TE OGH 2004/3/9 8Nc4/04m

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Veröffentlicht am 09.03.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und Dr. Spenling als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Lucia Jasmin W*****, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die mit Beschluss des Bezirksgerichtes Neumarkt bei Salzburg vom 26. November 2003 zu GZ 1 P 144/96d-49, gemäß § 111 Abs 1 JN verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien wird genehmigt.Die mit Beschluss des Bezirksgerichtes Neumarkt bei Salzburg vom 26. November 2003 zu GZ 1 P 144/96d-49, gemäß Paragraph 111, Absatz eins, JN verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien wird genehmigt.

Text

Begründung:

Obsorgeberechtigt hinsichtlich der Minderjährigen war die im Sprengel des Bezirksgerichtes Neumarkt bei Salzburg lebende Mutter. Die Minderjährige beantragte am 7. 2. 2003 wegen unüberbrückbarer Differenzen mit ihrer Mutter zu ihrem Vater nach Wien ziehen zu dürfen.

Nach Durchführung von Erhebungen und Vernehmung des Vaters, der seine Zustimmung erteilte, entzog das Pflegschaftsgericht mit Beschluss vom 29. 7. 2003 (ON 44) der Mutter die Obsorge und übertrug diese an den Vater. Es sprach aus, dass die Anordnung eine vorläufige sei und ordnete deren sofortigen Vollzug an. Die Situation bei der Mutter sei konfliktbeladen, wodurch gravierende Gefahr für die Entwicklung der Minderjährigen herbeigeführt werde. Da das Kind in die Schule eingeschrieben werden müsse, ergehe eine vorläufige Anordnung gemäß § 176 ABGB. Eine endgültige Obsorgeentscheidung könne erst nach weiteren Erhebungen erfolgen, wobei auch das Erfordernis der Einholung eines psychologischen Gutachtens nicht ausgeschlossen werden könne. Nach Durchführung von Erhebungen und Vernehmung des Vaters, der seine Zustimmung erteilte, entzog das Pflegschaftsgericht mit Beschluss vom 29. 7. 2003 (ON 44) der Mutter die Obsorge und übertrug diese an den Vater. Es sprach aus, dass die Anordnung eine vorläufige sei und ordnete deren sofortigen Vollzug an. Die Situation bei der Mutter sei konfliktbeladen, wodurch gravierende Gefahr für die Entwicklung der Minderjährigen herbeigeführt werde. Da das Kind in die Schule eingeschrieben werden müsse, ergehe eine vorläufige Anordnung gemäß Paragraph 176, ABGB. Eine endgültige Obsorgeentscheidung könne erst nach weiteren Erhebungen erfolgen, wobei auch das Erfordernis der Einholung eines psychologischen Gutachtens nicht ausgeschlossen werden könne.

Dieser Beschluss ist in Rechtskraft erwachsen und befindet sich die Minderjährige nach Angaben des Vaters (ON 47) seit 1. 8. 2003 bei diesem in Wien. Bei ihrer Vernehmung am 24. 10. 2003 (ON 48) erklärte die Minderjährige die Obsorge durch den Vater weiterhin zu wünschen und in Wien seit Anfang September die Schule zu besuchen.

Bereits am 23. 9. 2003 (ON 47) hatte der Vater den Antrag gestellt, die Mutter ab 1. 9. 2003 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von EUR 306,- für die Minderjährige zu verpflichten. Die dazu vom Pflegschaftsgericht vernommene Mutter hat sich gegen eine Unterhaltszahlung ausgesprochen (ON 51).

Mit Beschluss vom 26. 11. 2003 (ON 49) hat das Bezirksgericht Neumarkt bei Salzburg seine Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien übertragen und den Akt übersandt. Dieses lehnte die Übernahme ab, weil nur eine vorläufige Entscheidung getroffen worden sei. Das übertragende Gericht sei mit dem Fall vertraut und habe mit der Minderjährigen Kontakt gehabt, sodass die Weiterführung des Verfahrens derzeit im Interesse der Minderjährigen liege.

Rechtliche Beurteilung

Die Übertragung ist berechtigt.

Gemäß § 111 Abs 1 JN kann das Gericht im Interesse des Pflegebefohlenen seine Zuständigkeit übertragen. Nach Abs 2 dieser Bestimmung ist die Übertragung nur dann wirksam, wenn das andere Gericht die Zuständigkeit übernimmt oder im Falle der Weigerung des anderen Gerichtes eine Genehmigung durch das den beiden Gerichten zunächst übergeordnete gemeinsame höhere Gericht - hier des Obersten Gerichtshofes - erfolgt. Wesentliches Kriterium für die Übertragung der Zuständigkeit sind die Interessen des Minderjährigen. Dementsprechend bilden auch offene Anträge kein Hindernis für eine Zuständigkeitsübertragung, es sei denn, dem übertragenden Gericht kommt besondere Sachkenntnis zu (RIS-Justiz RS0047032 mzwN). Im hier zu beurteilenden Fall ist von Bedeutung, dass für das offene Unterhaltsfestsetzungesverfahren nach Vernehmung der Mutter ein besonderer sachlicher Bezug des übertragenden Gerichtes nicht mehr zu sehen ist. Durch die - auch von der Mutter nicht bekämpfte - vorläufige Obsorgeentscheidung und die tatsächliche Wohnsitzverlegung hat sich das Schwergewicht der vorzunehmenden Gesamtbeurteilung nach Wien verlagert. Damit ist aber das für den nunmehrigen Wohnsitz der Minderjährigen zuständige Gericht eher in der Lage, die aktuelle Lebenssituation der Beteiligten zu erforschen (vgl 5 Nc 103/02w), sodass die Übertragung der Zuständigkeit auch vor Vorliegen einer endgültigen Obsorgeentscheidung zu genehmigen ist.Gemäß Paragraph 111, Absatz eins, JN kann das Gericht im Interesse des Pflegebefohlenen seine Zuständigkeit übertragen. Nach Absatz 2, dieser Bestimmung ist die Übertragung nur dann wirksam, wenn das andere Gericht die Zuständigkeit übernimmt oder im Falle der Weigerung des anderen Gerichtes eine Genehmigung durch das den beiden Gerichten zunächst übergeordnete gemeinsame höhere Gericht - hier des Obersten Gerichtshofes - erfolgt. Wesentliches Kriterium für die Übertragung der Zuständigkeit sind die Interessen des Minderjährigen. Dementsprechend bilden auch offene Anträge kein Hindernis für eine Zuständigkeitsübertragung, es sei denn, dem übertragenden Gericht kommt besondere Sachkenntnis zu (RIS-Justiz RS0047032 mzwN). Im hier zu beurteilenden Fall ist von Bedeutung, dass für das offene Unterhaltsfestsetzungesverfahren nach Vernehmung der Mutter ein besonderer sachlicher Bezug des übertragenden Gerichtes nicht mehr zu sehen ist. Durch die - auch von der Mutter nicht bekämpfte - vorläufige Obsorgeentscheidung und die tatsächliche Wohnsitzverlegung hat sich das Schwergewicht der vorzunehmenden Gesamtbeurteilung nach Wien verlagert. Damit ist aber das für den nunmehrigen Wohnsitz der Minderjährigen zuständige Gericht eher in der Lage, die aktuelle Lebenssituation der Beteiligten zu erforschen vergleiche 5 Nc 103/02w), sodass die Übertragung der Zuständigkeit auch vor Vorliegen einer endgültigen Obsorgeentscheidung zu genehmigen ist.

Anmerkung

E72280 8Nc4.04m

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0080NC00004.04M.0309.000

Dokumentnummer

JJT_20040309_OGH0002_0080NC00004_04M0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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