TE OGH 2004/3/11 12Os16/04

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Veröffentlicht am 11.03.2004
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Der Oberste Gerichtshof hat am 11. März 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kainz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Christoph R***** wegen der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB sowie der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, AZ 5 U 45/03k des Bezirksgerichtes Zwettl, über die vom Generalprokurator gegen den Beschluss vom 8. Oktober 2003 (ON 28) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Eisenmenger, und des Verteidigers des Verdächtigen Dr. Gerhard Rößler, zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 11. März 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kainz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Christoph R***** wegen der Vergehen der Körperverletzung nach Paragraph 83, Absatz 2, StGB sowie der Sachbeschädigung nach Paragraph 125, StGB, AZ 5 U 45/03k des Bezirksgerichtes Zwettl, über die vom Generalprokurator gegen den Beschluss vom 8. Oktober 2003 (ON 28) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Eisenmenger, und des Verteidigers des Verdächtigen Dr. Gerhard Rößler, zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache gegen Christoph R*****, AZ 5 U 45/03k des Bezirksgerichtes Zwettl, verletzt der Beschluss vom 8. Oktober 2003 (ON 28) durch die Erteilung der Auflage, binnen sechs Monaten 60 Stunden gemeinnützige Leistungen zu erbringen und diese unaufgefordert dem Gericht nachzuweisen, das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 90a Abs 1 und 90f Abs 2 StPO.In der Strafsache gegen Christoph R*****, AZ 5 U 45/03k des Bezirksgerichtes Zwettl, verletzt der Beschluss vom 8. Oktober 2003 (ON 28) durch die Erteilung der Auflage, binnen sechs Monaten 60 Stunden gemeinnützige Leistungen zu erbringen und diese unaufgefordert dem Gericht nachzuweisen, das Gesetz in den Bestimmungen der Paragraphen 90 a, Absatz eins und 90f Absatz 2, StPO.

Dieser Teil des Beschlusses wird ersatzlos aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit (seit 22. Oktober 2003 rechtskräftigem) Beschluss vom 8. Oktober 2003, GZ 5 U 45/03k-28, stellte das Bezirksgericht Zwettl das Strafverfahren gegen Christoph R***** wegen §§ 83 Abs 2, 125 StGB gemäß § 90f (zu ergänzen:) Abs 1 und 2 StPO iVm § 90b StPO unter Bestimmung einer Probezeit von zwei Jahren vorläufig ein und verknüpfte dies mit der "Auflage", binnen sechs Monaten 60 Stunden gemeinnützige Leistungen zu erbringen, sowie der "Weisung", sich einem Antiaggressionstraining zu unterziehen.Mit (seit 22. Oktober 2003 rechtskräftigem) Beschluss vom 8. Oktober 2003, GZ 5 U 45/03k-28, stellte das Bezirksgericht Zwettl das Strafverfahren gegen Christoph R***** wegen Paragraphen 83, Absatz 2,, 125 StGB gemäß Paragraph 90 f, (zu ergänzen:) Absatz eins und 2 StPO in Verbindung mit Paragraph 90 b, StPO unter Bestimmung einer Probezeit von zwei Jahren vorläufig ein und verknüpfte dies mit der "Auflage", binnen sechs Monaten 60 Stunden gemeinnützige Leistungen zu erbringen, sowie der "Weisung", sich einem Antiaggressionstraining zu unterziehen.

Rechtliche Beurteilung

Wie der Generalprokurator in der gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, steht die im Beschluss vom 8. Oktober 2003 enthaltene Auflagenerteilung mit dem Gesetz nicht im Einklang. Vorweg sei festgehalten, dass nach § 90f Abs 2 StPO keine Weisungen (oder Auflagen) zu erteilen sind, sondern der Verdächtige freiwillig Pflichten auf sich zu nehmen hat (Fabrizy StPO9 § 90f Rz 4), was das Bezirksgericht Zwettl zwar materiell berücksichtigt (s AS 196), durch die diesbezüglich terminologisch verfehlte Fassung des Beschlusstenors aber nicht hinreichend zum Ausdruck gebracht hat.Wie der Generalprokurator in der gemäß Paragraph 33, Absatz 2, StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, steht die im Beschluss vom 8. Oktober 2003 enthaltene Auflagenerteilung mit dem Gesetz nicht im Einklang. Vorweg sei festgehalten, dass nach Paragraph 90 f, Absatz 2, StPO keine Weisungen (oder Auflagen) zu erteilen sind, sondern der Verdächtige freiwillig Pflichten auf sich zu nehmen hat (Fabrizy StPO9 Paragraph 90 f, Rz 4), was das Bezirksgericht Zwettl zwar materiell berücksichtigt (s AS 196), durch die diesbezüglich terminologisch verfehlte Fassung des Beschlusstenors aber nicht hinreichend zum Ausdruck gebracht hat.

§ 90a Abs 1 StPO sieht als Diversionsmaßnahmen ua die Erbringung gemeinnütziger Leistungen iSd § 90d StPO (Z 2) sowie die, allenfalls mit Bewährungshilfe und Erfüllung von Pflichten verbundene, Bestimmung einer Probezeit iSd § 90f StPO (Z 3) vor. Aus dem die Konjunktion "oder" zwischen den einzelnen Varianten diversioneller Reaktion auf kriminelles Handeln verwendenden Gesetzeswortlaut ergibt sich aber, dass (auch) die Kombination der Verfahrensbeendigung gegen Probezeit mit anderen diversionellen Erledigungsformen nicht zulässig ist. Damit soll eine dem Diversionscharakter nicht mehr entsprechende übermäßige Inanspruchnahme des Verdächtigen durch Verknüpfung von Diversionsmaßnahmen hintangehalten werden (Schroll, WK2 Nachbem zu § 42 Rz 62, 76).Paragraph 90 a, Absatz eins, StPO sieht als Diversionsmaßnahmen ua die Erbringung gemeinnütziger Leistungen iSd Paragraph 90 d, StPO (Ziffer 2,) sowie die, allenfalls mit Bewährungshilfe und Erfüllung von Pflichten verbundene, Bestimmung einer Probezeit iSd Paragraph 90 f, StPO (Ziffer 3,) vor. Aus dem die Konjunktion "oder" zwischen den einzelnen Varianten diversioneller Reaktion auf kriminelles Handeln verwendenden Gesetzeswortlaut ergibt sich aber, dass (auch) die Kombination der Verfahrensbeendigung gegen Probezeit mit anderen diversionellen Erledigungsformen nicht zulässig ist. Damit soll eine dem Diversionscharakter nicht mehr entsprechende übermäßige Inanspruchnahme des Verdächtigen durch Verknüpfung von Diversionsmaßnahmen hintangehalten werden (Schroll, WK2 Nachbem zu Paragraph 42, Rz 62, 76).

Hinzu kommt, dass § 90f Abs 2 StPO die Auferlegung nur solcher Pflichten zulässt, die als Weisungen (§ 51 StGB) erteilt werden könnten, was auf die Anordnung, eine gemeinnützige Leistung zu erbringen, gerade nicht zutrifft. Die Abschöpfung potentieller Einkommensmöglichkeiten durch den Zeitaufwand für die Arbeitsleistung in Verbindung mit der Einschränkung der Freizeit und der örtlichen Fixierung zur Erbringung der Leistung stellen diese Maßnahme nämlich - wirkungsbezogen betrachtet - zwischen Geld- und Freiheitsstrafe, womit sie als sanktionssubstituierend dem Anwendungsbereich des § 51 StGB entzogen, also exklusiv jenem des § 90d StPO vorbehalten ist (Schroll, WK2 § 51 Rz 8, 10).Hinzu kommt, dass Paragraph 90 f, Absatz 2, StPO die Auferlegung nur solcher Pflichten zulässt, die als Weisungen (Paragraph 51, StGB) erteilt werden könnten, was auf die Anordnung, eine gemeinnützige Leistung zu erbringen, gerade nicht zutrifft. Die Abschöpfung potentieller Einkommensmöglichkeiten durch den Zeitaufwand für die Arbeitsleistung in Verbindung mit der Einschränkung der Freizeit und der örtlichen Fixierung zur Erbringung der Leistung stellen diese Maßnahme nämlich - wirkungsbezogen betrachtet - zwischen Geld- und Freiheitsstrafe, womit sie als sanktionssubstituierend dem Anwendungsbereich des Paragraph 51, StGB entzogen, also exklusiv jenem des Paragraph 90 d, StPO vorbehalten ist (Schroll, WK2 Paragraph 51, Rz 8, 10).

Da die Gesetzesverletzungen dem Verdächtigen zum Nachteil gereichen, war über deren bloße Feststellung hinaus die Beseitigung des betroffenen Entscheidungsteils auszusprechen.

Anmerkung

E7254612Os16.04

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inRZ 2004,140 = Jus-Extra OGH-St 3589 = Jus-Extra OGH-St 3598 =Jus-Extra OGH-St 3599 = ÖJZ-LSK 2004/179 = ÖJZ-LSK 2004/180 = SSt2004/20 = EvBl 2004/154 S 689 - EvBl 2004,689 = RZ 2004/26 S 257 -RZ 2004,257 = JBl 2005,58XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0120OS00016.04.0311.000

Zuletzt aktualisiert am

25.02.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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