TE OGH 2004/3/16 4Ob260/03v

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Veröffentlicht am 16.03.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** GmbH (nunmehr: L***** GmbH), *****, vertreten durch Mag. Knuth Bumiller, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Dorda Brugger & Jordis Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 32.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 29. Oktober 2003, GZ 2 R 137/03m-12, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 16. Mai 2003, GZ 22 Cg 104/03z-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Beschluss wie folgt zu lauten hat:

"Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs auf Unterlassung der Verbreitung von herabsetzenden Behauptungen im geschäftlichen Verkehr wird der beklagten Partei für die Dauer dieses Rechtsstreits aufgetragen, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu behaupten,

a) die Geschäftsanschrift der L***** GesmbH sei eine Garage und ein Postkasten;

b) die L***** GesmbH werbe wettbewerbswidrig Kunden ab;

c) die L***** GesmbH führe wettbewerbswidrig Kunden in die Irre;

d) die L***** GesmbH wende einen alten Trick an, auf den man nicht hereinfallen solle,

oder sinngleiche Behauptungen zu verbreiten."

Die klagende Partei hat die Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen vorläufig, die beklagte Partei hat die Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Streitteile sind Konkurrenten auf dem Gebiet der Luft- und Kältetechnik. Die Beklagte ist ein Tochterunternehmen des internationalen R*****-Konzerns, Lizenznehmerin der internationalen Marke "L*****" und Alleinimporteurin von Luftfiltern der Z***** AG.

Wegen der Verwendung des Zeichens "L*****" in Form des von der Z***** AG (der Lieferantin der Beklagten) sowie von der Klägerin und der H. u. B. T***** GesmbH gebrauchten Logos ist beim Erstgericht ein Verfahren zwischen der Z***** AG und der Klägerin (als dortige Beklagte) anhängig, in dem der Klägerin mit einstweiliger Verfügung vom 2. 5. 2003 die Verwendung des Namens "L*****" im geschäftlichen Verkehr verboten worden ist. Der Geschäftsführer der Klägerin war früher Mitarbeiter der H. u. B. T***** Gesellschaft m.b.H., die Installations- und Wartungsarbeiten an Klimageräten durchführt und deren nunmehriger Geschäftsführer Markeninhaberin der österreichischen Marke "L*****-GmbH" ist. Die Klägerin und die H. u. B. T***** Gesellschaft m.b.H. haben ihren Sitz auf benachbarten Liegenschaften in Wien 23., letztere in einem Einfamilienhaus, die Klägerin in einem von der Straßenfront garagenähnlich aussehenden Gebäude mit Zugang durch ein Gittertor, neben dem sich ein Postkasten befindet.

Mit Schreiben vom 20. 3. 2003 (Beil./15) präsentierte sich die Klägerin unter Verwendung der Marke "L*****-GmbH" gegenüber potentiellen Kunden als neue Partnerin mit jahrzehntelanger Erfahrung im Bereich der Reinraum-, Lüftungs- und Kältetechnik. Als Reaktion darauf versandte die Beklagte unter der Überschrift "KLARSTELLUNG zum Schreiben der L*****-GmbH vom 20.02.2003" einen Brief an mögliche zukünftige Geschäftspartner, in dem sie darauf verwies, einziger autorisierter inländischer Lieferant von L*****-Filtern zu sein und - ebenso wenig wie ihre Schweizer Lieferantin - in keiner Geschäftsbeziehung zur Klägerin oder der H. u. B. T***** Gesellschaft m.b.H. zu stehen. Zwei Lichtbilder zeigen die Unternehmenssitze der genannten Gesellschaften und haben folgende Bildunterschrift: "Die eine Firma, mit offizieller Geschäftsanschrift [...], übt eine Geschäftstätigkeit in einem Einfamilienhaus aus (Bild 1), und die andere Firma befindet sich am Nachbargrundstück mit Garage und Postkasten (Bild 2)." Es folgt der Text: "Die Z***** AG und M***** haben beschlossen, rechtliche Schritte (insbesondere Unterlassungsklage wegen Wettbewerbsverletzungen) gegen o.g. Unternehmen zu ergreifen, um die Abwerbung und Irreführung der Kunden rasch zu beenden. Bitte fallen Sie nicht auf diesen alten Trick herein!!!".

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Behauptung zu unterlassen,

a) die Geschäftsanschrift der L***** GesmbH sei eine Garage und ein Postkasten;

b) die L***** GesmbH würde wettbewerbswidrig Kunden abwerben;

c) die L***** GesmbH würde wettbewerbswidrig Kunden in die Irre führen;

d) die L***** GesmbH würde einen alten Trick anwenden, auf den man nicht hereinfallen solle oder sinngleiche Behauptungen zu verbreiten.

Die Beklagte habe auf ein sachlich verfasstes Schreiben der Klägerin, in dem sie ihre Produktpalette vorgestellt habe, aggressiv und wettbewerbswidrig reagiert und unrichtige Tatsachenbehauptungen aufgestellt, um ihren eigenen Wettbewerb zu Lasten der Klägerin zu fördern. Tatsachenwidrig werde behauptet, dass die Geschäftsanschrift der Klägerin eine Garage samt Postkasten sei, womit der Eindruck erweckt werde, die Klägerin sei eine "Postkastenfirma" (ein "Postkastenunternehmen"), bestehe also nur auf dem Papier und sei kein seriöses Unternehmen. Die Klägerin behaupte zu Unrecht, die Beklagte werbe Kunden ab oder führe sie in die Irre; auch sei nicht zu erkennen, welchen "alten Trick" die Beklagte anwende. Durch die pauschale Herabsetzung werde der Eindruck erweckt, die Beklagte habe keine Fachkompetenz auf dem Gebiet der Kälte-Klima und Reinraumtechnik, obwohl dies ihr wesentlicher Unternehmungsgegenstand sei, was auch in ihrer (markenrechtlich geschützten) Firma zum Ausdruck komme.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Sicherungsantrags. Sie habe nichts Tatsachenwidriges behauptet. An der von der Beklagten angegebenen Adresse befinde sich ein Gebäude, das weder auf der Straßenseite noch rechts davon ein Fenster besitze; am Eingang sei ein leeres Namensschild ohne Klingelknopf montiert. Eine Gegensprechanlage fehle, die Tür zum Grundstück sei versperrt. Einem potentiellen Kunden sei es nicht möglich, die Beklagte an der angegebenen Adresse zu erreichen. Ein objektiver Betrachter der Fotos im beanstandeten Schreiben müsse den Eindruck gewinnen, dass es sich beim abgebildeten Gebäude um eine Garage handle, auch wenn keine Zufahrt vorhanden sei. Ob es sich bei dem Gebäude um eine Garage oder einen Schuppen handle, sei letztlich ohne Bedeutung, es fehle bei einer solchen geringfügigen Abweichung an einer Schädigungseignung iSd § 7 UWG. Der Begriff "Postkastenfirma" erwecke keinen negativen Eindruck; es komme doch vielfach vor, dass Firmen aus organisatorischen Gründen (zunächst) "Postkastenfirmen" seien. Die Beklagte versuche mit ihrer Firmengründung die Marke "L*****" sittenwidrig auszunutzen. Es entspreche daher auch den Tatsachen, dass die Beklagte Kunden abwerbe und in die Irre führe. Diese Behauptung beziehe sich nicht allein auf das Schreiben der Klägerin vom 20. 3. 2003, sondern vielmehr auf ihr gesamtes Verhalten, das eine geschäftliche Verbindung zur Z***** AG, zur L***** Gesellschaft mbH in Liquidation und zur Beklagten vortäusche. Der in der Klarstellung verwendete Satz "Bitte fallen Sie nicht auf den alten Trick herein" sei unterhalb der vier Klarstellungspunkte angebracht und beziehe sich daher auf alle genannten Punkte sowie auf das Schreiben der Klägerin vom 20. 3. 2003. Ein "Trick" sei es, eine nicht bestehende Geschäftsverbindung vorzutäuschen, um sich an den guten Ruf und das Qualitätsimage der Produkte des angeblichen Geschäftspartners anzuhängen.Die Beklagte beantragte die Abweisung des Sicherungsantrags. Sie habe nichts Tatsachenwidriges behauptet. An der von der Beklagten angegebenen Adresse befinde sich ein Gebäude, das weder auf der Straßenseite noch rechts davon ein Fenster besitze; am Eingang sei ein leeres Namensschild ohne Klingelknopf montiert. Eine Gegensprechanlage fehle, die Tür zum Grundstück sei versperrt. Einem potentiellen Kunden sei es nicht möglich, die Beklagte an der angegebenen Adresse zu erreichen. Ein objektiver Betrachter der Fotos im beanstandeten Schreiben müsse den Eindruck gewinnen, dass es sich beim abgebildeten Gebäude um eine Garage handle, auch wenn keine Zufahrt vorhanden sei. Ob es sich bei dem Gebäude um eine Garage oder einen Schuppen handle, sei letztlich ohne Bedeutung, es fehle bei einer solchen geringfügigen Abweichung an einer Schädigungseignung iSd Paragraph 7, UWG. Der Begriff "Postkastenfirma" erwecke keinen negativen Eindruck; es komme doch vielfach vor, dass Firmen aus organisatorischen Gründen (zunächst) "Postkastenfirmen" seien. Die Beklagte versuche mit ihrer Firmengründung die Marke "L*****" sittenwidrig auszunutzen. Es entspreche daher auch den Tatsachen, dass die Beklagte Kunden abwerbe und in die Irre führe. Diese Behauptung beziehe sich nicht allein auf das Schreiben der Klägerin vom 20. 3. 2003, sondern vielmehr auf ihr gesamtes Verhalten, das eine geschäftliche Verbindung zur Z***** AG, zur L***** Gesellschaft mbH in Liquidation und zur Beklagten vortäusche. Der in der Klarstellung verwendete Satz "Bitte fallen Sie nicht auf den alten Trick herein" sei unterhalb der vier Klarstellungspunkte angebracht und beziehe sich daher auf alle genannten Punkte sowie auf das Schreiben der Klägerin vom 20. 3. 2003. Ein "Trick" sei es, eine nicht bestehende Geschäftsverbindung vorzutäuschen, um sich an den guten Ruf und das Qualitätsimage der Produkte des angeblichen Geschäftspartners anzuhängen.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Auf Grund der Fotos im beanstandeten Schreiben sei nicht zu bestreiten, dass es sich beim Firmensitz der Klägerin um ein garagenähnliches Gebäude handle. Der Klägerin werde in diesem Schreiben keineswegs unterstellt, ihr Unternehmen sei eine Postkastenfirma oder ein Postkastenunternehmen. Aus den Fotos sei ersichtlich, dass die Textbeschreibung den tatsächlichen Gegebenheiten entspreche. Eine pauschale Herabsetzung des Unternehmens der Klägerin sei dem Begleittext nicht zu entnehmen. Das Abwerben und Irreführen von Kunden sei im Zusammenhang mit dem in Hintergrund stehenden Verfahren bezüglich der Verwendung des Zeichens "L*****" zu sehen. Da der Klägerin mit einstweiliger Verfügung verboten worden sei, dieses Zeichen im geschäftlichen Verkehr zu verwenden, entspreche die beanstandete Aussage den Tatsachen, weil die Verwendung des Zeichens im Logo der Klägerin nur den Sinn haben könne, Kunden in die Irre zu führen. Durch die Verwendung des Logos eines anderen Unternehmens, mit dem kein Zusammenhang bestehe, müsse für Kunden zwangsläufig der - unrichtige - Eindruck entstehen, dass ein geschäftlicher Zusammenhang zwischen beiden Unternehmen bestehe. Dadurch würden potentielle Kunden abgeworben. Es sei nicht wettbewerbswidrig, dieses Verhalten der Klägerin als "alten Trick" zu bezeichnen, auf den die potentiellen Kunden "nicht hereinfallen sollen". Die beanstandeten Äußerungen entsprächen insoweit den Tatsachen.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei. Aus dem Begleittext sei nicht abzuleiten, dass das Unternehmen der Klägerin in einer Garage untergebracht sei, sondern nur die Behauptung, dass sich auf diesem Grundstück eine Garage und ein Postkasten befinde. Von einer Irreführung könne keine Rede sein, weil sich die Adressaten an Hand des Fotos der Liegenschaft selbst eine Meinung bilden könnten. Die Äußerung müsste im Gesamtzusammenhang der Rechtsstreitigkeiten zwischen den Parteien als Abwehr einer wettbewerbswidrigen Werbung angesehen werden. Bei Abwehrmaßnahmen gegenüber einer unzulässigen Wettbewerbshandlung des Gegners habe eine mildere Beurteilung Platz zu greifen als bei Angriffshandlungen. Die Klägerin versuche den unrichtigen Eindruck zu erwecken, ihr - neu gegründetes - Unternehmen bestehe schon seit langem, habe eine bestimmte Größe und einen seriösen Ruf. Die Beklagte versuche, sich im Rahmen des Wettbewerbs gegen diese Werbemaßnahmen zu Wehr zu setzen und in ihrem Aufklärungsschreiben diese Behauptungen zu widerlegen. Durch den Hinweis "die andere Firma befindet sich am Nachbargrundstück mit Garage und Postkasten" werde der potentielle Kunde nicht in die Irre geführt, sondern über die Größe des Unternehmens aufgeklärt. Selbst wenn man die Bezeichnung des vom Erstgericht als garagenähnlichen Gebäudes als Garage abwertend ansehe, liege eine zulässige Abwehrmaßnahme der Beklagten vor. Der Vorwurf der Irreführung und Kundenabwerbung stehe in Zusammenhang mit dem im Hintergrund stehenden Rechtsstreit über die Verwendung des Zeichens "L*****". Die Klarstellung, dass die Zeichenberechtigte und die Klägerin beschlossen hätten, rechtliche Schritte zu ergreifen, entspreche demnach den Tatsachen. Der Vorwurf der Abwerbung und Irreführung der Kunden sei als Äußerung im Rahmen einer angemessenen Verteidigung zu verstehen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht in einer die Rechtssicherheit gefährdenden Weise die Wettbewerbswidrigkeit des beanstandeten Schreibens unrichtig beurteilt hat; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

§ 7 UWG erfasst die Herabsetzung eines Mitbewerbers durch unwahre Behauptungen, wobei die Beweislast für die Richtigkeit der Behauptung - außer bei vertraulichen Mitteilungen, an denen der Empfänger oder der Mitteilende ein berechtigtes Interesse hat - den Beklagten trifft (4 Ob 301/02x). Eine Angabe fällt unter § 7 UWG, wenn sie geeignet ist, den Geschäftsbetrieb eines Unternehmens zu schädigen. Dies ist nach der Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn Tatsachen behauptet werden, die beim Publikum eine nachteilige Meinung vom Geschäftsbetrieb eines Unternehmens erwecken und daher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge dazu führen, dass das betroffene Unternehmen Schaden erleidet (Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht³ § 26 Rz 12 mN in FN 41).Paragraph 7, UWG erfasst die Herabsetzung eines Mitbewerbers durch unwahre Behauptungen, wobei die Beweislast für die Richtigkeit der Behauptung - außer bei vertraulichen Mitteilungen, an denen der Empfänger oder der Mitteilende ein berechtigtes Interesse hat - den Beklagten trifft (4 Ob 301/02x). Eine Angabe fällt unter Paragraph 7, UWG, wenn sie geeignet ist, den Geschäftsbetrieb eines Unternehmens zu schädigen. Dies ist nach der Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn Tatsachen behauptet werden, die beim Publikum eine nachteilige Meinung vom Geschäftsbetrieb eines Unternehmens erwecken und daher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge dazu führen, dass das betroffene Unternehmen Schaden erleidet (Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht³ Paragraph 26, Rz 12 mN in FN 41).

Sinn und Bedeutungsinhalt einer Äußerung richtet sich nach dem Gesamtzusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck der beanstandeten Äußerung für den unbefangenen Durchschnittsadressaten der Äußerung (MR 1995, 137 - Justizausschussvorsitzender; ÖBl 1996, 134 - Leserverblödung; SZ 71/96 = MR 1998, 269 [Korn] - Schweine-KZ; 4 Ob 60/00b uva). Wendungen, die bei verkehrsüblicher flüchtiger Kenntnisnahme zu Missverständnissen führen können, sind dabei immer zum Nachteil desjenigen auszulegen, der sich ihrer bedient (MR 1997, 170 - Schwarzhörer willkommen mwN; ÖBl 2002, 287 - Bunte Pleite). Bei Mehrdeutigkeit von Tatsachenbehauptungen muss der Ankündigende stets die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen (stRsp ÖBl 2000, 35 - Spritzgusswerkzeuge; ÖBl 2002, 287 - Bunte Pleite mwN).

Legt man diese Grundsätze zugrunde, ist der Klägerin darin zuzustimmen, dass ein nicht unmaßgeblicher Teil der Empfänger des beanstandeten Schreibens der Beklagten auf Grund der Textpassage "...die andere Firma befindet sich am Nachbargrundstück mit Garage und Postkasten (Bild 2)" den Eindruck gewinnen kann, an der Geschäftsanschrift der Klägerin befände sich (nur) eine Garage und ein Postkasten. Dass dieser Eindruck den Tatsachen entspreche, also die Klägerin ihre Geschäfte aus einer Garage heraus führe, hat die Beklagte nicht einmal behauptet. Das dem Text zugeordnete Lichtbild stellt beim Betrachter die durch die Bildunterschrift gewonnene Vorstellung nicht in Frage, weil das darauf abgebildete Gebäude nicht als typisches Bürohaus zu erkennen ist. Dass es aber dem Ruf eines Unternehmens als seriöser Geschäftspartner abträglich ist, wenn wahrheitswidrig behauptet wird, es wickle seine Geschäftstätigkeit in einer Garage ab, liegt auf der Hand. Die Voraussetzungen für einen auf § 7 UWG gestützten Unterlassungsanspruch liegen damit vor.Legt man diese Grundsätze zugrunde, ist der Klägerin darin zuzustimmen, dass ein nicht unmaßgeblicher Teil der Empfänger des beanstandeten Schreibens der Beklagten auf Grund der Textpassage "...die andere Firma befindet sich am Nachbargrundstück mit Garage und Postkasten (Bild 2)" den Eindruck gewinnen kann, an der Geschäftsanschrift der Klägerin befände sich (nur) eine Garage und ein Postkasten. Dass dieser Eindruck den Tatsachen entspreche, also die Klägerin ihre Geschäfte aus einer Garage heraus führe, hat die Beklagte nicht einmal behauptet. Das dem Text zugeordnete Lichtbild stellt beim Betrachter die durch die Bildunterschrift gewonnene Vorstellung nicht in Frage, weil das darauf abgebildete Gebäude nicht als typisches Bürohaus zu erkennen ist. Dass es aber dem Ruf eines Unternehmens als seriöser Geschäftspartner abträglich ist, wenn wahrheitswidrig behauptet wird, es wickle seine Geschäftstätigkeit in einer Garage ab, liegt auf der Hand. Die Voraussetzungen für einen auf Paragraph 7, UWG gestützten Unterlassungsanspruch liegen damit vor.

Es mag durchaus zutreffen, dass die weiteren Behauptungen, die Klägerin werbe wettbewerbwidrig Kunden ab und führe sie in die Irre, sowie die Aufforderung an die Adressaten des Schreibens, sie sollten nicht auf diesen alten Trick (gemeint: der Klägerin) hereinfallen, im Zusammenhang mit dem beim Erstgericht anhängigen Kennzeichenstreit (betreffend das Zeichen "L*****") stehen. Dieser Hintergrund wird aber einerseits im beanstandeten Schreiben nicht offengelegt; andererseits ist der Ausgang dieses Verfahrens noch ungewiss. Es ist demnach nicht bescheinigt, dass die Klägerin - wie ihr die Beklagte hier und die Prozessgegnerin im Vorverfahren vorwirft: durch Eingriff in fremde Zeichenrechte - rechtswidrig gehandelt hat. Jeder in diese Richtung erhobene Vorwurf ("wettbewerbswidrige Abwerbung und Irreführung von Kunden; Anwendung eines alten Tricks") ist somit als unwahr anzusehen; er ist auch geeignet, den Kredit des so angegriffenen Unternehmens zu schädigen.

Das Argument der Beklagten, sie habe mit diesen Äußerungen nur auf wettbewerbswidrige Äußerungen der Klägerin in Form eines "Abwehr- oder Aufklärungsvergleiches" reagiert, ist nicht grundsätzlich unbeachtlich; reine Abwehrmaßnahmen gegen unzulässigen Wettbewerb sind nämlich milder zur beurteilen als Angriffshandlungen (MR 1999, 34 - Kleiner Bruder mwN). Ob eine Wettbewerbshandlung unter dem Gesichtspunkt der Abwehr erforderlich ist, lässt sich nur aufgrund einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles beurteilen. Erlaubt ist eine Abwehrmaßnahme nur dann, wenn sie sich im Rahmen des zur Bekämpfung des Angriffs Gebotenen hält. Sie muss erforderlich, zur Abwehr tauglich und adäquat sein. Entscheidend ist demnach, ob sich die Abwehr nach Art und Maß im Rahmen des Erforderlichen hält (MR 1999, 34 - Kleiner Bruder mwN; ÖBl 2002, 130 - Original Turbo Geräte). Auch ein Wettbewerbsverstoß von Mitbewerbern berechtigt noch nicht dazu, selbst einen solchen Verstoß zu begehen (SZ 62/147 = ÖBl 1990, 7 - Rupertitag mwN; MR 1999, 34 - Kleiner Bruder).

Nach diesen Grundsätzen beruft sich die Beklagte - entgegen der Auffassung der Beklagten und des Rekursgerichts - zu Unrecht auf den Rechtfertigungsgrund einer berechtigten Abwehrmaßnahme. Die Beklagte hat ihre "Gegenaufklärung" nämlich nicht darauf beschränkt, über die wahre Sachlage (etwa den anhängigen Kennzeichenstreit und die unterschiedlichen Rechtsstandpunkte) aufzuklären, sondern sie hat durch Anschwärzen ihres Mitbewerbers (§ 7 UWG) selbst zu wettbewerbswidrigen Mitteln gegriffen. Sie hat damit die Grenzen einer zulässigen Abwehrmaßnahme überschritten; ihr Verhalten ist als wettbewerbswidrig zu beurteilen (vgl auch MR 1999, 34 - Kleiner Bruder).Nach diesen Grundsätzen beruft sich die Beklagte - entgegen der Auffassung der Beklagten und des Rekursgerichts - zu Unrecht auf den Rechtfertigungsgrund einer berechtigten Abwehrmaßnahme. Die Beklagte hat ihre "Gegenaufklärung" nämlich nicht darauf beschränkt, über die wahre Sachlage (etwa den anhängigen Kennzeichenstreit und die unterschiedlichen Rechtsstandpunkte) aufzuklären, sondern sie hat durch Anschwärzen ihres Mitbewerbers (Paragraph 7, UWG) selbst zu wettbewerbswidrigen Mitteln gegriffen. Sie hat damit die Grenzen einer zulässigen Abwehrmaßnahme überschritten; ihr Verhalten ist als wettbewerbswidrig zu beurteilen vergleiche auch MR 1999, 34 - Kleiner Bruder).

Dem Revisionsrekurs ist Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO, jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf Paragraph 393, Absatz eins, EO, jene über die Kosten der Beklagten auf Paragraphen 78,, 402 Absatz 4, EO in Verbindung mit Paragraphen 40,, 50 Absatz eins, ZPO.

Textnummer

E72611

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0040OB00260.03V.0316.000

Im RIS seit

15.04.2004

Zuletzt aktualisiert am

18.09.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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