersten Gerichtshofes in der Entscheidung 9 Ob 9/04w - der zu 1 Ob 263/03p vertretenen Auffassung an.
In Stattgebung des Revisionsrekurses des Erlagsgegners waren die Entscheidungen der Vorinstanzen daher spruchgemäß abzuändern. Da die Erlagsdaten nicht aktenkundig sind, war die Formulierung der Auszahlungsanordnung dem Erstgericht zu übertragen.

Anmerkung

E72445 7Ob19.04a

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0070OB00019.04A.0225.000

Dokumentnummer

JJT_20040225_OGH0002_0070OB00019_04A0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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