TE OGH 2004/3/17 9Ob109/03z

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.03.2004
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj. Franz G*****, geboren 4. November 1989, Schüler, *****, vertreten durch die Mutter und gesetzliche Vertreterin Gertraud G*****, ebendort, diese vertreten durch Prof. Haslinger & Partner, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Thomas R*****, Behindertenbetreuer, *****, vertreten durch Dr. Eckhard Pitzl und Dr. Gerhard W. Huber, Rechtsanwälte in Linz, wegen EUR 8.301,59 sA und Feststellung (Streitwert EUR 50), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 31. Juli 2003, GZ 3 R 27/03s-59, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 5. Dezember 2002, GZ 6 Cg 43/00f-55, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 665,66 (darin EUR 110,94 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Mutter des minderjährigen Klägers, eine pensionierte Schneidermeisterin und frühere Inhaberin eines Trachtenmodengeschäftes, hatte einige Zeit vor der Aufstellung der verfahrensgegenständlichen Schaukel ein landwirtschaftliches Anwesen in Neukirchen am Walde angekauft, betrieb jedoch dort keine Landwirtschaft, sondern benützte den Vierkanthof nur zu Wohnzwecken. Sie ersuchte den in der Nachbarschaft wohnenden Beklagten, gegen Entgelt eine Schaukelanlage herzustellen, wie er sie bereits für seine eigenen Kinder errichtet hatte. Der Beklagte nahm diesen Auftrag an und verrechnete letztlich S 7.000 an Herstellungskosten. Das Gestänge stellte der Beklagte aus Rundhölzern her, welche aus der eigenen Landwirtschaft stammten, die drei Schaukelbretter wurden ebenfalls aus Holz gefertigt. Die Aufhängung bestand aus Kunststoffseilen, welche durch ca 6 mm starke, handelsübliche Metallringe gezogen waren, welche einen Durchmesser von ca 5 cm hatten. Diese Ringe waren in ca 9 mm starke, metallene Schnecken eingehängt, welche direkt in den oberen Querbalken des Schaukelgestells geschraubt waren. Die Schaukelanlage, welche ursprünglich außerhalb des Hofes der Mutter des Klägers aufgestellt war, wurde von ihr und ihren Angehörigen ohne Wissen des Beklagten im Frühjahr 1999 im Innenhof in der Nähe eines Steinhaufens aufgestellt. Während der Wintermonate waren die Schaukelbretter samt den daran befindlichen Seilen und Ringen von der Schnecke abgenommen und jeweils im Frühjahr wieder eingehängt worden. Die Schaukelanlage entsprach zum Zeitpunkt der Aufstellung (spätestens 1997, genauer jedoch nicht mehr feststellbar) dem damaligen Stand der Technik und war nicht mangelhaft. Nach der Aufstellung im Innenhof wurde die Schaukelanlage durch den Kläger sowie zwei Pflegegeschwister intensiver benutzt als vorher. An einem Haltering entstand durch ständiges Schaukeln, wodurch Metall an Metall rieb, fortgesetzter Abrieb. Dies war insbesondere dadurch unschwer zu erkennen, dass gegenüber dem später durchgerissenen Bereich des Halterings schon ein derart starker Abrieb entstanden war, dass ein Durchreißen des Ringes erkennbar war. Dieser Umstand war auch der Anlass dafür gewesen, dass dieser Haltering um 180 Grad verdreht worden war, um auf diese Weise einen unversehrten Teil des Halteringes in Kontakt mit der Aufhängeschnecke zu bringen. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beklagte im Zusammenhang mit der Übergabe der Schaukel der Mutter des Klägers eine Belehrung dahin erteilt hätte, dass sie den Bereich, in dem die Halteringe in die Metallschnecken eingehängt waren, gelegentlich einfetten müsse. Am 8. 9. 1999 war der Abrieb des Halteringes so weit fortgeschritten, dass dieser während der Benützung der Schaukel durch den Kläger abriss. Der Kläger stürzte auf den neben der Schaukelanlage befindlichen Steinhaufen und verletzte sich dabei schwer.

Der Kläger begehrte zuletzt - neben einem Begehren auf Feststellung des Beklagten für künftige unfallskausale Schäden - Schmerzengeld in Höhe von EUR 8.000 sowie den Ersatz von Fahrtkosten in Höhe von EUR 301,59. Der Kläger hafte sowohl nach dem ABGB als auch aufgrund des Produkthaftungsgesetzes, weil der durchgerissene Eisenring zu dünn bzw aus minderwertigem Material gefertigt worden sei. Die Schaukel habe nicht dem gängigen Sicherheitsstandard entsprochen, weil bereits im Zeitpunkt der Errichtung Aufhängeringe mit einem Kunststoffeinsatz handelsüblich gewesen seien, die ein Reiben von Metall auf Metall verhindert hätten. Der Beklagte habe auch gegen Aufklärungs- und Instruktionspflichten verstoßen, indem er keinerlei Hinweise bezüglich Wartung und Inspektion erteilt habe. (Auf unterlassene Hinweise des Beklagten hinsichtlich der Möglichkeit eines mit Kunststoffeinlage versehenen Halteringes oder aber der Anwendung bestimmter Ö-Normen berief sich der Kläger im Verfahren erster Instanz nicht. Vielmehr stützte sich der Kläger auf eine unterlassene Information betreffend eine andere mögliche Konstruktion, welche aber ebenfalls einen Metall-auf-Metall-Bewegungsvorgang aufwies [Beilage

./C.].)

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er bestritt zunächst die Anwendbarkeit des Produkthaftungsgesetzes, aber auch das Vorliegen eines Konstruktions-, Produktions- oder Instruktionsfehlers. Auch sei ihm kein Verstoß gegen vertragliche Nebenpflichten anzulasten. Er habe die Mutter des Klägers auf die Notwendigkeit der Abnahme der Schaukel während der Wintermonate und regelmäßiges Schmieren der Metallteile hingewiesen. Überdies sei jedermann einsichtig, dass das Reiben von Metall auf Metall zu Verschleiß führe. Die Verwendung des handelsüblichen Metallringes habe dem damaligen Stand der Technik entsprochen. Ursache für den Unfall sei mangelnde Kontrolle des Gerätes durch die Mutter des Klägers gewesen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es verneinte sowohl einen Konstruktions- als auch einen Produktionsfehler und vertrat überdies die Auffassung, dass es besondererer Warnhinweise nicht bedurft habe, zumal die Mutter des Klägers einfachste Sorgfaltspflichten nicht erfüllt habe.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass die Beachtung der üblichen Verschleißzeit des Materials grundsätzlich zur Sphäre des Produktbenutzers zähle und eine Warnung nur dann erforderlich sei, wenn selbst totaler oder gefährlicher Verschleiß äußerlich nicht erkennbar sei und ausnahmsweise auch damit nicht gerechnet werden müsse. Die Überprüfung des Produkts auf Verschleiß sowie Wartung und Pflege seien Sache des Benutzers. Es wäre eine Überspannung allfälliger Warn- oder Aufklärungspflichten, angesichts des bei Abnehmern von Kinderschaukeln zu unterstellenden Erfahrungswissens um die Verschleißunterworfenheit von Metallteilen eine Instruktion über die Notwendigkeit regelmäßigen Ölens bzw Fettens der Aufhängevorrichtung zu verlangen. Dem Kläger könnte daher weder die Verletzung einer Instruktionspflicht iSd Produkthaftungsgesetzes, noch einer vertraglichen Nebenpflicht vorgeworfen werden.

Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zu der über den Einzelfall hinausgehend bedeutsamen Frage der Instruktions- bzw Warnpflicht von Herstellern von Schaukelanlagen für den privaten Bereich Rechtsprechung des Höchstgerichtes nicht aufgefunden werden konnte.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragte, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch des Berufungsgerichtes (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig.Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch des Berufungsgerichtes (Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO) nicht zulässig.

Wie schon in seiner Berufung stützt sich der Kläger auch in der Revision nicht mehr auf einen Konstruktions- oder Produktionsfehler bzw mangelnde Beschaffenheit der Schaukelanlage, sondern nur noch auf einen Instruktionsfehler iSd Produkthaftungsgesetzes bzw eine unterlassene Warnpflicht als Nebenpflicht aus dem Vertrag (gemeint: zugunsten Dritter). Soweit sich der Kläger in diesem Zusammenhang auf fehlende Hinweise betreffend bessere Produkte (mit einer Kunststoffeinlage versehene Schaukelringe) bzw Wartungshinweise einer Ö-Norm beruft, ist schon deshalb darauf nicht einzugehen, weil es sich hiebei um unzulässige Neuerungen handelt.

Zu einer Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz: Nach der Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0071543) braucht nicht zum Inhalt einer Warnung iSd § 5 Abs 1 Z 1 PHG gemacht werden, was im Bereich allgemeiner Erfahrung der in Betracht kommenden Abnehmer und Benützer liegt. Vielmehr sind nur die berechtigten Sicherheitserwartungen des typischen durchschnittlichen Produktbenützers entscheidend. Ob derartige Produktinstruktionen erforderlich sind, entscheidet sich überdies regelmäßig nach der Kasuistik des Einzelfalles (RIS-Justiz RS0071543 T3, T4). Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, dass allgemein bekannt ist, das erkennbar aneinander reibende Metallteile geschmiert, bzw regelmäßig kontrolliert und gegebenenfalls ausgetauscht werden müssen, ist genauso vertretbar wie der daraus gezogene Schluss, dass demnach eine Instruktion durch den Beklagten nicht erforderlich war. Da aber diese Annahme bereits die - verschuldensfreie - Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz ausschließt, bedarf es keiner weiteren Erwägungen dazu, ob eine richtlinienkonforme (RL 85/374/EWG) Auslegung des § 1 PHG ein Festhalten am innerstaatlichen Unternehmerbegriff verbietet. Zur Haftung wegen Verletzung von Nebenpflichten aus einem Vertrag (zugunsten Dritter): Ob und inwieweit den Lieferanten aus seinem Werklieferungsvertrag Warnpflichten treffen, kann nur anhand des Einzelfalls beurteilt werden. Soweit das Berufungsgericht hier eine solche Warnpflicht verneint hat, ist dies ebenfalls vertretbar und gibt somit keinen Anlass, diese Rechtsauffassung einer Überprüfung zu unterziehen. Soweit sich der Revisionswerber auf Rechtsprechung und Schrifttum zu § 1168a ABGB beruft, ist dieser Hinweis schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil von einem "untauglichen Stoff" nicht die Rede sein kann.Zu einer Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz: Nach der Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0071543) braucht nicht zum Inhalt einer Warnung iSd Paragraph 5, Absatz eins, Ziffer eins, PHG gemacht werden, was im Bereich allgemeiner Erfahrung der in Betracht kommenden Abnehmer und Benützer liegt. Vielmehr sind nur die berechtigten Sicherheitserwartungen des typischen durchschnittlichen Produktbenützers entscheidend. Ob derartige Produktinstruktionen erforderlich sind, entscheidet sich überdies regelmäßig nach der Kasuistik des Einzelfalles (RIS-Justiz RS0071543 T3, T4). Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, dass allgemein bekannt ist, das erkennbar aneinander reibende Metallteile geschmiert, bzw regelmäßig kontrolliert und gegebenenfalls ausgetauscht werden müssen, ist genauso vertretbar wie der daraus gezogene Schluss, dass demnach eine Instruktion durch den Beklagten nicht erforderlich war. Da aber diese Annahme bereits die - verschuldensfreie - Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz ausschließt, bedarf es keiner weiteren Erwägungen dazu, ob eine richtlinienkonforme (RL 85/374/EWG) Auslegung des Paragraph eins, PHG ein Festhalten am innerstaatlichen Unternehmerbegriff verbietet. Zur Haftung wegen Verletzung von Nebenpflichten aus einem Vertrag (zugunsten Dritter): Ob und inwieweit den Lieferanten aus seinem Werklieferungsvertrag Warnpflichten treffen, kann nur anhand des Einzelfalls beurteilt werden. Soweit das Berufungsgericht hier eine solche Warnpflicht verneint hat, ist dies ebenfalls vertretbar und gibt somit keinen Anlass, diese Rechtsauffassung einer Überprüfung zu unterziehen. Soweit sich der Revisionswerber auf Rechtsprechung und Schrifttum zu Paragraph 1168 a, ABGB beruft, ist dieser Hinweis schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil von einem "untauglichen Stoff" nicht die Rede sein kann.

Zusammenfassend vermag auch der Revisionswerber keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.Zusammenfassend vermag auch der Revisionswerber keine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO aufzuzeigen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Revisionsbeantwortung diente der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, weil der Revisionsgegner darin auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hinwies.Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf Paragraphen 41,, 50 Absatz eins, ZPO. Die Revisionsbeantwortung diente der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, weil der Revisionsgegner darin auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hinwies.

Anmerkung

E72710 9Ob109.03z

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0090OB00109.03Z.0317.000

Dokumentnummer

JJT_20040317_OGH0002_0090OB00109_03Z0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten