TE OGH 2004/2/25 9Ob12/04m

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Veröffentlicht am 25.02.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Nicole S*****, geboren am 5. März 1990, und des mj Marcel S*****, geboren am 26. Februar 1992, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Vaters DI Hubertus S*****, vertreten durch Dr. Edgar Kollmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 3. Dezember 2003, GZ 42 R 819/03g-97, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Zutreffend hat das Rekursgericht ungeachtet der (deutschen) Staatsangehörigkeit der Kinder österreichisches materielles Recht angewendet. Nach Art 2 des Abkommens über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen (Haager Minderjährigenschutzabkommen; BGBl 446/1975) haben die nach Art 1 des Abkommens zuständigen Behörden die nach ihrem innerstaatlichen Recht vorgesehenen Maßnahmen zu treffen, wobei dieses Recht die Voraussetzungen für die Anordnung, die Änderung und die Beendigung dieser Maßnahmen bestimmt und auch deren Wirkungen im Verhältnis zwischen dem Minderjährigen und den Personen, denen er anvertraut ist, sowie im Verhältnis zu Dritten regelt. Nach Art 1 des Abkommens sind die Behörden jenes Staates, in dem ein Minderjähriger seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, dafür zuständig, Maßnahmen zum Schutz der Person und des Vermögens des Minderjährigen zu treffen. Da unstrittig ist, dass die Kinder zum Zeitpunkt der Entscheidung des Erstgerichts ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hatten, haben die Vorinstanzen - was auch im Revisionsrekurs nicht bemängelt wird - zutreffend die Bestimmung des § 176 ABGB zur Beurteilung des Sachverhalts herangezogen.1. Zutreffend hat das Rekursgericht ungeachtet der (deutschen) Staatsangehörigkeit der Kinder österreichisches materielles Recht angewendet. Nach Artikel 2, des Abkommens über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen (Haager Minderjährigenschutzabkommen; Bundesgesetzblatt 446 aus 1975,) haben die nach Artikel eins, des Abkommens zuständigen Behörden die nach ihrem innerstaatlichen Recht vorgesehenen Maßnahmen zu treffen, wobei dieses Recht die Voraussetzungen für die Anordnung, die Änderung und die Beendigung dieser Maßnahmen bestimmt und auch deren Wirkungen im Verhältnis zwischen dem Minderjährigen und den Personen, denen er anvertraut ist, sowie im Verhältnis zu Dritten regelt. Nach Artikel eins, des Abkommens sind die Behörden jenes Staates, in dem ein Minderjähriger seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, dafür zuständig, Maßnahmen zum Schutz der Person und des Vermögens des Minderjährigen zu treffen. Da unstrittig ist, dass die Kinder zum Zeitpunkt der Entscheidung des Erstgerichts ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hatten, haben die Vorinstanzen - was auch im Revisionsrekurs nicht bemängelt wird - zutreffend die Bestimmung des Paragraph 176, ABGB zur Beurteilung des Sachverhalts herangezogen.

2. Soweit sich die Rechtsmittelausführungen gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanzen wenden, bringt der Revisionsrekurswerber keinen nach § 15 AußStrG in Betracht kommenden Revisionsrekursgrund zur Darstellung. Der Vorwurf, das Rekursgericht hätte zu Unrecht die unterlassene Vernehmung von Zeugen durch das Erstgericht gebilligt, und diese hätten "objektive Aussagen machen können", lässt offen, zu welchen für den Standpunkt des Revisionsrekurswerbers günstigeren Tatsachenfeststellungen das Erstgericht bei Vernehmung dieser Zeugen seiner Ansicht nach möglicherweise gelangt wäre.2. Soweit sich die Rechtsmittelausführungen gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanzen wenden, bringt der Revisionsrekurswerber keinen nach Paragraph 15, AußStrG in Betracht kommenden Revisionsrekursgrund zur Darstellung. Der Vorwurf, das Rekursgericht hätte zu Unrecht die unterlassene Vernehmung von Zeugen durch das Erstgericht gebilligt, und diese hätten "objektive Aussagen machen können", lässt offen, zu welchen für den Standpunkt des Revisionsrekurswerbers günstigeren Tatsachenfeststellungen das Erstgericht bei Vernehmung dieser Zeugen seiner Ansicht nach möglicherweise gelangt wäre.

3. Nach § 176 Abs 1 ABGB hat das Gericht die zur Sicherung des Wohles des Kindes nötigen Verfügungen zu treffen, wenn die Eltern - bzw der mit der Obsorge betraute Elternteil - durch ihr Verhalten das Wohl des mj Kindes gefährden. Sowohl die Frage, ob eine derartige Gefährdung des Kindeswohls vorliegt als auch die Beurteilung, welche Verfügungen zur Sicherung des Kindeswohls nötig sind, hängt stets von den besonderen Umständen des konkreten Falls ab, sodass sich insoweit regelmäßig erhebliche Rechtsfragen im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG nicht stellen (1 Ob 274/00a ua). Dem Rekursgericht kann auch keine grobe Fehlbeurteilung vorgeworfen werden, die vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen wäre.3. Nach Paragraph 176, Absatz eins, ABGB hat das Gericht die zur Sicherung des Wohles des Kindes nötigen Verfügungen zu treffen, wenn die Eltern - bzw der mit der Obsorge betraute Elternteil - durch ihr Verhalten das Wohl des mj Kindes gefährden. Sowohl die Frage, ob eine derartige Gefährdung des Kindeswohls vorliegt als auch die Beurteilung, welche Verfügungen zur Sicherung des Kindeswohls nötig sind, hängt stets von den besonderen Umständen des konkreten Falls ab, sodass sich insoweit regelmäßig erhebliche Rechtsfragen im Sinne des Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG nicht stellen (1 Ob 274/00a ua). Dem Rekursgericht kann auch keine grobe Fehlbeurteilung vorgeworfen werden, die vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen wäre.

Soweit der Revisionsrekurswerber wiederholt die frühere Alkoholkrankheit der Mutter und das Risiko eines Rückfalls ins Spiel bringt, entfernt er sich von dem der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt, nach dem die Mutter seit der Trennung der Ehegatten psychisch stabil ist und es während der letzten eineinhalb Jahre zu keinem Rückfall in die Alkoholabhängigkeit gekommen ist. Die bloße Möglichkeit eines derartigen Rückfalls vermag eine gegenwärtige Gefährdung des Wohls der Kinder nicht zu begründen. Im Falle einer Änderung der Umstände kann der Vater ohnehin die gebotenen Anträge bei Gericht stellen.

Davon, dass die Mutter ohne wichtigen Grund nach Köln übersiedeln wolle, kann auf der Basis der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen keine Rede sein. Danach hat die Mutter seit ihrem 9. Lebensjahr in Köln gelebt und dort nicht nur einen Freundes- und Bekanntenkreis behalten, sondern auch im Vergleich zu Österreich bessere berufliche Perspektiven, insbesondere im Hinblick auf eine geförderte Umschulung bzw eine berufliche Fortbildung. Gerade wenn der Vater die psychischen Probleme der Mutter in der Vergangenheit ins Spiel bringt, sollte er nicht übersehen, dass es dem Wohl der Kinder nur zuträglich sein kann, wenn sich die Mutter in einem beruflichen und sozialen Umfeld befindet, in dem sie sich wohlfühlt. Im Übrigen haben sich auch beide Kinder für einen Verbleib in der Obsorge der Mutter ausgesprochen und die beabsichtigte Übersiedlung nach Deutschland akzeptiert (vgl dazu § 146 Abs 3 ABGB). Die Gefahr einer "Entwurzelung" der Kinder besteht schon deshalb nicht, weil sie erst im Sommer 2001 - nach einem längeren Aufenthalt in China - nach Wien übersiedelt sind. Abgesehen davon, dass sich die Eltern ohnehin auf einen Schulwechsel nach Beendigung des Schuljahrs 2002/2003 geeinigt hatten, vermag auch die Behauptung des Vaters, die Qualität der (Gesamt-)Schulen in Deutschland sei "als negativ einzustufen", eine Gefährdung des Kindeswohls nicht darzutun.Davon, dass die Mutter ohne wichtigen Grund nach Köln übersiedeln wolle, kann auf der Basis der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen keine Rede sein. Danach hat die Mutter seit ihrem 9. Lebensjahr in Köln gelebt und dort nicht nur einen Freundes- und Bekanntenkreis behalten, sondern auch im Vergleich zu Österreich bessere berufliche Perspektiven, insbesondere im Hinblick auf eine geförderte Umschulung bzw eine berufliche Fortbildung. Gerade wenn der Vater die psychischen Probleme der Mutter in der Vergangenheit ins Spiel bringt, sollte er nicht übersehen, dass es dem Wohl der Kinder nur zuträglich sein kann, wenn sich die Mutter in einem beruflichen und sozialen Umfeld befindet, in dem sie sich wohlfühlt. Im Übrigen haben sich auch beide Kinder für einen Verbleib in der Obsorge der Mutter ausgesprochen und die beabsichtigte Übersiedlung nach Deutschland akzeptiert vergleiche dazu Paragraph 146, Absatz 3, ABGB). Die Gefahr einer "Entwurzelung" der Kinder besteht schon deshalb nicht, weil sie erst im Sommer 2001 - nach einem längeren Aufenthalt in China - nach Wien übersiedelt sind. Abgesehen davon, dass sich die Eltern ohnehin auf einen Schulwechsel nach Beendigung des Schuljahrs 2002/2003 geeinigt hatten, vermag auch die Behauptung des Vaters, die Qualität der (Gesamt-)Schulen in Deutschland sei "als negativ einzustufen", eine Gefährdung des Kindeswohls nicht darzutun.

Dass eine Übersiedlung der Mutter mit den Kindern die Ausübung des Besuchsrechts des Vaters erschwert, liegt in der Natur der Sache. Gerade im vorliegenden Fall tritt diese Erschwernis jedoch schon deshalb in den Hintergrund, weil der Vater nach den Feststellungen der Vorinstanzen die Besuchswochenenden seit Ende Mai 2003 mit den Kindern durchwegs in Deutschland, nämlich bei seinem in Augsburg lebenden Vater, verbracht hatte. Das Rekursgericht hat darauf hingewiesen, dass es bei einiger Mühe und Organisation durchaus möglich sein müsse, regelmäßig mit den Kindern Kontakt zu halten, zumal der Vater angesichts seiner finanziellen Möglichkeiten auch das Flugzeug als Verkehrsmittel verwenden könne; nach Ablauf seines derzeitigen Dienstvertrags im Jahr 2005 könne er auch versuchen, seinen Wohnsitz näher zu den Kindern zu verlegen.

Anmerkung

E72470 9Ob12.04m

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0090OB00012.04M.0225.000

Dokumentnummer

JJT_20040225_OGH0002_0090OB00012_04M0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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