TE OGH 2004/3/16 4Nc4/04g

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Veröffentlicht am 16.03.2004
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der beim Landesgericht Feldkirch zu 8 Cg 191/02v anhängigen Rechtssache der klagenden Partei Heidrun G*****, vertreten durch Dr. Arnold Trojer, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagte Partei Peter B*****, vertreten durch Dr. Nikolaus Schertler, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen 38.153,24 EUR, über das Ersuchen des Landesgerichts Feldkirch um Entscheidung nach § 47 JN den BeschlussDer Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der beim Landesgericht Feldkirch zu 8 Cg 191/02v anhängigen Rechtssache der klagenden Partei Heidrun G*****, vertreten durch Dr. Arnold Trojer, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagte Partei Peter B*****, vertreten durch Dr. Nikolaus Schertler, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen 38.153,24 EUR, über das Ersuchen des Landesgerichts Feldkirch um Entscheidung nach Paragraph 47, JN den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Landesgericht Feldkirch zurückgestellt.

Text

Begründung:

In dem beim Landesgericht Feldkirch anhängigen Verfahren begehrt die Klägerin Rückzahlung eines Darlehens von restlich 38.153,24 EUR. Der Beklagte beantragt Klageabweisung und wendet ein, die Klägerin habe ihm kein Darlehen zugezählt, sondern nur Beiträge für den Ausbau einer gemeinsamen Wohnung zur Verfügung gestellt. Nach Aufhebung der Lebensgemeinschaft habe er sich mit dem damaligen Sachwalter der Klägerin dahin geeinigt, dass mit einer bereits geleisteten Zahlung alle Ansprüche der Klägerin abgegolten seien. Während des Rechtsstreits beantragte der Beklagte die Unterbrechung des Verfahrens zur Prüfung der Prozessfähigkeit, weil die Klägerin nicht geschäfts- und prozessfähig sei; sie sei in Deutschland "strafrechtlich" in einem Krankenhaus untergebracht. Unter Hinweis auf diesen Antrag übermittelte das Landesgericht Feldkirch den Akt am 24. 6. 2003 dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien nach § 6a ZPO. Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien stellte den Akt am 3. 9. 2003 mit dem Bemerken zurück, es fehle ein Anknüpfungspunkt für die inländische Gerichtsbarkeit nach § 110 JN, weshalb eine Durchführung des Sachwalterschaftsverfahrens nicht möglich sei. Das Landesgericht Feldkirch übersandte am 17. 12. 2003 den Akt neuerlich dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien unter Hinweis auf seine im Beschluss vom 21. 9. 2003, ON 20, gemachten Ausführungen zur Begründung der inländischen Gerichtsbarkeit (ON 25 und 26). Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien lehnte eine Sachwalterbestellung weiterhin ab.In dem beim Landesgericht Feldkirch anhängigen Verfahren begehrt die Klägerin Rückzahlung eines Darlehens von restlich 38.153,24 EUR. Der Beklagte beantragt Klageabweisung und wendet ein, die Klägerin habe ihm kein Darlehen zugezählt, sondern nur Beiträge für den Ausbau einer gemeinsamen Wohnung zur Verfügung gestellt. Nach Aufhebung der Lebensgemeinschaft habe er sich mit dem damaligen Sachwalter der Klägerin dahin geeinigt, dass mit einer bereits geleisteten Zahlung alle Ansprüche der Klägerin abgegolten seien. Während des Rechtsstreits beantragte der Beklagte die Unterbrechung des Verfahrens zur Prüfung der Prozessfähigkeit, weil die Klägerin nicht geschäfts- und prozessfähig sei; sie sei in Deutschland "strafrechtlich" in einem Krankenhaus untergebracht. Unter Hinweis auf diesen Antrag übermittelte das Landesgericht Feldkirch den Akt am 24. 6. 2003 dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien nach Paragraph 6 a, ZPO. Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien stellte den Akt am 3. 9. 2003 mit dem Bemerken zurück, es fehle ein Anknüpfungspunkt für die inländische Gerichtsbarkeit nach Paragraph 110, JN, weshalb eine Durchführung des Sachwalterschaftsverfahrens nicht möglich sei. Das Landesgericht Feldkirch übersandte am 17. 12. 2003 den Akt neuerlich dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien unter Hinweis auf seine im Beschluss vom 21. 9. 2003, ON 20, gemachten Ausführungen zur Begründung der inländischen Gerichtsbarkeit (ON 25 und 26). Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien lehnte eine Sachwalterbestellung weiterhin ab.

Das Landesgericht Feldkirch legte daraufhin den Akt mit dem Ersuchen um "Entscheidung gemäß § 47 JN im Zuständigkeitsstreit mit dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien" dem Obersten Gerichtshof vor.Das Landesgericht Feldkirch legte daraufhin den Akt mit dem Ersuchen um "Entscheidung gemäß Paragraph 47, JN im Zuständigkeitsstreit mit dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien" dem Obersten Gerichtshof vor.

Rechtliche Beurteilung

Der Akt wird dem Landesgericht Feldkirch zurückgestellt. Die Anrufung des gemeinsam übergeordneten Gerichtshofs in einem negativen Kompetenzkonflikt nach § 47 JN setzt voraus, dass beide konkurrierende Gerichte rechtskräftig über ihre (Un-)Zuständigkeit zur Entscheidung über die (gleiche) Rechtssache abgesprochen haben und die Rechtssache, zu deren Behandlung sie sich für unzuständig erklärt haben, der inländischen Gerichtsbarkeit unterliegt (Ballon in Fasching I2 § 47 JN Rz 7 ff mwN).Der Akt wird dem Landesgericht Feldkirch zurückgestellt. Die Anrufung des gemeinsam übergeordneten Gerichtshofs in einem negativen Kompetenzkonflikt nach Paragraph 47, JN setzt voraus, dass beide konkurrierende Gerichte rechtskräftig über ihre (Un-)Zuständigkeit zur Entscheidung über die (gleiche) Rechtssache abgesprochen haben und die Rechtssache, zu deren Behandlung sie sich für unzuständig erklärt haben, der inländischen Gerichtsbarkeit unterliegt (Ballon in Fasching I2 Paragraph 47, JN Rz 7 ff mwN).

Im vorliegenden Fall hat das von der Klägerin angerufene Prozessgericht weder seine Zuständigkeit für das anhängige Verfahren verneint noch über eine allfällige Zuständigkeit zur Überprüfung der Prozessfähigkeit der Klägerin abgesprochen. Es hat lediglich ein seiner Meinung nach zur Überprüfung der Prozessfähigkeit der Klägerin zuständiges Pflegschaftsgericht iSd § 6a ZPO verständigt, um eine Sachwalterbestellung zu ermöglichen. Das - nach § 109 Abs 2 JN als zuständiges Pflegschaftsgericht in Betracht kommende - Bezirksgericht Innere Stadt Wien hat seine Befugnis zum Einschreiten verneint. Ob in einem solchen Fall eine analoge Anwendung des § 47 JN (wie bei Streitigkeiten zwischen ersuchendem und ersuchtem Gericht über die Ausübung der Rechtshilfe, siehe dazu SZ 57/161; EvBl 1990/36; Mayr in Rechberger ZPO² § 37 JN Rz 4) in Frage kommt, kann offen bleiben. Auch wenn man eine analoge Anwendung des § 47 JN bejahen wollte, wäre doch dem Begehren des Landesgerichtes Feldkirch nicht zu folgen. Das vom Prozessgericht angerufene Bezirksgericht Innere Stadt Wien hätte nämlich nur dann tätig werden können, wenn die Klägerin der Pflegschaftsgerichtsbarkeit im Inland unterliegt. Dies ist aber nach dem Akteninhalt nicht der Fall.Im vorliegenden Fall hat das von der Klägerin angerufene Prozessgericht weder seine Zuständigkeit für das anhängige Verfahren verneint noch über eine allfällige Zuständigkeit zur Überprüfung der Prozessfähigkeit der Klägerin abgesprochen. Es hat lediglich ein seiner Meinung nach zur Überprüfung der Prozessfähigkeit der Klägerin zuständiges Pflegschaftsgericht iSd Paragraph 6 a, ZPO verständigt, um eine Sachwalterbestellung zu ermöglichen. Das - nach Paragraph 109, Absatz 2, JN als zuständiges Pflegschaftsgericht in Betracht kommende - Bezirksgericht Innere Stadt Wien hat seine Befugnis zum Einschreiten verneint. Ob in einem solchen Fall eine analoge Anwendung des Paragraph 47, JN (wie bei Streitigkeiten zwischen ersuchendem und ersuchtem Gericht über die Ausübung der Rechtshilfe, siehe dazu SZ 57/161; EvBl 1990/36; Mayr in Rechberger ZPO² Paragraph 37, JN Rz 4) in Frage kommt, kann offen bleiben. Auch wenn man eine analoge Anwendung des Paragraph 47, JN bejahen wollte, wäre doch dem Begehren des Landesgerichtes Feldkirch nicht zu folgen. Das vom Prozessgericht angerufene Bezirksgericht Innere Stadt Wien hätte nämlich nur dann tätig werden können, wenn die Klägerin der Pflegschaftsgerichtsbarkeit im Inland unterliegt. Dies ist aber nach dem Akteninhalt nicht der Fall.

Nach § 110 JN unterliegen Pflegebefohlene, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, der inländischen Gerichtsbarkeit nur dann, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder - soweit es um dringende Maßnahmen geht - zumindest ihren Aufenthalt im Inland haben (§ 110 Abs 1 Z 2 JN) oder wenn die Maßnahmen in Österreich befindliches Vermögen des Pflegebefohlenen betreffen (§ 110 Abs 1 Z 3 JN). Dass § 110 JN die inländische Gerichtsbarkeit auch in Bezug auf die Bestellung von Sachwaltern für behinderte Personen regelt, ist anerkannt (RV 742 BlgNR 15. GP, 16; Fucik in Fasching I2 § 110 Rz 2; Mayr in Rechberger ZPO2 § 110 Rz 2; SZ 69/67; RIS-Justiz RS0102766).Nach Paragraph 110, JN unterliegen Pflegebefohlene, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, der inländischen Gerichtsbarkeit nur dann, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder - soweit es um dringende Maßnahmen geht - zumindest ihren Aufenthalt im Inland haben (Paragraph 110, Absatz eins, Ziffer 2, JN) oder wenn die Maßnahmen in Österreich befindliches Vermögen des Pflegebefohlenen betreffen (Paragraph 110, Absatz eins, Ziffer 3, JN). Dass Paragraph 110, JN die inländische Gerichtsbarkeit auch in Bezug auf die Bestellung von Sachwaltern für behinderte Personen regelt, ist anerkannt (RV 742 BlgNR 15. GP, 16; Fucik in Fasching I2 Paragraph 110, Rz 2; Mayr in Rechberger ZPO2 Paragraph 110, Rz 2; SZ 69/67; RIS-Justiz RS0102766).

Keine dieser Voraussetzungen für die Begründung der inländischen Gerichtsbarkeit liegt hier vor. Die Klägerin ist deutsche Staatsbürgerin, sie hat weder ihren gewöhnlichen noch irgendeinen Aufenthalt in Österreich. Auch der Anknüpfungspunkt nach § 110 Abs 1 Z 3 JN liegt hier nach der Rechtsprechung nicht vor, weil diese Bestimmung teleologisch auf dringende Maßnahmen wegen Fürsorgebedürftigkeit des Ausländers reduziert wird (SZ 69/67; 6 Ob 42/03z; RIS-Justiz RS0102769). Zur Auslegung dieser Bestimmung hat der Oberste Gerichtshof in einem vergleichbaren Fall bereits erkannt, dass die Prozessführung durch einen prozessunfähigen Ausländer, für den sein Heimatstaat die erforderlichen Maßnahmen nicht getroffen hat, nur dann durch die Bestellung eines inländischen Sachwalters ermöglicht werden muss, wenn es sich dabei (bei der Prozessführung) um eine dringende Maßnahme gerade in Bezug auf das im Inland befindliche Vermögen handelt. Andernfalls liege die erforderliche Fürsorgebedürftigkeit des Ausländers nicht vor (SZ 69/67). Eine besondere Dringlichkeit der Prozessführung in Bezug auf die geltend gemachte Forderung ist auch im vorliegenden Fall nicht zu erkennen, zumal schon die Klage eingebracht ist.Keine dieser Voraussetzungen für die Begründung der inländischen Gerichtsbarkeit liegt hier vor. Die Klägerin ist deutsche Staatsbürgerin, sie hat weder ihren gewöhnlichen noch irgendeinen Aufenthalt in Österreich. Auch der Anknüpfungspunkt nach Paragraph 110, Absatz eins, Ziffer 3, JN liegt hier nach der Rechtsprechung nicht vor, weil diese Bestimmung teleologisch auf dringende Maßnahmen wegen Fürsorgebedürftigkeit des Ausländers reduziert wird (SZ 69/67; 6 Ob 42/03z; RIS-Justiz RS0102769). Zur Auslegung dieser Bestimmung hat der Oberste Gerichtshof in einem vergleichbaren Fall bereits erkannt, dass die Prozessführung durch einen prozessunfähigen Ausländer, für den sein Heimatstaat die erforderlichen Maßnahmen nicht getroffen hat, nur dann durch die Bestellung eines inländischen Sachwalters ermöglicht werden muss, wenn es sich dabei (bei der Prozessführung) um eine dringende Maßnahme gerade in Bezug auf das im Inland befindliche Vermögen handelt. Andernfalls liege die erforderliche Fürsorgebedürftigkeit des Ausländers nicht vor (SZ 69/67). Eine besondere Dringlichkeit der Prozessführung in Bezug auf die geltend gemachte Forderung ist auch im vorliegenden Fall nicht zu erkennen, zumal schon die Klage eingebracht ist.

Unterliegt daher die klagende Partei - wie hier - nicht der inländischen Pflegschaftsgerichtsbarkeit so hat das Prozessgericht selbst die erforderlichen Vorkehrungen zur Beseitigung eines allfälligen Mangels der Prozessfähigkeit nach den §§ 6 und 8 ZPO zu treffen (vgl RV 742 BlgNR 15. GP, 23; SZ 69/67), sofern sich nicht das Amtsgericht Kempten - nach Verständigung durch das Prozessgericht - doch dazu verstehen sollte, neuerlich eine Betreuung für die Klägerin zu bestellen.Unterliegt daher die klagende Partei - wie hier - nicht der inländischen Pflegschaftsgerichtsbarkeit so hat das Prozessgericht selbst die erforderlichen Vorkehrungen zur Beseitigung eines allfälligen Mangels der Prozessfähigkeit nach den Paragraphen 6 und 8 ZPO zu treffen vergleiche RV 742 BlgNR 15. GP, 23; SZ 69/67), sofern sich nicht das Amtsgericht Kempten - nach Verständigung durch das Prozessgericht - doch dazu verstehen sollte, neuerlich eine Betreuung für die Klägerin zu bestellen.

Der Akt wird dem Landesgericht Feldkirch als dem zuständigen Prozessgericht zurückgestellt.

Anmerkung

E72487 4Nc4.04g

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0040NC00004.04G.0316.000

Dokumentnummer

JJT_20040316_OGH0002_0040NC00004_04G0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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